LWL-Newsroom

Mitteilung vom 09.03.06

Presse-Infos | Der LWL

Rede des CDU-Fraktionsvorsitzenden Dr. Wolfgang Kirsch in der Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe am 09. März 2006

Bewertung:

Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

wenn ich jetzt als Vorsitzender der CDU-Fraktion dieses Westfalenparlamentes zum Haushalt 2006 spreche, dann ist mir bewusst, dass von vielen meine Ausführungen unter dem Blickwinkel meiner gerade erfolgten Wahl zum Landesdirektor bewertet werden. Dazu stelle ich fest:

Das Amt des Landesdirektors trete ich am 01. Juli an und nicht vorher. Dies gibt mir noch einmal die gute Gelegenheit, die Bedeutung der Selbstverwaltung in Westfalen zu unterstreichen. Seit über 16 Jahren bin ich Mitglied der Landschaftsversammlung und seit über 6 Jahren Fraktionsvorsitzender. In dieser Zeit habe ich für den LWL, für die Menschen in Westfalen gearbeitet und dabei die Interessen der Städte und Kreise nicht aus dem Auge verloren.

Der LWL ist eben kein Ableger seiner Mitgliedskörperschaften, sondern von Rahden bis Burbach und von Isselburg bis Höxter auf 21.427 km² für 8,5 Mio. Menschen eine eigenständige Gebietskörperschaft mit eigenen Zuständigkeiten und eigenen Rechten und Pflichten.

Auch wenn der Verlust des Straßenbaus vor einigen Jahren schmerzlich war, so ist doch durch unsere Klage vom Verfassungsgerichtshof unseres Landes festgestellt worden, dass der LWL das Recht auf Selbstverwaltung hat. Und darauf werden wir auch in der Zukunft pochen.

Wenn ich dabei von Westfalen spreche, dann sehe ich dabei über unsere eigene Aufgaben hinaus den Landschaftsverband Westfalen-Lippe auch als die stärkste und identitätsstiftende Klammer unserer Heimatregion an, die größer und wirtschaftlich stärker ist als mehrere europäische Länder .

Ich bitte alle Mitglieder dieses Westfalenparlamentes, wie es in der Ver-gangenheit in einem erfreulich hohen Maße möglich war, dafür gemeinsam zu arbeiten. Ja, zu kämpfen, denn eine starke kämpferische Einstellung wird auch nach Bildung der neuen Landesregierung und der Koalitionsvereinbarungen zur Verwaltungsstrukturreform erforderlich sein. Es scheint im Übrigen das Schicksal westfälischer Landesdirektoren zu sein, am meisten Aufklärungsarbeit im eigenen Lager leisten zu müssen.

Wie in den zurückliegenden Jahren wird der LWL dabei nicht eine unbewegliche Haltung einnehmen, sondern sich weiterhin als moderner Dienstleister für die Menschen in Westfalen-Lippe profilieren.

Der LWL ist trotz seiner Größe und seiner Aufgabenvielfalt in der breiten Öffentlichkeit ein unbekannter Riese. Deshalb muss unsere Öffentlichkeitsarbeit noch effizienter und wirksamer gestaltet werden, auch wenn dies für einen höheren Kommunalverband nicht ganz leicht ist. Und natürlich müssen wir vorrangig unsere mehr als 150 Einrichtungen nutzen, um das Markenzeichen LWL bekannt zu machen.

Nachweis für Effizienz und Sparsamkeit

Mit Stolz können wir alle darauf hinweisen, dass dem LWL von der Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) des Landes NRW nach der umfangreichen und mit dem LVR vergleichenden Prüfung 2005 viel Lob für seine wirtschaftliche Aufgabenerledigung zuerkannt wurde:

· Unsere Verschuldung ist erheblich niedriger als im Rheinland und damit auch unsere Ausgaben für Zinsen

· Die Landschaftsumlage ist nach wie vor deutlich niedriger als im Rheinland

· Der Personalabbau wird bei uns konsequent durchgesetzt und

· Die Kosten für die Eingliederungshilfe, sei es in Wohnheimen oder in den Werkstätten, sind bei uns geringer

Dieses Ergebnis ist aber kein Ruhekissen sein, sondern verpflichtender Ansporn für die Zukunft, noch besser zu werden.

Mit einer solchen Einstellung sind wir auch für die bevorstehende Dis-kussion um notwendige Veränderungen unserer Verwaltungsstruktur gut gerüstet. Die Notwendigkeit, Verwaltungsstrukturen zu straffen, eine effiziente, transparente und kostengünstig arbeitende öffentliche Verwaltung zu haben, ist unstrittig. Angesichts der Rekordverschuldung des Landes mit über 112 Milliarden Euro gibt es dazu auch gar keine Alternative.

Bürokratieabbau und Veränderung der Strukturen ist aber kein Selbstzweck, sondern müssen sich daran messen lassen: Werden die öffentlichen Aufgaben besser und kostengünstiger erledigt? Und dieser Diskussion sehe ich nach den Ergebnissen der GPA gelassen entgegen.

Soziales, Pflege und Rehabilitation

Der Ausgleich des Haushaltes 2006 konnte nur durch eine Senkung der Ausgaben im Sozialbereich gelingen. Nach den Erfahrungen und den Rechnungsergebnissen der letzten Jahre ist dies auch vertretbar.

Zum Glück werden zum ersten Mal in der Geschichte unseres Landes behinderte Menschen genau so alt wie nicht behinderte. Den dadurch unvermeidbaren Kostenanstieg in der Eingliederungshilfe zu begrenzen, ist die wichtigste Voraussetzung dafür, um die Landschaftsumlage in den nächsten Jahren möglichst stabil zu halten und die im Finanzplan angekündigten Erhöhungen zu vermeiden.

Die Verwaltung hat ein Maßnahmenpaket zur Steuerung der Sozialhilfeausgaben vorgestellt, mit dem diese Zielsetzung erreicht werden soll. Ergänzend muss ich für die CDU-Fraktion nüchtern feststellen, dass es auch bei der neuen Bundesregierung weder eine Initiative gibt, das Bundesteilhabegeld einzuführen, noch eine umfassende Gemeindefinanzreform in Angriff genommen wird.

Deshalb müssen wir das Problem aus eigener Kraft lösen. Und dies wird uns nur gelingen,

· wenn wir in die Lage versetzt werden, den Wettbewerb bei den sozialen Dienstleistungen stärker zu ermöglichen,

· wenn wir die Entgelte harmonisieren und

· wenn wir mehr behinderten Menschen nicht stationär sondern ambulant helfen.

Dabei setzt die CDU nicht auf Konfrontation, sondern auf Kooperation mit den Wohlfahrtsverbänden. Deshalb werten wir es als sehr positiv, dass mit dem Sozialwerk St. Georg eine vertragliche Vereinbarung mit Kostensenkung abgeschlossen werden konnte. Ich hoffe, dass Sie, Herr Landesdirektor Schäfer gleich weitere Vereinbarungen vorstellen können. Letztlich sitzen der LWL als Kostenträger und die Wohlfahrtsverbände als Leistungserbringer in einem Boot, auch wenn die Interessenlage bei den Entgelten gegensätzlich ist.

Auch wenn bei der notwendigen Umgestaltung unseres Sozialstaates kein Politikbereich ausgelassen werden kann, so möchte ich für die CDU-Fraktion klar betonen: Die Politik für behinderte Menschen ist die Krone aller Sozialpolitik!

Psychiatrie

Unser Einsatz gilt auch für die Menschen, die an ihrer Seele leiden. Der LWL-Psychiatrie-Verbund ist eines der größten kommunalen Gesundheitsunternehmen in Deutschland: Differenziert und wohnortnah werden jährlich mehr als 120.000 Menschen von 8.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 17 kommunalen Eigenbetrieben mit 113 Einrichtungen behandelt und betreut.

Die Eigenverantwortlichkeit in der Dezentralität einerseits und das Zusammenwirken im Verbund andererseits bringen Kostenvorteile, die angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen des Gesundheitswesens unverzichtbar sind. In 2006 werden hier fast 600 Millionen Euro umgesetzt. Alle Betriebsergebnisse unserer Kliniken waren in den vergangenen Jahren ausgeglichen und dürften es auch am Ende dieses Jahres sein.

Das deutsche Gesundheitssystem wird aber auch weiterhin davon geprägt, dass gerade in der Psychiatrie die Patientenzahlen kontinuierlich steigen, andererseits die Vergütung der medizinischen Behandlung gesetzlich eng begrenzt bleibt. Bei Personalkosten in Höhe von über 70 % an den Gesamtkosten bleibt also ein hoher Rationalisierungsdruck bestehen.

Personal

Dies gilt auch für unsere Personalkosten. Die Deckelung und Festschreibung der Personalausgaben in den letzten drei Jahren auf je 138 Mio. Euro haben eine erhebliche Einsparung gebracht.

Auch in 2006 gelten der weitere Abbau der kw-Stellen, grundsätzlich keine neue Stellen oder externe Einstellungen, die 12-monatige Wiederbesetzungssperre und die Nichtverlängerung befristeter Arbeitsverträge.

Aber nicht nur in der Sozialabteilung stoßen wir jetzt aber an Grenzen. Der Arbeitsrückstand und die Probleme mit der Einführung des ANLEI-Systems waren und sind leider ein Dauerthema. Die ¿Aufholjagd¿ ist besonders anstrengend, weil neue gesetzliche Vorgaben zu ¿Aktenbewegungen in zigtausendfacher Form¿ führten. Angesichts immer komplizierterer Zusammenhänge und Regelungsdichten ist der Aufwand für Einweisung und Weiterbildung bei starker Personalfluktuation beträchtlich.

Die CDU-Fraktion hat die Neuorganisation der Bau- und Liegenschaftsabteilung einschließlich der Konzentration der Immobilienwirtschaft beim LWL unterstützt. Mit der jetzigen Zusammenfassung aller Bau- und Liegenschaftsthemen in einer Organisationseinheit ist eine schlanke Struktur und für die NKF-Umstellung eine eindeutige Lösung gegeben. Die Mieter-/Vermieterverhältnisse schärfen sicherlich das vorhandene Kostenbewusstsein in Verwaltung und Politik.

Landesjugendhilfe

Ein wichtiges Anliegen des LWL bleibt der Ausbau der gemeinsamen Erziehung von behinderten und nichtbehinderten Kindern. Im Haushaltsplan 2006 stehen dafür zusätzlich 2,5 Millionen Euro zur Verfügung. Bei einem Gesamtansatz von fast 85 Mio. ¿ für die Betreuung aller behinderter Kinder für die Integration, nicht nur für alle Kinder zu Vorteilen bei ihrer Persönlichkeitsentwicklung, sondern auch zu Einspa-rungen. So wird das Landesjugendamt wie schon in den vergangenen Jahren auch 2006 weitere 40 ¿ 50 Kinder aus provisorischen heilpädagogischen Gruppen in Einzelintegration oder Schwerpunkteinrichtungen versorgen können.

Neben der Betreuung behinderter Kinder, der Beratung und Fortbildung unterstützt und initiiert das Landesjugendamt eine Vielzahl innovativer Projekte der Jugendhilfe vor Ort, von denen ich hier nur einige nennen möchte:

So werden die kommunalen Jugendämter bei der frühzeitigen Förderung von Kindern aus bildungsfernen oder benachteiligten Schichten unterstützt. In der Zusammenarbeit mit sieben örtlichen Jugendämtern wurde ein neues Praxisprojekt, nämlich der Aufbau eines Unterstützungsnetzwerkes für benachteiligte Kinder unter drei Jahren und ihrer Familien auf den Weg gebracht.

Das LWL-Programm ¿Demokratie fördern¿, an dem bereits 60 Kommunen teilnehmen, wird im Jahre 2006 mit weiteren 15 Kommunen fortgeführt, um der Politikverdrossenheit junger Menschen entgegenzuwirken. Als neue Aufgabe wird jetzt erstmals landesweit die Begleitung von Jugendparlamenten hinzukommen.

Die neue Landesregierung strebt den Aufbau von Familienzentren an. Die Stärkung der Familie wird zwar breit politisch unterstützt, dennoch gibt es über die Wirksamkeit von Maßnahmen unterschiedliche Auffassungen.

Das Landesjugendamt soll und wird, so haben wir es im Fachausschuss verabredet, die hinter den Familienzentren stehenden Konzepte unterstützen.

Bei dieser Fülle von praxisnahen Aufgaben zeigt es sich immer wieder, wie wichtig eine kommunale Trägerschaft für das Landesjugendamt aber auch für die Kommunen selbst ist. Dies zeigen im übrigen auch die kaum mehr zu bewältigenden Nachfragen nach Beratungsleistungen vor Ort und die Arbeit wird nicht weniger, vor allem dann, wenn die Landesregierung tatsächlich durch Änderung der Gemeindeordnung die Voraussetzungen zur Gründung neuer Jugendämter schaffen sollte.

Westfälische Schulen

Bei einem Blick auf das Investitionsprogramm für unsere Westfälischen Schulen wird deutlich, dass der LWL seinen Verpflichtungen zur Beschulung der Kinder und Jugendlichen mit Behinderungen nachkommt und der Entwicklung der steigenden Schülerzahlen nicht abwartend zusieht.

So werden in den kommenden Jahren fast 20 Mio. Euro zusätzlich in den Bau / Umbau und die Erweiterung unserer Schulen investiert.

Nennen möchte ich hier nur die neue Schule in Büren, die in diesem Jahr eingeweiht wird, den Umbau der Schule in Herten sowie die ge-plante Erweiterung hier in Münster.

LWL Kulturpolitik

Die landschaftliche Kulturpflege gilt zu Recht als Aushängeschild unseres Verbandes. Vor einem Jahr habe ich hier die neuen Projekte wie auch die ¿2000 Jahre Varusschlacht¿ ausführlich angesprochen. Wie bedeutsam unsere Ausstellungen sind, wurde nicht nur durch die 130.000 Besucher von Herkulaneum in unserem LWL-Römermuseum in Haltern deutlich, sondern wird auch im August für unseren Gang nach Canossa in Paderborn gelten.

Schon jetzt wird klar, dass diese Aktivitäten nur möglich sind durch unsere Kulturstiftung. Ich hoffe, dass uns das Innenministerium bei den Zustiftungen genau so hilft wie das im Rheinland möglich war. Auch am Rhein sollte man wissen, dass das Herz der Westfalen an der westfälischen Kultur hängt!

Herr Staatssekretär Grosse-Brockhoff hat vor vier Wochen hier im
Theater in Münster erklärt, dass es für Westfalen bei kulturellen Einrichtungen einen Nachholbedarf gibt. Wir hoffen, dass für unsere Projekte in Dalheim, am Domplatz und am Hindenburgplatz den Worten auch das Geld folgt.

Landschaftsumlage

Wahrgenommen wird der LWL meist nur über seine Umlage. Für die Akzeptanz des LWL ist natürlich eine maßvolle Umlage bei sparsamer Haushaltsführung unverzichtbar.

Deshalb ist die CDU-Fraktion froh, dass es bei den 16,5 %-Punkten bleiben kann. Wir sind sicher, dass wir damit unsere Aufgaben für die Menschen in Westfalen mit guter Qualität erfüllen können und gleichzeitig unsere Mitgliedskörperschaften auch in 2006 mit dem LWL zufrieden sind. Und das sind schließlich die stärksten Argumente für einen lebendigen und starken Landschaftsverband Westfalen-Lippe!



Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org




Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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