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Mitteilung vom 26.09.05

Presse-Infos | Der LWL

Innovationen in der Psychiatrie: LWL-Fachtagung lotet Potenziale aus

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Münster (lwl). ¿Wir bauen einen großen Dampfer um, während wir über den Atlantik schippern¿, maritim-bildhaft fasste Helga Schuhmann-Wessolek, Krankenhausdezernentin des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) die Fachtagung ¿Psychiatrie nutzt Innovationen¿ im münsterischen LWL-Landeshaus Ende voriger Woche zusammen. Ihr Dampfer ist der LWL-PsychiatrieVerbund mit allein 103 Einrichtungen in Westfalen-Lippe ¿ vom großen Psychiatriekrankenhaus bis zur Tagesklinik. Den hält die Chefin mit rund 9000 Beschäftigten im Wellengang steigender Behandlungsnachfrage,
wirtschaftlicher Zwänge, Budgetdeckelung und neuer Fallkostenrechnung
auf Kurs.

Pro Jahr lassen sich mehr als 100.000 Menschen in den Einrichtungen des
LWL-Gesundheitsunternehmens¿ ambulant oder stationär behandeln. ¿Mehr denn je brauchen die Men-schen heute psychiatrische und psychotherapeutische Hilfe,¿ konstatierte die Dezernentin. Depressionen, Suchterkrankungen, Zwangs- und Angststörungen nähmen zu. Gleichzeitig stünden alle Leistungsanbie-ter, so auch der LWL, unter gestiegenem wirtschaftlichen Druck. Grund genug für 130 medizinische und kaufmännische Führungskräfte psychiatrischer und psychotherapeutischer Einrichtungen aus ganz Deutschland, sich ¿ nicht zuletzt mit Blick auf die demografisch bedingte Zunahme psychischer Alterser-krankungen ¿ über neue Konzepte für die Gesundheitsversorgung zu informieren.

Durch innovative Ansätze zur Behandlung von Depressionen könnten viele der mehr als 11.000 Selbsttö-tungen im Jahr verhindert werden, meinte beispielsweise Prof. Dr. Ulrich Trenckmann, Ärztlicher Direktor der LWL-Hans-Prinzhorn-Klinik in Hemer. Die Erkennung und Behandlung von Depressionen sei nicht nur Sache von Psychiatern und Psychotherapeuten. Denn dort komme nur eine Minderheit der Depressions-kranken an. Nur die Hälfte der Betroffenen suche überhaupt den Hausarzt auf.

Mit ins Boot genommen werden müssten neben Hausärzten vielmehr auch Angehörige, Selbsthilfegrup-pen sowie ¿Meinungsbildner¿ wie Lehrer, Polizisten, Seelsorger und Rettungskräfte. Die LWL-Klinik in Hemer habe deshalb ein ¿Kompetenznetz gegen Depression¿ initiiert. Die LWL-Experten informieren und bieten Unterstützung an ¿ mit dem Ziel, Depressionen früh zu erkennen, aufwändige stationäre Behand-lungen vermeiden zu helfen und letztlich auch Leben zu retten.

Das Modell aus Hemer ist eines von vielen Beispielen für ¿integrierte Versorgung¿, einer seit 2004 gelten-den gesetzlichen Anforderung. Prof. Dr. Werner Kissling von der Technischen Universität München stellte das ¿Münchener Modell¿ vor. Krankenkassen und die Psychiatrische Klinik der TU betreiben in einem gemeinsamen Projekt die bessere Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung. Integrierte Versorgung durch Konsiliar- und Liaisondienste erläuterte Dr. Wolf-Dietrich Braunwarth von der Klinik für Psychiatrie des Klinikums Nürnberg. Fachleute seiner Klinik wirken beratend oder als Team-Mitglieder in anderen Einrichtungen an der Behandlung von Patienten mit, die als ¿Nebendiagnose¿ auch psychische Probleme haben. Häufig sei dies bei Alkoholkranken der Fall, die oft Stationen der Inneren Medizin einge-wiesen würden. Speziell für betagte Patienten wurde das Zentrum für Altenmedizin gegründet, das unter anderem regelmäßige Visiten in Seniorenheimen anbietet.

Auf Sicht müssten die Leistungsanbieter in der Psychiatrie Mittelkürzungen einkalkulieren, prognostizierte Prof. Dr. Hans-Joachim Schubert von der Universität Witten-Herdecke. Mit Methoden des ¿Innovations-managements¿ könne die Qualität der Angebote gleichwohl aufrechterhalten oder sogar verbessert wer-den. Man müsse ¿vorhandene Spielzeuge kreativ einzusetzen, damit man mehr Freude daran hat¿, formu-lierte er.

Die Qualität der Patientenversorgung sei angesichts sich verändernder Rahmenbedingungen weiter zu steigern. Kundenorientierung sei dabei ein wesentlicher Erfolgsfaktor, forderte Prof. Dr. Walter Bungard von der Universität Mannheim: ¿Wir sind da in Deutschland weit hintendran.¿ Hilfreiche Instrumente zur Ermittlung und vor allem auch Berücksichtigung der Patienten-Bedürfnisse böten verschiedene Konzepte des Qualitätsmanagements. Krankenhausberaterin Christina Ament-Rambow animierte die Tagungsteil-nehmer, in ihren Einrichtungen Leitlinien für häufig auftretende behandlungsprozesse zu entwickeln. Der Vorteil solcher ¿Behandlungspfade¿ sei, dass die Patienten besser als bisher bei gleichen oder geringeren Kosten versorgt werden könnten. Unter anderem würden die Kosten transparenter, die Wartezeiten und Verweildauern kürzer, und es würden unnötige Leistungen vermieden. Mit der Strukturierung und be-reichsübergreifenden Gestaltung von Behandlungsprozessen befasste sich auch Prof. Dr. Peter Löcher-bach aus Mainz. Der Sozialpädagoge referierte über ¿Case Management¿. Arbeitsgruppen beschäftigten sich darüber hinaus mit neuen Arbeitszeitmodellen, regionalen Psychiatriebudgets, geschlechtersensibler Psychiatrie und Psychotherapie, Klinischen Pfaden und Disease-Management.

https://www.psychiatrie-nutzt-innovationen.de



Pressekontakt:
Karl G. Donath, Tel. 0251/591 235
presse@lwl.org




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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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