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Mitteilung vom 11.05.05

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Vergängliches Wunder: LWL zeichnet Nottulner Relief des Pfingstwunders als Denkmal des Monats aus

Nottuln (lwl). 470 Jahre war das spätgotische Steinrelief von 1535 direkt neben dem Eingangsportal in der Südfassade der Pfarrkirche St. Martinus in Nottuln Wind und Wetter ausgesetzt. Nun hat die Kirchengemeinde es fachkundig konservieren lassen und an einem neuen Platz in der Turmkapelle geschützt vor den zerstörenden Einwirkungen des Außenklimas untergebracht. ¿Durch das Engagement der Kirchengemeinde konnte ein bedeutendes Zeugnis westfälischer Bildhauerkunst der Spätgotik und Dokument der lokalen Klostergeschichte dauerhaft vor der drohenden Auslöschung gerettet werden¿, begründet Denkmalpfleger und Restaurator Beat Sigrist, warum der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) das Relief als Denkmal des Monats Mai ausgezeichnet hat.

¿Um das kostbare Bildwerk zu erhalten, war diese Entscheidung unumgänglich, auch wenn eine Konservierung am angestammten Ort sicher eher im Sinne der Denkmalpflege gewesen wäre. Der heimische Baumberger Kalksandstein, aus dem auch das Nottulner Relief besteht, ist zwar sehr gut zu bearbeiten und war daher bei Bildhauern zu allen Zeiten beliebt, neigt aber wegen seiner eher weichen Konsistenz zum Abschalen, Abschuppen und Absanden der Oberfläche¿, erklärt Sigrist. ¿Durch konservierende Maßnahmen lässt sich der Steinzerfall im Freien bestenfalls verzögern, nicht aber aufhalten¿, so der LWL-Fachmann weiter.

Das rechteckige Relief zeigt in einem mehrfach gestuften und oben halbrund geschlossenen Rahmen das Pfingstwunder, bei dem nach biblischer Überlieferung der Heilige Geist auf die um Maria versammelten Apostel herabkam: Am Himmel entstand plötzlich ein gewaltiges Brausen und es erschienen Feuerzungen, die sich zerteilten und auf jedem der Apostel niederließen. Alle Apostel wurden mit Heiligem Geist erfüllt und redeten plötzlich in fremden Sprachen, so dass die herbeigeeilten Neugierigen aus verschiedenen Völkern sie verstehen konnten. Pfingsten gilt seitdem als Gründungstag der christlichen Kirche und als eines der christlichen Hauptfeste.

Die Steinoberfläche der Nottulner Pfingstdarstellung ist bereits ein Stück weit vergangen, so dass nicht mehr alle Details des Geschehens, wie z.B. die Feuerzungen auf den Köpfen der Apostel, zu erkennen sind. Noch deutlich sichtbar ist die in der Bildmitte auf einem Pfostenthron sitzende Maria. Zu ihren Seiten staffeln sich die Apostel, in drei Reihen übereinander angeordnet, in die Bildtiefe. Über dem Ganzen schwebt die in den halbrunden oberen Abschluss integrierte Taube als Symbol des Heiligen Geistes. Die Darstellung folgt in dieser Anordnung einem in der frühchristlichen Kunst vorgebildeten Bildschema. Es fällt jedoch auf, dass zwei der zwölf Apostel fehlen, die der unbekannte Bildhauer möglicherweise nicht mehr auf der zur Verfügung stehenden Bildfläche unterbringen konnte.

Der besondere ortsgeschichtliche Bezug des Nottulner ¿Pfingstwunders¿ liegt in seiner Funktion als Epitaph, also als Erinnerungsmal für die am 12. Mai 1535 verstorbene Stiftsdame Lysa von Velen. Eine Inschrift in gotischen Minuskeln unterhalb des Reliefs gibt über diese Zweckbestimmung Auskunft. Die Nottulner Pfarrkirche war bis 1811 zugleich Kirche des freiweltlichen Damenstifts Nottuln, das nur adeligen Frauen offenstand. Die heute nicht mehr existierenden mittelalterlichen Klostergebäude lagen auf der Südseite der Kirche. Das Epitaph der Lysa von Velen befand sich an seinem Platz in der Kirchenfassade in unmittelbarer Nachbarschaft des Kreuzgangs, in dessen Innenhof der Friedhof des Stiftes lag.

Zu Beginn der Restaurierung hat eine Steinfurter Restaurierungsfirma die von Ruß und Staub schwarz gewordene Oberfläche des Reliefs schonend gereinigt. Besonders sorgfältig mussten die Restauratoren Gipskrusten entfernen, die sich an den Steinoberflächen durch Reaktion des Sandsteins mit Luftschadstoffen gebildet hatten. Diese Krusten neigen dazu, nach einer Zeit abzuplatzen, wobei oft ein großer Teil des Reliefs verloren geht. Außerdem haben die Restauratoren Risse verfüllt und lose Teile des Reliefs wieder befestigt. ¿Auch ohne weitere Oberflächenkosmetik hat das Bild einen Teil seiner ursprünglichen Aussagekraft zurückerhalten¿, lautet das Fazit von Beat Sigrist.



Pressekontakt:
Markus Fischer, Tel. 0251 591-235
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