Mitteilung vom 11.04.05
Presse-Infos | Der LWL
Auch Goethe und Lessing reisten antikenbegeistert nach Herculaneum
Verschüttet vom Vesuv: LWL zeigt Ausstellung
¿Die letzten Stunden von Herculaneum¿
Haltern (lwl). Zum ersten Mal ist eine Ausstellung über Herculaneum, den Nachbarort Pompejis, außerhalb von Italien zu sehen: Ab dem 21. Mai präsentiert eine Schau in Haltern am See und anschließend in Berlin und Bremen neue Ausgrabungsfunde aus dem römischen Ort, der 79 nach Christus durch den Ausbruch des Vesuv unter einer 25 Meter hohen Schicht aus Asche, Schlamm und Bimsstein verschüttet wurde. Die Besucher der Ausstellung können ¿Die letzten Stunden von Herculaneum¿ nachempfinden. Dafür sorgen anschauliche Exponate wie Skelette aus den Bootshäusern am Strand, verkohlte Lebensmittel und Holzmöbel. Erstmalig verlassen kostbarste Wandmalereien, Goldschmuck und Bronzeskulpturen ihren Stammplatz im Nationalmuseum in Neapel. Die Ausstellung im Westfälischen Römermuseum Haltern ist eine Kooperation des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), des Pergamonmuseums Berlin und des Focke-Museums Bremen. In einer Serie stellt der LWL wichtige Exponate der Ausstellung vor.
Der neue Chic à la Herculaneum
¿Es ist eine wirkliche Hinabfahrt ins Reich der Schatten, und man glaubt, die alten Römer herumgehen zu sehen¿, schreibt der Dichter Wilhelm Heinse in seinem Reisejournal von 1782. Er fasste damit in Worte, was so viele Gelehrte in jenen Jahren an den Golf von Neapel trieb: die Faszination für die verschüttete Antike. Nach den ersten Ausgrabungen breiteten sich Nachrichten über die wiedergefundene Stadt Herculaneum wie ein Lauffeuer in Europa aus. Die antiken Ausgrabungsstätten wurden Ziel eines archäologischen Abenteuer-Tourismus.
Johann Wolfgang von Goethe, Gotthold Ephraim Lessing, William Turner, Hans Christian Andersen und viele andere Gelehrte reisten nach Herculaneum, um Augenzeugen der spektakulären Entdeckun-gen zu werden. In Presseberichten und Reisebeschreibungen entfaltete sich der ¿herculanische Geist¿ in Europa. Das war die Geburtsstunde eines neuen Stils: des europäischen Klassizismus.
Der Rückgriff auf die Antike wurde zur Leitidee, die sich in nahezu allen Bereichen der Kunst, des Kunsthandwerks und der Mode niederschlug. ¿Architekten, Maler, Möbeltischler und Porzellankünstler begeisterten sich für den Stil des römischen Privatlebens¿, erklärt Dr. Rudolf Aßkamp, Leiter des Westfälischen Römermuseums des LWL. Kunsthandwerker ahmten römische Gebrauchsgegenstände nach, Wandmalereien aus Herculaneum wurden zu Vorbildern für Wanddekorationen in Schlössern. Aßkamp: ¿In Europa war es chic, sich à la Herculaneum einzurichten.¿
Viele Besucher, die im 18. Jahrhundert nach Herculaneum kamen, waren nicht nur an Abenteuern, sondern vor allem an den antiken Fundstücken interessiert. Herumgesprochen hatte sich die geheime Ausgrabung der ¿Herkulanerinnen¿. Der lothringische Offizier Emanuel d¿Elb¿uf hatte diese drei Frauenstatuen während der österreichischen Besatzung Neapels 1709/1710 ausgegraben und heimlich nach Wien geschafft. Später wurden sie nach Dresden verkauft und und kamen in das Albertinum, wo sie noch heute ausgestellt sind. Die Herkulanerinnen stammen aus dem antiken Theater der Stadt. Der Gelehrte Johann Joachim Winkelmann war bezaubert von der Schönheit ¿dieser drei göttlichen Stücke¿ und sah in ihnen die ¿edle Einfalt und stille Größe¿ der griechischen Kunst.
Kein Wunder, dass angesichts dieser Antikenbegeisterung so mancher Sammler Opfer von ¿Fälschungen¿ wurde, die recht bald kursierten. Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth hatte 1755 Herculaneum besucht. Sie musste von den Fundstücken so begeistert gewesen sein, dass sie in Rom im Kunsthandel mehrere Marmorskulpturen erwarb ¿ in dem sicheren Glauben, originale Stücke aus der verschütteten Stadt zu kaufen. Heute weiß die archäologische Forschung, dass die begeisterte Sammlerin betrogen wurde. Der Jünglingskopf ¿Triptolemos¿ ist zwar ein römisches Original. Er stammt aber eindeutig aus der Zeit des römischen Kaisers Hadrian (117 bis 138 nach Christus). Er entstand also Jahrzehnte nach dem Vesuvausbruch 79 nach Christus.
Die letzten Stunden von Herculaneum
21. Mai bis 14. August 2005
Westfälisches Römermuseum, Weseler Straße 100,
Haltern am See
Dienstag bis Freitag 9 bis 17 Uhr
Samstag und Sonntag 10 bis 18 Uhr
https://www.herculaneum-ausstellung.de
Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org
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