Mitteilung vom 20.03.05
Presse-Infos | Der LWL
Der Tod kam sekundenschnell
Verschüttet vom Vesuv: LWL zeigt Ausstellung ¿Die letzten Stunden von Herculaneum¿
Haltern am See (lwl). Zum ersten Mal ist eine Ausstellung über Herculaneum, den Nachbarort Pompejis außerhalb von Italien zu sehen: Ab dem 21. Mai präsentiert eine Schau in Haltern am See und anschließend in Berlin und Bremen neue Ausgrabungsfunde aus dem römischen Ort, der 79 nach Christus durch den Ausbruch des Vesuv unter einer 25 Meter hohen Schicht aus Asche, Schlamm und Bimsstein verschüttet wurde. Die Besucher der Ausstellung können ¿Die letzten Stunden von Herculaneum¿ nachempfinden. Dafür sorgen anschauliche Exponate wie Skelette aus den Bootshäusern am Strand, verkohlte Lebensmittel und Holzmöbel. Erstmalig verlassen kostbarste Wandmalereien, Goldschmuck und Bronzeskulpturen ihren Stammplatz im Nationalmuseum in Neapel. Die Ausstellung im Westfälischen Römermuseum Haltern ist eine Kooperation des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), des Pergamonmuseums Berlin und des Focke-Museums Bremen. In einer Serie stellt der LWL wichtige Exponate der Ausstellung vor.
Die Flüchtlinge am Strand
Der Tod kam in Sekundenschnelle. Doch er traf die Menschen nicht unvorbereitet. Das Grollen des Vesuv hatte die Bewohner von Herculaneum gewarnt. Viele packten nur ein paar Habseligkeiten zusammen und flüchteten dann in Richtung Strand. Sie glaubten in den Bootshäusern Schutz zu finden. Andere versuchten, ein großes Boot zu Wasser zu lassen. Doch als die über 400 Grad Celsius heiße Wolke aus Asche und Bimsstein gegen ein Uhr des 25. August 79 nach Christus über Herculaneum hinwegfegte, hatten die Menschen keine Chance mehr.
Die Bewohner starben durch thermischen Schock: Beim Aufprall der glühenden Aschewolke verdampfte augenblicklich die gesamte Körperflüssigkeit. Die Flüchtlinge am Strand waren auf der Stelle tot. Die Menschen in den Bootshäusern hatten dagegen noch Zeit für einige Atemzüge: Doch dabei atmeten sie den dichten und feinen glühenden Staub ein ¿ auch für sie das Todesurteil. Eine Stunde später ging die zweite große Wolke nieder. Sie riss die Dächer von den Häusern, Marmorstatuen von Straßen und Höfen und wälzte sich Richtung Strand, wo sie die Toten unter sich begrub.
1900 Jahre lagen die Skelette von über 300 Frauen, Männern und Kindern verschüttet unter einer meterdicken Schicht vulkanischer Asche. Die Forschung ging lange Zeit davon aus, dass sich fast alle Einwohner von Herculaneum vor dem Ausbruch des Vesuv gerettet hatten, weil bei den Ausgrabungen kaum menschliche Überreste gefunden wurden ¿ ein großer Irrtum. 1982 stießen italienische Kanalarbeiter durch Zufall auf die antiken Boothäuser und brachten damit das dramatische Schicksal der Bewohner ans Tageslicht.
Dank moderner Technik konnten die Forscher die menschlichen Knochen ¿lesen¿ und fanden erstaunliche Einzelheiten zum Aussehen, zum Alter und zur Ernährung, zu Krankheiten und dem sozialen Stand der Opfer heraus. Viele litten an den Folgen harter Arbeit. Selbst bei Kindern fanden sich schon Abnutzungserscheinungen an der Wirbelsäule und den Bändern. Weit verbreitet waren auch Tuberkulose, Kopfläuse und Karies. Viele der Opfer hatten außerdem chronische Atemwegserkrankungen, verursacht durch stark rußende Öllampen und offenes Feuer in den Häusern. Die Archäologen fanden noch mehr, unter Vulkanasche begrabene Gefühle: eine Familie, die sich fest in den Armen hält, ein Säugling, der zum Schutz hinter dem Rücken seines Vaters liegt.
Nie zuvor haben Wissenschaftler so viele Menschen aus römischer Zeit untersuchen können, die im selben Augenblick gestorben waren. Sie bilden einen Querschnitt der Bevölkerung. Unter den Opfern war jedes Alter von 0 bis 60 Jahren vertreten. Allerdings nur wenige Menschen über 50 Jahren, und keine, die älter als 60 Jahre waren. Ein interessanter Blick auf die Lebenserwartung in der römischen Welt.
An den Funden lässt sich auch ablesen, wie die Flucht vonstatten ging. Der einzige Zugang zum Strand war ein schmaler, steiler Weg, der zum Meer hin in einer engen Treppe endete. Entlang dieser Strecke wurde kein Opfer gefunden. Die Menschen liefen demnach schnell, aber nicht in Panik Richtung Strand. Außerdem wurden viele Kleinkinder gefunden, die mit Sicherheit getragen worden sind, und Gehbehinderte, die auf Hilfe angewiesen waren. Dass sie alle die Häuser und den Strand erreichten, zeigt, dass sich die jungen und gesunden Bewohner trotz des drohenden Unheils um die Schwächeren kümmerten.
Die letzten Stunden von Herculaneum
21. Mai bis 14. August 2005
Westfälisches Römermuseum, Weseler Straße 100,
Haltern am See
Dienstag bis Freitag 9 bis 17 Uhr
Samstag und Sonntag 10 bis 18 Uhr
https://www.herculaneum-ausstellung.de
Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org
Links:
http://www.herculaneum-ausstellung.de
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