Mitteilung vom 13.03.05
Presse-Infos | Der LWL
Eine hölzerne Wiege unter Asche und Bimsstein
Verschüttet vom Vesuv: LWL zeigt Ausstellung ¿Die letzten Stunden von Herculaneum¿
Haltern am See (lwl). Zum ersten Mal ist eine Ausstellung über Herculaneum, den Nachbarort Pompejis außerhalb von Italien zu sehen: Ab dem 21. Mai präsentiert eine Schau in Haltern am See und anschließend in Berlin und Bremen neue Ausgrabungsfunde aus dem römischen Ort, der 79 nach Christus durch den Ausbruch des Vesuv unter einer 25 Meter hohen Schicht aus Asche, Schlamm und Bimsstein verschüttet wurde. Die Besucher der Ausstellung können ¿Die letzten Stunden von Herculaneum¿ nachempfinden. Dafür sorgen anschauliche Exponate wie Skelette aus den Bootshäusern am Strand, verkohlte Lebensmittel und Holzmöbel. Erstmalig verlassen kostbarste Wandmalereien, Goldschmuck und Bronzeskulpturen ihren Stammplatz im Nationalmuseum in Neapel. Die Ausstellung im Westfälischen Römermuseum Haltern ist eine Kooperation des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), des Pergamonmuseums Berlin und des Focke-Museums Bremen. In einer Serie stellt der LWL wichtige Exponate der Ausstellung vor.
Das Haus des Granianus
Die Stadt Herculaneum hatte zur Zeit ihres Untergangs rund 4000 Einwohner. Nur von den wenigsten sind die Namen bekannt. Die meisten starben anonym. Marcus Pilius Primigenius Granianus gehörte zu den etwa 500 Menschen, deren Namen die Forscher kennen.
Granianus wohnte mit seiner Familie in einer kleinen Wohnung oberhalb der Strandpromenade. Es war eine bescheidene Unterkunft im Kellergeschoss einer stattlichen Villa. Auch die Funde, die Archäologen 1940 dort machten, zeigen, dass Granianus nicht zu den Reichen von Herculaneum gehörte.
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass er ein Freigelassener war, der früher einmal als ¿servus communis¿ (gemeinsamer Sklave) zwei Herren gleichzeitig gedient und von diesen, einem gewissen M. Pilius und einem gewissen Granius, die Namen übernommen hatte. Inschriften zeigen, dass in Herculaneum überdurchschnittlich viele Menschen lebten, die selbst oder deren Vorfahren Sklaven gewesen waren. ¿Die politische Macht lag in den Händen einiger weniger Familien¿, berichtet Dr. Rudolf Aßkamp, Leiter des Westfälischen Römermuseums des LWL.
Dass Granianus namentlich bekannt ist, verdankt die Forschung einem bronzenen Siegelring mit Inschrift. Der Ring lag zusammen mit fast unversehrten Glasgefäßen in einer verkohlten Holzkiste. Granianus bewahrte diese Kiste in einer Abstellkammer auf, in der auch eine Weberin gearbeitet haben muss. Denn die Frau benutzte die Wände, um sich während ihrer Arbeit Notizen zu machen. Wie durch ein Wunder sind diese Graffiti erhalten geblieben.
Ebenso wie eine hölzerne Wiege: Die zu Tuffstein erstarrte, 25 Meter dicke Schlammschicht bewahrte sie für die Ewigkeit.
In der Wiege fanden die Archäologen das Skelett eines kleinen Babys. Das Neugeborene lag auf einer kleinen Matratze aus Pflanzenfasern, mutterseelenallein in dem Zimmer, wie zuerst angenommen wurde. Erst bei späteren Grabungen stießen die Forscher auf sechs weitere Skelette und mussten die Geschichte vom Haus des Granianus neu schreiben: Die Menschen waren nicht in Panik geflüchtet und hatten das Baby zurückgelassen, sondern fanden in der Nacht des 25. August 79 nach Christus zusammen den Tod, als die über 400 Grad Celsius heiße Wolke aus Asche und Bimsstein über Herculaneum hinwegfegte.
Ob es tatsächlich Granianus und seine Familie war, die neben der Wiege starb, oder ob es sich dabei um Flüchtlinge handelte, die auf dem Weg zum Hafen Schutz in dem Haus gesucht hatten, wird für immer unklar bleiben.
Die letzten Stunden von Herculaneum
21. Mai bis 14. August 2005
Westfälisches Römermuseum, Weseler Straße 100,
Haltern am See
Dienstag bis Freitag 9 bis 17 Uhr
Samstag und Sonntag 10 bis 18 Uhr
https://www.herculaneum-ausstellung.de
Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org
Links:
http://www.herculaneum-ausstellung.de
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