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Mitteilung vom 09.03.05

Presse-Infos | Der LWL

Ausstellung über ¿Die Brabender¿
Skulptur am Übergang vom Spätmittelalter zur Renaissance

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Münster (lwl). Als Beitrag zum 1200-jährigen Jubiläum des Bistums Münster zeigt das Westfälische Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in Münster vom 12. März bis zum 28. August eine große Werkschau mit insgesamt über 170 Objekten, davon 140 Skulpturen der Bildhauer Heinrich und Johann Brabender und ihrem künstlerischen Schaffen zwischen 1480 und 1562.

Das 16. Jahrhundert läutete mit dem Ende des Spätmittelalters und dem Beginn der Renaissance eine Zeit der großen Umbrüche ein. Im Spannungsfeld der Reformation und der Wiedertäufer behauptete sich die Stadt Münster als ein bedeutendes Kunstzentrum in Nordwestdeutschland. In dieser historisch vielschichtigen Phase ist die große Sonderausstellung ¿Die Brabender. Skulptur am Übergang vom Spätmittelalter zur Renaissance¿ angesiedelt.

Heinrich und sein Sohn Johann Brabender haben durch ihre Skulpturen die Kunst in Westfalen und in Norddeutschland nachhaltig bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts geprägt. Aus ihrem Schaffen sind z.B am münsterschen Dom die lebensgroßen Skulpturen ¿Der Einzug in Jerusalem¿ von der Westfassade (1516) und die Passionsfiguren von der Südseite (um 1520) erhalten. Große Teile des Lettners von Johann Brabender (um 1536-1550) sowie die Sündenfall-Gruppe vom Paradiesportal (1545 - 1550) befinden sich heute im Landesmuseum und in der Domkammer. Die Statuen des hl. Petrus und des hl. Paulus mit dem Domherrn Heinrich Hake, geschaffen um 1535 für den Kreuzgang des Doms, sind heute in Warendorf zu sehen. In Norddeutschland finden sich Werke wie z.B. die Chorschranken in St. Marien in Lübeck oder die Apostelfiguren des Osnabrücker Domlettners.

Während die Werke Heinrich Brabenders (um 1475 ¿ um 1535) noch stark von dem Kunststil der Spätgotik um 1500 zeugen, gehört Johann Brabender (um 1498/99 ¿ 1560) mit seinen Arbeiten bereits der in Münster um 1520 ¿ 1530 spürbaren neuen Figurenauffassung der Renaissance an.

Das besondere Interesse der Ausstellung besteht darin, mit ihren Werken die Bedeutung Münsters als ein wichtiges Kunstzentrum zu zeigen, das gerade Anfang des 16. Jahrhunderts einem starken Wandel ausgesetzt war. Zu erinnern ist dabei nicht nur an die enormen religiös-gesellschaftlichen Umbrüche durch die Reformation, in deren Verlauf auch Münster für kurze Zeit lutherisch wurde, sondern vor allem auch an die Herrschaft der Täufer, die als radikalreformatorische Sekte für knapp zwei Jahre, 1534 ¿ 35, in Münster eine Art Gottesstaat errichteten, bis sie schließlich im Sommer 1535 durch den Bischof von Münster, Franz von Waldeck militärisch vertrieben wurden. Die Bilderfeindlichkeit der Täufer hinterließ erhebliche Zerstörungen gerade auch am Dom mit seinen Skulpturen Heinrich Brabenders.

Nach Wiederherstellung der alten Ordnung war das Domkapitel bemüht, durch zahlreiche Aufträge an Johann Brabender und andere Künstler, den Anspruch der Kirche durch repräsentative Werke der bildenden Kunst zu erneuern. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang insbesondere die Sündenfall-Gruppe und der Domlettner von Johann Brabender.

Neben der künstlerischen Ausstrahlung der Skulptur der Brabender nach Westfalen und Norddeutschland ist es von besonderem Interesse, ihre Wechselbeziehungen zu anderen Künstlern, wie z.B. Evert von Roden, zu beleuchten. Während sich die Forschung bisher fast ausschließlich mit der regionalspezifischen Bedeutung dieser Kunst für Westfalen beschäftigt hat, ist es der Münsteraner Schau ein wichtiges Anliegen, das Werk und den Werdegang dieser Bildhauer, die so wichtige Werke für den Dom von Münster schufen, der Öffentlichkeit zu präsentieren und sie kunstgeschichtlich in einen größeren Kontext einzuordnen.

Einen besonders markanten Akzent der Ausstellung bildet die Teil-Rekonstruktion des Domlettners von Johann Brabender im Lichthof des Museums.
Nach seiner Entfernung aus der Kathedralkirche im Jahre 1870 war der Lettner ¿ bereits in Höhe und Breite reduziert ¿ im Landesmuseum ausgestellt, wo er 1941 durch einen Bombenangriff zerstört wurde. Nach einer Bestandsaufnahme der erhaltenen Skulpturen und Architekturfragmente konnten fast 50 Prozent der alten Chorschranke wieder zusammengefügt werden. Mit dieser Rekonstruktion nimmt ein Kunstwerk, das das Innere des Doms zu Münster über Jahrhunderte geprägt hat, wieder Gestalt an.

Die Ausstellung im Westfälischen Landesmuseum bietet erstmalig eine umfassende Gesamtschau des bildhauerischen Schaffens der Brabender, sie erhellt ihr Oeuvre im Lichte zeitgenössischer Künstler und bettet die Kunst in die kulturgeschichtlichen Zusammenhänge ein.

Das Begleitprogramm

Die Ausstellung wird von einem umfangreichen Begleitprogramm flankiert, das sich an die unterschiedlichsten Besuchergruppen richtet und durch Führungen, Workshops und Exkursionen vielfältige Aspekte der Schau aufnimmt.
So geht es in einer historisch-kulturgeschichtlichen Annäherung um Themen wie Bildersturm und Bilderverehrung in der Geschichte des Christentums oder um Eros und Körperlichkeit in der Skulptur Johann Brabenders; ferner sollen Werkstattbetrieb und künstlerische Ausbildung beleuchtet werden, wie auch das religiöse und gesellschaftliche Klima Münsters um 1500.
Bei den eher kunsthistorisch orientierten Angeboten geht es beispielsweise um Farbigkeit und Sehgewohnheiten des Spätmittelalters oder um den Wandel in der Auffassung von Skulptur hinsichtlich Material, Technik und Präsentation im Laufe der Zeit. Der ertastbaren Qualität von Sandsteinskulptur ist ein spezieller Workshop für Menschen mit oder ohne Sehbehinderung gewidmet.
Aber auch außerhalb des Museums wird bei Exkursionen den Spuren der Brabender nachgegangen, wie im münsterschen Dom oder den Baumberger Sandsteinbrüchen.

Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte
Landesmuseum
Domplatz 10
48143 Münster
https://www.landesmuseum-muenster.de

Eintrittspreise
Erwachsene: 5,00 Euro
Gruppen ab 16 Personen: 4,30 Euro
Kinder/Jugendliche von
6 bis einschl. 17 Jahren, Schüler: 2,80 Euro
Familientageskarte: 11,00 Euro
Schüler im museumspädagogischen -Programm: 2,20 Euro



Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org




Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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