Mitteilung vom 17.02.05
Presse-Infos | Der LWL
Die List des Arminius und die Ignoranz des Varus
Geographische Kommission des LWL bringt Neues zur Varusschlacht heraus
Haltern (lwl). Wie es dem Germanenführer Arminius im Jahre neun nach Christus gelang, die erfah-renen Truppen der damaligen römischen Weltmacht in einen Hinterhalt zu locken und in der so ge-nannten Varusschlacht zu vernichten, will ein neues Buch erklären: ¿Die Schlacht muss im unmittelbaren Umfeld eines zentralen germanischen Kultfestes stattgefunden haben¿, so Wilm Brepohl, Kulturfachmann beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), bei der Vorstellung seines Buches ¿Neue Überlegungen zur Varusschlacht¿ am Donnerstag (17.02.) im Westfälischen Römermuseum Haltern.
¿Für eine Schlacht dieser Größenordnung mussten tausende Germanen nahe des Marschweges der Römer konzentriert werden. Varus hätte zweifellos durch seine zahlreichen Kundschafter davon erfahren und sich entsprechend gerüstet¿, meint der Autor der im Aschendorff-Verlag erschienenen Publikation. Nur so lasse sich erklären, wie es den Germanen möglich war, alle wehrfähigen Männer an einem Ort zu versammeln, ohne Argwohn zu erregen. ¿Bis heute ist es Usus, dass Massenveranstaltungen von Gläubigen an ihrem zentralen Heiligtum von der Obrigkeit geduldet werden. Selbst die Israelis erlauben den Muslimen, den Beginn des heiligen Fastenmonats Ramadan auf dem Ölberg in Jerusalem zu begehen.¿ erläutert Brepohl. Der bisherigen Annahme, Arminius habe Varus und seine Legionen auf dem Hauptweg vom Sommerlager an der Oberweser zum Winterlager bei Xanten überrascht, mag Brepohl daher keinen Glauben schenken.
Im Rahmen dieses Kultfestes, das alle neun Jahre stattfand, habe Arminius eine Art ¿Gipfeltreffen der Germanen¿ initiiert, in dessen Verlauf Varus die Möglichkeit geboten werden sollte, den Germanen römische Politik vorzustellen und militärische Stärke zu demonstrieren. Hierbei sei dem römischen Feldherren seine verheerende Ignoranz gegenüber den religiösen Bräuchen der germanischen Stammensgesellschaft zum Verhängnis geworden: Mit dem Aufmarsch der römischen Legionen in die geheiligten Bezirke des Kultzentrums sei der ¿Tempelfriede¿ gestört worden, schreibt Brepohl in der 117-seitigen Publikation. Deshalb war es die heilige Pflicht der germanischen Stammeskrieger, sich gemeinsam für den Schutz des Heiligtums einzusetzen. Innerhalb von drei Tagen vernichteten die religiös fanatisierten Stammeskrieger Varus und sein Heer.
Die Varusschlacht gilt als Ereignis von Weltrang, trug sie doch vor knapp 2000 Jahren dazu bei, die Römer ein für alle Mal aus dem Norden Germaniens zu vertreiben. ¿Was für Alexander und Hanniball gilt, trifft auch für Varus zu¿, berichtet Prof. Dr. Klaus Temlitz, Geschäftsführer der Geographischen Kommission für Westfalen, die das Buch herausgegeben hat. ¿Jeder kennt die Geschichte von seinem Tod und dem Untergang seiner römischen Streitmacht im Kampf gegen germanische Bauernkrieger¿. In der öffentlichen Diskussion wird die Schlacht zwischen Römern und Germanen heute oft auf die Frage nach dem Ort des Aufstands reduziert.
Mit der Verortung der Schlacht in geographischer Nähe zum Germanen-Heiligtum bringt Brepohl einen weiteren Aspekt in die Diskussion zwischen Niedersachsen und Westfalen über die Örtlichkeit der Schlacht: Der LWL-Experte wagt eine neue Deutung der Bezeichnung ¿Teutoburger Wald¿, mit der Tacitus den Ort der Schlacht umreißt. Nach neusten Erkenntnissen des LWL-Kulturexperten muss die Textstelle als ¿Opferwald der Teutoburg¿ verstanden werden. Das Schlachtfeld sei demnach in der Nähe des (Opfer)Waldes einer sehr alten, hochrangigen Kultstätte auf befestigter Höhe (Burg) zu suchen, auf der die Priester den Willen der Gottheit volksverständlich deuteten (¿Teutoburg¿). In der späteren Standortbeschreibung des Germanicus ist von Altären, Opferschächten und an Bäume genagelten Schädeln die Rede, was Brepohls These, die Schlacht in der Nähe einer Kultstätte anzusiedeln, stützt.
Eine endgültige Klärung des Ortes der Schlacht sei nur möglich, wenn interdisziplinär kooperiert werde¿, resümiert Brepohl. Erst die Zusammenarbeit von Archäologen, Althistorikern, Sprachwissenschaftlern, Münzkundlern, Geographen, Geologen, Klimaforschern und Wissenschaftlern anderer Disziplinen könne vielleicht doch noch Licht in den Mythos um die Varusschlacht bringen.
Wilm Brepohl:
Neue Überlegungen zur Varusschlacht
Aschendorff-Verlag Münster
117 Seiten
ISBN 3 ¿ 402 ¿ 03502 ¿ 2
Preis: 8,80 Euro
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