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Mitteilung vom 11.03.04

Presse-Infos | Der LWL

Pergament, Baerenknochen und Jubilaen: Westfaelische Archaeologen ziehen Jahresbilanz

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Westfalen (lwl) Höhlen und Bergwerke, neue Bauprojekte und die Meldungen der ehrenamtlichen Mitarbeiter hielten die Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) im Jahr 2003 auf Trapp. Auch in den Museen rief Arbeit: In Herne eröffnete das neue Westfälische Museum für Archäologie, das Westfälische Römermuseum in Haltern und die Kaiserpfalz in Paderborn aktualisierten ihre Ausstellungen.

In ihrer 140-seitigen Jahresbilanz blickt LWL-Chefarchäologin Dr. Gabriele Isenberg auf das vergangene Jahr zurück: Neue Fundstücke, Ausstellungen und Sonderveranstaltungen warten nun in den drei archäologischen Museen des LWL auf Besucher.

Der Höhepunkt im vergangenen Jahr war die Eröffnung des neuen ¿Westfälischen Museums für Archäologie¿ in Herne. Das größte Schaufenster für Archäologie in Westfalen gehört mit seiner Konzeption und Gestaltung zu den modernsten Museen in Europa. Seit März 2003 erfreut es sich großer Beliebtheit, bis zum Jahresende zählte es 65.000 Besucher.

Das Westfälische Römermuseum Haltern brachte im Jubiläumsjahr zum zehnjährigen Bestehen seine
Dauerausstellung auf den neuesten Stand der Forschung. Höhepunkt im Jahr 2004 sollen wieder die Römertage im September werden, wenn ¿Römer¿ und ¿Germanen¿ ihre Zelte vor dem Museum aufschlagen und zeigen, wie man vor 2000 Jahren an der Lippe lebte und kämpfte.

Im Jahresbericht des Westfälischen Museums für Archäologie berichten die Archäologen und Paläontologen wieder von ihren Bemühungen um die Denkmäler im Boden, dem unterirdischen Geschichtsarchiv. Auch 2003 mussten sie im Vorfeld von langfristigen Baumaßnahmen, bei kurzzeitigen Baustellenbeobachtungen oder Zufallsentdeckungen in ganz Westfalen aktiv werden. Dabei bedeutete der vergangene Sommer für Grabungstechniker und Arbeiter erschwerte Bedingungen. Trockenheit und starke Sonneneinstrahlung verwandelte die Erde mancherorts in eine betonharte Masse, der mit Wasserspritzen und Gießkannen vorsichtig zu Leibe gerückt wurde.

Ein größeres Problem als der heiße Sommer war
allerdings zunehmend die dünne Personaldecke.
Viele Kollegen hätten über die Grenzen ihrer Belastbarkeit hinaus ¿mehrere Brände¿ auf einmal löschen müssen, schreibt LWL-Chefarchäologin und Museumsdirektorin Dr. Gabriele Isenberg. ¿Dass das noch immer irgendwie gelang, ist ihrer Disziplin, ihrer Begeisterung für die Archäologie und ihren logistischen Fähigkeiten zu verdanken¿, lobt sie ihr Team. So können die archäologischen und paläontologischen Denkmalpfleger des LWL trotz dieser Schwierigkeiten eine stolze Summe an bemerkenswerten Ergebnissen aufweisen.

Die LWL-Außenstelle Olpe untersuchte im vergangenen Jahr Höhlenbärenknochen aus der Balver Höhle bei Balve im Märkischen Kreis. Der Höhlenbär ist vor 425.000 Jahren ausgestorben. Die Untersuchungen an den Resten von über 100 Tieren zeigen, dass die meisten während des Winterschlafs in der Höhle verhungert oder an Krankheiten verendet sind. Für den Tod einzelner Bären waren Neandertaler verantwortlich, wie zum Beispiel Schnittspuren an Knochen beweisen.

In Dortmund-Asseln untersuchte die Stadtarchäologie eine Siedlung aus der Zeit der ersten Bauern in Westfalen sowie fast 30 Gräber aus der jüngeren Bronzezeit (um 1000 v. Chr.) und aus der Völkerwanderungszeit. Die älteren Grabstellen sind umhegt von Kreisgräben oder Gräben in Schlüssellochform mit einem Durchmesser von bis zu 16 Metern. In einem Grab fand man zwei kleine Bleigefäße und ein verziertes bronzenes Tüllenmesser, einem anderen Toten hatte man drei Gefäße und ein Rasiermesser mitgegeben. Diese Häufung ist von Bronzebeigaben ist
auffällig für Westfalen.

In Kirchlengern (Kreis Herford) setzten die Ausgräber von der Außenstelle Bielefeld ihre Arbeiten an der Siedlung aus der Zeit um Christi Geburt fort. Im vergangenen Jahr legten sie drei weitere Hausgrundrisse frei, von denen zwei für Ostwestfalen ganz außergewöhnliche Formen zeigen.

Bei der Grabung in Lemgo (Kreis Lippe) im ehemaligen Dominikanerinnenkloster St. Marien kamen statt eines unbebauten Platzes Grundmauern von vier Häusern und drei Wasserleitungen aus unterschiedlichen Epochen zum Vorschein, Teile des ehemaligen Wirtschaftshofes. Die älteste Wasserleitung aus zwei Eichenbohlen ist möglicherweise identisch mit der ersten Leitung des Klosters, die nach schriftlichen Quellen 1348 erbaut wurde. Es folgte eine Leitung aus Holz und Stein und schließlich eine aus sorgfältig bearbeiteten Kalksteinplatten, die wahrscheinlich aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammt.

Großflächige Ausgrabungen begannen im Neubaugebiet Oelde-Weitkamp (Kreis Warendorf) bereits Ende Oktober 2002. Die Ergebnisse übertreffen die Erwartungen. Immer wieder haben sich Menschen auf dem leicht erhöhten Sandrücken zwischen zwei Bachläufen niedergelassen. Von durchziehenden Jägergruppen nach dem Ende der letzten Eiszeit fanden die Ausgräber Reste eines Lagerfeuers und von Arbeitsgeräten.
Aus der Bronzezeit hat sich eine Grabanlage mit 19 Meter Durchmesser in Teilen erhalten. Die Besiedlung der Gegend während der Eisenzeit im 2. bis 1. Jahrhundert v. Chr. konnten die Archäologen von der Außenstelle Münster auf dem gesamten Grabungsareal nachweisen. Bislang sind vier Gehöfte mit Grundrissen größerer Wohnhäuser aufgedeckt worden. Den größten Anteil an Funden bilden Keramik-reste und große Mengen verkohlten Getreides. Die mittelalterliche Besiedlung begann im 9. Jahrhundert. Und schließlich liegt auf dem Grabungsareal auch ein Teil des ehemaligen Uthofes, eine Hofanlage, die 1308 erstmals urkundlich erwähnt und erst 1878 aufgegeben wurde.

Die Paläontologen des LWL-Naturkundemuseums verfolgen seit einigen Jahren ein Projekt in westfä-lischen Bergwerken. Vor allem in den Schichten im Bergwerk Ibbenbüren (Kreis Steinfurt) haben sich Riesentausendfüßler, Seeskorpione, Krebse und
zahlreiche Pflanzenreste aus der Zeit des Ober-Karbons, vor 310 bis 295 Millionen Jahren, erhalten.

Interessierte können den Jahresbericht (¿Neujahrsgruß 2004¿) im Westfälische Museum für Archäologie in Herne, im Westfälischen Römermuseum Haltern und in der Kaiserpfalz in Paderborn zum Preis von 3 Euro erwerben oder unter Telefon 0251/59 07-2 85 bzw. per e-Mail (ruth.schülting@lwl.org) bestellen. Er kostet 3,80 Euro einschließlich Porto und Verpackung.

Achtung Redaktionen
Etwa 100 weitere Fundorte verzeichnet das Ortsregister, das dieser Mitteilung als Kopie beiliegt. Gern informieren wir Sie über die anderen Funde, ein Anruf genügt (Tel. 0251/5907-5367).





Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, Telefon: 0251 591-235 presse@lwl.org
presse@lwl.org




Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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