LWL-Newsroom
Mitteilung vom 26.02.04
Presse-Infos | Der LWL
Haushaltsrede der FDP-Landschaftsfraktion zum Haushalt 2004 von Dr. Gerhard Wolf
- Es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
meine Damen und Herren,
ich fange einmal mit einem Lob für den Kämmerer Dr. Predeick, aber auch für Frau Dr. Uthemann und alle Mitarbeiter der Kämmerei an; dass ich die Verwaltung lobe, ist bekanntlich so häufig nicht der Fall!
Also: Die FDP-Fraktion begrüßt die Vorlage 11/1919. Die Kämmerei und der Landesdirektor haben damit die in allen Fraktionen bestehende Beschlusslage aufgenommen, den Umlagesatz um 0,3 Punkte zu senken. Daher erweisen sich die Anträge der CDU und der SPD als überflüssig, denn für den Jahresfehlbetrag 2003 ist auf Seite 5 der Vorlage 11/1919 die Deckung vorgesehen. Der Rest ist Verwaltungsangelegenheit der Kämmerei, die nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden muss, ob eine Deckungsreserve für die Sozialhilfe gebraucht wird oder zur Abwechslung wieder einmal eine Rücklage gebildet wird.
Die Lobeshymne, die die SPD-Landschaftsfraktion auf die erste und zweite Ergänzungsvorlage der Landesregierung anstimmt, ist für uns unerwünscht, zumal diese Düsseldorfer Ergänzungsvorlagen ja eigentlich nur das Chaos der Finanzpolitik der Landesregierung und der rot-grünen Koalition belegen.
An das Jahr 2005 zu denken, heißt zu spekulieren. Eine Finanzplanung, die den Namen verdient, ist nicht möglich. Verlässliche Zahlen oder Aussagen des Landes gibt es nicht. Wird 2005 eine Umlagesteigerung von mehr als 1 % nötig werden?
Ich glaube es nicht. In 2004 gab es einige Mittel, denn es ist ja Kommunalwahl! Da wollte man der Opposition Wind aus den Segeln nehmen. In 2005 ist Landtagswahl. Die Spatzen pfeifen es schon von den Dächern, dass die gestundeten Mittel von ca. 484 Mio. Euro auch 2005 nicht zurückgefordert werden. Eine solche Vorlage für den Wahlkampf wird sich Rot-Grün nicht leisten!
Fazit: Wir stimmen der Vorlage der Verwaltung zu, die Anträge von CDU und SPD lehnen wir ab.
Das war das Jahr 2004, was den Haushalt angeht und ein kurzer Ausblick auf 2005.
Wie geht es sonst weiter? Was gibt es noch zu bedenken?
Morgens schlagen wir die Zeitung auf und lesen: ¿WestLB in Nöten ¿ Kapitalerhöhung unausweichlich!¿
Wer steigt bei der WestLB aus? Das Land, die Landschaftsverbände?
Wer steigt ein? Die Sparkassen. Ja, das ist die zweitbeste Lösung, besser wäre die totale Privatisierung der Aktiengesellschaft. Als Kommunalbank reicht die Landesbank mit Dr. Lüthje als Vorstandsvorsitzendem.
Die FDP macht weitere Kapitalerhöhungen aus dem Portemonaie des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe nicht mit. Zum Leidwesen der Bürger haben wir weder in Düsseldorf noch in Münster das Sagen. Aus Sorge und zur Vorsorge haben wir den Antrag 11/1943 gestellt, über den die CDU ja gar nicht erst diskutieren wollte. Dampfwalzenpolitik einer absoluten Mehrheit. Es ist immer dasselbe, was die FDP schon seit Jahrzehnten sagt: ¿Absolute Mehrheiten verführen zum Machtmissbrauch.¿
Bei der Gelegenheit sei Ihnen, Herr Landrat Beckehoff, einmal eine Lektion in Sachen Demokratieverständnis erteilt. Es steht Ihnen nicht zu, eine Tischvorlage der FDP-Fraktion als zu spät eingereicht zu kritisieren. Auch die Verwaltung und sogar die CDU-Fraktion haben uns schon mit Tischvorlagen beglückt. Als Vorsitzender des Finanzausschusses haben Sie Vorlagen abzuhandeln und nicht zu zensieren. Wir sind hier in der kommunalen Selbstverwaltung und nicht in der Kreispolizeibehörde, Herr Landrat Beckehoff! Dort könnten Sie befehlen und es herrscht Gehorsamspflicht, hier nicht. Wer erst 1999 Mitglied der Landschaftsversammlung geworden ist, sollte sich vielleicht bei seiner Amtsführung als Vorsitzender eines Ausschusses am Vorbild seiner Vorgänger orientieren.
Die FDP-Fraktion hat einen Antrag bzgl. der Verwendung der von der RWE-Gas zu erwartenden Mittel vorgelegt, nachdem der Landschaftsausschuss das weitere Procedere bei RWE-Gas entsprechend der Vorlage 11/1873 beschlossen hatte. Wir sehen die Dinge zwar etwas anders. Wir wollen keine weitere Beteiligung an der RWE, gleichwie in welcher Gesellschaft. Wir wollen eine Entschuldung unserer überregionalen Selbstverwaltungskörperschaft LWL, damit wir für die Zukunft im Interesse unserer Mitgliedskörperschaften gewappnet sind. Deshalb wollen wir unsere Verschuldung abbauen und eine Neuverschuldung verhindern. Wir wollen auch unsere Kulturpolitik für Westfalen fördern, auch Dalheim; deshalb soll ein Teilbetrag aus den RWE-Gas-Erlösen in den Kulturfonds eingestellt werden.
Bei dieser Gelegenheit: Die Einwendungen des Kreises Höxter gegen den Haushalt, sehr geehrter Herr Backhaus, finden zum Thema Dalheim unsere Sympathie. Aber mit 6 oder 7 Stimmen können wir es nicht aufhalten. Die FDP und der Landrat des Kreises Höxter haben ihre warnende Stimme erhoben.
Die CDU lehnt unsere Vorschläge von vornherein ab. Im Landschaftsausschuss wurde nicht diskutiert. Warum wollen Sie dies nicht einmal streitig diskutieren? Wahrscheinlich, weil Sie die schlechteren Argumente haben! Die FDP hat schon in ihrem LWL-Programm die Themen angesprochen, als Sie noch im Tiefschlaf lagen. Jetzt wollen Sie, obwohl bereits mehrere wirtschaftliche Beteiligungen verkauft worden sind, nicht zugeben, dass Sie ¿hinter dem Mond¿ waren. Wir bleiben dran! Hoffentlich überholt Sie mit Ihrer Mehrheit die Wirklichkeit rechtzeitig, ehe größerer Schaden für den LWL entsteht.
Einige Worte noch zur Verwaltungsreform. Es gibt ja inzwischen Modelle und Gutachten zuhauf. Als ich 1975 zum erstem Mal in die Landschaftsversammlung einzog, war das Thema ¿Verwaltungsreform¿ bereits Gegenstand einer gemeinsamen Sitzung der Landschaftsausschüsse LWL und LVR. Es wurden Stellungnahmen und Gutachten geschrieben. Herausgekommen ist nichts. Außer Spesen nichts gewesen! So geht das bis heute weiter. Über die ¿ mit Verlaub ¿ unsinnige sogenannte Verwaltungsstrukturreform des Herrn Ex-Ministerpräsidenten Clement schweige ich lieber. Da gilt der Satz: ¿Setzen! ¿ Sechs!¿ Auch die weiteren Vorschläge von CDU, SPD und Grünen sollte man schnell vergessen. 3 Landschaftsverbände, nämlich Rheinland, Ruhr und Westfalen? Wie soll das Ruhrgebiet abgegrenzt werden? Die Antwort lautet bisher wohl: ¿Irgendwie muss man (CDU und SPD) sich einigen, was Ruhrgebiet ist!¿ Aber auch die Regionalverbände à la CDU, also mit dem doppelköpfigen Regionalpräsidenten als staatliche und kommunale Instanz sind nicht sinnvoll. Diese Konstruktion auf der Kreisebene ist ja weiß Gott nicht so, dass man sie auf die nächste Ebene übertragen sollte. Von Landräten der neuen Generation haben wir schon lange genug. Das sind selten Kommunalpolitiker, sondern entsprechend der doppelköpfigen Konstruktion halbe Staatsbürokraten.
Und die zwei Landschaftsverbände des Herrn Prof. Hesse führen dazu, dass man dann den Landtag auch gleich noch mit abschaffen kann! Es wäre gut, wenn in diesen Dingen in der Kommunalpolitik erfahrene Personen das Wort hätten und nicht Herr Rüttgers, der vielleicht etwas von Bildungs- und Wissenschaftspolitik versteht.
Die FDP fragt:
1. ¿Wer soll welche Aufgaben erfüllen?¿
2. ¿Wer ist dann überflüssig?¿
Bis jetzt sind beide Fragen nicht beantwortet. Also hat Herr Ministerpräsident Steinbrück recht: ¿Wir machen erst mal gar nichts.¿ Er könnte allerdings einiges machen, ohne die Selbstverwaltung zu beeinträchtigen, z.B. bei seinen Landesoberbehörden und bei dem nach wie vor bestehenden Gesetzesdickicht. Da die letzte sogenannte Reform des Herrn Clement noch nicht lange zurückliegt, dürfte es im Augenblick richtiger sein, Ruhe einkehren zu lassen. Zum Thema Verwaltungsreform bemühe ich mich jedenfalls, wenigstens auf der Ebene meiner Partei um klare Beschlüsse und habe auch beim Kreisparteitag des Kreisverbandes Soest einen solchen Beschluss herbeigeführt und ich hoffe, dass der Bezirksverband Westfalen-Süd dem folgen wird.
Er lautet:
1. Die FDP setzt sich für eine weitere Verwaltungsreform durch Entbürokratisierung und Abbau von Behörden auf Landesebene ein. In erster Linie müssen die bürokratischen Gesetzesberge entschlackt werden. Landesbehörden sind zu konzentrieren oder abzubauen.
2. Die FDP lehnt eine Verwaltungsreform zu Lasten der kommunalen Selbstverwaltung ab. Aufgaben, die von den Kommunen, Kreis- und Landschaftsverbänden erfüllt werden, sollen Selbstverwaltungsangelegenheiten bleiben.
3. Die Auflösung der Landschaftsverbände setzt voraus, dass deren Aufgaben von anderen kommunalen Körperschaften in Selbstverwaltung kostengünstiger und funktionsgerechter erledigt werden können.
Unser Appell: Trete jeder in seiner politischen Gruppe für eine Selbstverwaltungspolitik mit Augenmaß ein, parteipolitischer Streit schadet unserem Verband.
Eine letzte Bemerkung zum Thema Demokratie im kommunalen Bereich. Die Zahl der Mitglieder der Landschaftsversammlung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe wird von 113 auf 86 Mitglieder sinken. Die Fraktionsstärke bleibt aber bei 5 Mitgliedern. Wo ist da das Demokratieverständnis von Rot-Grün geblieben? Mit Sturheit werden Vorschläge der FDP-Landtagsfraktion abgelehnt, die Fraktionsstärke im gleichen Verhältnis herabzusetzen, wie dies bei der Größe der Landschaftsversammlung geschehen ist.
Wir alle kennen die Rechtsprechung, die die Rechte der Gruppen in kommunalen Vertretungen gestärkt hat. Weshalb will Rot-Grün Fraktionen verhindern, wenn 3 oder 4 Mitglieder gewählt worden sind, aber Gruppen von 2 Mitgliedern aufwärts werden gestärkt. Wir halten dies für ein merkwürdiges Demokratieverständnis.
Meine Damen und Herren, ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Die FDP stimmt dem Haushalt zu.
Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 21.000 Beschäftigten für die 8,4 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen, zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
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