Mitteilung vom 05.12.03
Presse-Infos | Der LWL
LWL verleiht Annette-von-Droste-Hülshoff-Preis an Hans-Ulrich Treichel
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Sperrfrist: 05.12.2003, 17.15 Uhr
¿Wer weiß
wann ich wieder auf schwitzende
Väter, auf schwatzende Mütter,
auf eure besonnten Terrasssen
mich stürze, wer weiß?"
Münster/Versmold (lwl). Auf eine "Westfälische Himmelfahrt" begab sich Hans-Ulrich Treichel mit einem seiner Gedichte (siehe oben). Am Freitag (05.12.) wurde der Autor von seiner Vergangenheit eingeholt: Treichel nahm in Münster den alle zwei Jahre verliehenen und mit 12.800 Euro dotierten Annette-von-Droste-Hülshoff-Preis des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) entgegen.
"Kaum ein anderes Buch eines westfälischen Autors war in den letzten Jahren so erfolgreich wie Treichels Roman "Der Verlorene' (1998). Das Werk liegt inzwischen in vielen Auflagen und zahlreichen Übersetzungen vor. Leser und Kritiker waren gleichermaßen begeistert. Das gilt auch für die anderen Lyrik- und Erzählbände des Autors, der zu den bekanntesten Akteuren der deutschen Literaturlandschaft zählt", so Walter Gödden, Geschäftsführer der LWL-Literaturkommission für Westfalen.
Treichel machte zunächst als Lyriker von sich reden. Nach drei Gedichtbänden beim Suhrkamp-Verlag ("Liebe Not", 1986, "Seit Tagen kein Wunder", 1990, "Der einzige Gast", 1994) schwenkte er zur Prosa um, der er seitdem treu geblieben ist. Treichel arbeitete auch mit Hans Werner Henze zusammen, für dessen Opern "Das verratene Meer" (1990) und "Venus und Adonis" (1996) er die Libretti verfasste.
"Treichel ist ein literarischer Variations- und Verwandlungskünstler, der die Attitüde des lakonischen Sprechens meisterhaft beherrscht. In seiner Prosa tritt als weiteres Element der sarkastische Humor hinzu", urteilt LWL-Literaturexperte Gödden. Dies treffe beispielsweise für den Erzählband "Heimatkunde oder Alles ist heiter und edel" (1996) zu, in dem sich Treichel in satirischer Form mit seiner westfälischen Herkunft auseinandersetzt. Treichels Beobachtungen von Menschen und Zuständen seien gestochen scharf, manchmal bösartig, oftmals aber auch urkomisch. "Dabei kommt wiederholt Treichels Hassliebe zum Westfälischen zu Wort. Die Menschen seiner Heimat sind ihm "traurige und verregnete Angelegenheiten', der Westfale sei "innerlich düster, gewissermaßen nasskalt und moosbewachsen' - was allerdings, wie er einräumt, nicht für alle Westfalen unisono gelte", so Gödden weiter.
LWL-Direktor Schäfer betonte, dass er froh sei, mit Treichel einen Autor der Moderne auszuzeichnen. Damit werde "ein für allemal mit dem Vorurteil aufgeräumt, der Preisträger müsse sich als verkappter Westfalenpatriot outen. Solche Regularien passen nicht zu einem Preis, der sich schon vor Jahrzehnten von jeder Zweckbestimmung emanzipiert hat."
Zur Person:
Treichel wurde 1952 in Versmold (Kreis Gütersloh) geboren. Er studierte Germanistik, Politologie und Philosophie an der Freien Universität Berlin. 1983 wurde er mit einer Arbeit über Wolfgang Koeppen promoviert. Anschließend war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin (1985-1991), zuvor war er auch Lektor für deutsche Sprache an der Universität Salerno (1981/82) und der Scuola Normale Superiore in Pisa (1984/85). 1993 folgte die Habilitation. Seit 1995 ist Treichel Professor für Deutsche Literatur am Deutschen Literaturinstitut der Universität Leipzig.
Treichel wurde 1985 mit dem Leonce-und-Lena-Preis und 1988 mit einem Villa-Massimo-Stipendium (1988) ausgezeichnet. 1993 wurde ihm der Förderpreis des Bremer Literaturpreises zuerkannt. In diesem Jahr erhielt er außerdem den Margarete-Schrader-Preis für Literatur der Universität Paderborn.
Pressekontakt:
Frank Tafertshofer/Markus Fischer, Telefon: 0251 591-235
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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
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