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Mitteilung vom 25.09.03

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LWL-Gesundheitswesen: Ära Dr. Pittrich geht zu Ende

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Münster (lwl). Sein Abschied aus dem Amt begann Anfang Juli mit einem Fachsymposium über "Grenzüberschreitungen" und "kreative Freiräume". Morgen (Freitag, 26. September 2003) erreicht Dr. Wolfgang Pittrich, Gesundheitsdezernent des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), die Altersgrenze von 65 Jahren. Nach fast einem Vierteljahrhundert beim LWL wechselt mit ihm einer der profiliertesten Verfechter moderner Psychiatrie, zuletzt insbesondere der forensischen Psychiatrie (Maßregelvollzug) für psychisch kranke und suchtkranke Straftäter, in den Ruhestand. Pittrichs fachliche Aufgaben in einer neu zugeschnittenen, zukünftig LWL-Direktor Wolfgang Schäfer direkt unterstellten Maßregelvollzugs-Abteilung übernimmt für zunächst zwei Jahre Dr. Bernhard Wittmann. Der 51-Jährige bleibt in Personalunion Leitender Arzt des
LWL-Therapiezentrums Marsberg "Bilstein", einer der drei forensisch-psychiatrischen Kliniken des Verbandes.

Apropos Grenzüberschreitungen, apropos kreative Freiräume: Den Veränderungs- und Modernisierungsprozess in der Psychiatrie habe Pittrich "nicht 'verwaltet', sondern mit fundiertem fachlichen Wissen, persönlicher Überzeugung und großem Engagement vorangetrieben", würdigte LWL-Direktor Wolfgang Schäfer dessen zahlreiche fachliche Aktivitäten und Impulse. Unter Pittrichs Leitgedanke "Integration statt Absonderung und Isolierung" seien die Einführung moderner Konzepte in der Erwachsenen- wie auch in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Meilensteine gewesen.

Psychiatriereform in Westfalen-Lippe, weg also von Großkrankenhäusern "auf der grünen Wiese" hin zur gemeindenahen Versorgung psychisch Kranker - das sei auch an Zahlen ablesbar, so Schäfer weiter: Zu Pittrichs Amtsantritt Ende der siebziger Jahre waren mehr als die Hälfte (57 Prozent) der damals pro Jahr rund 24.000 Patienten schon länger als zwei Jahre, fast ein Drittel sogar mehr als fünf Jahre in einer LWL-Klinik. Zwei Jahrzehnte später gab es Schlafsäle und Langzeitpatienten nicht mehr - die
durchschnittliche Verweildauer in den LWL-Krankenhäusern war auf zirka 25 Tage gesunken, die Bettenzahl von achteinhalb auf dreieinhalb Tausend reduziert.

Schwere Herausforderungen, dramatische Ereignisse und menschliches Leid markierten berufliche Stationen Pittrichs vor allem im Maßregelvollzug für psychisch kranke Straftäter. Als Konsequenz aus mehreren Mordtaten forensischer Patienten des LWL-Zentrums in Lippstadt-Eickelborn Ende der achtziger und Anfang/Mitte der neunziger Jahre trieb Pittrich die Erneuerung und Entlastung der anhaltend überbelegten Klinik voran. Gegen vehemente Widerstände und Proteste bei der jahrelangen Suche nach neuen forensischen Krankenhausstandorten stand der so hartnäckige wie korrekte Sachse zu seinem Credo: "Es genügt nicht, Vorurteile nur zu beklagen. Wir müssen sie abbauen."

Seine Grundüberzeugung bestimmte auch Pittrichs intensive Zusammenarbeit mit Erkrankten selbst, etwa bei Kritik und Beschwerden, mit Selbsthilfeorganisationen, mit Angehörigen, mit Verantwortlichen aus europäischen Nachbarländern und mit anderen Disziplinen wie etwa der Kunst und ihrem Verhältnis zur Psychiatrie.

Maßstäbe in Sachen Suchtbehandlung und -vorbeugung setzte Pittrich mit neuartigen Konzepten wie der Rückkehrhilfe für deutsche Drogenabhängige aus Amsterdam, die, ebenso wie andere Suchthilfeprojekte aus seinem Gesundheitsdezernat, inzwischen in europäisch-grenzüberschreitende Kooperationen eingemündet ist. Bundesweit beispielgebend wurde das Pittrich-Projekt "Therapie sofort", das ausstiegswilligen Abhängigen einen mitunter überlebensnotwendigen Behandlungsplatz über Nacht statt erst nach wochenlanger Wartezeit verschaffte.

Dr. Bernhard Wittmann, Pittrichs Nachfolger im Aufgabenbereich Maßregelvollzug, leitet das Marsberger LWL-Therapiezentrum für suchtkranke Maßregelvollzugspatienten (101 Plätze) seit Anfang 1994. Zuvor war der gebürtige Regensburger in Krankenhäusern unter anderem in Essen, Hattingen, Bottrop und Solingen tätig.






Pressekontakt:
Karl G. Donath, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org




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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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