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Mitteilung vom 04.09.03

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Typisch englisch oder typisch menschlich?
Englische Karikaturen über Deutsche und Franzosen

Münster (lwl). Die Deutschen essen Sauerkraut und Würstchen, die Franzosen Froschschenkel und in England kommt Roast Beef und Pudding auf den Mittagstisch. Einen Ursprung solcher Klischees, die sich im Laufe der Sozialisationsgeschichte scheinbar fest in unseren Köpfen verankert haben, sind Karikaturen.

Über 500 solcher Karikaturen, satirischer Drucke und Illustrationen aus Geschichts- und Geographiebüchern hat die Volkskundlerin und Kulturwissenschaftlerin Silke Meyer für eine Buchveröffentlichung (Die Ikonographie der Nation. Nationalstereotype in der englischen Druckgraphik des 18. Jahrhunderts.) untersucht. Unter der Leitung von Prof. Dr. Ruth Mohrmann, der Vorsitzenden der Volkskundlichen Kommission des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) schrieb die 31- Jährige ihre 412-seitige Doktorarbeit über die Drucke mit politischem Inhalt. Auf der anderen Seite des Kanals kooperierte die Forscherin mit dem British Museum in London, dem British Library und dem Victoria & Albert Museum.

Obwohl Meyer während ihrer insgesamt dreijährigen Arbeit bei jeder der europäischen Nationen auf ein bestimmtes Klischeebild stieß, ergab sich bei den Nachforschungen über die Region der ¿Westfalen¿ kein eindeutiges Bild. Zum einen kritisierten englische Reisende Westfalen als ¿verarmte und einfache Gegend, in der Mensch und Tier unter einem Dach nächtigen, andererseits lobten sie aber auch die fruchtbaren Felder und die fleißigen Bewohner¿, so Meyer.Einig sei man sich jedoch auch schon im 18.Jahrhundert über die hohe Qualität des westfälischen Schinkens gewesen.

Durch die Personalunion zwischen dem Haus Hannover und England kannte man die Deutschen auf der Insel vorrangig als Soldaten, die an der englischen Südküste stationiert waren. Neben dem Bild eines hochgewachsenen und kräftigen Mannes mit markantem Schnurrbart gab es auch das Bild des Deutschen als Naturwissenschaftler und Wunderheiler mit übernatürlichen Kräften. Prägend war hierfür die Figur des Dr. Faustus. Als ¿Urbild des deutschen Magiers¿ hatte sie in England ebenfalls hohen Bekanntheitsgrad. In Schauerromanen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts war Deutschland dementsprechend immer ein beliebter Handlungsort.

Präsenter als alle anderen Nationen ist auf den insgesamt 169 Abbildungen des Buches das katholische Frankreich: Der Erzfeind der Engländern als modischer, meist aristokratischer Stutzer, der nur an seine elegante Erscheinung und die Anzahl seiner Liebschaften denkt, gilt als ¿weibisch und schwach¿. Daneben existierte in der englischen Propaganda auch noch das Bild des hageren, zerlumpten Soldaten, der ¿die Verarmung und Verrohung des Volkes personifiziert¿, so Meyer.
Während der Französischen Revolution werden auch Frauengestalten für die nationalen Stereotype eingesetzt, was eher ungewöhnlich war. Durch ihre blutrünstige Darstellung wird die Hysterie des revolutionären Chaos aus englischer Sicht verurteilt.

Der Spanier, ebenfalls lange Zeit erklärter Feind der Briten, galt als altmodisch, rückständig und zu stolz sich die Hände mit Arbeit schmutzig zu machen. Wegen jeder Nichtigkeit solle er jedoch aufbrausen und jederzeit bereit sein sich zu duellieren, heißt es im englischen Klischee des 18. Jahrhunderts.

Angesichts der ausgeprägten Typisierungen der einzelnen Nationen kommt Meyer in ihrer Lektüre zu dem Fazit, dass die Funktion der Fremdenbilder die Rechtfertigung und Bestätigung des englischen Eigenbildes war. Denn mit Hilfe der Karikaturen sollte das Selbstbewusstsein der Briten, die ihre Vormachtstellung im 18. Jahrhundert ständig von anderen Ländern bedroht sahen, gesichert werden.

Da Stereotype oft zur Reduzierung von Komplexität dienen, versucht man mit solchen Pauschalisierungen außerdem die Umwelt zu kategorisieren und auf eine erfassbare Größe zu minimieren. Meyer stellt sich daher die Frage: ¿Typisch englisch oder typisch menschlich?¿

Das Buch ¿Ikonographie der Nation. Nationalstereotype in der englischen Druckgraphik des 18. Jahrhunderts¿ erscheint in den ¿Beiträgen zur Volkskultur in Nordwestdeutschland¿, einer Schriftenreihe der Volkskundlichen Kommission, Band 104.
Autorin: Silke Meyer
Verlag: Waxmann Verlag
Preis: 34,80 Euro
ISBN: 3-8309-1303-6





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