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Mitteilung vom 02.07.03

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LWL zur Zukunft der Landschaftsverbände
Interview mit dem Direktor des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), Wolfgang Schäfer

Die Landesparteien warten mit Papieren auf, in denen immer wieder auch die Verwaltungsstruktur in NRW Thema ist. Die Rede war von Regionalverbänden, die an die Stelle von Landschaftsverbänden und Bezirksregierungen treten sollten, oder jetzt von drei Bezirksregierungen neben drei Kommunalverbänden. Was halten Sie davon?

Schäfer: Leider bisher wenig, denn auch nach 50 Jahren ist das Modell der beiden Landschaftsverbände besser als alles, was ich jetzt dazu gelesen habe. Die kurzen Ideenskizzen, die da offenbar in großer Eile entstanden sind, müssen sich am Maßstab der Wirklichkeit messen lassen.

Dann fehlt den Landschaftsverbänden in der Wirklichkeit der Wille zur Reform?

Schäfer: Ach was. Dass wir das größte Sparprogramm seit unserem Bestehen fahren, mit vielen Härten für die Beschäftigten und unsere Kunden, das ist eine Reform, die etwas bringt. Manche, die jetzt diskutieren, wissen nicht, was die Landschaftsverbände tun: 97 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten nicht am Schreibtisch, sondern in unseren Krankenhäusern, in unseren Museen und an unseren Schulen. Dieses Personal fiele nicht weg, wenn wir mit anderen Institutionen zusammengeworfen würden. Denn die Arbeit bleibt, und sie ist notwendig. Das hat eigentlich auch der amtierende Ministerpräsident Steinbrück anerkannt.

Aber weniger Institutionen bedeuten doch weniger Verwaltung.

Schäfer: Noch mal: Wir sind keine Verwaltung, die auch noch nebenbei in Dienstleistung macht. Wir übernehmen Aufgaben für die Kommunen, wir beaufsichtigen nicht und wir verwalten nicht. Und einer weiteren Prüfung, die nicht nach taktischen oder rein politischen Gesichtspunkten läuft, sondern nach Wirtschaftlichkeit und Kundenorientierung, der können die Landschaftsverbände sehr gelassen entgegen sehen.

Was ist mit den Bezirksregierungen? Die Landesregierung hat in einem Papier unter dem Titel ¿Düsseldorfer Signal" am vergangenen Dienstag nicht nur den Metrorapid gestoppt, sondern auch die Reduzierung von fünf auf drei Bezirksregierungen verkündet.

Ob es Sinn hat, Bezirksregierungen abzuschaffen oder ihre Zahl zu reduzieren, weiß ich nicht. Ich rede nur über Dinge, von denen ich mehr verstehe. Gut an dem an dem Papier finde ich, dass staatliche Verwaltung wie die Bezirksregierungen nicht mit kommunalen Dienstleistungsunternehmen wie den Landschaftsverbänden zusammengeworfen werden, denn das könnte sehr schnell zu Lasten der Dienstleistungen gehen. Diese unterschiedlichen Einheiten brauchen auch nicht dieselben Gebiete, sagen uns Wissenschaftler, denn Ordnungsverwaltung braucht eher kleine Gebiete, Dienstleistung dagegen größere Räume, um kostengünstig zu arbeiten.

Was halten Sie denn von drei ¿überörtlichen Kommunalverbänden" in Rheinland, Ruhrgebiet und Westfalen, wie es im Papier der Landesregierung heißt? Ministerpräsident Steinbrück hat am Dienstag gesagt, er wolle deckungsgleiche Gebiete für die Bezirksregierungen und die Kommunalverbände. Er will damit Ihr Gebiet beschneiden und einem neuen Kommunalverband Ruhrgebiet zuschlagen.

Ich weiß nicht, ob der Ministerpräsident das so gesagt und gemeint hat, das Papier ist da nicht eindeutig. Ich hielte nicht viel davon, denn aus zwei Landschaftsverbänden drei Einheiten zu machen kann Steinbrücks Finanzminister eigentlich nicht gefallen, denn das kann doch nur teurer werden, sei es bei unseren sozialen Leistungen, bei der Psychiatrie oder in der Kultur, die gerade für Westfalen eine große Bedeutung hat.

Aber das Ruhrgebiet gewinnt?

Für das ohnehin schon arg gebeutelte Ruhrgebiet würde aus dem vermeintlichen Gewinn ein weite-res Finanzproblem, denn 80 Prozent unserer Ausgaben fließen ja in Soziales, vor allem die Unter-stützung behinderter Menschen. Bisher haben die eher ländlich strukturierten Gebiete Westfalens diese Aufgabe mitfinanziert, das würde dann natürlich für das Ruhrgebiet wegfallen. Westfalen wiederum verlöre seine Städte und Kreise im Ruhrgebiet, es wäre nur noch ein Torso, ein Restfalen so zu sagen. Was für ein krummes Ding Restfalen bildete, macht der Blick auf die Landkarte deutlich. Umgekehrt stünden in Restfalen alle großen Behinderteneinrichtungen, zum Beispiel in Bielefeld. Die können ja nicht ihre Menschen alle nach Gelsenkirchen oder Bochum zurückschicken.

Also ohne die neue Diskussion gäbe es keine Probleme?

Probleme haben wir genug. Beim zweiten Blick auf die Landschaftsverbände ist die ernüchternde Feststellung, dass ihre Aufsplitterung leider nicht unsere wirklichen Probleme kleiner macht: stetig steigende Kosten für die Hilfen an behinderte Menschen, Unterhalt von Behindertenschulen, psychiatrischen Kliniken und Museen.

Werden Sie den neuen Vorschlag der Landesregierung bekämpfen?

Wenn es um drei statt zwei Landschaftsverbände ginge, ist mein Rat: Ruhe bewahren, Nachteile der Ideenskizzen bedenken, dann entscheiden. Denn beim zweiten Blick sieht man besser.




Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 13.000 Beschäftigten für die 8,5 Millionen Menschen in der Region. Mit seinen 41 Schulen, 17 Krankenhäusern, 17 Museen und als einer der größten Sozialhilfezahler Deutschlands erfüllt der LWL Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, der durch ein Parlament mit 135 Mitgliedern aus den Kommunen kontrolliert wird.




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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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