Mitteilung vom 27.05.03
Presse-Infos | Der LWL
Von Zwangsarbeitern gebaut - von Angestellten genutzt
Industriemuseum Henrichshütte macht Luftschutzstollen zugänglich
Hattingen (lwl). ¿Ich wurde auf der Flucht geschnappt. Man brachte mich in ein Lager auf der Henrichshütte. Das war Ende Oktober 1944. Dort mussten wir zur Strafe mit zwölf Mann einen Stollen am Rande eines Hügels schaufeln. Den wollten sie als Luftschutzraum nutzen.¿ 17 Jahre alt war Iwan S. aus der Ukraine, als er mit anderen Häftlingen auf der Henrichshütte einen gesprengten Tunnel ausbauen musste. Nutzen durfte
er ihn nicht. Der Stollen diente ausschließlich
Angestellten und Arbeitern der Hütte und ihren Familien als ¿bombensichere Unterkunft¿ bei Luftangriffen.
Im Rahmen der aktuellen Doppel-Ausstellung ¿Zwangsarbeit in Hattingen¿ auf der Henrichshütte und im Stadtmuseum (bis 27. Juli) macht der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) den 60 Jahre alten Luftschutzstollen Museumsgästen erstmals zugänglich. Am kommenden Freitag, 30. Mai, um 19 Uhr findet die offzielle Eröffnung statt.
Nach dem ersten schweren Luftangriff auf Hattingen im Mai 1943 hatte die Werksleitung den Stollen in den Ruhrhang sprengen und von sogenannten ¿Arbeitserziehungs-Häftlingen¿ freiräumen lassen. Leitende Angstellte der Hütte und ihre Familien, die auf der Hüttenstraße (heute August-Bebel-Straße) wohnten, sollten dort eine ¿bombensichere Unterkunft¿ während der Luftangriffe erhalten. Ein weiterer Stollenbereich wurde von Hüttenarbeitern aus der Stol-bergstraße selbst ausgebaut. Der Eingang befand sich im Bereich des Wasserturms, der Notausgang auf der Hüttenseite.
Der Stollen bot insgesamt Platz für 100 Menschen, verfügte über Licht, eine Toilette, Wasserleitungen, Leitungen zur Belüftung, zwei Schleusen und einen bogenförmigen Aufenthaltsbereich mit Sitzbänken. ¿Ein ähnlich aufwändig gestalteter Luftschutzstollen ist derzeit nicht bekannt¿, so Museumsleiter Robert Laube.
Mitte der 90er Jahre war der Stollen im Rahmen einer Bestandsaufnahme aller Bunker in Hattingen wieder entdeckt worden. Mit Hilfe des Fördervereins Bergbauhistorischer Stätten Ruhrrevier und des Bildungswerkes Witten-Hattingen, die einen Großteil der Ausbauarbeiten übernommen haben, konnten die Gänge im Laufe des letzten Jahres geräumt und gesichert werden. Mit Geländearbeiten und Elekrifizierung hat die Erschließung des Stollens jetzt einen vorläufigen Abschluss gefunden. Rund 150 Meter führt der Stollen durch verwinkelte, kurvenreiche Gänge durch den Berg. Mauerreste, rostige Rohre und verwittertes Holz deuten auf die einstige Nutzung als Luftschutzeinrichtung hin. ¿Vom einstigen Inventar ist nicht mehr allzu viel erhalten¿, bestätigt Anja Kuhn, wissenschaftliche Referentin im LWL-Museum. ¿Dennoch kann dieser für unsere Gäste neue Ort ein teils bedrückendes Zeugnis aus Kriegszeiten ablegen.¿ Langfristig soll der Stollen als Ausstellungsort zum Thema Nationalsozialismus, Rüstung und Krieg dienen. Doch auch der unveränderte Ort beeindruckt bereits heute. So können Gäste ab jetzt den Stollen geführt und behelmt erkunden.
Im Rahmen der ¿Spätschicht¿-Erlebnisführung wird der Stollen am Freitag (30.5.) um 19 Uhr eröffnet (3,50 ¿ Erw. / 2 ¿ Kind). Nach einer kurzen Einführung zeigt das Industriemuseum zunächst den Dokumentarfilm ¿Bomben auf Bochum¿ in gekürzter Fassung. Gegen 19.30 Uhr wird die erste Führung durch den Stollen stattfinden. Um 20.15 Uhr steht ein Vortrag von Stadtarchivar Thomas Weiß zum Thema ¿KZ Hattingen ¿ Gerüchte und Tatsachen über das Auffanglager der Gestapo¿ auf dem Programm (Teilnahme kostenfrei).
Die Führungen durch den Luftschutzstollen unter dem Motto ¿Wir schaufelten die Stollen¿ dauern 45 Minuten und kosten pro Gruppe 20 ¿ plus Eintritt (freitags frei). Der Besuch des Stollens kann auch mit einer Führung durch die Zwangsarbeiter-Austellung auf der Henrichshütte kombiniert werden. Das Komplettprogramm dauert 2,5 Stunden und kostet pro Gruppe 35 ¿ plus Eintritt (freitags frei). Vom 31.Mai bis zum 26.Juli bietet das Industriemuseum zusätzlich jeden Samstag eine offene Führung an. Der Rundgang durch den Stollen beginnt um 15 Uhr und kostet 1 ¿ plus Museumseintritt. Informationen und Anmeldungen im Sekretariat des Industriemuseums Henrichshütte unter Tel. 02324 9247-0.
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