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Mitteilung vom 28.02.03

Presse-Infos | Der LWL

Auf dem Weg ins neue Museum
Ein luxuriöser Hirsch
Der Kerzenleuchter von Hamm - ein Röntgenbild brachte ihn an den Tag

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Hamm (lwl). Kaum aus der Erde, schon im Museum: Vor knapp einem halben Jahr grub die Archäologin Eva Cichy gemeinsam mit ihrem Team in Hamm-Westhafen einen Kerzenleuchter in Hirschform aus dem Boden. Nun ist das gute Stück auf dem Weg in das neue Westfälische Museum für Archäologie, das der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) am 28. März in Herne eröffnet.

"Als wir das Stück entdeckten, konnte man kaum erkennen, was es eigentlich darstellt", erzählt Cichy von dem Fund, den sie in einem geschichtsträchtigen Bereich Hamms machte. Der Ort der Grabung war seit mehr als zwei Jahrtausenden besiedelt. In den Überresten des Kellers eines hochmittelalterlichen Hauses gruben die Wissenschaftler die Statuette aus Bronze aus, die mit einem kleinen Stück Eisen verbunden war. Von Anfang an war klar, dass es eine Tierdarstellung war, nach kurzer Zeit machten die Archäologen das Geweih aus: Ein Hirsch. Aber welchen Zweck erfüllte er?

"Wir haben etwas Überraschendes und Besonderes gefunden", erklärt Eva Cichy. Denn auf dem Röntgenbild des Fundes war unter dem korrodierten Eisen ein Kerzendorn zu erkennen: Der Hirsch war ein Kerzenleuchter im romanischen Stil. Für eine ländliche Siedlung aus dem 9. Jahrhundert ist das ungewöhnlich. Wachskerzen waren sehr teuer, die Bevölkerung benutzte eher Fackeln, Kienspanbeleuchtung und verschiedene Arten von Fettleuchten.

"Ein derart luxuriöser Gebrauchsgegenstand deutet auf den hohen Rang des Hofbesitzers", erläutert die Archäologin. Er müsse ein Ministerialer gewesen sein, eine Art Zwischenstand zwischen Bauern und Adeligen, der sich im Früh- und Hochmittelalter in Westfalen entwickelte. Auf den Reichtum des Besitzers deuten auch die anderen Funde hin, die die Wissenschaftler in der Nähe machten. Sie gruben ein eisernes
Türschloss aus, ein halbes Dutzend Reitersporen, einen Schmuckstein.

Neben diesen kleinen, feinen Objekten machten die Ausgräber des LWL, die seit dem 2. Mai 2001 auf einem mehr als drei Hektar großen Areal arbeiten, auch einige größere Entdeckungen. Hatte man schon in den 1930er Jahren erwartet, dass in Hamm-Westhafen einige Schätze unter der Erde vergraben liegen - vor allem Stücke aus der römischen Kaiserzeit -, zeigten sich nun auch ganz besondere Bauwerke. Auf der größten zusammenhängenden Fläche, die in Hamm jemals archäologisch untersucht wurde, sind bisher fünf große Hausgrundrisse ausgegraben. Eines der Häuser misst 35 Meter in der Länge. Das dreischiffige Hallenhaus stammt aus dem 11. Jahrhundert, man baute es - so scheint es - nach fast identischen Bauplänen mehrmals wieder auf.

Der aktuellste Fund stammt aus der Untersuchung zweier Brunnen. "Die Brunnen waren oben aus Sandstein gebaut, unter Wasser aber lag eine ehemalige Hauswand aus Holz, damit der Brunnen nicht so schnell versandet", berichtet Eva Cichy. "Das Holz, dass nach dem Nut- und Federprinzip zusammengebaut ist, ist durch die Einlagerung im Wasser wunderbar erhalten."

Am 28. März 2003 wird der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) sein neues Archäologiemuseum in Herne eröffnen. In den folgenden Wochen weisen wir auf eine Reihe von interessanten Exponaten hin, die sich auf die Reise in die neue Ausstellung über 250.000 Jahre westfälischer Geschichte machen.





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Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, Telefon 0251 591-235
presse@lwl.org




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