Mitteilung vom 12.02.03
Presse-Infos | Der LWL
Zivilcourage und Gottvertrauen unter zwei Diktaturen: LWL-Film 'Dir gehört mein Leben - Die Geschichte von Anna und Hermann Scheipers '
Ochtrup/Münster (lwl). KZ Dachau im Juli 1942: Pfarrer Hermann Scheipers, seit fast zwei Jahren inhaftiert, weil er polnische Zwangsarbeiter seelsorgerisch begleitet hat, bricht auf dem Appellplatz zusammen und wird in den sogenannten "Invalidenblock" eingeliefert. Er weiß: Das bedeutet sein Todesurteil, denn von hier werden die Gefangenen wöchentlich in die Vergasungsanstalt transportiert.
Wie er mit Hilfe seiner couragierten Schwester Anna überlebt und dann wenige Jahre später ins Visier der nächsten deutschen Diktatur gerät, zeigt ein Film, den der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) gemeinsam mit dem MDR und mit Unterstützung des Bistums Münster produziert hat.
Nachdem Anna Scheipers ein verschlüsselter Hilferuf ihres Zwillingsbruders erreicht hat, dringt das in Münster tätige Hausmädchen bis ins SS-Reichssicherheitshauptamt in Berlin vor. Dort behauptet sie kühn, das ganze Münsterland sei wegen der Berichte über die Ermordung von Geistlichen im KZ Dachau in Aufruhr. Und das Unglaubliche geschieht: Vom selbstbewussten Auftreten der jungen Frau eingeschüchtert, ordnet der zuständige Gestapo-Beamte an, dass Hermann Scheipers vom "Invalidenblock" ins "normale" Lager zurück verlegt wird. Durch ihr mutiges Auftreten rettet Anna nicht nur ihrem Bruder, sondern mehreren Hundert in Dachau eingekerkerten Geistlichen das Leben.
Die Szene bildet die Schlüsselsequenz der von dem Münchener Regisseur David Menzhausen gedrehten Filmbiographie, die der LWL am Montag (10.02.) erstmals der Öffentlichkeit präsentierte. Die Kamera begleitet die Zwillinge von ihrem Geburtsort Ochtrup im Kreis Steinfurt über Dachau bis nach Sachsen, wo Hermann Scheipers bis 1983 als Seelsorger tätig war.
Dort geriet der aufrechte Pfarrer im Dienst für seine Kirche und seine Mitmenschen nach dem Zweiten Weltkrieg auch mit den neuen kommunistischen Machthabern in Konflikt. Dass die Stasi 15 Spitzel auf ihn ansetzte, ist ein weiteres eindrucksvolles Stück Geschichte, das der Film erzählt. Heute lebt Pfarrer Scheipers wieder in Ochtrup, seine Schwester in Münster.
"Im Spiegel zweier eindrucksvoller Biographien", so LWL-Kulturdezernent Prof. Dr. Karl Teppe bei der Uraufführung in Ochtrup, "beleuchtet der Film exemplarisch wichtige Kapitel der politischen, gesellschaftlichen und kirchlichen Zeitgeschichte Deutschlands zwischen 1933 und 1989." Die doppelte Lebensgeschichte von Anna und Hermann Scheipers sei wie wenige andere geeignet, junge Menschen am konkreten biographischen Beispiel zur Auseinandersetzung mit den beiden deutschen Diktaturen des vergangenen Jahrhunderts anzuregen. "Die seltene Begabung der beiden inzwischen 89-jährigen Hauptpersonen, auch vor der Kamera ihre Natürlichkeit, ihren Charme und ihre Schlagfertigkeit nicht zu verlieren, machen die Produktion zu einem außergewöhnlichen Zeitdokument", so Teppe weiter
Das Westfälische Landesmedienzentrum des LWL setzt mit der Dokumentation die Reihe seiner Filmporträts über Zeitzeugen des 20. Jahrhunderts fort, die es vor zwei Jahren mit der Produktion "Die Last der Erinnerung. Eine jüdische Lebensgeschichte zwischen Deutschland und den Niederlanden" über das Leben des Juden Helmut Noach begonnen hatte. Beide Filme sind Teil des Angebots von Bildungsmedien, mit dem das LWL-Landesmedienzentrum jungen und älteren Bürgern die Geschichte und Gegenwart der Region Westfalen-Lippe und ihrer Menschen nahe bringen will.
Initiiert wurde der Film vom Mitglied der Landschaftsversammlung, Benno Hörst aus Ochtrup. Hörst betonte, das besondere Lebens- und Glaubenszeugnis der Zwillinge aus dem nordwestlichen Münsterland enthalte sowohl die Mahnung, das Erlebte nicht zu vergessen als auch die Aufforderung zur Verständigung und Versöhnung.
Der Film wird am kommenden Donnerstag (13.02.) erstmals im Mitteldeutschen Rundfunk ausgestrahlt, weitere ARD-Sender werden voraussichtlich folgen. Als Videoedition ist er schon jetzt beim Westfälischen Landesmedienzentrum (medienzentrum@lwl.org, Tel. 0251/591-3902) zu erwerben. Der Preis für Privatpersonen beträgt 9,90 Euro plus Versandkosten.
Pressekontakt:
Markus Fischer Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org
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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
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