Mitteilung vom 28.11.02
Presse-Infos | Der LWL
Auf dem Weg ins neue Museum
Einhorn und Neandertaler aus der Balver Höhle
Balve (lwl). Als die ersten Forscher 1843 vordringen wollten, waren sie wahr-scheinlich ziemlich frustriert: Voll mit Erd- und Steinmassen war der 55 Meter lange und bis zu 23 Meter breite Höhle, die zur sauerländischen Stadt Balve (Märkischer Kreis) gehört. Schnell aber wechselte die Stimmung: Hinter dem heute zwölf Meter hohen Eingang der größten offenen Gebirgshöhle Deutschlands fanden die Archäologen in vielen verschiedenen Schichten bedeutende Zeugnisse der Menschheitsgeschichte: 50.000 Knochen und 35.000 Steinwerkzeuge lagen unter Lehm, Schlamm und Steinen verborgen.
Diese Funde, zum Großteil im Besitz des Sauerlandmuseums Arnsberg, bearbeiteten Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen - Archäologen, Paläozoologen, Paläontologen - in den vergangenen Jahren für das neue Westfälische Museum für Archäologie, das der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) Ende März nächsten Jahres in Herne eröffnen wird.
"Unter den Funden aus den unteren Ablagerungen haben wir Spuren der Neandertaler entdeckt, auch der frühe Homo sapiens suchte die Höhle auf", erzählt Dr. Barbara Rüschoff-Thale. Die LWL-Archäologin bereitet die Präsentation der Höhlenfunde vor. Die Balver Höhle nimmt im Museum eine besondere Rolle ein. Rüschoff-Thale: "Wir zeigen den Raum mit einer Projektion und echten Knochen, Zähnen und Werkzeugen, die wir in Transportkisten verpackt haben." Ein Forschertisch und die Menge der originalen Exponate verstärken den Ausgrabungscharakter der Präsentation. Ein Teil der Objekte stellt das Sauerlandmuseum Arnsberg als Dauerleihgaben zur Verfügung.
Die Besiedlung der Region und die Nutzung der Höhle ordnen die Forscher verschiedenen Epochen zu. Ab 80000 v. Chr. hielten sich Neandertaler in der Höhle auf, jagten und verarbeiteten die Knochen der Tiere. An Schnitt- und Schlagspuren erkennen die Wissenschaftler, wie man die Jagdbeute zerlegte; verbrannte Knochen weisen auf Feuerstellen in der Höhle hin. "Besonders zart", vermutet Rüschoff-Thale, "war das Fleisch von Mammutkälbern, deren Zähne und Knochen vor allem in den unteren Schichten der Höhle lagerten." In der Balver Höhle sicherten die Archäologen Knochen von weit mehr als 100 Mammuts. Teile von Höhlenbären, die zwischen 125000 und 20000 v. Chr. in der Region lebten, sind ebenso zu sehen wie von Nashörnern, Höhlenlöwen oder Wölfen, Eisfüchsen und Riesenhirschen.
Ein einzigartiges Tier, an dessen Existenz Forscher noch im 17. Jahrhundert glaubten, werden die LWL-Archäologen auch im Museum ausstellen: das geheimnisumwitterte Einhorn. "Man sagte dem Horn des Fabelwesens heilende Wirkung nach", erklärt Rüschoff-Thale. Knochenfunde von Mammuts und Fellnashörnern haben sich darum gut als "Einhorn" verkaufen lassen, woran heute noch einige Namen von Höhlen oder Apotheken erinnern.
Ende März 2003 wird der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) sein neues Archäologiemuseum in Herne eröffnen. In den folgenden Wochen weisen wir auf eine Reihe von interessanten Exponaten hin, die sich auf die Reise in die neue Ausstellung über 250.000 Jahre westfälischer Geschichte machen.
Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, Telefon 0251 591-235
presse@lwl.org
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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
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