Mitteilung vom 06.11.02
Presse-Infos | Der LWL
Westfalen im Wandel
Neue Dauerausstellung im LWL-Naturkundemuseum
Münster (lwl). Am Anfang war das Mammut, jedenfalls in der neuen Dauerausstellung des Westfälischen Naturkundemuseums, die ab Freitag ( 8.11.) in Münster zu sehen ist. Auf 300 Quadratmetern vermittelt das Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) einen Eindruck, wie sich in den vergangenen 15.000 Jahren die Tier- und Pflanzenwelt in der Region verändert hat. Von der Mammutsteppe bis zur heutigen Agrarlandschaft spannt die Schau den Bogen und erklärt den starken Einfluss des Menschen auf seine Umwelt.
Vor 12.000 Jahren waren die Menschen Jäger und Sammler in einer tierreichen Steppe mit Bären, Rentieren Elchen und Mammuts. Mammuts - eines davon ist maßstabsgetreu in einem vier Meter hohen Modell dargestellt - müssen die Menschen wegen ihrer Größe stark beeindruckt haben und waren begehrte Jagdobjekte. "Aber die Pflanzenfresser, deren Kauzähne bis zu sechs Mal nachwuchsen, hatten furchteinflössende Stoßzähne -da hieß es mit dem Wurfspeer Distanz halten", so Museumsdirektor Dr. Alfred Hendricks.
Von der Natur- zur Kulturlandschaft
Ab etwa 5.000 vor Christus begannen "die Westfalen" sesshaft zu werden und kleine Ansiedlungen zu gründen. Das Mammut war inzwischen ausgestorben. Zogen die Jäger vorher ihrer Beute hinterher, so gestalteten die frühen Bauern ihr Land - aus der Naturlandschaft wurde nach und nach durch Waldrodungen und Ackerbau eine Kulturlandschaft.
"Damals begann auch der scheinbar niemals endende Kreislauf des Bevölkerungswachstums", erläutert Ausstellungsmacher Dr. Bernd Tenbergen, " denn im Gegensatz zu den kleinen mobilen Gruppen der Jäger und Sammler brauchten die sesshaften Menschen für den Anbau von Getreide viele Arbeitskräfte." Mehr Getreide bedeutete wiederum mehr Nahrung für weitere Arbeitskräfte.
Die "gute alte Zeit"
Mit einem Zeitsprung geht es in die vermeintlich "gute alte Zeit", als alles besser und schöner gewesen sein soll. In Deutschland verstand man darunter die Friedensjahre zwischen 1871 und 1914. Tenbergen: "Die Verklärung der Kaiserzeit, in der die meisten Menschen noch auf dem Lande lebten, blendet die harten Arbeitsbedingungen, das Leben in den industralisierten Städten oder die karge Kost aus. Die Erinnerung an eine naturnahe, heile Welt ist letztlich ein Traum." In der Ausstellung repräsentiert ein Raum für das Besondere, die "gute Stube" diese Zeit.
"Natürlich westfälische" Tiere und Pflanzen
Ob Mäuse, Wölfe oder eingewanderte Tiere - der Mensch veränderte deren Welt. Mal bekämpfte er sie als Schädlinge und Futterkonkurrenten, mal domestizierte er sie oder rottete sie aus wie die Wölfe, deren letztes Exemplar in Westfalen 1835 bei Herbern (Kreis Coesfeld) erlegt wurde. Oder er importierte Arten wie die Waschbären, die ersten "Amerikaner in Westfalen".
"Viele Pflanzenarten, die uns heute als natürlich westfälisch erscheinen, sind erst durch den Menschen in die Region gekommen", so Tenbergen.
"Während Klatschmohn, Kamille oder Korbblume uns sehr früh mit dem Ackerbau aus dem Mittelmeerraum erreichten, wanderten andere Arten erst mit dem zunehmenden Warentransport ein. Andere wiederum entkamen aus Kloster- und Bauerngärten wie die Heilpflanze Kalamus oder die Kanadische Goldrute."
"Gedämpfter Biber" und Vogelfänger
Neben der Tierwelt und den Pflanzen sind Vorratshaltung und regionale Küche weitere Themen der Ausstellung. Dabei spart sie auch heute unbekannte Gerichte wie den "gedämpften Biber" oder den "gebratenen Krammetsvogel" (Wacholderdrossel) nicht aus. Wenig bekannt ist auch, dass noch vor 100 Jahren in Westfalen Vogelfänger unterwegs waren, wie sie heute noch in Mittelmeerländern arbeiten. Lockvögel in Käfigen lockten die Beute in ein Beerenbeet, und sobald sich die Vögel gesetzt hatten, schlug ein Netz über ihnen zusammen.
Die verkürzte Ems
Den Konflikt zwischen Ökologie und Ökonomie soll das Beispiel der Ems deutlich machen. Der ursprünglich 441 Kilometer lange Fluss ist in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts um 70 Kilometer verkürzt und in ein kanalartiges Bett gezwängt worden. Mit dieser Regulierung sind zahlreiche Tier- und Pflanzenarten verschwunden.
Auf Fotos in der Ausstellung ist zu erkennen, wie heute die Ems wieder renaturiert werden soll, ein Plan, der nicht überall auf Gegenliebe stößt. Eine virtuelle Fahrt mit dem Heißluftballon führt dem Besucher noch einmal die gesamte facettenreiche Kulturlandschaft Westfalens vor Augen - von der Heidelandschaft über Wiesen und Wälder, von den Wasserschlössern und Wallhecken bis zu den riesigen Maisfeldern und den verstädterten Industrieregionen.
Am Ende der Ausstellung steht das Wort, denn alte Flurnamen sind die "Spitznamen der Äcker". Der Straßenname "Paradies" steht zum Beispiel als ironische Verkehrung für ein besonders schlechtes Stück Land, der "Rengarten" ist der Hinweis auf Eisenerzvorkommen und der "Poggenpohl" meint einen Tümpel mit Fröschen. Dauerausstellung "Westfalen im Wandel" im Westfälischen Museum für Naturkunde, Münster, Sentruper Straße 285, ab 8.11. täglich außer montags von 9 bis 18 Uhr. Eintritt 3,50/2,- Euro. Tel: 0251 591-05.
Internet: https://www.lwl.org oder https://www.naturkundemuseum-muenster.de. Für Kinder und Jugendliche gibt es museumspädagogische Programme (telefonische Anmeldung 0251 591-6050).
Zur Ausstellung ist ein Begleitbuch im Linnemann-Verlag, Gütersloh, erschienen (144 Seiten, 19,80 Euro).
Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, Telefon 0251 591-235
presse@lwl.org
Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
Der LWL auf Facebook:
https://www.facebook.com/LWL2.0
zur Druckansicht dieser Seite
zu den aktuellen Presse-Infos