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Mitteilung vom 02.09.02

Presse-Infos | Der LWL

7.500 Jahre alter Acker geerntet

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Münster (lwl). In Drensteinfurt-Rinkerode haben Wissenschaftler des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe einen Acker wie zur Zeit der ersten Bauern bestellt und nun geerntet.

Einen Acker ein Jahr lang so zu bewirtschaften, wie es vor 7.500 Jahren üblich war und ihn dazu noch regelmäßig in der Vollmondphase zu filmen ¿ das hat es noch nicht gegeben.

Im vorigen Herbst haben die Forscher die 10.000 Quadratmeter große Fläche ausgewählt. Im Frühjahr säten sie per Hand Einkorn, eine uralte Getreideart, die frühe Bauern vor 8.000 Jahren aus dem Orient mitgebracht hatten. ¿Es hat sich den Sommer über prächtig entwickelt, trotz der teilweise ungünstigen Witterung¿ urteilt Diplom-Biologin Britta Linnemann, die das Projekt im Rahmen ihrer Dissertation betreut. Sie hat auch, zusammen mit der Fachhochschule Osnabrück und der Universität Köln, das Saatgut zusammengestellt und typische Ackerkräuter der damaligen Zeit
beigemengt. Den Sommer über hat das Team vor allem die Kräuter entfernt ¿ ganz so, wie es die ersten Bauern vor 7.500 Jahren auch schon gemacht haben.

Für die Ernte benutzen die Archäologen Nachbauten zeitgenössischer Sicheln und Erntemesser: scharfe Klingen aus Feuerstein, die in handliche Griffe aus Holz eingelassen und mit Birkenpech, einem steinzeitlichen Klebstoff, befestigt sind. ¿Die Klingen sind scharf. Trotzdem ist das Abschneiden der Halme sehr mühselig und dauert länger als wir uns vorgestellt hatten¿ sagt Dr. Barbara
Rüschoff-Thale, Wissenschaftlerin vom Westfälischen Museum für Archäologie.

Sie erklärt auch den Grund für das einmalige Projekt: ¿Regelmäßig bei jeder Vollmondphase hat ein Fotograf den Acker filmisch dokumentiert ¿ bei Tag und Nacht, in Regen und Schnee, in praller Sonne und bei klarem Sternenhimmel. Die Filmsequenzen werden für das neue Westfälische Mu-seum für Archäologie in Herne verarbeitet, das im nächsten Frühjahr eröffnet wird. Dort wollen wir die Zeit der ersten Bauern in Westfalen (ab 5.500 v. Chr.) in einer völlig neuen Art präsentieren, nämlich den Besucherinnen und Besuchern ein Gefühl für die Lebensweise der ersten Bauern vermitteln, das heißt vor allem die Arbeitsintensität der neuen Wirtschaftsweise, die Bedeutung der Mondphasen und die Sesshaftigkeit - Phänomene, die die damalige Gesellschaft grundlegend veränderten und die bis heute nachwirken: Aus Jägern und Sammlern wurden Bauern.¿

Das Projekt sollte unter möglichst authentischen Bedingungen abgelaufen. Vor allem konnten die Pflanzen nicht auf ¿normalen¿ Ackerflächen angebaut werden, die durch Pflanzenschutzmittel und künstlichen Dünger belastet sind. ¿Das Projektteam ist froh, dass es einen Biobauern gefunden hat, der einen Teil seiner Wirtschaftsflächen ein Jahr lang für dieses Projekt zur Verfügung stellt¿, soi Rüschoff-Thale. Die Familie Deventer in Drensteinfurt-Rinkerode bewirtschaftet ihren Hof schon seit 15 Jahren nach den strengen Bioland-Richtlinien. ¿Einkorn ist ein interessantes Getreide, und wir sind neugierig, wie es sich auf unseren Flächen entwickelt und wie hoch der Ertrag ist¿ beantwortet Johannes Deventer, der Bioland-Bauer mit eigenem Hofladen, die Frage, warum er die Wissen-schaftler unterstützt.

Nach der Ernte wird der Acker noch zwei Mondphasen lang gefilmt ¿ dann hat der Fotograf zwölf Monate ¿im Kasten¿ und es geht ins Studio. ¿Die Archäologen haben ihm viel zugemutet; ganze Nächte hat er bei eisiger Kälte auf dem Acker verbracht¿ meinen Bauer Deventer und Britta Linnemann, die ihm so manch heißen Kaffee gebracht haben.









Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, Tel: 0251 591-235 und Dr. Yasmine Freigang, Tel. 0251 5907-267
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