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Mitteilung vom 23.08.02

Presse-Infos | Der LWL

Kunigunde - Szenen einer Krönung
Ausstellung über erste Krönung einer Königin im Deutschen Reich

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Paderborn (lwl). Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) erinnert in diesem Jahr mit einer Ausstellung an die Krönung der Königin Kunigunde vor 1000 Jahren in Paderborn. Vom 24. August bis zum 13. Oktober lassen rund 40 wertvolle Exponate auf 400 Quadratmetern erahnen, welche Bedeutung der Zeremonie in der für das Königspaar Heinrich und Kunigunde gebauten Kaiserpfalz zukam. Die "Szenen einer Krönung" im heutigen LWL-Museum in der Kaiserpfalz zeigen nicht nur den Ablauf der festlichen Krönung im Mittelalter, sondern auch die besondere Stellung der "Frau an seiner Seite", die weit mehr war als nur stille Ratgeberin des späteren Kaisers.

Mit Kunigunde (980-1033), der Frau Heinrichs II. aus Bayern, wurde im Jahre 1002 in Paderborn die erste Königin im ostfränkischen Reich und die einzige Regentin in Westfalen überhaupt gekrönt. Mit diesem Ereignis begann eine lange und intensive Verbindung des Herrscherpaares zu Paderborn. In Urkunden, die auch in der Ausstellung zu sehen sind, wird die besondere Fürsprache Kunigundes für Paderborn betont. Daneben zeigt die Ausstellung auch, wie das Drama der Kinderlosigkeit des Königspaares bewältigt wurde. Frömmigkeit und Keuschheit spielen in der Erinnerung der Nachwelt und in der Wandlung von der Königin zur Heiligen eine wichtige Rolle.

Die Stationen der Ausstellung
"Nach dem Erfolg der Karolingerausstellung vor drei Jahren entwickelten wir die Idee, Kunigunde eine eigene Ausstellung zu widmen", so Museumsleiter Prof. Dr. Matthias Wemhoff. Das heutige Museum wurde in den 70er Jahren auf den Fundamenten der ottonisch-salischen Pfalzanlage errichtet, die Bischof Meinwerk eigens für Heinrich und Kunigunde hatte bauen lassen. Wemhoff: "Als zentraler Ausstellungsraum bot sich der repräsentative Saal im Obergeschoss an. Hier übte der König seine Herrschaft vor Ort aus und lud insbesondere nach dem Festgottesdienst zum Gastmahl."

Verschiedene Stationen ("Szenen") beleuchten das Ereignis der Krönung sowie das Leben und Nachleben der bedeutenden Herrscherin schlaglichtartig. "Der Besucher kann, ähnlich wie bei einem Theaterstück, Einblicke erhalten, die ihm eine Annäherung an die historische Königin und die Heilige erlauben", erläutert Simone Buckreus, eine der Ausstellungsmacherinnen.

Vorbereitung der Zeremonie
Am Beginn der Ausstellung stehen der Ort und die handelnden Personen, allen voran der Paderborner Bischof Rethar, der von der Nachricht der baldigen Krönung Kunigundes am 10. August 1002 wohl ziemlich überrascht worden ist. "Paderborn als Krönungsort war auch eine Anerkennung für den Bischof, der sich im vorangegangenen Thronstreit auf die Seite Heinrichs geschlagen hatte", ist sich Buckreus sicher.

"Gedankenbälle" sollen in der Ausstellung verdeutlichen, was dem Bischof vor 1000 Jahren durch den Kopf gegangen sein könnte. Ein kleiner Abstecher in die Ikenbergkapelle des Museums ermöglicht einen Überblick über das Reich zur Zeit der Regentschaft Heinrichs II. sowie die - zunächst getrennte, dann gemeinsame - Reiseroute des Paares bis zur Ankunft in der Stadt an der Pader.

Anschließend wird der Besucher dann in die Situation der Stadt um das Jahr 1000 eingeführt, mit der sich schließlich auch Heinrich und Kunigunde konfrontiert sahen: Dom und Pfalz waren einem verheerenden Brand zum Opfer gefallen und glichen nun, zwei Jahre später, immer noch mehr einer Ruine als einem repräsentativen Ort, an dem eine königliche Krönung angemessen gefeiert werden konnte.

Die Ankunft des mehrere hundert Personen umfassenden Hofes stellte Bischof Rethar demnach vor fast unlösbare logistische Aufgaben. Insbesondere die Verpflegung der Gäste wurde später zu einem Problem. So soll der königliche Hof pro Tag 1.000 Schweine und Schafe, zehn Fuder (Wagenladungen) Wein und ebensoviel Bier, acht Ochsen, dazu Hühner, Spanferkel, Fische, Eier und Gemüse verbraucht haben.
Königshof auf Reisen
Aufklappbare Kisten im Vorraum des LWL-Museums veranschaulichen das Reisen als einen wesentlichen Aspekt im Leben eines mittelalterlichen Herrscherpaares. Nur selten weilte der "Königshof auf Reisen" länger als 14 Tage an einem Ort, denn das ostfränkisch-deutsche Reich kannte weder eine Hauptstadt noch dauerhafte Residenzen: Herrschaft musste vor Ort ausgeübt werden. Pelze, Wandteppiche, Leuchter, Tafelgeschirr und vieles mehr wurde daher in Truhen und Kisten verstaut und transportiert, um die jeweiligen Quartiere in Pfalzen oder Klöstern so wohnlich wie möglich zu gestalten. Die Reisegeschwindigkeit der Ochsenkarren betrug rund 30 Kilometer pro Tag.

Krönung in Ruinen
Die Aula der Paderborner Kaiserpfalz bildet den zentralen Ort der Ausstellung und den idealen Rahmen für die Darstellung des Zeremoniells der Krönung. Säulen mit aufgedruckten Gebetstexten erinnern an die Domkirche, in der die Krönung stattgefunden hat. Eine große Stoffbahn greift das Provisorische und Bühnenhafte der "Krönung in Ruinen" auf.

Um dem Besucher eine Ahnung vom Glanz der Zeremonie zu vermitteln, zeigt die Ausstellung ausgewählten Schmuck des 11. Jahrhunderts. So entsprechen die Ohrringe und Fibeln in Form und Stil jenen Schmuckstücken, mit denen Kunigunde auf zeitgenössischen Abbildungen zu sehen ist.

Die Krönungsfeierlichkeiten erstreckten sich damals über vier Stationen, an denen Gebete gesprochen wurden. Alttestamentliche Frauen wie die Erzmütter der Stämme Israels, Judith oder Esther dienten als Vorbilder für die Aufgaben der künftigen Königin. Erzbischof Willigis von Mainz salbte Kunigunde mit kostbarem Chrisamöl und setzte ihr schließlich die Krone auf.

Die Besucher können diese einzelnen Stationen der Krönung Kunigundes durch gesprochene Gebete und Exponate, allen voran der benedictio reginae aus dem Mainzer Krönungsordo nachvollziehen, einer Art Drehbuch für Krönungen, das in Paderborn erstmals angewendet wurde.

Der Bayernaufstand
Die logistischen Probleme Rethars, ausreichend Verpflegung für den Hof heran zu schaffen, äußerten sich im weiteren Verlauf des Festes auf dramatische Weise: Die Bayern im Hofstaat wurden nicht satt, zogen plündernd über die Felder und Höfe der benachbarten Bauern, und zuletzt kam sogar der königliche Truchsess, verantwortlich für die Tafel, zu Tode. Eine große Festtafel in der Ausstellung symbolisiert daher zum einen das friedliche Krönungsmahl, verdeutlicht zum anderen aber auch das Umkippen der Stimmung in Zerstörungswut und Kampf.

Königin, Nonne und Heilige
In der Ausstellung geht es weiter mit den Aufgaben und Pflichten Kunigundes als mittelalterliche Königin und Teilhaberin an der Herrschaft. Am greifbarsten wird Kunigundes politische Rolle, die seit 1014 gemeinsam mit ihrem Mann auch die Kaiserwürde trug, in zahlreichen Urkunden: In einem Drittel der erhaltenen Urkunden Heinrich II. tritt seine Frau als Fürsprecherin auf.

Auch die kinderlose Ehe des Kaiserpaares ist Thema der Ausstellung. Welcher der Ehegatten für den fehlenden Nachwuchs verantwortlich war, ist unklar, doch deutet der Beiname Heinrichs "huffehalz" (der Lendenlahme), den er nach einem Reitunfall erhielt, auf den Ehemann hin. Obwohl die Ehe der beiden vermutlich sehr harmonisch verlief, war sie unter dynastischen Gesichtspunkten eine Katastrophe, da sie keinen Thronfolger hervorbrachte.

Seit dem 11. Jahrhundert wurde die als tragisch empfundene Kinderlosigkeit in eine von vornherein jungfräulich geführte Ehe umgedeutet und mündete schließlich in einem regelrechten Kult um Kunigunde. Legenden ranken sich schon vor der (im zweiten Anlauf erfolgreichen) Heiligsprechung im Jahre 1200 um die Herrscherin, die nach dem Tod ihres Mannes 1024 ins Kloster ging: Kunigunde schritt unversehrt über glühende Pflugscharen, löschte mit ihrem Kreuzzeichen ein Feuer und sorgte für den gerechten Lohn der Bauleute von St. Stephan in Bamberg. Zahllose dieser Leg enden zeugen von ihrer Frömmigkeit und stellen sie mariengleich dar. Besonders prächtig ist die Heilige mit ihrem Mann in einem Antiphonar (Gesangsbuch) mit Goldinitialen aus dem 15. Jahrhundert als Stifterin des Bamberger Domes dargestellt.

Das Begleitbuch zur Ausstellung ist im Bonifatius-Verlag Paderborn erschienen und kostet 25 Euro. Im Rahmen spezieller museumspädagogischer Programme können Schulklassen (ab 3. Klasse) das Krönungszeremoniell nacherleben und die Aufgaben einer mittelalterlichen Königin kennen lernen.

Öffnungszeiten: Di-So 10-18 Uhr. Eintrittspreise: Erwachsene: 4 ¿, ermäßigt: 2,50 ¿,
Gruppen ab 6 Personen: 3 ¿.Schulklassen haben im Rahmen von Unterrichtsveranstaltungen oder Führungen freien Eintritt. Tel: 05251-10510, https://www.kaiserpfalz-paderborn.de oder https://www.lwl.org.








Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, Telefon 0251 591-235
presse@lwl.org




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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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