Mitteilung vom 09.08.02
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LWL-Sonderausstellung zur barocken Bibliothek des Stiftes Cappenberg
Selm (lwl). Sein Bildnis zeigt ihn im weißen Habit der Prämonstratenser, mit Brustkreuz und Büchern im Hintergrund: der Cappenberger Propst Ferdinand Goswin Mauritz von Ketteler war ein passionierter Büchersammler. Er leitete das Stift von 1739 bis 1784; mit seinem Namen verbindet sich die letzte Blüte des 1122 vom Heiligen Norbert gegründeten Stiftes Cappenberg. Eine Auswahl der erhaltenen Bücher zeigt der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) noch bis zum 27. August auf Schloss Cappenberg. Anlass zur Ausstellung ist der Beginn der Säkularisation vor genau 200 Jahren: Am 2. und 3. August 1802 marschierten in die Fürstbistümer Münster und Paderborn preußische Truppen ein und vollzogen die Annexion durch den preußischen König.
Von Ketteler schuf in dem barocken Neubau (errichtet von 1703 bis 1721) das älteste bekannte "Museum" Westfalens, eine Kunst- und Naturaliensammlung, und trug eine 4130 Bände starke Bibliothek zusammen. Nur knapp zehn Prozent der Bände haben sich in der Universitäts- und Landesbibliothek Münster erhalten.
"So sehr das Urteil über die Säkularisation heute positiv ausfällt, weil die Kirche von dem Ballast weltlicher Aufgaben befreit wurde und sich auf ihre religiösen und karitativen Aufgaben konzentrieren konnte - so schmerzlich ist bis heute der kulturelle Verlust: Viele klösterliche Kunstschätze und in Jahrhunderten gesammelten Klosterbibliotheken gingen verloren", urteilt Ausstellungsmacher Dr. Gerd Dethlefs.
Die kleine Bücherschau ist integriert in die Dauerausstellung "Der Freiherr vom Stein und Cappenberg". Stein, bis heute bekannt als Reformer, Schöpfer der Städteordnung, der Bauernbefreiung und der landschaftlichen Selbstverwaltung, war 1802/1803 mit der Durchführung der Säkularisation betraut. Noch vor dem "Reichsdeputationshauptschluß" vom 25. Februar 1803, der rechtlichen Grundlage der Säkularisation, wurde das wirtschatlich gesunde Stift Cappenberg am 21. Januar 1803 aufgehoben und die sechs Stiftsherren pensioniert.
Die Büchersammlung wurde im wesentlichen bis 1757/58 zusammengetragen; das jüngste Buch datiert von 1774. Ketteler besaß 83 Bände Lexika , die das Wissen jener Zeit verfügbar machten, u. a. Zedlers "Universallexikon". Ein Schwerpunkt lag mit etwa einem Drittel der Bände auf der Theologie. Hinzu kommen Geschichte, Geografie, Kunst und Literatur. "Erstaunlich ist das Interesse an Mathematik, Naturwissenschaften und Botanik, Raritäten und Naturalien, die zwölf Prozent der Bände ausmachen", so Dethlefs.
Außerdem gab es in der Bibliothek Sammlungen von Stadtansichten, Traktate zur Architektur, Homanns Atlas und die Bibelillustrationen von Luyken und Weigel sowie 46 Emblembücher, darunter die Klassiker von Alciati, Reusner und Boissard. Unter den belletristischen Werken erstaunt der große Anteil neuerer deutschsprachiger Dichter von Opitz und Rist bis zu Hagedorn, übrigens auch zwei Bände des Bielefelder Dichters Florens Arnold Consbruch (1751/52), die Ketteler schon 1753 erwarb.
"Die Anlage von Museum und Bibliothek war der Versuch eines kunstsinnigen Prälaten, Cappenberg im 18. Jahrhundert wieder zu einem Ort geistigen Lebens zu machen. Inwieweit Vorbilder aus Süddeutschland Pate gestanden haben, wo reiche Klöster wie zum Beispiel Schussenried große und bedeutende Bibliotheken anlegten und diese als prächtige Repräsentationsräume zu einem Mittelpunkt ihrer Klosteranlage machten, lässt sich nicht mehr feststellen", so Dethlefs.
Zur LWL-Dauerausstellung "Der Freiherr vom Stein und Cappenberg" ist ein Katalog erschienen: Gerd Dethlefs: "Stein und Cappenberg", 192 Seiten, 73 farbige Abbildungen, 2 Kartenbeilagen, ISBN 3-88789-139-2, 14 Euro; ein Faltblatt zur Geschichte der Stiftsbibliothek ist in der Ausstellung erhältlich.
Pressekontakt:
Markus Fischer Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org
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