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Mitteilung vom 14.02.02

Presse-Infos | Der LWL

Glockengeläut und Geruch von Anis
'Snoezelen' verhilft alten Menschen zu neuer Sinneserfahrung

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Lippstadt-Benninghausen (lwl). Wände, Decke, Sitzmatten ¿ alles ist weiß in diesem Raum. Kein Fenster, keine Blumen, abgedunkelte Stille. Nichts lenkt ab. Auge und Ohr verharren kurz bei drei leise blubbernden Lichtsäulen in der Ecke. Dann zieht die 17 Menschen hier drinnen die wandfüllende Dia-Projektion eines Orangenhains in den Bann, sie erlauschen sphärisch-leichten Enya-Gesang (¿A Day Without Rain¿)zum südländischen Sommermotiv. Süßes Südfruchtaroma kitzelt ihre Nasen. Eine imaginäre ¿Traum¿-Reise zu den sonnenwarmen Plantagenbäumen hebt an. Draußen vor dem Benninghausener ¿Snoezelen-Zentrum¿, außerhalb dieses ¿Weißen Raumes¿, ist ein graues Februarwochenende.

An dem haben sich die 17 Frauen und Männer hier in einem der insgesamt vier ¿Sinnesräume¿ im Förder- und Pflegezentrum Lippstadt-Benninghausen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) getroffen: Heilpädagogen, Sozialarbeiter, Krankenpfleger, ein Arzt. Die Pflege-Profis aus Westfalen sind zum Lernen gekommen, zum Austausch mit der Expertin Prof. Dr. Krista Mertens. In der Praxis, wie etwa im ¿Weißen Raum¿, und in der Theorie. Mertens ist an der Humboldt-Universität Berlin Dozentin für Rehabilitationswissenschaften. Thema der zweitägigen überregionalen Fortbildung: ¿Snoezelen für Menschen im höheren Lebensalter¿.

Von den insgesamt 554 Bewohnerinnen und Bewohnern der Benninghausener LWL-Einrichtung für gehandicapte Menschen sind 264, also fast die Hälfte, älter als 60 Jahre. ¿Für diese älteren Menschen ebenso wie andernorts zum Beispiel für psychisch Kranke, für Schmerzpatienten, gewalttätige Jugendliche und hyperaktive oder emotional gestörte Kinder hat sich Snoezelen als pädagogisch-therapeutisches Medium an immer mehr Behandlungs- und Rehabilitationseinrichtungen im In- und Ausland etabliert¿, erklärt Prof. Mertens.

Im Kunstwort Snoezelen (gesprochen ¿snußelen¿), erfunden vor gut 25 Jahren von zwei holländischen Zivildienstleistenden, stecken ¿snuffelen¿ (=schnüffeln, schnuppern) und ¿doezelen¿ (=dösen, schlummern) ¿ eine Kombination aus Entspannung und Sinneserfahrung, wie sie zunächst als Freizeitangebot für geistig behinderte Menschen angewandt wurde. Seither hat sich das Snoezelen-Konzept therapeutisch bis hinein in Kindergärten und Krebsstationen systematisch weiterentwickelt.

Zur Bereicherung auch für die betagten Bewohner des Benninghausener LWL-Zentrums: ¿Die Welt der alten Menschen ist meist die Welt der Erinnerung¿, erläutert Prof. Mertens, ¿sie sollen in die entfernten Winkel ihres Gedächtnisses wieder hineinschnuppern, hineinhorchen, darin stöbern können.¿ Im stillen ¿Weißen Raum¿ verhelfen ihnen Gerüche, Geräusche und Bilder zu ungestörten Assoziationen, zu Erinnerungen, zurück zu schon verloren geglaubten Leistungen des Gedächtnisses. Beim Duft von Anis und Kardamon kommen alte Plätzchen-Backzepte wieder in den Kopf. Glockengeläut erinnert an die Hochzeit vor Jahrzehnten oder an schmerzliche Verlusterlebnisse, Trauer und Tod. Spätestens dann muss ein Betreuer therapeutisch begleiten und aufarbeiten helfen.

Therapeutische Anleitung brauchen ebenso die begleitenden Atem-, Entspannungs- und Meditationsübungen. Sie bringen innere Ruhe und Ausgeglichenheit, tun Herz und Kreislauf der körperlich vielfach stark eingeschränkten alten Menschen gut. ¿Und nicht zuletzt werden sie mitteilsamer, offener, emotional stabiler, wenn sie beim Snoezelen ihrer Phantasie freien Lauf lassen und die Sinne aktivieren können. Die Gefühle geraten in Fluss, plötzlich reden die alten Menschen über Dinge, über die sie sonst nicht sprechen¿, sagt Elfriede Jänsch aus dem Benninghausener Snoezelen-Zentrum, selbst eine der Teilnehmerinnen an der Fortbildungsveranstaltung.

¿Nur qualifizierte Mitarbeiter können die Menschen beim Snoezelen therapeutisch begleiten. Darum freuen wir uns, Expertinnen wie Prof. Mertens bei uns zu Gast zu haben¿, resümiert Hartmut Paech-Bruch, Fachbereichsleiter des LWL-Pflege- und Förderzentrums Lippstadt-Benninghausen,¿wir aus der Praxis wiederum werden sie bei der wissenschaftlichen Weiterentwicklung des Snoezelen unterstützen.¿

Das heilpädagogische ¿Snoezelen¿-Angebot gibt es außer in Lippstadt-Benninghausen auch in den LWL-Pflege- und Förderzentren in Marsberg und in Warstein sowie an den LWL-Kliniken für Erwachsenenpsychiatrie in Dortmund, Hemer/Iserlohn, Lengerich, Lippstadt, Marsberg, Münster, Paderborn und Warstein und für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Hamm, Marl und Marsberg.





Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband für die 8,5 Millionen Menschen in der Region. Mit seinen 41 Schulen, 17 Krankenhäusern, 17 Museen und als einer der größten Sozialhilfezahler Deutschlands erfüllt der LWL Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, der durch ein Parlament mit 135 Mitgliedern aus den Kommunen kontrolliert wird.







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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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