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Mitteilung vom 19.09.01

Presse-Infos | Der LWL

Roman Signer. Zeichnungen und Filme
LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte

Bewertung:

Münster (lwl). Roman Signer (*1938) gehört seit seinen Beteiligungen an der documenta 8 in Kassel (1987), der Ausstellung Skulptur. Projekte in Münster (1997) und der letzen Biennale in Venedig (1999) zu den bedeutendsten europäischen Gegenwartskünstlern. In seiner Einzelausstellung im Westfälischen Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) zeigt der Künstler in der Zeit vom 22. September bis 25. November 74 Projekt-Zeichnungen aus den 70er und 80er Jahren, seine kürzlich restaurierten und auf Videobänder übertragenen Super-8-Filme der Jahre 1975 bis 1989 sowie eine für den Lichthof des LWL-Museums konzipierte Installation.

Es war seit langem Roman Signers Wunsch, sein zeichnerisches Schaffen im größeren Rahmen einer Museumsausstellung zu präsentieren. Damit verbindet sich das persönliche Bedürfnis, der bekannten explosiven Seite eine leisere, poetischere gegenüber stellen zu können. Die fein aquarellierten Feder- und Bleistiftzeichnungen sind für sich kleine Meisterwerke. Das Erfinden und Imaginieren von Situationen und Abläufen stand dabei im Zentrum; die Umsetzung der Projektzeichnungen war dem Künstler oft nebensächlich. So wurde auch nur eine kleine Auswahl in Aktionen realisiert und in Super-8-Filmen dokumentiert. Die Spannung zwischen Virtualität und Wirklichkeit, zwischen Modell und Ausführung macht den Reiz und die Aktualität der Präsentation aus.

In Signers Zeichnungen geht es, wie in den mit ihnen eng verbundenen Aktionen, um Bewegung und Zeit. In einem an den Comic erinnernden Bildverlauf werden zeitliche Abläufe suggeriert, unendlich langsame und explosiv schnelle. Zuweilen werden jene Akleinen Ereignisse, wie Signer sie selbst nennt, aber auch mit einem einzigen Bild visualisiert; bloße Pfeile weisen auf den Verlauf einer Bewegung hin. Die Wirkung der Dauer macht die Faszination von Signers Zeichnungen aus. So schnell wie sie gelesen und verstanden scheinen, so schwer können wir uns von ihnen lösen, weil wir anhand der wenigen, doch präzisen Angaben ganze Abläufe imaginieren oder in einem Zustand von Spannung und Voyeurismus geduldig warten können. Mit einfachsten Mitteln unterläuft Signer die Statik der Zeichnung, wie überhaupt das lustvolle oder notwendige Aufbrechen des Starren sein ganzes Schaffen durchzieht.

Die angedeutete oder tatsächliche Darstellung von Abläufen weist Charakteristika des wissenschaft-lichen Experiments auf: Ausgangspunkt - Ablauf - Resultat. Gleichzeitig erinnert die Zeitstruktur an Witze: Die lange, Spannung aufbauende Vorbereitung gipfelt in einer Pointe. Doch folgen dem Ge-lächter Nachdenklichkeit und Schweigen; das Verstreichen der Zeit, das Versiegen der Kräfte, dar-gestellt durch verrinnenden Sand oder sich zusammenziehende Gummiseile, führen die Kürze des Lebens metaphorisch vor Augen. Das Spannungsfeld zwischen der anarchisch-subversiven Komik der Entwürfe und dem mitzudenkenden Hinweis auf die Lebensdauer wird von Roman Signer immer wieder neu durchmessen.

In Münster ist Signer mit seinem Beitrag Spazierstock für das Skulpturenprojekt 1997, der seine Kunstauffassung in ihrer ganzen Vielschichtigkeit zeigte, noch in frischer Erinnerung. Mit Hilfe von Wasserdruck ließ er einen Spazierstock über einem See tanzen. Das Wasser wurde durch ein zum Spazierstock gebogenes Rohr geleitet, das durch das Auftreffen des Wassers auf der Wasseroberfläche in Bewegung geriet; auf diese Art entstand ständig neu und sich immer wieder verflüchtigend eine Zeichnung auf dem Teich. Aleksandra Signer hat mit ihrer Videoaufzeichnung der Installation diesen Aspekt festgehalten.

Wie in seiner münsteraner Installation nimmt in vielen Aktionen und Zeichnungen Roman Signers die Natur einen wichtigen Platz ein. Wind und Regen sind oft Mitspieler und Vollender der signerschen Versuchsanordnungen, womit der Künstler bewußt das nicht Kalkulierbare der Elemente betont. In diesem Respekt vor der Größe der Natur zeigt sich eine tiefe Verwandtschaft zur Romantik, die durch die genannten Aspekte, der Thematisierung von Zeit und Abläufen - romantisch gesprochen: Wegstrecken - noch verstärkt wird.

In der Ausstellung werden auf einem Monitor die zwischen 1975 und 1989 auf Super-8-Filmen festgehaltenen Ereignisse vorgestellt. Zu sehen sind insgesamt 204 Einzelfilme, die meist vom Künstler oder seiner Frau Aleksandra aufgenommen wurden. Darin werden Abläufe, der Bezug zu den Elementen, Spannung, Poesie und Nachdenklichkeit spürbar.

In Kooperation mit dem Westfälischen Landesmuseum zeigt der münsteraner Filmclub Die Linse im Cinema, Warendorfer Straße 45, während der Laufzeit der Ausstellung jeweils sonntags um 11 Uhr den 80-minütigen Film Signers Koffer von Peter Liechti.

Im Kontext der Ausstellung wird folgender Vortrag angeboten: Am Dienstag, dem 30. Oktober, um 19 Uhr, spricht Konrad Bitterli vom Kunstmuseum St. Gallen im Vortagssaal des Landesmuseums zum Werk von Roman Signer.

ca. 4.523 Anschläge



Pressekontakt:
Markus Fischer Telefon: 0251 / 591-235
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