LWL-Newsroom

Mitteilung vom 24.08.04

Presse-Infos | Der LWL

Paderborn: Den Stiftsherren auf der Spur

Bewertung:

Paderborn (lwl). Nördlich der Busdorfkirche, wo demnächst das neue Kolpingforum entsteht, forscht seit Juli ein Team der Paderborner Stadtarchäologie beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) nach den Spuren des 1036 gegründeten und 1810 aufgelösten Busdorfstifts. Inzwischen sind die ersten Mauern, Öfen und Funde zu Tage gekommen. Sie werfen neues Licht auf die Lebensverhältnisse der Stiftsherren. Interessierte haben jeden Mittwoch um 18 Uhr die Möglichkeit, sich bei einer kostenlosen Führung vor Ort über die Ergebnisse informieren zu lassen.

¿Es war schon ein stattliches Wohnhaus mit 80 Zentimeter dicken Mauern, in dem hier um 1200 ein Stiftsherr wohnte¿ erklärt Dr. Sven Spiong, Stadtarchäologe LWL, die freigelegten Fundamente. ¿Zu dieser Zeit gaben die Mitglieder des Stiftes ihr Leben in gemeinsamen Schlaf- und Essräumen auf und bauten sich ihre eigenen prächtigen Wohnhäuser¿, so Spiong weiter. ¿Das Haus grenzt direkt an eine aktuelle Grundstücksgrenze. Vermutlich waren die heutigen Grundstücksverläufe bereits im 13. Jahrhundert fest gelegt¿.

Viele der mittelalterlichen Erdverfärbungen stammen von verfüllten Gruben. Die Stiftsherren ließen sie in ihren Gärten anlegen, um unter dem Humus den gelben Lehm zu gewinnen, den sie für die Wände ihrer Fachwerkhäuser benötigten. Die störenden Löcher verfüllten sie anschließend mit Müll - zur Freu-de der Archäologen. Denn so entdeckten die Forscher auch Gegenstände, die ihnen etwas über den Alltag der Menschen im Stift verraten: Mit einem Bronzegriffel schrieben sie im 14. Jahrhundert auf kleinen Wachstafeln Notizen. Eine bronzene Buchschließe ist der Rest eines Buches aus dem 15. oder 16. Jahrhundert. Eine Ofenkachel zeugt davon, dass die Menschen im frühen 16. Jahrhundert in kalten Wintermonaten nicht frieren mussten. Ein langer Kamm mit engliegenden Zinken half im Kampf gegen Läuse und Nissen.

Doch nicht nur die Kleinfunde lassen den Alltag lebendig werden. Die Ausgräber haben auch Werkstätten gefunden: In mehreren Öfen schmolzen Handwerker hier Metall oder Glas. Wahrscheinlich stammt ein Teil der einst prunkvollen Ausstattung der Stiftskirche aus diesen Werkstätten.

Weitere Keller und Latrinen deuten sich bereits im Boden an. Im Moment legen die Ausgräber mittelalterliche Gewölbekeller und barockzeitliche Latrinen frei. Und noch ältere Spuren warten darauf von den Archäologen enträtselt zu werden. Eine kleine Herdstelle, auf der vor 1000 Jahren Menschen ihre Mahlzeit bereiteten, lag sicher in einem aus Holz und Lehm gebauten Haus. Weitere Bodenverfärbungen dieser Zeit gehören eventuell zu einem Haus, in dem man webte oder Lebensmittel lagerte. ¿Es wird noch einmal richtig spannend¿, so der Schüler Lutz Depenbusch, der bei der Ausgrabung zwei Wochen seiner Sommerferien ehrenamtlich mitarbeitet.

Damit interessierte Besucher die Erforschung der Paderborner Geschichte hautnah miterleben können, bietet die Stadtarchäologie Paderborn bis zum Grabungsende im Dezember an jedem Mittwoch um 18 Uhr eine kostenlose Führung an. Sie dauert circa 45 Minuten, Treffpunkt ist die Ausgrabung: Am Busdorf 7-9. Gruppen können gesonderte Führungen anmelden beim Museum in der Kaiserpfalz unter der Telefonnummer 105110.




Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, Tel: 0251 591-235 und Dr. Yasmine Freigang, Tel. 0251 5907-267
presse@lwl.org




Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


Der LWL auf Facebook:
https://www.facebook.com/LWL2.0






Ihr Kommentar




zur Druckansicht dieser Seite

zu den aktuellen Presse-Infos