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Mitteilung vom 26.02.20

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Revierfolklore

LWL-Industriemuseum Zeche Zollern beleuchtet Erinnerungskultur im Ruhrgebiet zwischen Heimatstolz und Kommerz

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Dortmund (lwl). Förderwagen im Vorgarten, Schlägel und Eisen als Schlüsselanhänger und Ruhrpott-Schriftzüge auf T-Shirts - im Alltag finden sich viele Andenken an den Bergbau im Ruhrgebiet. Einige stehen nicht mehr für die Arbeit auf der Zeche, sondern markieren ein besonderes Lebensgefühl im Ruhrgebiet und die Verbundenheit mit der Region. Doch was steht hinter dieser Revierfolklore? Ist sie ein Ausdruck von Heimatstolz oder Folge einer Vermarktung der Erinnerung und Kommerzialisierung der Region? Das fragt eine Ausstellung im LWL-Industriemuseum Zeche Zollern, die der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) am Freitag (28.2.) in Dortmund eröffnet.

Die Schau zeigt über 250 Exponate: alte und neue Stücke aus Kohle und Kunststoff, Metall und Vinyl, Andenken und Objekte aus der Imagewerbung, dem Fußball, der Musik sowie der Ess- und Trinkkultur des Reviers. Das Spektrum reicht vom Wandteppich über Skulpturen bis zu kuriosen Objekten wie Plüschpantoffeln mit Förderturm, Bade-Enten in Kumpel-Kluft und einer Eieruhr mit Schlägel und Eisen, die das Steigerlied spielt. An Hörstationen können Besucher Musik über den Ruhrpott lauschen.

Ergänzt wird die Ausstellung durch Fotos von Grubenwagen, die Museumsfotograf Martin Holtappels anlässlich für die erste Station der Ausstellung 2018 im LWL-Industriemuseum Zeche Hannover in Bochum dokumentiert hat. Eine Auswahl seiner Bilder ist auf der Galerie der historischen Zechenwerkstatt zu sehen, alle 1.000 Exemplare der Serie sind auf einer interaktiven Karte im Internet zu sehen: http://www.lwl.org/industriemuseum/standorte/zeche-zollern/sonderausstellung/revierfolklore

"Vor allem in der populären Kultur sind immer deutlichere Anzeichen einer Folklorisierung des Bergbaus und des Ruhrgebiets zu sehen. Einige sind Ergebnisse von gezielten Marketingstrategien, andere können eher als Ausdruck einer Identifizierung mit dem Ruhrgebiet verstanden werden", erklärte Museumsdirektor Dirk Zache am Mittwoch (26.2.) bei der Vorstellung der Schau in Dortmund. Symbole aus der Montanindustrie stünden heute nicht mehr für die aussterbende Branche des Bergbaus, sondern hätten sich vielmehr zu Zeichen für die gesamte Region und einer Identifikation mit dem neuen, gewandelten "Ruhrpott" entwickelt.

Die Themen der Ausstellung

Symbole aus dem Bergbau sind im Ruhrgebiet auf Schritt und Tritt zu sehen. "Der Ruhrbergbau hat traditionelle Symbole wie Schlägel und Eisen aus alten Bergbaurevieren übernommen und teilweise neu gestaltet", so Alexander Muszeika, wissenschaftlicher Volontär der Zeche Zollern. Obwohl die Zeiten des Steinkohlenbergbaus in den meisten Städten des Ruhrgebiets schon lange vorüber sind, pflegen Knappen- und Traditionsvereine bis heute die bergmännische Traditionen. Barbarafeiern und Knappenumzüge sind wichtige wiederkehrende Ereignisse des Vereinslebens. Ein Film-Feature gibt Einblick in diese Tradition.

Vom Kohlenpott zum Ruhrpott: Das Image des rußgeschwärzten Kohlenpotts prägte lange das Bild des Reviers. Städtewerbung und regionale Imagekampagnen setzten seit den 1980er Jahren Bilder von grünen und dynamischen Städten dagegen. Plakate und Imagebroschüren zeugen von den breit angelegten Kampagnen "Ein starkes Stück Deutschland" und "Der Pott kocht", mit denen der Kommunalverband Ruhrgebiet für ein neues, gemeinsames Image der Region warb.

Fußball und Ruhrgebiet gehören für viele Menschen einfach zusammen. Viele Fußballvereine im Ruhrgebiet berufen sich auf eine tiefe Verwurzelung im Arbeiter- und Bergbaumilieu. Dies spiegelt sich in der Fankultur des Reviers, aber auch im Marketing der Vereine wider, wie die ausgestellten Artikel - von der Knappenkarte bis zur Pöhlerkappe - zeigen. Bier und Currywurst gelten als typisch für das Ruhrgebiet. Mit der Entstehung der Großbrauereien in der Region entwickelte sich der Dreiklang von Kohle, Stahl und Bier im Revier. Heute werben die Brauereien im Ruhrgebiet mit ihrer Verbundenheit zur Region - dafür steht nicht zuletzt das Dortmunder "Bergmann Bier". Mit Flaschen, Werbeschildern und "Ruhrpott-Curry-Ketchup" setzt die Ausstellung die kulinarische Seite des Reviers in Szene.

Vom Schlager bis zum Gangsta-Rap: Die Musikszene des Ruhrgebiets bedient sich in ihren Liedtexten über alle Genres hinweg der gängigen Symbole und Klischees des Reviers. Die Schlagermusik der 1990er-Jahre und die Rapmusik des 21. Jahrhunderts haben dem Ruhrgebiet in Songtexten große Popularität beschert. Museumsleiter Dr. Anne Kugler-Mühlhofer: "Das Steigerlied nimmt heute oft die Bedeutung einer Hymne der Region ein - bei bergmännischen Feiern genauso wie in den Fußballstadien."

Ob Bergmann mit Mutterwitz, schrulliger Rentner oder prolliger Angeber mit dem Herz am rechten Fleck: Film und Comedy aus dem Ruhrgebiet greifen die Klischees und Stereotypen des typischen "Ruhris" auf, vertiefen und variieren sie. Der Wettbewerb "Tegtmeiers Erben" entwickelt aus der Tradition der Ruhrgebietscomedy neue Formen und Formate. Vergangenes Jahr ging die Auszeichnung an den "Geierabend", der seit über zwei Jahrzehnten auf der Zeche Zollern beheimatet ist. Das Team stellt die Trophäe, eine schwere Tegtmeier-Mütze aus Bronze, als Leihgabe zur Verfügung. Und Geierabend-Steiger Martin Kaysh gibt im Rahmen des Begleitprogramms als "Steiger am Sonntag" Satirisches und Wahres zum Besten (nächste Termine 29.3. und 17.5.).

Die Folklorisierung des Ruhrgebiets zeigt sich heute in einer Vielzahl von Andenken und Souvenirs. Ob Kaffeebecher, T-Shirt oder Pantoffeln - viele Objekte zeigen Symbole des Bergbaus und der Region. "Die Bandbreite reicht von der nostalgischen Verklärung des Bergbaus bis hin zur künstlerischen Bearbeitung der Skyline des neuen Ruhrgebiets als Ruhrpott mit Industriedenkmalen und Landmarken", erläutert Zache.

Eröffnung
Bei der Eröffnung der Ausstellung am Freitag (28.2.) um 18 Uhr begrüßt Monika Schnieders-Pförtzsch, stellvertretende Vorsitzende der LWL-Landschaftsversammlung, die Gäste. Im Round-Table-Gespräch plaudern die Kuratoren der Schau über ihre Lieblingsexponate. Für die musikalische Begleitung sorgt der singende Steiger Schorsch Zimoch. Der Eintritt ist frei.

Katalog
Revierfolklore. Zwischen Heimatstolz und Kommerz. Das Ruhrgebiet am Ende des Bergbaus in der Populärkultur. Hg. LWL-Industriemuseum, Dietmar Osses und Lisa Weißmann. 272 Seiten, Essen 2018, ISBN 978-3-8375-1957-0. 14,95 Euro

Revierfolklore. Zwischen Heimatstolz und Kommerz
29. Februar bis 25. Oktober 2020

LWL-Industriemuseum Zeche Zollern
Grubenweg 5 | 44388 Dortmund
Geöffnet Di-So sowie an Feiertagen 10-18 Uhr
http://www.lwl-industriemuseum.de



Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Christiane Spänhoff, LWL-Industriemuseum, Telefon: 0231 6961-127
presse@lwl.org



LWL-Einrichtung:
LWL-Museum Zeche Zollern
Grubenweg 5
44388 Dortmund
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Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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