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Mitteilung vom 08.10.19

Presse-Infos | Soziales

"Fragen Sie mich einfach"

Zum Welttag des Sehens (10.10.): Stark sehbehinderte LWL-Mitarbeiterin schätzt Normalität im Miteinander

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Münster (lwl). Dutzende Menschen wählen täglich die zentrale Nummer des LWL in Münster. Maren Hesse hilft ihnen weiter. Sie ist eine der freundlichen Stimmen in der Telefonzentrale, hört zu, fragt nach, leitet weiter. "Das macht mir Spaß, denn ich bin sehr kommunikativ" sagt die 30-jährige Kauffrau für Büromanagement. Was die Anrufer nicht merken: Ihre Gesprächspartnerin ist seit ihrer Geburt stark sehbehindert. Zwei bis drei Prozent Sehkraft verbleiben Maren Hesse, die seit April 2018 in Teilzeit für den Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet.

Ihr Arbeitsplatz wurde in Zusammenarbeit mit dem LWL-Inklusionsamt Arbeit mit Hilfsmitteln ausgestattet: Auf dem Computer vergrößert eine spezielle Software die Bildschirmansicht. Für Papierdokumente steht ein Lesegerät mit eigenem Bildschirm zur Verfügung, genauso wie eine mobile Leselupe. "Ich kann damit alle anfallenden Arbeiten selbstständig erledigen, so wie jede andere Mitarbeiterin", sagt Hesse.

Zur Arbeit kommt sie täglich mit dem Bus. "Auch wenn ich noch etwas sehen kann, benutze ich trotzdem den Blindenstock", sagt Hesse. Das sei auch ein gutes Zeichen für die anderen Verkehrsteilnehmerinnen. Manche Menschen handeln angesichts des weißen Stocks jedoch übermotiviert: "Ich werde auch schon mal an der Ampel einfach mitgezogen. Das ist für mich - wie für jeden anderen Menschen - sehr unangenehm", berichtet sie und weiß: "Es ist meistens Unsicherheit, die zu solchen Reaktionen führt." Das sei menschlich, aber am besten sei es immer noch, einfach zu fragen, ob Hilfe benötigt werde.

"Nicht in Watte packen"
An ihrem Arbeitsplatz orientiert sich Hesse wie auch auf der Straße an markanten Punkten mit Wiedererkennungswert, zählt Treppenstufen und verlässt sich auf ihren guten Orientierungssinn. "Ich bin natürlich schon einmal mit Kollegen zusammengestoßen oder habe eine Tasse Kaffee verschüttet", sagt sie. "Aber das passiert ja nicht nur sehbehinderten Menschen." Wichtig ist Maren Hesse, nicht "in Watte gepackt" zu werden. "Ich kann und möchte den Kaffee wieder selbstständig aufwischen, auch wenn es Umstehenden schwerfällt, dabei untätig zu bleiben."
Schwierig wird es für sie, wenn Gesprächspartner eine Situation beschreiben und Sätze verwenden wie "Auf dem Tisch dort hinten". "Dann hake ich natürlich nach und sage, dass mir das nicht weiterhilft." Auf der anderen Seite sollte man keine Hemmungen haben, Redewendungen wie "Guck mal hier", oder "Das siehst du doch" anzuwenden. "Ich benutze sie auch und finde es eher irritierend, wenn man sie aus Rücksicht auf mich vermeidet", so Hesse. Dass blinde und sehbehinderte Menschen besser hören können, stimmt für sie nur bedingt. "Ich höre anders. Ich kann ja nicht die Mimik meines Gegenübers erkennen und achte dafür mehr auf die Zwischentöne und die Tonlage."

Gelernt hat Maren Hesse den Beruf der Kauffrau für Büromanagement im LWL-Berufsbildungswerk Soest, einem Förderzentrum für blinde und sehbehinderte Menschen. Hier unterstützt sie auch noch die Auszubildenden, die kurz vor ihrem Abschluss stehen und gibt ihnen Tipps für die Arbeitsplatzsuche. Sie weiß, dass es gerade in der freien Wirtschaft schwierig ist, als Mensch mit Behinderung einen Job zu finden. "Dabei fördert die Einstellung von Menschen mit Behinderung auch die Sozialkompetenz eines Teams", sagt der Erste Landesrat und Kämmerer Dr. Georg Lunemann. "Wer mit einem Menschen zusammenarbeitet, der eine Behinderung hat, bekommt einen anderen Blick auf das Thema. Es gewinnt an Normalität." Genau das sei es, was Betroffene wollen, bestätigt Hesse. "Vielleicht müssen wir einige Dinge anders machen, aber im Endeffekt sind wir genauso normale Menschen wie jemand, der keine Behinderung hat."



Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org




Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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