LWL-Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Mitteilung vom 26.02.16

Presse-Infos | Kultur

Achtung Redaktionen: Freigabe ab Freitag, 26.02.2016, 18:00 Uhr

Grußwort des Vorsitzenden der LWL-Landschaftsversammlung, Dieter Gebhard, anlässlich der Ausstellungseröffnung Kumpel Anton, St. Barbara und die Beatles

Bewertung:

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Grußwort des Vorsitzenden der LWL-Landschaftsversammlung, Dieter Gebhard, anlässlich der Ausstellungseröffnung
Kumpel Anton, St. Barbara und die Beatles
am Freitag, 26. Februar 2016, 18.00 Uhr
Auf Zeche Zollern, Dortmund

Sehr geehrte Damen und Herren,
ein herzliches Willkommen zur Eröffnung der Ausstellung
¿Kumpel Anton, St. Barbara und die Beatles¿.
Zu den Leitfiguren der Ausstellung könnte wohl jeder von uns aus eigenem Erleben viel erzählen.
Ich denke beispielweise zurück an meine Zeit als Bubi, der samstags die WAZ las.
Zugegebenermaßen noch nicht den Politik-, nicht einmal den Sportteil, sondern eher den Teil mit Kreuzworträtseln und lustigen Karikaturen. Dazu gehörte natürlich die Lektüre des Kumpel Anton, einem frühen Vorgänger, vielleicht sogar Vorbild Jürgen von Mangers Adolf Tegtmeier und Uwe Lykos Herbert Knebel, deren ¿Nee, wissen se ¿¿ und ¿Boh, glaubs se ¿¿ als Einstieg in z.T. abstruse Geschichten damals stereotyp lautete - erinnern Sie sich?
¿
¿Anton, sacht der Cerwinski für mich ¿¿

Grund genug für meine Mutter, mir zu erklären, dass Kumpel Anton eine Kunstfigur sei, und es sich nicht schicke, so wie er zu reden.
¿
Die Heilige Barbara, meine Damen und Herren, ist im Ruhrgebiet jedem, der auf Kohle geboren wurde, ein Begriff.
Als jemand, der zumindest alle 14 Tage im Fußballstadion der Knappen ¿ in der Arena Auf Schalke ¿ das Steigerlied mitschallert, habe ich auch als Nicht-Katholik keine Probleme, St. Barbara zu besingen. In einer nachgedichteten zusätzlichen Strophe ¿ nach den inzwischen erfolgten Schließungen der Zechen im Revier ¿ bis auf Prosper in Bottrop ¿ heißt es:
¿Die letzte Schicht ¿ du glaubst es nicht ¿ ich stehe die ganze Nacht am Schacht ¿ und St. Barbara hält für uns die Wacht ¿ Glück Auf , Glück Auf¿.
Und 60.000 singen mit ¿ ein tolles Beispiel, wie man die Erinnerung an das kulturelle Erbe wach halten kann.
¿

Selbstverständlich habe ich auch zu den Beatles ein enges Verhältnis. Und so wie meine Mutter mich vor der schnoddrigen Sprache des Kumpel Anton gewarnt hat, fand sie meine damalige Haarpracht als Verbeugung vor den Musikidolen aus Liverpool überhaupt nicht gut. Damit stand ich nicht allein. Das ging ¿ glaube ich ¿ allen Gleichaltrigen so, die Anfang der 60-er Jahre des vorigen Jahrhunderts auf dem Weg ins Erwachsenenleben waren.
Im Übrigen kenne ich die meisten Liedtexte dieser Zeit noch heute weitgehend auswendig. Das gilt auch für einige Akkorde auf der Klampfe, denn die Beatles haben mich damals zum Kauf einer Gitarre animiert und waren damit erheblich an meiner kulturellen Sozialisation beteiligt.

Und jetzt werden die drei Erinnerungsposten an meine Jugend in einem Atemzug als Motto einer LWL-Ausstellung genannt.
Warum?
In der Unterzeile des Ausstellungstitels steht:
¿Leitbilder im Ruhrgebiet nach 1945.¿
So ist das ja auch, wie meine eigene Vita als Kind des Ruhrgebietes bestätigt.

¿Kumpel Anton" erblickte am Barbaratag 1954 in einer Kolumne der WAZ das Licht der Welt und meldete sich danach etwa 25 Jahre lang in der Wochenendausgabe der Zeitung zu Wort. Die Figur steht für den bodenständigen und unprätentiösen, aber gleichwohl selbstbewussten Bergmann und wurde zur Kultfigur.

Mit dem Bergbau ist auch die zweite Titelheldin der Ausstellung eng verbunden, die Heilige Barbara. ¿Zugewandert¿ mit den Vertriebenen aus Oberschlesien machten Kulturpolitiker und Bergleute in den 1950er Jahren aus der katholischen Heiligen eine überkonfessionelle Schutzpatronin für alle Beschäftigten ihrer Branche. Als Identifikationsangebot sollte sie Einheimische, Flüchtlinge und Vertriebene sowie Zuwanderer aus anderen Bundesländern, die damals zu Hunderttausenden für den Bergbau angeworben wurden, auf der Grundlage einer gemeinsamen Kultur zusammenführen. Das hat, wie wir alle wissen, sehr gut funktioniert.

Die Beatles wiederum stehen stellvertretend für die große Gruppe der Musik- und Filmikonen, denen sich insbesondere die Jugendlichen nach 1945 zuwandten und mit denen sie sich gegen ihre Eltern und Ausbilder und deren Vorbilder aus der NS-Zeit abgrenzten. Dazu gehören Stars wie John Wayne ¿ ein Sieger auf der Seite der Guten, anders als die Helden des Nationalsozialismus, oder James Dean, rebellisch und empfindsam¿ also ebenfalls ein Gegenbild zu den Männervorstellungen der Elterngeneration.
Dann Elvis Presley mit seinem lässigen Hüftschwung, über den sich die Erwachsenen endlos aufregen konnten, und schließlich die ¿ für die damalige Zeit jedenfalls ¿ langhaarigen Pilzköpfe, die Beatles:
Auch nicht so ganz das, was man sich seinerzeit unter ¿richtigen Kerlen¿ vorstellte ¿ oder unter nachahmenswerten Vorbildern für die Jugend.

Die Titelhelden der Ausstellung sind somit neue Symbolfiguren, Identitätsangebote und Vorbilder¿ natürlich nicht nur, aber auch - für die Bewohner des Reviers ¿ und damit Bausteine einer neuen kulturellen Identität.

Grund genug für den LWL, das systematisch aufzuarbeiten und daraus eine Ausstellung anhand einzelner Fallbeispiele aus Dortmund, Bochum, Recklinghausen und Walsum zu machen.
Die Ausstellung lief mit großem Erfolg bereits als Satellit unserer großen HELDEN-Ausstellung im Rahmen des Kulturhauptstadtjahrs 2010 auf der Zeche Hannover in Bochum.

Es macht sehr viel Sinn, die Ausstellung ¿Kumpel Anton, St. Barbara und die Beatles¿ hier noch einmal zu präsentieren, da die Zeche Zollern bekanntermaßen als Musterzeche der Gelsenkirchener Bergwerks Aktiengesellschaft in die Geschichte eingegangen ist und wie keine andere Zeche in Westfalen für die Industriekultur des Ruhrgebiets steht. Die Sonderausstellung ergänzt in hervorragender Weise die Dauerausstellung zur Sozial- und Kulturgeschichte des Ruhrbergbaus hier auf Zollern.

Ich freue mich daher, dass ich als Vorsitzender der LWL-Landschaftsversammlung die Ausstellung ¿Kumpel Anton, St. Barbara und die Beatles¿ hier und heute ein zweites Mal eröffnen darf und möchte mich bei dieser Gelegenheit auch noch einmal ganz herzlich bei den zahlreichen Leihgebern bedanken, deren Objekte einen überaus vielschichtigen Einblick in die Kulturgeschichte der Region vermitteln, den Gestalterinnen Anne Schäfer aus München und Leona Ulikowski vom LWL-Industriemuseum, die Konzept und Exponate im Raum und in einem Katalog umgesetzt haben sowie den beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des LWL-Industriemuseums.

Insbesondere bedanke ich mich bei der Leiterin des LWL-Museums Zeche Zollern, Frau Dr. Kugler-Mühlhofer, und der Kuratorin der Ausstellung, Frau Dr. Kift, die uns die Präsentation nahebringen und gleich sagen wird, worauf wir bei unserem Besuch der Ausstellung ganz besonders achten sollten.
Ihnen,
sehr geehrte Damen und Herren,
danke ich für die Aufmerksamkeit.
Ich wünsche Ihnen und der Ausstellung ein von Herzen kommendes GLÜCK AUF.



Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org



LWL-Einrichtung:
LWL-Museum Zeche Zollern
Grubenweg 5
44388 Dortmund
Karte und Routenplaner



Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


Der LWL auf Facebook:
https://www.facebook.com/LWL2.0






Ihr Kommentar




zur Druckansicht dieser Seite

zu den aktuellen Presse-Infos