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Mitteilung vom 07.02.13

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Biber sind Fische und der Trick mit dem ¿Herrgottsb¿scheißerle¿

Wie sich mittelalterliche Klöster durch 130 Fastentage brachten

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Lichtenau-Dalheim (lwl). Wer in den nächsten Tagen in die Fastenzeit startet, sieht sich trotz guter Absichten wohl das eine oder andere Mal mit seinem ¿inneren Schweinehund¿ konfrontiert. Dass es um die Konsequenz beim Fasten sogar unter Ordensleuten nicht immer zum besten bestellt sein würde, wusste der Heilige Benedikt schon vor 1.500 Jahren: ¿Der Mönch soll zwar immer ein Leben führen wie in der Fastenzeit. Dazu aber haben nur wenige die Kraft¿, schrieb er in Kapitel 49 seiner berühmten Regel für das klösterliche Zusammenleben.

Und so sind ebenso zahlreich wie die Bestimmungen zum Fasten seit jeher auch die Ausnahmen zu diesen Regeln ¿ nicht nur im Kloster Dalheim (Kreis Paderborn). Davon weiß die Museumspädagogin des LWL-Landesmuseums für Klosterkultur, Stiftung Kloster Dalheim, Dr. Christiane Brehm zu berichten.

¿Gefastet wurde jeden Mittwoch, Freitag und Samstag, an den ersten drei Tagen der Jahreszeiten und vor den großen kirchlichen Festen wie zum Beispiel Weihnachten, Ostern und Pfingsten¿, kennzeichnet Brehm die Tradition der mittelalterlichen Klöster. Diese brachten es so im Jahr auf rund 130 Tage, an denen den Ordensleuten das Fleisch warmblütiger Tiere, aber auch tierische Erzeugnisse wie Milch, Käse und Eier verboten waren.

Regelkonforme Abwechslung für den klösterlichen Speiseplan bot eine große Auswahl von Fischen bis hin zu Austern, die zum Teil per Fernhandel beschafft wurden, wie historische Rechnungsbücher aus Dalheim bezeugen. ¿Der König der Fastenzeit war damals der Hering¿, weiß Brehm. Ein Gedicht aus dem 16. Jahrhundert zeugt noch heute von seiner großen Beliebtheit in Klosterkreisen: ¿Sankt Haerinc leiht Mut und Kraft / Den Karmelitern, den Augustinern. / Auch gibt er sie den Jakobinern. / Sankt Haerinc wird er genannt. / Und noch in Rom ist er bekannt...¿

¿Doch auch der schönste Hering konnte über manche Versuchung wohl nicht hinweghelfen¿, vermutet Brehm. Und da der Verzehr von Geflügel im Gegensatz zu Fleisch nicht explizit geregelt wurde, machten sich einige Kloster diese Lücke zunutze. So wählte der Abt des Klosters Fulda, Hrabanus Maurus, im 9. Jahrhundert zugunsten des klösterlichen Speiseplans eine ziemlich eigenwillige Auslegung der Schöpfungsgeschichte: ¿Da Vögel und Fische am selben Tag geschaffen worden seien, galt ihm auch das Geflügel als Fisch und war somit wieder zum Verzehr freigegeben¿, berichtet Brehm. Wassernah lebenden Tieren wiederfuhr zu dieser Zeit ein ganz ähnliches Schicksal: Trotz seiner vier Füße und seines Pelzes wurde der Biber wegen seines schuppigen Schwanzes kurzerhand zum Fisch erklärt und landete prompt auf dem Fastenteller.

Nicht weniger kreativ zeigten sich die Köche im Zisterzienserkloster Maulbronn, wo der Legende nach die Maultasche erfunden wurde. Sie hackten Fleisch sehr klein, vermengten es mit jeder Menge farbspendender grüner Kräuter und versteckten es im Inneren einer Teigtasche: das ¿Herrgottsb¿scheißerle¿ war geboren. Sein Name hält sich bis heute im Volksmund.

Fasten leicht gemacht
Nahezu legendär ist inzwischen die Regel ¿Flüssiges bricht Fasten nicht¿, anhand derer sich die Mönche mancherorts mit einem Starkbier durch die Fastenzeit gebracht haben sollen. In der Tradition der Dalheimer Chorherren braut die Gräflich zu Stolberg`sche Brauerei Westheim im Gewölbekeller des Klosters auch in diesem Frühjahr wieder ein spezielles dunkles Fastenbier, das ab Aschermittwoch, 13. Februar, im Dalheimer Klosterladen erworben werden kann.

http://www.stiftung-kloster-dalheim.lwl.org



Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Elisabeth Fisch, Stiftung Kloster Dalheim. LWL-Landesmuseum für Klosterkultur, Telefon: 05292 931-9113
presse@lwl.org



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