LWL-Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Mitteilung vom 19.12.06

Presse-Infos | Der LWL

Fest-Halte-Stelle für Erinnerungen
Demenzkranke finden Orientierung im Stationsgarten der LWL-Klinik Herten

Bewertung:

Herten (lwl). Wo nie ein Bus hält. Wo nie eine Straßenbahn stoppt. Was soll da eine Haltestelle mit Schild und Wartebank? Und dann in diesem beschützten Garten? In den die betagten Gäste auch nur über die geronto(alters-)psychiatrische Station G1 im Hertener Fachkrankenhaus des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) gelangen?

Was auf den ersten Blick merkwürdig anmutet, hat Methode. Nämlich bei der Behandlung und Pflege demenzkranker Menschen. Wenn, vor allem bei Alzheimer-Patienten, das Kurzzeitgedächtnis nachlässt, die räumliche Orientierung schwindet, die Vergesslichkeit zunimmt, dann treiben Erinnerungen an früher die Betroffenen gelegentlich umso stärker um. Alte Gewohnheiten, Routinen, Alltagsverpflichtungen lassen sie buchstäblich in der Vergangenheit leben: zur Arbeit fahren, zum Einkaufen, die Kinder vom Bus abholen... So wird die Haltestelle im Stationsgarten der LWL-Klinik Herten zur Inne-Halte-, zur Fest-Halte-Stelle: zu einem Ankerpunkt gegen seelischen Druck, Ängste und Depressionen, die in wacheren Phasen mit der Demenzerkrankung einher gehen können.

Erinnerungsarbeit oder Erinnerungspflege heißt das, was neben anderen Behandlungsangeboten wie etwa Psycho-/Gesprächstherapie oder Medikamenten die an sich immer noch unheilbare De-menz-Erkrankung verlangsamen helfen kann. Ob alte Fotos, angejahrte Haushaltsgeräte oder Schlager von anno dazumal: ¿Wenn Menschen mit demenziellen Störungen etwas sehen, greifen oder hören, was ihnen vor Jahrzehnten vertraut war, regt sie das an. Die alten Menschen kommen aus dem Schneckenhaus, kommen mit Angehörigen, Mitbetroffenen und Pflegepersonal wieder ins Ge-spräch¿, so LWL-Direktor Dr. Wolfgang Kirsch. Darum nehme die Erinnerungs- oder Biografiearbeit mit Demenzkranken in allen elf erwachsenenpsychiatrischen Kliniken des LWL einen wichtigen Platz im Behandlungsspektrum ein.

¿Wir sind der Vestischen Straßenbahnen GmbH sehr dankbar, dass das Unternehmen das Projekt durch die kostenlose Überlassung einer echten Haltestelle schnell und unbürokratisch unterstützt hat¿, sagte LWL-Direktor Dr. Wolfgang Kirsch bei der öffentlichen Präsentation des außergewöhnlichen Haltepunktes. Denn Details aus der Zeit, in der sie zu leben glauben, kennen Demenzkranke sehr genau. Insofern musste es schon eine originalgetreue Haltestelle sein. Daher lautet die Beschilderung der Phantomhaltestelle ¿Im Schlosspark¿. Der Bus, der nicht kommt, ist der 249er.

¿Ich habe schon viele Haltestellen an den verschiedensten Orten gesehen. Dies ist aber sicherlich die erste Haltestelle, die mit Hilfe der Vestischen in einem Garten errichtet wurde - eine der Wichtigsten,¿ freute sich der Aufsichtsratsvorsitzende des heimischen Nahverkehrsunternehmens, Landrat Jochen Welt, über die praktizierte Hilfe. Dass man bei der Vestischen nicht schmunzelte, als das ungewöhn-liche Anliegen an das Unternehmen herangetragen wurde, sondern spontan geholfen hat, hat einen einfachen Grund: ¿Auch in unseren Reihen gibt es Mitarbeiter, die Angehörige mit diesem Krank-heitsbild haben,¿ erklärte Geschäftsführer Martin Schmidt. ¿Und wenn wir helfen können, tun wir das gerne¿.

Hintergrund/Stichwort Gerontopsychiatrie:

Im westfalenweiten LWL-PsychiatrieVerbund mit seinen Erwachsenen-Kliniken in Bochum, Dortmund, Gütersloh, Hemer bei Iserlohn, Herten, Lengerich, Lippstadt, Marsberg, Münster, Paderborn und Warstein hält der Verband 500 Betten für die differenzierte vollstationäre Behandlung psychisch erkrankter und/oder suchtkranker alter Menschen vor.

In derzeit neun Tageskliniken (¿Kliniken ohne Bett¿) in Dortmund, Iserlohn, Herten, Soest, Münster, Paderborn, Warstein, Gütersloh und Halle/Ostwestfalen wird auf 120 Plätzen eine so genannte teilstationäre Behandlung für diejenigen Seniorinnen und Senioren angeboten, die einen stationären Krankenhausaufenthalt nicht mehr oder noch nicht brauchen. Sie leben abends und an Wochenenden in ihrer vertrauten Umgebung zu Hause. Weitere gerontopsychiatrische Tageskliniken/-plätze baut/plant der LWL in Bergkamen, Plettenberg und Dorsten.

Ambulante Behandlung bietet der LWL an seinen Institutsambulanzen an allen genannten Klinikstandorten. Sie halten zum Beispiel Gedächtnissprechstunden für ältere Menschen ab, in denen mit speziellen Tests die Früherkennung von Demenzerkrankungen möglich ist.

Spezielle Angebote für ältere Menschen gibt es darüber hinaus in den 17 LWL-Wohnverbünden und -Pflegezentren mit insgesamt rd. 2000 Plätzen.

Ausblick: Aufgrund der demografischen Entwicklung und der Alterung der Gesellschaft rechnen Fachleute bis ca. 2030 mit der Verdoppelung der heutigen Patientenzahl (derzeit ca. eine Million in Deutschland, 300.000 in NRW). Schon in den vergangenen Jahren gingen beim Krankenhausträger LWL die Patientenzahlen im gerontopsychiatrischen Bereich deutlich nach oben: Von 5.648 im Jahr 1999 stiegen sie auf 6.574 im Jahr 2005 ¿ eine Steigerung um 16,4 Prozent.



Pressekontakt:
Norbert Konegen, Tel. 02366 186-105, presse@vestische.de und Yvonne Borowiak, Tel. 02366 802-375 und Karl G. Donath, Tel. 0251 591-235, presse@lwl.org
presse@lwl.org




Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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