LWL-Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Mitteilung vom 31.08.06

Presse-Infos | Der LWL

ACHTUNG REDAKTIONEN: SPERRFRIST
Frei ab 01.09.2006, 16.00 Uhr

Bewertung:

Grußwort von Dr. Wolfgang Kirsch, LWL-Direktor, am 1. September 2006, 16 Uhr, anlässlich der Verlegung der ¿Stolpersteine¿ vor der Lukaskirche zu Münster zum Gedenken an die Opfer der ¿Euthanasie¿- Maßnahmen in der NS-Zeit

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich begrüße Sie sehr herzlich hier auf dem Gelände der LWL-Klinik in Münster. Mein besonderer Gruß gilt Frau Klas vom Verein ¿Spuren finden¿, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, an die Opfer des Nationalsozialismus im Münsterland zu erinnern und ihr Andenken durch verschiedene Projekte wach zu halten.
Wir sind hier nun in der Lukaskirche zusammen gekommen, um im Anschluss an die Verlegung von drei weiteren ¿Stolpersteinen¿ an die Opfer der Euthanasie-Mordaktionen zu erinnern. Die Psychiatrieverbrechen des ¿Dritten Reiches¿ zählen zu den lange verdrängten Kapiteln der Zeitgeschichte. Was 1934 mit massenhaften Zwangssterilisationen begann, endete seit 1939 - nach neuesten Schätzungen - für über 200.000 Menschen mit der Ermordung in der sogenannten ¿Euthanasie¿. Auch in Westfalen gerieten so Tausende von Menschen in den Strudel der nationalsozialistischen Mordpläne.
Ihr fielen nach heutiger Erkenntnis alleine in Westfalen über 5.000 erwachsene Patienten zum Opfer. Viele von ihnen stammten aus der Provinzialheilanstalt Mariental in Münster.
Die Heil- und Pflegeanstalt Mariental befand sich, wie alle Landesheilanstalten der Provinz Westfalen, in der Trägerschaft des Provinzialverbandes, dessen Rechtsnachfolger der heutige Landschaftsverband Westfalen-Lippe ist.

Leid und Unrecht sind nicht rückgängig zu machen. Ihre Anerkennung aber ist ein Zeichen, ein Schritt zur Integration der Ausgegrenzten und Ausgemerzten in der Geschichte der westfälischen Psychiatrie. Seit Beginn der 1980er Jahre ist es deshalb ein zentrales Anliegen des LWL, die Mauer der Tabuisierung und des Desinteresses gegenüber dieser Geschichte zu durchbrechen und das Schicksal ihrer Opfer in Erinnerung zu rufen. Durch intensive wissenschaftliche Forschungen hat mein Verband sich darum bemüht, die Verstrickung der westfälischen Provinzialheilanstalten in die NS-Verbrechen und die bis in die 1970er Jahre reichenden Kontinuitäten aufzuklären und sich in der Politik für eine Entschädigungsleistung an die Opfer einzusetzen.
Darüber hinaus hat sich der LWL verpflichtet gefühlt, alle noch lebenden Opfer für das in den psychiatrischen Einrichtungen des Verbandes in der NS-Zeit und auch in den Nachkriegsjahren erlittene Unrecht um Entschuldigung zu bitten.
Dabei ist uns allen zweierlei bewusst:
Zum einen, dass weder Entschädigungsleistungen noch gute Worte das Unrecht wieder gut machen können, welches Mitarbeiter des Verbandes seinerzeit begangen haben. Sie sind nur eine symbolische Anerkennung der Schuld der damals handelnden Personen und der eigenen Verantwortung heute.

Zum anderen wissen wir, dass Entschuldigungen, Entschädigungen und historische Forschung nur Teilziele sein können. Entscheidend ist, wie die Erinnerung an das tausendfach erlittene menschliche Leid heute in die praktische Arbeit der Ärzte und Mitarbeiter der Kliniken und in die Psychiatriepolitik des LWL einfließen. Die Verbrechen der Vergangenheit verpflichten uns jetzt und in Zukunft, psychisch kranke und geistig behinderte Menschen zu unterstützen und das gesellschaftliche Klima so zu gestalten, dass sie mit uns gemeinsam ein menschenwürdiges Leben führen können.
Die Verbrechen verpflichten uns aber auch dazu, der Opfer zu gedenken und an sie zu erinnern. Das Projekt ¿Stolpersteine¿ vermag dies auf ganz einfache aber wirkungsvolle Art und Weise. Daher bin ich den Projektverantwortlichen sehr dankbar, dass sie mit der heutigen Verlegung von sechs Stolpersteinen an Orten des Geschehens in Münster mithelfen, die Erinnerung an dieses dunkle Kapitel unserer Geschichte im Alltag wach zu halten und die Betrachter zu sensibilisieren und zu mahnen, auf dass sich solch menschenunwürdiges Unrecht auf unserem Boden nicht wiederholen möge.



Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org




Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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