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Mitteilung vom 25.08.05

Presse-Infos | Der LWL

¿Wenn das Sandmännchen versagt¿ - Schlaflos in der Nacht
Das Schlaflabor der Westfälischen Klinik Lengerich

Bewertung:

Lengerich (lwl). Eigentlich ist an diesem Abend alles wie sonst auch: Marion G. wünscht ihrem Mann Günther um kurz vor zehn eine gute Nacht, gibt ihm noch einen Schmatzer auf die Wange. Aber dann geht Marion G. aus dem Raum und hofft endlich auf eine ruhige Nacht ohne ihren Mann, der sie mit Schnarchen oft vom Schlafen abhält. Er jedoch hofft, dass alles so ist wie immer: Schnarchen, Luft holen und kaum erholsam schlafen. Denn heute wird alles aufgezeichnet. Er verbringt eine Nacht im Schlaflabor der Westfälischen Klinik Lengerich im Kreis Steinfurt.

Jahrelang schon haben bei Familie G. nachts die Wände gewackelt. ¿Es war als sägt mein Mann einen ganzen Wald kurz und klein¿, erinnert sich Marion G. Die, die schnarchen haben oft kein Problem damit, eher die, die wach daneben liegen. So auch Marion G. Aber irgendwann war es auch Günther G. zuviel. Oft fühlte er sich morgens unwohl, war nicht voll leistungsfähig und sein Blutdruck schnellte über Nacht in die Höhe.
¿Das ist wirklich ein klarer Fall für das Schlaflabor¿, sagt Dr. Florian Bethke, Chefarzt der Abteilung für Neurologie an der Klinik des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). Das Schlaflabor ist nach fachärztlicher Untersuchung durch Lungen-, Hals-Nasen-Ohren-Ärzte oder Neurologen die letzte Instanz, die Ursachen des unerholsamen Schlafs zu ergründen. Bei Günther G. half nichts mehr und so liegt er nun in dem Lengericher Krankenzimmer. Es ist kein richtiges Labor. Gestreifte Vorhänge und grüne Schränke zieren das Zimmer im zweiten Stock. ¿Die Patienten sollen sich hier schließlich für die Nacht auch wohlfühlen¿, sagt Silvia Thomas, Medizinisch Technische Assistentin (MTA) auf der Neurologischen Station. Doch als sich der Patient einmal genauer umblickt, bleibt sein Blick an der großen Infrarot-Kamera hängen, die direkt auf das Bett ausgerichtet ist. ¿Werde ich hier auch noch gefilmt?¿, fragt er Silvia Thomas. Sie beruhigt den 54-Jährigen, alles nur zur Sicherheit der Patienten.

Die werden extra schon am Nachmittag im Schlaflabor empfangen, so dass sie sich an die ungewohnte Schlaf-Atmosphäre gewöhnen können, in der sie mindestens eine Nacht so normal unnormal wie möglich schlafen müssen. Und das ist mit über zehn Elektroden an Gesicht und Körper nicht ganz einfach. Chefarzt Bethke erklärt: ¿Wir brauchen viele verschiedene Werte, um eine konkrete Diagnose stellen zu können.¿ Günther G. lässt sich geduldig verkabeln: Einige Elektroden für Hirnströme und EKG, andere für Augenbewegung und Körperlage, Muskelspannung, Atemfluss in der Nase, Bewegungen von Bauch und Brustkorb. Auch ein Mikrofon zur Aufzeichnung des Schnarchens tragen die Schlafenden.

Um kurz nach zehn ist Schlafenszeit im Schlaflabor der LWL-Klinik. Günther G. ist alleine im Raum und Silvia Thomas sieht über die Bildschirme im Nebenraum, wie er noch ein bisschen grübelt, aber dann ruhig einschläft. Lange ist durch das Mikro nichts zu hören, auf dem Bildschirm zeigen die Linien normale Ausschläge. Doch dann wird es lauter im Schlaflabor-Zimmer: Günther G. schnarcht. Erst leise, dann lauter. Die Linien vom Mikrofon und den Hirnströmen schlagen aus, aber der Patient liegt schlaff auf dem Rücken. Weil die Muskeln schlaff sind, fällt die Zunge in den Rachen. Es kommt zu einer Unterbrechung des Atemflusses im Rachen. Kurze Zeit später kommt es zu einem Abfall der Sauerstoffkonzentration im Blut und im Gehirn. Der Körper weckt sich selbst, wacht unterbewusst kurz auf, schnarcht einmal laut und alles geht von vorne los. Unzählige Male. Silvia Thomas beobachtet genau, sie kann sagen, wann Günther G. träumt und wann wieder die Atempausen auftreten. Sie ahnt schon die Diagnose: Schlafapnoesyndrom. Oft hängt es mit Übergewicht oder abendlichem Alkoholkonsum zusammen. ¿Es ist die häufigste von 80 Schlafkrankheiten¿, erklärt Dr. Florian Bethke.

Etwa ein Drittel des Lebens schläft der Mensch und gerade deshalb ist regelmäßiger, erholsamer Schlaf wichtig, um leistungsfähig und fit zu sein. Und das war bei Günther G. nicht mehr so. Er schlief unruhig und fühlte sich morgens müde. Tipps, dass der Schlaf vor Mitternacht am wichtigsten sei und dass es möglich ist, Schlaf nachzuholen, hörte er oft, sie nützten aber wenig, bestätigt auch Dr. Bethke: ¿Wichtig ist regelmäßiger Schlaf, je nach Gewohnheit vier bis zehn Stunden.¿ Viele Menschen klagen auch über lange Wachphasen in der Nacht. Aber Dr. Bethke weiß, dass es nur kurze Phasen sind, Sekunden oder wenige Minuten und sie nur länger scheinen. Aber das ist nicht Günther G.s Problem. Gegen sieben Uhr weckt Silvia Thomas ihn, er ist zunächst etwas irritiert wegen der Sensoren, fühlt sich gerädert wie so oft am Morgen. Dann ist er aber doch erleichtert, dass er ¿doch ganz gut oder zumindest so wie immer geschlafen hat¿.

Wenn der Patient über Nacht seine Arbeit erledigt hat, beginnt sie für Chefarzt Bethke: ¿Es dauert mindestens eine Stunde bis wir alle Aufzeichnungen ausgewertet haben.¿ Günther G. hat das Schlafapnoesyndrom, die Elektroden haben alles wichtige aufgezeichnet. Es ist die häufigste Diagnose in der Schlafforschung und auch in Lengerich. Günther G muss auch noch eine 2. Nacht bleiben. Er bekommt eine Weste fürs Schlafen, in der Tennisbälle eingenäht sind: Rückenschlafen ist für ihn nun tabu. Problem erkannt? Problem gelöst? Das wird sich erst in den nächsten Wochen zeigen. Sonst müssen weitere Therapien angewandt werden und Günther G. nochmal ins LWL-Schlaflabor. Viele der rund 100 Patienten im vergangenen Jahr, die meist zwischen 50 und 60 Jahren sind, verbrachten mehrere Näch-te dort. Viele bereiteten die Nächte im Schlaflabor mit der Selbsthilfegruppe ¿Schlafapnoe¿ vor und nach. Nach zwei Tagen holt Marion ihren Mann aus dem Schlaflabor ab. Zum ersten Mal seit Monaten stellt sie wieder die Frage: ¿Hast du gut geschlafen?¿ Und zum ersten Mal seit Monaten antwortet Günther: ¿Ja.¿

Eine Vortragsveranstaltung beschäftigt sich am kommenden Samstag, 27. August, von 14 bis 18 Uhr in der Gempt-Halle Lengerich mit dem Thema ¿Der gestörte Schlaf und seine Folgen ¿ Wenn das Sandmännchen versagt¿. Dort werden Experten eine Übersicht zu Schlaf, Schlafstörungen, unruhigen Beinen, dem Schlafapnoesyndrom, Schlafmitteln und dem Schlaflabor geben. Veranstalter ist die Abteilung Neurologie der Westfälischen Klinik Lengerich, die Selbsthilfegruppe ¿Unruhige Beine e.V.¿ und die Selbsthilfegruppe ¿Schlafapnoe¿ im Kreis Steinfurt.



Pressekontakt:
Anne Reploh, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org




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