LWL-Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Mitteilung vom 14.06.02

Presse-Infos | Der LWL

Stadtarchäologie in Westfalen erhält Denkmalpreis

Bewertung:

Soest/Bocholt (lwl). Die Archäologische Gruppe Bocholt und die Stadtarchäologie Soest erhalten in diesem Jahr den Preis für Denkmalpflege in Westfalen-Lippe. De Stiftung der Sparkasse Soest vergibt den mit 7500 Euro dotierten Preis zum ersten Mal für Leistungen in der Bodendenkmalpflege. Auch der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) ist in der Jury vertreten.
Das Komitee zeichnet in diesem Jahr alle Stadtarchäologen in Westfalen aus. Die Preisträger vertreten zwei unterschiedliche,
doch gleich erfolgreiche Modelle des Umgangs mit den archäologischen Quellen in einer Stadt: Die Stadtarchäologie Soest arbeitet hauptamtlich, die Archäologische Gruppe Bocholt vertritt bürgerschaftliches Engagement.

In Westfalen unterstützt ein dezentrales Netz von hauptamtlich und ehrenamtlich arbeitenden Menschen das Westfälische Museum für Archäologie und Amt für Bodendenkmalpflege des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in seinem Bemühen, archäologische Denkmäler zu schützen und zu bewahren. Vier Städte, nämlich Dortmund, Münster, Soest und Höxter haben in den letzten Jahren eine hauptamtliche Stadtarchäologie institutionalisiert. In den anderen Städten arbeiten die LWL-Archäologen mit Ehrenamtlichen zusammen, Bürgern oder Ortsheimatpflegern.
"Ohne dieses von den Bürgern getragene Interesses
und Engagement wüssten wir viel weniger über die Geschichte unserer Städte. Denn das Archiv im Bode ist gerade in den Städten reichhaltig bestückt. Deswegen ist es besonders erfreulich, dass die Leistungen der Stadtarchäologie Anerkennung finden" freut sich Dr. Gabriele Isenberg, LWL-Chefarchäologin. Es ist noch gar nicht lange her, da gingen die Soester Bürger durch ihre Innenstadt und hatten nicht die geringste Ahnung, was sich darunter im Boden verbirgt. Zwar wussten sie aus Urkunden, Büchern und vom Anblick alter Bauwerke, dass Soest die bedeutendste Hansestadt in Westfalen war. Doch nicht, wie es dazu gekommen ist und wie das alltägliche Leben der Menschen damals ausgesehen hat.

Das hat sich mit der 1990 gegründeten Stadtarchäologie Soest gründlich geändert. Beim Baudezernat angesiedelt wird sie frühzeitig in alle geplanten Bodeneingriffe und Bauvorhaben einbezogen. Durch die enge Zusammenarbeit konnten viele Bodendenkmäler für kommende Generationen erhalten werden oder zumindest ihre archäologische Erforschung unter optimalen Bedingungen und ohne Zeitverzögerung für alle Beteiligten gewährleistet werden.

Die Bilanz nach 12 Jahren ist beeindruckend: Die Zahl der bekannten archäologischen Fundstellen stieg von 92 auf aktuell 234. Damit konnten schon einige Wissenslücken geschlossen werden. Wie die Geschichte der um 1000 errichteten Pfalz des Kölner Erzbischofs, die nach einem wechselvollen Geschick im 19. Jahrhundert abgerissen wurde und heute das bedeutendste Soester Bodendenkmal ist. Seit dem Jahr 2000 läuft im Norden der Stadt eine neue Großgrabung. Bis jetzt haben die Ausgräber auf einer sechs Hektar großen Fläche "Am Ardey" Siedlungen von der Zeit früher Bauern (um 4.500 v. Chr.) bis in die Neuzeit freigelegt. Das überregional Besondere: In römischer Zeit ist dort offensichtlich intensiv Blei verarbeitet worden.

Die Soester Stadtarchäologie beschäftigt ständig zwischen 25 und 35 projektbezogene Mitarbeiter, unterstützt vor allem vom Arbeitsamt und der Stadt Soest sowie vom NRW-Kulturministerium. Sie führen nicht nur Rettungsgrabungen durch. Der größte Teil der Arbeit findet in der Werkstatt und am Schreibtisch statt: Erst durch die Bearbeitung und Auswertung "sprechen" die Funde und Befunde wieder und geben Auskunft über frühere Zeiten. Ein wichtiges Anliegen der Stadtarchäologie ist darüber hinaus, die Ergebnisse an die Fachkollegen und an die interessierte Öffentlichkeit weiter zu geben. Die "Soester Beiträge" werden von Laien und Fachleuten geschätzt.

"Die Stadtarchäologie Soest ist ein besonders erfolgreiches Beispiel für die Umsetzung des Denk-malschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen, das den Kommunen eine hohe Eigenverantwortung für ihre Denkmäler zuweist. Die Stadt Soest kommt ihrer Verantwortung sicherlich in hervorragender Weise nach" würdigt Dr. Gabriele Isenberg vom LWL die Arbeit der Soester Kollegen.

In der Stadt Bocholt ist die Stadtarchäologie seit über 20 Jahren erfolgreich durch besonderes bürgerschaftliches Engagement. Die 1975 gegründete "Archäologische Gruppe Bocholt" hat zur Zeit zirka 20 Mitglieder, vom Schüler bis zum Rentner. In enger Zusammenarbeit mit dem Westfälischen Museum für Archäologie und Amt für Bodendenkmalpflege des LWL erkunden und erforschen die Mitglieder die Geschichte ihrer Stadt.

Seit über 25 Jahren tun die "Laienarchäologen" in ihrer Freizeit das, was auch zum Aufgabengebiet von hauptamtlichen Archäologen gehört: Sie beobachten Baustellen, untersuchen und dokumentie
ren archäologische Fundstellen, führen kleinere Rettungsgrabungen durch und veröffentlichen ihre Ergebnisse. Über 200 Dokumentationen haben sie schon für die LWL-Fachämter und das Bocholter Stadtarchiv erstellt. Alle Funde übergeben sie zunächst zur wissenschaftlichen Bearbeitung an die LWL-Archäologen, danach finden sie ihren Weg in das Stadtmuseum Bocholt als Dauerleihgabe.


Darüber hinaus legt die Gruppe großen Wert darauf, ihr Wissen um die Vergangenheit der Stadt auch für die Mitbürger erfahrbar zu machen. Nicht nur mit häufigen Ausstellungen, sondern auch mit vielen Aktivitäten mitten in der Stadt. So kann unter dem Kindergarten der Liebfrauen-Gemeinde ein Keller des ehemaligen Minoritenklosters besichtigt werden. Wichtig ist auch die Kontaktpflege zu benachbarten niederländischen Archäologie-Gruppen. "Die Archäologische Gruppe Bocholt ist ein Glücksfall in der westfälischen Archäologie. Ihre Mitglieder stellen ein hohes persönliches, auch finanzielles Engagement uneigennützig in den Dienst der Stadtgeschichte. Und dies kontinuierlich seit über 20 Jahren" betont Dr. Hans-Werner Peine, als Leiter der Mittalalter- und Neuzeitarchäologie des LWL-Amts für Bodendenkmalpflege wichtigster hauptamtlicher Ansprechpartner für die Gruppe. Auch die Stadt Bocholt erkennt ihre hohe ehrenamtliche Leistung an und stellt der Gruppe Versammlungs-, Arbeits- und Magazinräume zur Verfügung.

Die Verleihung des von der Sparkasse Soest gestifteten Preises findet am Dienstag, den 27. August 02, im Soester Rathaus statt.






ca. 7066 Anschläge



Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, Telefon: 0251 591-235 und Dr. Yasmine Freigang, Telefon: 0251 5907-267
presse@lwl.org




Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


Der LWL auf Facebook:
https://www.facebook.com/LWL2.0






Ihr Kommentar




zur Druckansicht dieser Seite

zu den aktuellen Presse-Infos