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Bl. (4)
„Register dieser Ordnung

§ 1 von den zu diesem Combinirten Amte gehörigen Gewerben.
§ 2. & 3. von Zusammenkunft des Amts.
§ 4 & 5. Von Streitigkeiten und Klagen der Meister.
§ 6. & 7. Was die Amts Meistern und Wittiben jährlich behuef des Amts beizutragen.
§ 8. Von einer ausgestorbenen oder ledig gewordenen Werckstätte.
§ 9. Von Beerdigung der verstorbenen Meistern, ihrer Frauen oder Wittiben wie auch deren
Kinderen.
§ 10. Von dem jährlichen Seelenamt.
§ 11. Von der Wahl der Gildemeister.
§ 12. Von den Pflichten der Gildemeister.
§ 13. Von Abstattung der Amts Rechnung.
§ 14. Von Gesinn= oder Erhaltung des Amts oder der Meisterschaft.
§ 15. Vom Meisterstück der Malern.
§ 16. Vom Meisterstück der Glasern.
§ 17. Vom Meisterstück der Satlern.
§ 18. Vom Meisterstück der Wagenmacheren.
§ 19 & 20. Von Besichtigung und Beurteilung des Meisterstücks.
§ 21& 22. Von dem Amts oder Meistergelderen.
§ 23. Von den Meisters Söhnen.
§ 24. Von Annahm ins Amt derjenigen so zu keiner Zunft gehören.
§ 25. Was ein angehender Meister geloben und versprechen soll.
§ 26. Was zur Profession eines Jeden dieser combinirten Gewercken gehöre, und von dem ausschließlichen Rechte derselben.
§ 27. 28. 29. Von der Arbeit der Meistern überhaubt, besonders der Maler und Satlern.
§ 30. Von Ein= und Ausschreibung der Lehrburschen
§ 31. Von den Gesellen deren Zusammenkunft und Auflage.
§ 32. Von den Gesellen Articulen.
§ 33. Von den Klagen der Gesellen und deren Entscheidung.“
Zunftrolle des Maleramtes, Register, 1. Seite
Die Amtsrolle des combinierten Maler-, Glaser-, Sattler- und Wagenmacher-Amtes in Münster von 1791, erste Seite des Registers (Transkription des vollständigen Registers links)
 
Die erste Seite der 1791 erneuerten Zunftordnung der Maler usw. in Münster
Die Amtsrolle des combinierten Maler-, Glaser-, Sattler- und Wagenmacher-Amtes in Münster von 1791, erste Seite der 1791 erneuerten Zunftordnung
(Bl. 5r)
„Erneüerte und Vermehrte
Ordtnung
Des Maler= Satler= Glaser,
und Wagenmacher Amts
in der Stadt Münster.

§ 1.
Gleichwie biß anhero die Maler, Glaser
und Satler gethan haben, so sollen auch künf=
tig mit denselben die wegen ihres Hand=
wercks Nutzen und zu beßerer Unterhaltung
des Amts anjezo darzu mit an= und eingenom=
menen Wagenmacher ein Combinirtes Amt
oder Zunft ausmachen, dergestalt, daß einem
wie dem andern, die Amtsgerechtigkeit nach
Maaß dieser Ordnung, und sonstigen löblichen
Herbringen gemäß angedeihen, ein jeder Amts=
Bruder aber nur das Gewerb, worauf er ge=
lernet, und sein Meisterstück gemacht, zu trei=
ben befugt seyn solle. -

§ 2.
Bei den kurz vor den vier Höchsten Festen
gewöhnlicher, obsonst von den zeitlichen Gil=
demeistern nöthig oder dienlich findender Amtsversamlungen soll ein jeder von dem Amtsbothen citirender Amts Meister auf
von den Gildemeisteren bestimte Zeit und Ort mit der Mantel zu erscheinen
schuldig= der zu spath kommender in einen Schilling, der ohne den
Gildemeistern vorher angezeigte erhebliche Ursach ausbleibende aber in 7
Schill. Straf dem Amte verfallen seyn.

[...]

§ 8
Eine durch den Todt des Meisters und seiner
Frau ausgestorbene oder ledig gewordene
Werckstatte soll von den hinterlaßenen Kin=
deren oder denen Vormünderen annoch sechs
Wochen, länger aber nicht fortgesetzt werden
können, und soll nach deren Umlauf die Ar=
beit in selbiger Werckstätte sofort eingestel=
let werden; über das, wenn die Gereitschaft der
verstorbenen Älteren von den die Profession nicht
fortsezenden Kinderen oder deren Vormundten
verkaufet werden mögte, so soll darzu ein
Amtsmeister von selbiger Profession das Vor=
Recht haben, wenn er dafür so viel als ein
Fremder geben will.

 
§ 9
Auf Absterben eines Amts Meisters,
deßen Frauen oder Wittiben, wie auch
deren Kinderen sollen bei vorhaubts [= pro Person] behuef des
Amts zu verwürckender Straf von 1/6 R[eichstaler]. die
Amtsbrüder samt und sonders, wann sie nicht
aus erheblicher den Gildemeistern allenfals
anzuzeigender Ursach daran verhinderet sind,
die Leiche zum Grabe zu begleiten, so dann
bei der Begräbnüß eines Amtsmeisters, und
deßen Frauen oder Wittiben die zwei jüng=
sten Meister die Lichter= die darauf fol=
gende acht Meister aber den Leichnam=
und der Amtsbothe die Lichter Lahde nach=zu=
tragen, lezterer auch den Kreuztrager zu
bestellen, mithin /:daferne der Fall sich
begeben mögte, daß die Leiche der ver=
storbenen ohnbestatteten [d.h. unverheirateten] Amtskinderen, Ge=
sellen, und Lehrjungen zum Grabe zu tra=
gen, welches den Gesellen zustehet und ge=
bühret, eine gnugsame Anzahl derselben
nicht vorhanden wäre :/ die jüngsten Amts=
Meister das Tragen anstatt der erman=
gelenden Gesellen zu verrichten schuldig seyn. ...

§ 10
Alle Amtsbrüder und deren Frauen, wie
auch der verstorbenen Wittiben sollen jähr=
lich am Freitag nach dem Fest des Heil:
Lucas /:welches dieses combinirten Amts
Patron ist :) auf desfals von den Gildemei=
stern durch den Amtsbothen zu beförde=
rende Einladung in der dazu vom Amte
bestimter Kirche erscheinen und dem allda
für die verstorbenen Gildebrüder und Schwe=
ster abhaltenden Seelenamt vom Anfang
biß zum Ende andächtig beiwohnen, diejeni=
gen aber, welche ohne erhebliche Ursach zu
spath kommen, in 3 Sch[illing]. 6 d [= Pfenning]. und die aus=
bleibende in 7 Sch[illing]. Straf dem Amte verfallen seyn.

§ 11
Gleich nach Vollendung dieses Seelen=
amts begeben sich sämtliche Amts Meister
nach dem gewöhnlichen Ort ihrer Versamlung
um zu der von alters her üblichen Gildemei=
sterwahl vorzuschreiten, und wird dieselbe
nach den bißherigen Gebrauch folgender ge=
stalt vorgenommen: ...

[...]

§ 17
Ein Satler soll zum Meisterstück ma=
chen: 1.) einen teutschen Sattel vom
Baum an völlig fertig mit Zubehör, als
Vorder- und Hinterzeug, dobbelten Gurten,
Steig- und Packriemen, auch Packküßen und
darbei ein teutsch Haubtgestell; - 2.) einen
Froschsattel vom Baum auf ohne Zubehör,
3.) einen englischen Sattel vom Baum an,
mit abgeneheten Sitz= und Beinfutter,
dann eine Decke über den Sattel und ein
änglisch Haubtgestell.
4.) ein paar Hintergeschirr mit Haubtgestellen, wie auch leiten
und aufhalten mit meßingen oder eisenen
Schnallen, das Holz zu den 3 Sattelbäumen
bevorn es zubereitet, dann auch die drey
Sattelbäume selbst nach ihrer Verfertigung
jedoch vor der Behautung sollen den Schau=
meistern gezeiget werden, um von deren
erforderlichen Güte, Maas und Ordnung ur=
teilen zu können.

§ 18
Ein Wagenmacher soll zum Meisterstück
selbst eine Zeichnung von einem viersi=
tzigen Staats oder Reisewagen machen,
dieselbe den Schaumeisteren zeigen, darnach
tüchtiges Holz zum völligen Kasten und Ge=
stell zubereiten, und daßelbe alßo zube=
reitet gleichfals den Schaumeistern
zeigen, sodann den Kasten und Gestell nach
den erwehnten Riß in völligen fertigen
Stande bringen.

§ 19
Nach völlig verfertigten Meisterstück
soll von den Schaumeisteren daßelbe
besichtiget, und mit Hindansezung aller Partey=
lichkeit darüber, ob es gut und tauglich, oder
schlecht und ohntauglich gemachet seye, geur=
teilet und erkandt, fort darab zum Amte
referiret werden.

[...]

§ 21
Würden aber dieselben dem Amte berich=
ten, daß das Meisterstück gut und
tauglich gemachet worden, so soll der Ge=
sell oder Stückmeister darauf sofort als
Amtsmeister aufgenommen, und alßo im
Amtsbuch eingeschrieben werden, dergestalten
jedennoch, daß er an Amts=
gelderen 25 R[eichstaler]. (:worvon die Halbscheid
so gleich, und die andere Halbscheid ein Jahr
darauf zu entrichten :) den zeitlichen Gil=
demeisteren zur Berechnung behuef des
Amts= wie auch dem Amtsbothen für alle
seinetwegen geschehenen Verbottungen [= Botengänge] einen
Gulden zahlen solle.

[...]

§ 25
Es soll annoch bei Gewinnung des Amts
ein jeder angehender Meister auf
Ehre und Treu angeloben, sonst auch die Pflicht
aller würcklichen Amts Meisteren und ihrer
Frauen seyn, daß er oder sie ihren Amts=
mitbruder oder Mitschwester die Arbeit nicht
unterstechen noch sonsten abwendig machen,
besonders aber zu deren Nachtheil oder Schaden
eines andern Recommendation nicht nachsuchen,
dem= oder derselben ohne ihren Vorwißen
kein Hauß unterkaufen oder heuren, ihnen
auch weder Gesellen noch Mägde heimlich
und ohne ihren Vorbewust entmiethen, son=
dern allen Nachtheil von denselben abzuwenden
nach Vermögen suchen, und ihnen zu jeder Zeit
mit amtsbrüderlicher Liebe zugethan seyn wolle. -

§ 26 Damit nun die diesem Amte ein=
verleibte Meistere in der ihnen
ausschließlich gebührender nach obiger Bestim=
mung der Meisterstücken und sonsten zu
ihrer Profession gehöriger Arbeit von andern
nicht beeinträchtiget werden, so soll solches
überhaupt, besonders aber in Ansehung
a. der Maler, wann und als lange von deren
Anzahl und Geschicklichkeit kein Mangel vor=
handen ist: einige geschnittene stofirte Bil=
der, gemalte Tafelen [Holzbilder], Laecken [Leinwandbilder], Antipendia [Altargemälde],
Pehrlacken (?), und Contrefaits [Bildnisse] zu verfertigen
obsonstiger Arbeit mit Malerfarbe zu ver=
richten und feil zuhaben. -

b. Der Glaser: fertige Glaser oder Fenster
hierein zu bringen oder aufzusezen, obsonst
zu repariren, wie auch geschnittene Glaß=
scheiben zu verkaufen.

C. Der Satler: die Lederarbeit zu Kofers,
Felleisen, Seßel, Stühle, Gutschwagen, Chaisen,
und Postchaisen, wie auch zu Zug= und ande=
ren reisigen Pferden, imgleichen Kemmet
oder sogenannte Hammer [?], vollige Peitschen,
Stockriemen, Patrontaschen, Degen- und Säbel-
scheiden zu machen und zu verkaufen oder
feil zu haben.

D. Der Wagenmacher: Gutschen, Chaisen, Post=
chaisen, Arrenwagen, Karren und deren
Räder, auch was sonsten zu einen Reise-
oder andern Wagen gehöret, als weit in allen
das Hölzenwerck betrifft, zu verfertigen,
und zu verkaufen,
Männiglichen [Jedermann], der diesem Amte nicht einverleibet,
obsonst darzu besonders landesherrlich gnädigst
nicht privilegiret ist, dahier in der Stadt außer=
halb der freien Jahrmärckte verboten seyn,
allenfals nag hergebrachtermaßen die dage=
gen gemachte Arbeit von seiten des Amts,
jedoch anderster nicht als mit Vorwißen und
Erlaubniß des Stadt Magistrats demjenigen,
der sie gemachet, oder verkaufet, abgepfän=
det werden, und hat sodann besagter Magi=
strat dieselbe dem rechtlichen Befinden nach
als dem Amte verfallen zu erklären, ob=
sonsten das [An]gemeßene zu verfügen.

§ 27.
Dahingegen sollen die Amts Meistern einen
Jeden auf sein Verlangen mit gnugsamer
tüchtiger und ohntadelhafter Arbeit bedienen,
keinmandten darmit in Nothfall obsonst zu
seinen Schaden ungebürlich aufhalten, weder
auch in dem Preise wider die Billigkeit über=
nehmen. -

§ 28.
Insbesondere sollen die Maler das Anstreichen
oder Anmahlen jener Sachen, die außer
Hauses oder im Regen stehen solen, anderstes
nicht, dann mit Oelfarbe verfügen, und über=
haubt alles Malens oder Anstreichends sich ent=
halten, welches sie wißen oder vermuthen
können, daß es zu eines andern Verleumbd=
oder Beschimpfung obsonstigen Schaden und
Nachtheil gereichen werde.

§ 29
Da auch bei den Sattleren von uhral=
ten Jahren her der auf eine besondere Ver=
einbahrung beruhende Gebrauch gewesen ist,
daß (wenn ein Sattlermeister Commiss= oder
Militairarbeit für die Cavallerie, Infanterie,
und Artillerie, oder auch Landes und Stadtsarbeit [Aufträge für den Staat und die Stadt]
in Bestellung bekäme, und dieselbe so viel be=
trüge, daß sie verteilet werden könnte :)
er solche Arbeit für sich allein nicht verfertigen,
sondern einen jeden Mitmeister einen
proportionirlichen Anteil darvon mit verferti=
gen laßen, oder den Gildemeistern die Ver=
teilung der ganzen Arbeit unter sämtliche
Meistern anheimstellen und überlaßen solle,
So hat es hierbei mit dem Zusatz sein Bewenden,
daß, woferne jemand dem ohngeachtet sothane
Arbeit sich allein zueignen mögte, so gar auf
den Fall der geschehenen Ablieferung die übrigen
Meistern ihren sonstigen Anteil annoch zu ver=
fertigen befugt, und jener solchen Anteil von
ihnen anzunehmen und zu bezahlen schuldig seyn solle, [...]“

 
Quelle: Stadtarchiv Münster, Ratsarchiv, A XI 304: Zunftrolle des kombinierten
Maler-, Glaser-, Sattler- und Wagenmacher-Amtes 1791.


 
Erläuterungen
Bürgermeister und Rat der Stadt Münster
Jährlich durch die Bürger gewähltes Verwaltungsgremium der Stadt von 14 Personen

Geheimer Rat
Zweimal wöchentlich tagende Regierungsbehörde für das Fürstbistum Münster, bestehend aus dem Präsidenten - damals immer der Dompropst - je drei besoldeten Domherren, Adeligen und bürgerlichen Räten und aus einer größeren Anzahl unbesoldeter Räte, nämlich 3 Domherren und 8 Adeligen sowie vier „Geheimen Referendaren“ bürgerlicher Herkunft, die als Sachbearbeiter die eigentliche Arbeit erledigten.

Kurfürst Max Franz
Geboren am 8.12.1756; gestorben am 26.7.1801) - Erzbischof von Köln mit Residenz in Bonn und zugleich durch Wahl des Domkapitels auch seit 1784 Fürstbischof und Landesherr zu Münster, geborener Erzherzog von Österreich.

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