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Der säkularisierte Augustiner-Chorherr Johann Heinrich Welschof aus dem Kloster Böddeken, um 1800
Der säkularisierte Augustiner-Chorherr Johann Heinrich Welschof aus dem Kloster Böddeken,
um 1800
Bildnachweis
Aus der Familienchronik Welschof im Archiv des Vogtshofes zu Stukenbrock:


„Seite 12ff.
[...]
Wie der König von Preußen, Friedrich Wilhelm, das Paderbörnische im Jahre 1802 den 3. August in Besitz nahm und alle Kassen versiegeln ließ, befürchteten wir unnötig, daß unsere Kassen auch möchten versiegelt werden, dann nach dem Tode des Prälaten Busch, welcher im selbigen Jahre der Besitznahme 1802 starb, fanden wir kein vorrätiges Geld. Einige Zeit nach der Besitznahme schickte der König von Preußen angeordnete Kommission zu Paderborn, welche aus 3 Personen bestand und sich 1. Silberschlag, 2. Schlechtenthal und 3. Hüllersheim nannten, unter Kommissarien oder wie die Preußen selbe nannten Referendairs, auf die Stifter und Klöster, welche ihre Besitzungen, Einnahmen, Anzahl der Geistlichen und Domestiquen, Viehbestand, auch hauptsächlich die gottesdienstlichen Sachen als Kelche, Patenen, Monstranzen, silberne Leuchter, silberne Weihrauchfässer, silberne Kasten, worin die Gebeine der Heiligen aufbewahrt wurden etc. aufnehmen mußten. Der Referendair, welcher zu Böddeken diese Sachen aufschrieb, hieß Stelzer. 1803 kam endlich der für uns betrübte und fürchterliche Tag, der 19te Februarius, an welchem des nachmittags um zwei Uhr mit extra Post der Rentmeister Schniewind zu Altona in der Mark mit dem Referendair Köhler und einem Schreiber Gockelen mit dem Administrator Gunst, welcher einen Schonlau als Verwalter bei sich hatte, als Aufhebungskommissarius ankam. Er hatte zur Bedeckung oder Gewalttätigkeit, welches ich nicht bestimmen kann, eine Abteilung Soldaten bei sich, welche aber menschlicher gegen uns waren als des Herrn Kommissarius seine Gesellschafter.

Wie der Herr Kommissarius auf die Stube geführt war, bestellte er Essen, welches alsbald bereitet und aufgetragen wurde. Nach dem Tische wurde befohlen, daß alle Herren auf der Stube erscheinen sollten. Dieses war etwa vor 5 Uhr. Wie alle Herren beim Kommissarius versammelt waren, wurde uns das Aufhebungsdekrat des Königs von Preußen vorgelesen, worin den alten Herren 300 Rtlr., den übrigen 250 Rtlr. versichert wurden, und die Uhr schlug fünf, als es vollendet war und wir unseres Obdachs, unserer Begräbnisstätten, unserer Besitzungen und unseres mobilen und immobilen Eigentums beraubt waren.

Es wurde uns angedeutet, daß wir nur noch 8 Tage freies Essen und Trinken und freies Obdach hätten; sobald diese verstrichen wären, müßten wir bezahlen, welches der Administrator Gunst und seine Frau auf das Pünktlichste befolgten. Es war damals außerordentlich schlechtes Wetter. Es war viel Schnee gefallen, und dieser ging mit häufigem Regen weg, daß dadurch alle Flüsse anschwollen und austraten, wodurch alle, besonders die Alten, verhindert waren, von Böddeken abzureisen.

Es sah recht heidnisch aus und man sollte geglaubt haben, es wäre Nabuchodonosor, welcher S.C. den Tempel zu Jerusalem ausplündern ließ, auf der tube gewesen, als man den Herrn Kommissarius mit seinem Referendair und Schreiber, und Administrator Gunst mit seiner Frau, und Verwalter und mit seinem Vater, dem Landvogt zu Neuhaus, mitten zwischen den heiligen Gefäßen, den Kelchen, Patenen, Monstranzen, Ciborien, Weihrauchfässern, Messekenchern, Waschetellern, Reliquienkästen und Leuchtern, welche entehrt und entheiligt auf der Erde herumlagen, sitzen, essen und trinken sah.

Die Gebeine des hl. Meinolphus wurden in das Altar der Kapelle auf dem Schlafhause aus dem silbernen Kasten gelegt und nachgehens nach Paderborn in das Kollegiatstift am Busdorf gebracht, wo sie einige Zeit geruhet haben, bis 1811 der König von Westphalen, Hieronymus Napoleon, das Kollegiatstift auch aufgehoben hat; sind sie nicht nach dem Dorfe Haaren am Sendfeld, wo der Canonicus relularis, Philipp Blömeke, würdiger Pastor ist, gebracht worden, wohin die kleinen Reliquien mit dem hölzernen Kasten schon nach der Aufhebung gebracht waren.

Zur Zeit der Aufhebung wohnten und lebten die Canonici relulares zu Böddeken als

1) Subprior Wesselen
2) Engelhard senior
3) Watermeyer, rector catholicorum zu Lippstadt
4) Löen, procurator
5) Wichmann
6) Buchholz, archivarius und lector
7) Meschede, Pastor in Wewelsburg
8) Blömeke, Pastor in Haaren
9) Welschof, Küchenmeister und Kornschreiber
10) Rüscher
11) Wessels, Probst zu Breden
12) Fischer
13) Schötler, welcher wegen Wahnsinn einige Zeit vorher ausgetreten
14) Stollmann, welcher wegen seiner schlechten Aufführung von der Ordensobrigkeit und dem Bischof festgesetzt war: machte sich nach der Loslassung noch schlechter, indem er in einem protestantischen Lande – obschon er schon Priester war – ein Weib nahm, sogar die catholische Religion verlassen haben soll
15) Dunker
16) Figgemeyer
17) Jacobs
18) Driller
19) Johannknecht.

Wie die Zeit verstrichen war, daß wir zu Böddeken unser Essen und Trinken und unser Obdach frei genossen, ließ ich meine Möbeln nach Wewelsburg auf das Amtshaus bringen, auf welchem der Herr Grundhof, Rentmeister des Amtes Wewelsburg, wohnte. Dieser nahm mich sehr liebreich auf. Hier blieben meine Sachen bis den 18ten März, an welchem mein Bruder Ferdinand, Amtsvogt zu Stukenbrock, einen Wagen schickte, auf welchen meine Sachen geladen und nach Stukenbrock gefahren wurden. Mein Bruder kam in einer Chaise; in dieser reisten wir den 19ten März nach Stukenbrock ab. Wir kamen des Abends glücklich allhier an und fanden unsere beiden Eltern noch gesund, aber traurig wegen meines Schicksals.

Sobald der Frost aus der Erde war und es anfing, warm zu werden, fing ich auch an, einen Hopfengarten anzulegen ... Mein Bruder Ferdinand räumte mir das Zimmer nach der Westernseite des Hauses – rechterhand an der Türe – ein, was er für sich hatte einrichten lassen. Ich ließ einen Windofen darauf setzen, damit ich zur Winterzeit auch darauf sein konnte, wenn ich wollte (S. 20).

Seite 37
1810 starb seine Mutter im 83sten Jahr. 3 lebende Söhne: Johannes Welschof, Canonicus regularis, Gerhard Welschof, Regens und Administrator zu Büren, und Ferdinand Welschof, Contonsnotair und Maire zu Stukenbrock.

Seite 121
1821 Ende Mai Tod des Regens Welschof
1821 im Monat August Tod des Canonicus im 60. Lebensjahr“.

 
Zitiert nach: Alfred Cohausz, Aus den letzten Tagen des Klosters Böddeken, in: Die Warte 1976, H. 9, S. 20f.
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