Räumliche Schwerpunkte des Tourismus in Westfalen

07.11.2016 Peter Wittkampf

Kategorie: Wirtschaft

Schlagworte: Westfalen · Didaktische Hinweise · Freizeit · Tourismus

Inhalt

Aktuelle Entwicklungen

Die Tourismusbranche konnte in Westfalen in den letzten Jahren stetig neue Rekordzahlen verzeichnen. Sowohl bei den Gästeankünften als auch bei den Gästeübernachtungen wurden die jeweiligen Jahreswerte in den darauffolgenden Jahren übertroffen, wobei auch die Steigerungsraten wiederum anstiegen. So lag die Zahl der Gästeankünfte in den Jahren 2013 und 2014 jeweils um 1,7% höher als im jeweiligen Vorjahr, 2015 sogar um 2,9%. Die Zahl der Gästeübernachtungen stieg 2013 um 0,8%, 2014 um 1,2%, 2015 um 1,9% gegenüber dem jeweiligen Vorjahr an. Insgesamt wurden im Jahr 2015 in Westfalen-Lippe mehr als 8 Mio. Gäste und ca. 21,73 Mio. Gästeübernachtungen gezählt.

In den einzelnen westfälischen Reisegebieten waren die Steigerungsraten 2015 gegenüber 2014 allerdings unterschiedlich: Bei den Gästeankünften wiesen das Sauerland (+ 5,5%) und das Münsterland (+ 4,4%) die höchsten Steigerungsraten auf, während es in den Teilregionen Siegerland-Wittgenstein (- 0,8%) und Teutoburger Wald (- 0,2%) leichte Rückgänge gab. Bei den Gästeübernachtungen lagen die Werte 2015 im Münsterland um 5,6%, im Teutoburger Wald 0,2%, im Sauerland 1,8% und im westfälischen Ruhrgebiet um ca. 1,6% höher als 2014. Nur in Siegerland-Wittgenstein nahm dieser Wert ab (- 1,6%).

Tab. 1: Rangfolgen der wichtigsten Städte bei den Gästeankünften und Gästeübernachtungen 2015 (Quelle: IT.NRW 2016)

Ausgewählte Kriterien und Unterscheidungen

Die Unterscheidung zwischen Gästeankünften und Gästeübernachtungen (Tab. 1 u. Abb. 1) ist insofern wichtig, als die Wünsche, Geldausgaben, Motive und Bedürfnisse von Tagesgästen nicht unbedingt identisch sind mit dem, was für Übernachtungsgäste gilt, die länger als einen Tag bleiben. Letztere haben in Westfalen-Lippe eine durchschnittliche Aufenthaltsdauer von 2,7 Tagen.

Auffällig ist die Bedeutung der großen Städte in beiden Kategorien, wobei sowohl der Besichtigungs- und Eventtourismus als auch die Geschäftsreisen und Tagungen eine wichtige Rolle spielen. Im Jahr 2015 kamen 709.050 Gäste nach Dortmund, 636.904 nach Münster. An Gästeübernachtungen verzeichnete Münster ca. 1,38 Mio., Dortmund ca. 1,13 Mio. (Abb. 1).

Für die Tagestouristen sind außerdem die Orte Winterberg, Medebach und Schmallenberg (Hochsauerlandkreis) wichtige Ziele. Winterberg ist ein Beispiel dafür, dass neben dem Winter dort nun auch zunehmend die übrigen Jahreszeiten Gäste anlocken (s. Beitrag Fischer).

Sehr viele Gästeübernachtungen verzeichnen auch die ostwestfälischen Kurorte mit ihren Kliniken, Reha-Zentren usw. Die Kuraufenthalte der dortigen Gäste werden in den Reiseverkehrsstatistiken mitgerechnet (Abb. 1; s. Beitrag Dörr).

Abb. 1: Gästeübernachtungen und Gästeankünfte 2015 (Quelle: IT.NRW 2016)

Der Vergleich der Kreise und Städte Westfalens ergibt folgendes Bild: Die Anzahl der Beherbergungsbetriebe ist sehr unterschiedlich (Abb. 2). Statistisch erfasst werden hierbei diejenigen Betriebe, die mindestens 10 Gästebetten anbieten. Die Ruhrgebietsstädte weisen in der Regel jeweils weniger als 30 solcher Betriebe auf, nur in Bochum (42) und Dortmund (65) sind es mehr. In den Kreisen beginnen diese Zahlen bei 52 im Kreis Herford. Der Kreis Lippe hat mit 188 die zweitmeisten Betriebe. Umso auffälliger ist vor diesem Hintergrund die entsprechende Größenordnung im Hochsauerlandkreis, wo in 473 Beherbergungsbetrieben fast 25.000 Betten angeboten werden (Abb. 2). Wenn die Ferienwohnungen mitgerechnet würden, die ja in der Regel weniger als 10 Betten aufweisen, stiege diese Zahl noch einmal beträchtlich an. Knapp 29% der Gästeankünfte im Hochsauerlandkreis entfallen allein auf die Stadt Winterberg.

Welche Sonderstellung der Hochsauerlandkreis auch in Bezug auf die Anzahl der Gästebetten (Abb. 2) einnimmt, macht der Vergleich mit dem Kreis deutlich, der in Westfalen-Lippe die zweitgrößte Anzahl an Gästebetten aufweist. Dies ist der Kreis Lippe mit ca. 9.200 Betten, wo sich im Übrigen mehr als 40% des kreisweiten Bettenangebotes in Bad Salzuflen befindet.

Wichtig ist auch die Größe der Beherbergungsbetriebe. Auffällig ist, dass die durchschnittliche Bettenzahl pro Betrieb insbesondere in den bedeutenden städtischen Zentren wie Dortmund oder Münster sehr viel größer ist als beispielsweise in vielen Kreisen des Münsterlandes, Ost- und Südwestfalens, wo Familienbetriebe dominieren. Viele Hotels in den großen Städten bieten sich für Tagungen und Kongresse an und verfügen deshalb über eine entsprechend große Bettenzahl. Ganzjährig in den Städten stattfindende Events sorgen zusätzlich für eine überdurchschnittliche Auslastung der dortigen Hotelbetten. Die Auslastungsquoten sind außerdem in den Kreisen hoch, wo Kurorte mit ihren Kliniken usw. eine wichtige Rolle spielen. So liegt beispielsweise die Auslastungsquote in Bad Oeynhausen bei ca. 72%, sodass der entsprechende Wert für den gesamten Kreis Minden-Lübbecke hierdurch auf 56,5% steigt. In den Kreisen, in denen keine solchen Kurzentren liegen, bleiben die Quoten dagegen häufig bei ca. 30–40%.

Abb. 2: Bettenzahlen und Anzahl der Beherbergungsbetriebe 2015 (Quelle: IT.NRW 2016)

Regionale Besonderheiten

Auf die grundsätzlichen Aspekte in Bezug auf die Zahl der Gästeankünfte und Gästeübernachtungen wurde bereits hingewiesen. Die höchsten absoluten Zahlen weisen bei den Gästeankünften der Hochsauerlandkreis sowie Dortmund und Münster auf (Abb. 1). Bei den Übernachtungen gehören – vor allem wegen der Kurorte Bad Driburg, Bad Oeynhausen, Bad Salzuflen und Bad Sassendorf – die Kreise Höxter, Minden-Lübbecke, Lippe und Soest mit zur Spitzengruppe (Abb. 1).

Wie stark sich die einzelnen Ruhrgebietsstädte in Bezug auf die Gäste- und Übernachtungszahlen unterscheiden, wird besonders da­durch deutlich, dass man die entsprechenden Zahlen in Beziehung zur jeweiligen Einwohnerzahl setzt. Während z.B. in Dortmund statis­tisch auf einen Einwohner 1,95 Gästeübernachtungen kamen, waren es in Herne lediglich 0,42.

Im Detail sei außerdem noch die besondere Entwicklung speziell der Westmünsterlandkreise erwähnt. Hier haben sich nämlich Steigerungsraten ergeben, die sich deutlich vom Durchschnitt der übrigen Kreise Westfalens unterscheiden. So stiegen in den Kreisen Borken, Coesfeld und Steinfurt die Zahlen der Gästeankünfte von 2014 bis 2015 um jeweils ca. 7–8%, die der Übernachtungen sogar um ca. 8–12%. Diverse Informations- und Werbeveranstaltungen, Berichte in Reisemagazinen usw. haben dort insbesondere auch die Zahl der ausländischen Touristen stark ansteigen lassen, wobei die Niederländer das weitaus größte Kontingent stellen. Sehr deutlich wird dies etwa im Kreis Borken. So kamen 2015 beispielsweise in die Stadt Bocholt über 104% mehr ausländische Gäste als 2014. In Legden betrug die entsprechende Steigerungsrate ca. 80% und in Velen 60%.

Statistisch gibt im Münsterland ein Übernachtungsgast im Durchschnitt 117,50 Euro pro Tag aus, ein Tagesbesucher 25,20 Euro.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2016