Von den einen geliebt von den anderen als Ikone deutscher Spießigkeit verspottet: der Gartenzwerg polarisiert wie kaum ein anderer. Rund 25 Millionen Exemplare stehen allein in Deutschland und jedes Jahr kommen Hunderttausende dazu. Während Kleingärtner eher traditionelle Motive bevorzugen, gewinnen die modernen Modelle, ausgestattet mit Handy, Laptop oder obszönen Gesten ganz neue Käufergruppen. Gartenzwerge als Exhibitionisten, Punks, Scharfrichter oder mit einem Messer im Rücken sind heftig umstritten – ein Kampf zwischen Tradition und Moderne, der nicht selten vor Gericht ausgetragen wird.
Über die Herkunft der Wichtel mit roter Mütze ist nicht viel bekannt. Der Kabarettist Omurca behauptet, das "Männlein aus Ton" sei vor 600 Jahren in Kappadokien erfunden worden und somit der erste türkische Gastarbeiter in Deutschland. Andere vermuten seine Geburtsstätte im thüringischen Gräfenroda, denn dort begann August Heissner 1872 als erster mit der Serienproduktion des "deutschen Hartbrandwichtels".
Dieses Datum nehmen wir zum Anlass für eine Wanderausstellung, die Kulturgeschichte, Produktion, Design, Befreier, Beschützer, Anwälte, Ankläger, Freunde und Feinde der Gartenzwerge präsentiert. Die Ausstellung zeigt u.a.
Ursprünge und Vorläufer Zwerge sind in Fabeln und Mythen meist Erd- oder Naturgeister, die mit geheimem Wissen, großen handwerklichen Fähigkeiten und elementaren Kräften dem Menschen behilflich sind. Diese Gnome und Wichtel sind vermutlich Vorbilder des Gartenzwergs. Äußerlich erinnern sie an Illustrationen in frühen Märchenbüchern und die Darstellung von Bergleuten in der romantischen Malerei. Schon im Barock schmückte der Adel Parkanlagen mit steinernen Miniaturen.
Mit der Entwicklung der Schrebergärten beginnen Kleinbürger diese Mode nachzuahmen. Die "Putten des einfachen Mannes" sind Zwerge mit roter Mütze, weißem Bart und freundlichem Gesichtsausdruck. Grüne Gärtnerschürze, Schubkarre und andere Werkzeuge kennzeichnen ihn als fleißigen Helfer und Freund des Menschen.
Doch auch heute noch werden Tonfiguren hergestellt und von Hand bemalt. Sowohl das Rotationsgußverfahren als auch Fertigung von Tonfiguren werden in Bild und Film gezeigt. Heute gibt es in Deutschland fünf Firmen, die Gartenzwerge in die ganze Welt exportieren. Darunter die Fa. Heissner, die jedes Jahr 700.000 Zwerge in Tschechien produziert, die Firma Griebel, eine der ersten Manufakturen in Thüringen, das Zwergenkaufhaus, Hersteller der umstrittenen und gerichtlich verfolgten "Frustzwerge", die Fa. Liebermann, die seit 1964 Plastikzwerge produziert, sowie das jüngste Unternehmen, Zwergenpower, das über Internet Wunschzwerge vertreibt.
Diese Firmen und ihre Produkte werden porträtiert und damit die Geschichte der Gartenzwergproduktion, Absatzländer und –gebiete vorgestellt. Streitfälle Kitsch oder Kult? Spießig oder cool? Ton oder Plastik? Traditionell oder modern? Schmuck oder Verschandelung? Der Gartenzwerg wirft viel Fragen auf, z.B. ist ein exhibitionistischer Zwerg kriminell? Ist die Vereidigung von 450 Gartenzwergen eine Verunglimpfung der Bundeswehr? Ist Gartenzwerg ein Schimpfwort? Gerichtsurteile gegen Gartenzwerge und Schutzbewegungen wie die Internationale Vereinigung zum Schutz der Gartenzwerge (IVZSG) des Baseler Nanologen Friedmann und die in Frankreich aktive "Front zur Befreiung der Gartenzwerge", die Zwerge wieder "auswildert", sind nur einige Beispiele für die Emotionalität der Auseinandersetzungen um den Zwerg. Eine bunte Collage zeigt, dass Spaß und Ernst manchmal sehr eng beieinander liegen.
Aufnahmen von Gartenzwergstandorten dokumentieren verschiedene Standpunkte, in denen der Besucher auch seinen Klischees und Vorstellungen begegnet. Die Gretchenfrage In der Werkstatt wird das Serienprodukt mit persönlichen Einstellungen des Besuchers konfrontiert, denn hier stellt sich ihm die Gretchenfrage: Wie hältst Du’s mit dem Zwerg? Hunderte von unbemalten Exemplaren warten auf Farbe und Persönlichkeit. Im Laufe der Ausstellung verwandelt sich das Warenlager in eine lebendige Inszenierung ...
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