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Mitteilung vom 09.03.07

Presse-Infos | Der LWL

Postkarten beleuchten deutsch-polnische Geschichte - Ausstellungsschwerpunkt im LWL-Industriemuseum

Bewertung:

Dortmund (lwl). Die spannungsreiche Geschichte der deutsch-polnischen Beziehungen im 20. Jahrhundert ist Thema einer neuen Ausstellung, die der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) ab Sonntag (11.3.) in seinem Industriemuseum Zeche Zollern in Dortmund zeigt. Präsentiert werden rund 200 historische Ansichtskarten, die verschiedene Aspekte der Beziehungen beider Staaten dokumentieren, darunter Themen wie die nationale Vielfalt in der Textilmetropole Lodz, die Abstimmungskämpfe in Oberschlesien nach 1918 und den neu gegründeten Staat mit ¿polnischem Korridor¿ und Kohlenbahn. Nicht ausgespart werden aber auch der Germanisierungswahn im Dritten Reich, die Judenvernichtung in Auschwitz, die Zerstörung Warschaus sowie die Themen Flucht und Vertreibung und der Wiederaufbau in kommunistischer Zeit.

Die Postkartenschau auf Zollern ist Teil des aktuellen Themenschwerpunkts ¿Polen ¿ Deutsche ¿ Ruhrpolen¿: 2007 zeigt das LWL-Industriemuseum dazu insgesamt fünf Ausstellungen an vier Standorten (s.u.). Sie sind Ergebnis der intensiven Kontakte, die das Westfälisches Landesmuseum für Industriekultur seit Jahren zu polnischen Museen pflegt.

¿Die Beschäftigung mit deutsch-polnischer Geschichte im Industriezeitalter ist für beide Seiten belastend: durch Erinnerungen an Streit und Unterdrückung, Krieg und Verbrechen, Flucht und Vertreibung¿, erläutert Dr. Thomas Parent, stellvertretender Direktor des LWL-Industriemuseums. Fast vergessen sei hingegen, dass es zeitweilig auch Phasen von Verständigung gab, von Hilfe, Solidarität und kultureller Kooperation. Parent: ¿Erst ein fanatisch übersteigerter Nationalismus zerstörte ein faszinierendes Vielvölkergemisch, wie es sich z.B. in Lodz im Umfeld der prosperierenden Textilindustrie um 1900 innerhalb weniger Jahrzehnte entwickelt hatte.¿

Die Ausstellung beginnt mit der Vorstellung der drei polnischen Teilgebiete in den Jahren um 1900: Russisch-Polen, Österreichisch-Polen, Preußisch-Polen. Vor allem in den Provinzen Posen und Westpreußen strebte die preußische Regierung damals an, das polnische Element zugunsten des deutschen zurückzudrängen. 1914 kämpften polnische Soldaten auf deutscher und russischer Seite gegeneinander. 1915 versuchten die Kaiserreiche Deutschland und Österreich-Ungarn in Zentralpolen einen Vasallenstaat zu etablieren. Ihre Weltkriegsniederlage ermöglichte 1918 die Gründung eines eigenständigen polnischen Nationalstaats. Konflikte um die Zugehörigkeit von Grenzregionen eskalierten um 1920 vor allem in Oberschlesien. Nationalstolz manifestierte sich dann in Kattowitz im größten polnischen Kirchbauprojekt des 20. Jahrhunderts.

Die Weltkriegsjahre 1939-45 bedeuteten für Polen eine Leidenszeit von apokalyptischer Dimension: NS-Terror bereits zu Kriegsbeginn, dann Ausbeutung und Versklavung, ¿verbrannte Erde¿ und Genozid. Der Wiederaufbau wurde durch die kommunistische Zwangsherrschaft belastet. Vertrieben wurden seit 1945 nicht nur Millionen von Deutschen aus Pommern und Schlesien, sondern auch Millionen von Polen aus einem breiten Landstreifen im Osten, der von Litauen bis nach Galizien reichte.

Thomas Parent: ¿Die historischen Ansichtskarten, die einzelne Aspekte der polnisch-deutschen Geschichte bebildern, sind keine objektiven Dokumente. Vielmehr werben sie häufig für ideologische oder politische Inhalte, machen Stimmung, agitieren, prangern an. Man sieht idyllische Ansiedlungsdörfer und polnische Wirtschaft, das Posener Kaiserschloss als Trutzburg des Ostens, die Hinrichtung von Zivilisten in Galizien, das Ghetto von Litzmannstadt, das brennende Warschau.¿

Die wechselvolle Geschichte zeigt sich auch darin, dass auf manchen Postkarten Orts- und Straßennamen gleich mehrfach geändert wurden. Ein Beispiel liefert eine Postkarte der oberschlesischen Stadt Königshütte: Nachdem diese Stadt im Jahr 1922 dem neu gegründeten polnischen Staat zugeteilt worden war, druckte man zusätzlich polnische Bezeichnungen auf die Karte. Nach dem deutschen Einmarsch von 1939 schickte ein Deutscher diese Karte an seinen Sohn nach München. Zuvor strich er den polnischen Ortsaufdruck durch und überschrieb die Worte mit ¿Adolf-Hitlerplatz¿.

Am Schluss der Ausstellung dokumentieren Farbkarten das aktuelle polnische Engagement im Bereich ¿Industriekultur¿, das auch in Polen zu beobachten ist. Textilmuseen in historischen Fabrikanlagen gibt es z.B. in Lodz und eine funktionsfähige Dampffördermaschine in der Museumszeche ¿Königin Luise¿ in Zabrze in Oberschlesien.

Deutsch-polnische Geschichte im Spiegel der Ansichtskarte
Zeche Zollern, Dortmund.

11.3.-13.5.2007. Ausstellungseröffnung: 11.3.2007, 11 Uhr

Slask ¿ Oberschlesien
Acryl auf Leinwand & Kohlezeichnungen von Robert Schneider
Henrichshütte, Hattingen, 16.2.-15.4.2007

SILESIA VIVA
Bergmännische Laienkunst aus Oberschlesien
Gastausstellung des Stadtgeschichtlichen Museums Zabrze (Hindenburg)
Zeche Zollern, Dortmund
20.5.-26.8.2007. Ausstellungseröffnung 20.5.2007, 11 Uhr

Westfalczycy ¿ Ruhrpolen
Zuwanderer aus Polen im Ruhrgebiet
Zeche Hannover, Bochum.
19.8.-28.10.2007, Ausstellungseröffnung 19.8.2007, 11 Uhr

Des Königs Kontrolleur
Die Reise des Bergrats Friedrich von Reden von Oberschlesien ins Ruhrtal
Zeche Nachtigall, Witten
2.12.2007-30.3.2008, Ausstellungseröffnung 2.12. 2007, 11 Uhr



Pressekontakt:
Christiane Spänhoff, Westf. Industriemuseum, Tel. 0231 6961-127 und Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Tel. 0251 591-235
presse@lwl.org




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