23.04.2009
„Die Witwen von Radbod preis’ ich gern.
Ein Hoch den tapferen Weibern!“
(Edgar Steiger, 1909)
Am 12. November 1908 forderte eine Schlagwetterexplosion auf der Zeche Radbod in Hövel bei Hamm 350 Tote. Es war eine der schwersten Katastrophen in der Geschichte des deutschen Steinkohlenbergbaus. Mütter verloren ihren Sohn, Frauen verloren ihren Mann und Ernährer, Kinder ihren Vater. Betroffen waren etwa 300 Frauen und 800 Kinder.
Das Künstlerduo Sago aus Essen, Isabel K. Sandig, Gesang und Ralf Gottesleben am Klavier, präsentieren im aktuellen Salon Lieder, die die Stimmung nach dem Unglück und das Leben und die Hoffnungen der Bergarbeiterfrauen ergreifend schildern. Sie stammen aus der szenisch-musikalischen Ruhrballade „GRUBENLICHT und WETTER“ von Alfons Nowacki.
Viele der Lieder sind Vertonungen der Texte von Heinrich Kämpchen, dem Bergarbeiterdichter des Ruhrgebiets. Seine Gedichte entstanden zwischen 1890 und 1912. Sie beschreiben das Leben der Menschen, denen der Bergbau die Lebensgrundlage gab, der ihnen häufig aber auch alles nahm, wie in diesem Fall.
Ute Knopp, Leiterin des Stadtarchivs Hamm, verfolgt in ihrem Bilder-Vortrag die Lebenswege der betroffenen Frauen nach dem Unglück. Sie schildert uns das Schicksal einzelner Witwen anhand von erhaltenen Äußerungen wie Briefen oder Aktenberichten. Die karge Rente und Naturalien wie Holz und Kohlen reichten kaum zum Überleben, die Familien-Wohnungen mußten nach ein paar Monaten geräumt werden. Wohin gingen dann die Frauen mit ihren Kindern? Haben sie sich wiederverheiratet? Oder wie sicherten sie den Lebensunterhalt der Restfamilie?
Aus Verzweiflung über ihre Not fassten einige wenige Witwen – Franziska Maly zu Hövel, Theodora Spirat zu Bockum, Franziska Waterkotte zu Hamm, Emma Oberwinter zu Hamm, Franziska Dora zu Hövel und Amalie Krawanja zu Hövel - den Mut und klagten auf Auszahlung von Spendengeldern an die Hinterbliebenen. Sie wurden hart bestraft: Ihre Klage wurde abgewiesen, sie erhielten eine Geldstrafe und wurden aus ihren Wohnungen verwiesen. Heinrich Kämpchen formulierte es so:
So haben die Radbodfrauen nicht
Viel große Worte geführet,
Doch haben Besseres sie getan,
Sie haben „protestieret“
Aktuelles
Wir wollen Welterbe werden! Im Zusammenhang mit dem Bewerbungsverfahren entstand 2013 der Kurzfilm "Zollverein und die industrielle Kulturlandschaft Ruhrgebiet". Hier geht es zu dem Film auf unserem YouTube-Kanal.