Gesandte 1645/49 > Scheffer








Scheffer,
Reinhard
(der Jüngste)


(Marburg 20.08.1590 - Marburg 11.02.1656)

Gesandter der Landgrafschaft Hessen-Kassel in Osnabrück, ab 1644




Als Sohn des gleichnamigen hessen-kasselischen Rates und Kanzlers (1561-1623) sowie der Margarethe, Tochter des Kanzlers Johann Heintzenberger (1567-1623), stammt Scheffer sowohl väterlicher- wie mütterlicherseits aus alten hessischen Beamtenfamilien ab.

1605 tritt er in das Pädagog der Hohen Schule Herborn ein, studiert ab Weihnachten 1606 an der inzwischen kalvinistischen Universität Marburg und wahrscheinlich auch an der Ruperto-Carola in Heidelberg. Scheffer genießt an allen drei Anstalten eine prononciert kalvinistische Ausbildung; seine staatsrechtlichen Vorstellungen werden in Marburg unter Hermann Vultejus geformt. Eine längere Peregrinatio academica führt ihn durch Deutschland, nach Frankreich, England und in die Niederlande.

Wohl durch Intervention des Vaters erhält Scheffer 1617 eine Anstellung als Rat in hessen-kasselischen Diensten. Landgraf Moritz entläßt Scheffer 1624 wie manchen anderen Beamten zuvor und später wegen Unbotmäßigkeit. Nach der Abdankung des Landgrafen 1627 greift der Nachfolger Wilhelm V. sofort wieder auf Scheffer zurück und ernennt ihn zum Amtmann und Rat in Wolfhagen und Zierenberg. Zwei Jahre später erscheint er bereits als Geheimer Rat der Kasseler Regierung und nimmt ab 1635 auch die Stelle eines hessen-kasselischen General(kriegs-)kommissars ein. Als Landgräfin  Amalie Elisabeth Scheffer 1638 zu Verhandlungen mit den Generalstaaten nach Den Haag entsendet, setzen ihn die Spanier auf der Rückreise am Niederrhein für einige Zeit fest. Zu den diplomatischen Missionen, die ihm übertragen werden, zählt seine Entsendung auf den Regensburger Reichstag von 1641.

Scheffer, der neben Adolf Wilhelm von Krosigk, Johann Vultejus, Nikolaus Christoph Müldener und dem Sekretär Sebastian Zobel die hessische Delegation auf dem Westfälischen Friedenskongreß bildet, trifft als einer der ersten Gesandten am 06.06.1644 in Osnabrück ein. Er nutzt die herausgehobene Stellung, deren sich Hessen-Kassel durch seinen frühen Bündnisschluß sowohl mit Frankreich wie Schweden erfreut, nach Kräften aus. Auf Scheffer gehen im wesentlichen die evangelischen Grundsatzbeschwerden zurück, die von schwedischer Seite nahezu unverändert übernommen werden. Mit der Landgräfin weiß er sich einig im nachdrücklichen Bemühen um die Gleichstellung des reformierten Bekenntnisses im Reich. Vor allem seinem Geschick ist es zuzuschreiben, daß der innerprotestantische Dissens in dieser Frage überwunden wird und auch Schweden und Frankreich die Dreikonfessionalität billigen. Obwohl Scheffer eine besondere religiöse Strenge attestiert wird, erweist er sich während der Osnabrücker Zeit als ausgewiesener Anhänger des Anisschnapses.

Nach der Rückkehr von Osnabrück zählt Scheffer unter Landgraf Wilhelm VI. zu den höchsten hessischen Beamten. Er wird 1653 zum Präsidenten der Regierung in Marburg ernannt, wo er zusammen mit seinem kaum minder bedeutenden Kollegen Johann Heinrich Dauber die Feierlichkeiten zur Wiedereröffnung der landesherrlichen Universität leitet. Scheffer stirbt nur drei Jahre später im Alter von 65 Jahren unverheiratet in seiner Vaterstadt.



Literatur

Cools IV, S. 18; Theatrum Europaeum VI, S. 406 (Abb.); Aubry (Abb.); Kalender (Abb.); Hieronymus Wetzel, Christliche Leich-Predigt und Ehren-Gedächtnis Des Weylandt Wohl-Edlen... Reinhard Scheffers, gewesenen Fürstlichen Hessischen Geheimbten Rats und Präsidenten zu Marburg, Marburg [1656]; Pacificatores 1697 Nr. 93 (Abb.); Meiern IV Schema Nr. 34; F. W. Strieder, Grundlage zu einer Hessischen Gelehrten und Schriftsteller Geschichte Bd. 12, Kassel 1799, S. 286-289; Bildnisse 1827 Nr. 50 (Abb.); ADB 30, S. 683; Striedinger Nr. 29; Katalog Gripsholm Nr. 261, Nr. 722; Karl E. Demandt, Amt und Familie. Eine soziologisch-genealogische Studie zur hessischen Verwaltungsgeschichte des 16. Jahrhunderts, in: Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte 2 (1952), S. 79-133; APW Serie II Abt. C, Bd. 1-3; E. Bettenhäuser, Die Landgrafschaft Hessen-Kassel auf dem Westfälischen Friedenskongreß 1644-1648, (phil. Diss. Mainz) Wiesbaden 1983; Gerhard Menk, Johann Heinrich Dauber. Der Erneuerer der Marburger Universität nach dem Dreißigjährigen Krieg, in: Marburg-Bilder, hrsg. von Joerg Jochen Berns, Marburg 1995, S. 241-264. Überlieferung des Staatsarchivs Marburg.

Gerhard Menk


Quelle: H. Duchhardt / G. Dethlefs / H. Queckenstedt, "...zu einem stets währenden Gedächtnis", Die Friedenssäle in Münster und Osnabrück und ihre Gesandtenporträts", (=Osnabrücker Kulturdenkmäler, Bd. 8), Bramsche 1998, S. 274f.

Ein  Kooperationsprojekt des Internet-Portals "Westfälische Geschichte" mit dem  LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Münster (Kupferstiche), und dem  Rasch Verlag, Bramsche (Texte)
 
Porträt des Reinhard (der Jüngste) Scheffer (Marburg 20.08.1590 - Marburg 11.02.1656), Gesandter der Landgrafschaft Hessen-Kassel in Osnabrück, ab 1644


Devise


IN VTRAQUE FORTVNA, SIS VTRIVSQUE MEMOR

In Glück und Unglück gedenke beider.



Kartusche


REINHARD SCHEFFER, Illustrissimæ Landgraviæ Hasso-Casselanæ à Consiliis Interioribus, eiusdemque ad Tractatus Pacis Universalis Monasteri Legatus Plenipotentiarius, etc.




Wappenbeschreibung


In Blau ein goldener, sechsstrahliger Stern. Auf dem bewulsteten Helm der Stern zwischen zwei von Silber und Blau übereck geteilten Büffelhörnern.








Kupferstich von Conrad Woumans nach Anselm van Hulle, 1649, 38,3 x 28,1 cm (Blatt), 30,7 x 20,2 cm (Platte)
Münster, LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Inv.Nr. K 65-81 LM
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