Ereignisse > Ereignis des Monats November
Matthias Frese
16. November 1907
Die Gründung des Westfälischen Verkehrsverbandes
Die Entwicklung des Tourismus in Westfalen zwischen Kaiserreich und Bundesrepublik
Am 16.11.1907 trafen sich auf Initiative des Dortmunder Verkehrsvereins 15 Kommunalpolitiker, Hoteliers und Kaufleute und gründeten nach längerer "Aussprache" den "Verband westfälischer Verkehrsvereine" mit Sitz in Dortmund, dessen Kernaufgabe es sein sollte, Westfalen zu einem Tourismusgebiet zu entwickeln und die Aktivitäten zu koordinieren und Wünsche der Städte gebündelt gegenüber den Eisenbahndirektionen zu vertreten. Dem Zusammenschluss auf regionaler Ebene gingen dabei die Gründungen von Verkehrsvereinen in einzelnen Städten, in Dortmund 1904, und auf Reichsebene der "Bund deutscher Verkehrsvereine" voraus. Die lokalen Organisationen entstanden ihrerseits durch die Umbildung bestehender "Verschönerungsvereine" oder auf Initiative örtlicher Kaufleute, Gaststätten- und Hotelbetreiber und kommunaler Verwaltung, denen an einer Aufwertung ihrer Stadt und der Ankurbelung des Tourismus gelegen war. Unterstützt wurden die Verkehrsorganisationen zudem durch die Wandervereine wie den Sauerländischen Gebirgs-Verein. Trotz zahlreicher Anfangsschwierigkeiten war das Interesse bei den Tourismusanbietern groß. Ebenso wie die lokalen Verkehrsvereine wuchs der Dachverband rasch und besaß im dritten Jahr bereits 109 meist institutionelle Mitglieder. Schon nach kurzer Zeit überwog somit das städtische Engagement gegenüber den privaten Organisationen und den Einzelpersonen.In den folgenden Jahren änderte der Verband mehrmals seinen Namen, so bereits 1910 in Verband der Verkehrsvereine Westfalens und angrenzender Gebiete. Er hieß während der Weimarer Republik Westfälischer Verkehrsverband, wurde 1936 in Landesfremdenverkehrsverband und 1947 in Landesverkehrsverband umbenannt. Seine räumliche Zuständigkeit blieb im wesentlichen unverändert und konzentrierte sich auf die vier Verbandsgebiete Sauerland/Siegerland/Wittgensteiner Land, Teutoburger Wald, Münsterland und das (westfälische) Industriegebiet.
Die Entwicklung des Tourismus und der Tourismusförderung wird im folgenden in drei Etappen: Kaiserreich und Weimarer Republik, NS-Zeit und Bundesrepublik skizziert, wobei das Hauptaugenmerk auf der Hochphase des Inlandstourismus zwischen den 1920er und Anfang der 1970er Jahre liegt.
1. Geschäftsbericht des Verbandes Westfälischer Verkehrsvereine, Vorort Dortmund, über das erste Geschäftsjahr von der Gründung des Verbandes am 16. November 1907 bis zum 1. ordentlichen Verbandstage am 22. Mai 1909
Im Auftrag des Verkehrsverbandes drehte der bekannte Berliner Dokumentarfilmer Hubert Schonger 1927/1928 einen fünfteiligen Film über die verschiedenen Regionen des "schönen Westfalen", aus dem das Internet-Portal ausgewählte Filmausschnitte zeigt.
Die Herausbildung der Tourismusförderung und des Tourismus in Westfalen im Kaiserreich und während der Weimarer Republik
Als Hauptarbeitsbereiche des Verkehrsverbandes konkretisierten sich schon nach kurzer Zeit neben der Werbetätigkeit für Ausflugs- und Erholungsgebiete und der Bereitstellung von Informationsmaterial die Verkehrs- und Zugverbindungen, der Streckenausbau, die Ankurbelung des Ausländerreiseverkehrs sowie die Bemühungen für Sonder- und Ferienzüge mit reduzierten Preisen und für den Verkauf ermäßigter Sonntagsfahrkarten in die nähere Umgebung heraus. Besonders diese Form des Nahverkehrs entwickelte sich in den folgenden Jahrzehnten zu einem dauernden Zankapfel zwischen kommunalen Verkehrsinteressen und der staatlichen Eisenbahn. Städtetouren waren zunächst ebenso ausgeschlossen wie die Benutzung von Fernzügen. Begründet wurden die Anträge vor 1914 vor allem mit dem Erhalt der "Volksgesundheit" und erst nach und nach mit einem gesteigerten Tourismusinteresse. Von Urlaubern oder Wochenendreisenden selbst sind hingegen keine Anfragen oder Proteste wegen fehlender Reisemöglichkeiten bekannt. Ein ausgeprägtes Tourismusinteresse war noch eine Angelegenheit kleiner, gutbürgerlicher Kreise, auch wenn eine Werbezeitschrift 1913 schon von "alljährlich Tausende(n) frohgestimmter Touristen" im Sauerland sprach. Immerhin traten bereits im späten Kaiserreich neben die Kleinanzeigen für die "Sommerfrischen" die Anzeigen für Naherholungseinrichtungen. Zudem wurde die Sommersaison um spezielle Angebote für Wintersport- (Skifahren, Rodeln, Bobfahren) und Wintererholungsaufenthalte beispielsweise in Fredeburg, Schmallenberg und Winterberg erweitert.
Die Anfänge organisierter Tourismusentwicklung wurden seit 1914 unterbrochen. Während des Krieges und in der ersten Nachkriegszeit bis zum Ende der Besetzung des Ruhrgebietes war die Tätigkeit des regionalen Tourismusverbandes weitgehend lahmgelegt. Anträge auf verbesserte Personenverbindungen im Nahverkehrsbereich z. B. zur Möhnetalsperre scheiterten 1916 am allgemeinen Personal- und Materialmangel.
Nach dem Ersten Weltkrieg war die Tourismusförderung im organisatorischen Bereich von zwei Entwicklungen gekennzeichnet. Zum einen engagierten sich die Kommunen zunehmend im Bereich des Tourismus. Nur ein knappes Fünftel von reichsweit 272 befragten Städten besaß 1925 weder einen Verkehrsverein noch ein Verkehrsamt. In diesen organisatorischen Rahmen suchten die Kommunen zum anderen zunehmend Reisebüros zu integrieren, die beispielsweise als Lizenznehmer des 1918 gegründeten Mitteleuropäischen Reisebüros (MER) zum zuschlagfreien Verkauf von Fahrkarten außerhalb der Bahnhöfe berechtigt waren. Städte wie z. B. Münster und Soest versprachen sich von den unter ihrer Aufsicht befindlichen Reisebüros einen höheren Bekanntheitsgrad und einen Werbeeffekt für ihre Angebote sowie eine willkommene "Einnahmequelle" zur Finanzierung ihrer Aktivitäten. Gerade diese Aufgabe lösten die kommunalen Reisebüros jedoch sehr unterschiedlich ein. Neben den konjunkturellen Schwankungen machten ihnen insbesondere der expandierende Markt der privaten Reisebüros zu schaffen. In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre und nach Überwindung der Anlaufschwierigkeiten verzeichneten die Verkehrsbüros jedoch einen stetigen Zuspruch. Neben Stadtführungen, Übernachtungshilfen, Fahrplanauskünften sowie zunehmend Kartenverkauf bestimmten Veranstaltungshinweise und Reiseberatungen den Publikumsverkehr.
Inhaltlich führten die lokalen und regionalen Einrichtungen ihre vor 1914 begonnenen Anstrengungen um bessere Zugverbindungen, um vermehrte Sonderzüge sowie besonders um die Ausweitung von Geltungsbereich und Geltungsdauer der ermäßigten Sonntagsfahrten, die für das gesamte Wochenende gültig sein sollten, während der Weimarer Republik fort. Vor allem in den Großstädten war der Ausflugsverkehr an Samstagen nach Einschätzung des Westfälischen Verkehrsverbandes aus dem Jahr 1925 "sehr stark, da viele Angehörige derjenigen Berufe, die über einen freien Samstagnachmittag verfügen, diesen Tag wegen der Sonntags herrschenden Überfüllung zu Ausflügen nutzen." Dabei spiegeln die von den einzelnen Organisationen vorgeschlagenen Änderungen im Zugverkehr die Bandbreite der Reiseziele: So sollten spätere und vor allem ausreichende Züge am Sonntagabend für die Ausflugheimkehrer aus dem Sauerland während des Sommers oder der Wochenendwinterurlauber während der kalten Jahreszeit verkehren. Das Verkehrsamt Dortmund klagte ebenfalls 1925 beispielsweise, es dürfe nicht mehr vorkommen, "wie dies früher schon häufig der Fall gewesen ist, ... , dass hundert und noch mehr Ausflügler, die in dem letzten vollbesetzten Zug keinen Platz mehr finden können, ihre Heimreise zu Fuß antreten müssen." Generell sollten für eine größere Zahl von Ausflugsorten ermäßigte Sonntags- oder Wochenendrückfahrkarten aufgelegt werden. Kommunale Verkehrsorganisationen warben gemeinsam mit den Gastwirten und Hoteliers der Nord- und Ostseeinseln für bessere Anschlüsse bei Hin- und Rückfahrten, plädierten für die Beibehaltung oder Einrichtung preislich ermäßigter Ferienzüge, unterstützen Sonderzüge zu Großveranstaltungen wie Fußball-Länderspielen oder dem Oktoberfest in München oder verlangten allgemein den Ausbau von Nahverkehrsverbindungen, damit Besucher städtischer Veranstaltungen nicht, wie angeblich ebenfalls in Dortmund geschehen, vorzeitig Theater oder Konzerte verlassen mussten, um ihre letzten Zugverbindungen in die umliegenden Orte zu erreichen.
Die Anfänge organisierter Tourismusentwicklung wurden seit 1914 unterbrochen. Während des Krieges und in der ersten Nachkriegszeit bis zum Ende der Besetzung des Ruhrgebietes war die Tätigkeit des regionalen Tourismusverbandes weitgehend lahmgelegt. Anträge auf verbesserte Personenverbindungen im Nahverkehrsbereich z. B. zur Möhnetalsperre scheiterten 1916 am allgemeinen Personal- und Materialmangel.
Nach dem Ersten Weltkrieg war die Tourismusförderung im organisatorischen Bereich von zwei Entwicklungen gekennzeichnet. Zum einen engagierten sich die Kommunen zunehmend im Bereich des Tourismus. Nur ein knappes Fünftel von reichsweit 272 befragten Städten besaß 1925 weder einen Verkehrsverein noch ein Verkehrsamt. In diesen organisatorischen Rahmen suchten die Kommunen zum anderen zunehmend Reisebüros zu integrieren, die beispielsweise als Lizenznehmer des 1918 gegründeten Mitteleuropäischen Reisebüros (MER) zum zuschlagfreien Verkauf von Fahrkarten außerhalb der Bahnhöfe berechtigt waren. Städte wie z. B. Münster und Soest versprachen sich von den unter ihrer Aufsicht befindlichen Reisebüros einen höheren Bekanntheitsgrad und einen Werbeeffekt für ihre Angebote sowie eine willkommene "Einnahmequelle" zur Finanzierung ihrer Aktivitäten. Gerade diese Aufgabe lösten die kommunalen Reisebüros jedoch sehr unterschiedlich ein. Neben den konjunkturellen Schwankungen machten ihnen insbesondere der expandierende Markt der privaten Reisebüros zu schaffen. In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre und nach Überwindung der Anlaufschwierigkeiten verzeichneten die Verkehrsbüros jedoch einen stetigen Zuspruch. Neben Stadtführungen, Übernachtungshilfen, Fahrplanauskünften sowie zunehmend Kartenverkauf bestimmten Veranstaltungshinweise und Reiseberatungen den Publikumsverkehr.
Inhaltlich führten die lokalen und regionalen Einrichtungen ihre vor 1914 begonnenen Anstrengungen um bessere Zugverbindungen, um vermehrte Sonderzüge sowie besonders um die Ausweitung von Geltungsbereich und Geltungsdauer der ermäßigten Sonntagsfahrten, die für das gesamte Wochenende gültig sein sollten, während der Weimarer Republik fort. Vor allem in den Großstädten war der Ausflugsverkehr an Samstagen nach Einschätzung des Westfälischen Verkehrsverbandes aus dem Jahr 1925 "sehr stark, da viele Angehörige derjenigen Berufe, die über einen freien Samstagnachmittag verfügen, diesen Tag wegen der Sonntags herrschenden Überfüllung zu Ausflügen nutzen." Dabei spiegeln die von den einzelnen Organisationen vorgeschlagenen Änderungen im Zugverkehr die Bandbreite der Reiseziele: So sollten spätere und vor allem ausreichende Züge am Sonntagabend für die Ausflugheimkehrer aus dem Sauerland während des Sommers oder der Wochenendwinterurlauber während der kalten Jahreszeit verkehren. Das Verkehrsamt Dortmund klagte ebenfalls 1925 beispielsweise, es dürfe nicht mehr vorkommen, "wie dies früher schon häufig der Fall gewesen ist, ... , dass hundert und noch mehr Ausflügler, die in dem letzten vollbesetzten Zug keinen Platz mehr finden können, ihre Heimreise zu Fuß antreten müssen." Generell sollten für eine größere Zahl von Ausflugsorten ermäßigte Sonntags- oder Wochenendrückfahrkarten aufgelegt werden. Kommunale Verkehrsorganisationen warben gemeinsam mit den Gastwirten und Hoteliers der Nord- und Ostseeinseln für bessere Anschlüsse bei Hin- und Rückfahrten, plädierten für die Beibehaltung oder Einrichtung preislich ermäßigter Ferienzüge, unterstützen Sonderzüge zu Großveranstaltungen wie Fußball-Länderspielen oder dem Oktoberfest in München oder verlangten allgemein den Ausbau von Nahverkehrsverbindungen, damit Besucher städtischer Veranstaltungen nicht, wie angeblich ebenfalls in Dortmund geschehen, vorzeitig Theater oder Konzerte verlassen mussten, um ihre letzten Zugverbindungen in die umliegenden Orte zu erreichen.
Zwar beschäftigten sich die Tourismusplaner auch mit der Förderung des Reiseverkehrs nach Deutschland. Hierbei wurden vor allem die traditionell stark nach den westfälischen Feriengebieten reisenden niederländischen Touristen umworben. Prospekte, Presseanzeigen und Plakate in den Niederlanden oder Informationsfahrten mit holländischen Reiseveranstaltern sollten für einzelne Sommer- und Winterferiengebiete werben. Insgesamt überwogen aber in allen Planungen und Eingaben der Freizeit- und Naherholungsaspekt sowie die Ferienmöglichkeiten der ansässigen Bevölkerung. Neu war seit den 1920er Jahren allerdings, dass die Forderungen konsequent auf sämtliche Bevölkerungsgruppen ausgeweitet wurden und sich die Angebote unterschiedslos an alle gesellschaftlichen Schichten wandten. Verbilligte und kurze Gruppenreisen von weniger als einer Woche Dauer, Pauschalangebote von Gaststätten und Hotels für Wochenend- und Kurzurlaube, der Ausbau der Bademöglichkeiten in den sauerländischen Talsperren und deren möglichst schnelle Erreichbarkeit von den Industriestädten, ebenso verbesserte Verbindungen aus dem Industriebezirk zu den Naherholungsgebieten Haard und Halterner See, die Ausweitung gekennzeichneter Wanderwegenetze sowie seit Ende der 1920er Jahre auch der Fahrradwege z. B. im Münsterland oder die Verbreiterung der kommunalen Kulturangebote standen im Mittelpunkt der Werbearbeit und Forderungen des Verkehrsverbandes. Mit aufwendig produzierten Bilderzeitschriften, Stadt- und Wanderkarten, Informationsständen in Kaufhäusern, Anzeigenkampagnen in Tageszeitungen und Werbefilmen für die Kinos wollte man neben den bekannten Werbemitteln die verbesserten Angebote popularisieren. Angesichts der großen Nachfrage für die Feriensonderzüge nach Süddeutschland oder nach den Nord- und Ostseebädern sollten sich zudem die regionalen Feriengebiete allen sozialen Schichten öffnen. Doch mussten die Reiseveranstalter auch feststellen, dass zahlreiche Gaststätten und Kurorte in den traditionellen Urlaubsgebieten sich keine Mühe machten, Ausstattung und Preise den geänderten Nachfragegruppen anzupassen, obwohl beispielsweise die früheren Langzeiturlauber in der Folge von Krieg und Inflation nicht mehr wie vor 1914 die Häuser füllten und Ferienunterkünfte außerhalb der direkten Urlaubssaison leer standen.
Die Tourismusorganisationen reagierten mit der Ausweitung der Zielgruppen auf die veränderten Rahmenkonstellationen seit 1918. Zumindest partielle Arbeitszeitverkürzungen, Samstagfrühschluss, tariflich geregelte Urlaubszeiten für den überwiegenden Teil der Arbeitnehmerschaft in Industrie und Dienstleistungsgewerbe erweiterten den potentiellen Kundenkreis, wenngleich innerhalb der Arbeitnehmerschaft erhebliche Unterschiede bei den gewährten Leistungen bestanden. Nach wie vor verfügten Arbeiter über einen im Vergleich zu Angestellten und Beamten geringeren Urlaub und bestanden zwischen den Arbeitnehmern einzelner Branchen deutliche Unterschiede. So erhielten 1931 von den tarifvertraglich abgesicherten Arbeitern etwa 50 % einen bezahlten Mindesturlaub von drei Tagen und die übrigen vier bis sechs Tage, der sich gestaffelt nach der Dauer der ununterbrochenen Beschäftigungszeit für 37,9 % der Arbeiter auf sieben Tage und für 42,9 % auf zwölf Tage erhöhte. Die Angestellten erhielten demgegenüber z. B. in der rheinisch-westfälischen Eisen- und Stahlindustrie überwiegend sieben bis achtzehn Urlaubstage, während der bezahlte Urlaub bei den Beamten und Angestellten in der Reichs- und in der Preußischen Verwaltung nach Lebensalter und Besoldungsgruppe gestaffelt zwischen 16 Kalendertagen für die unter 30-jährigen und 28 Kalendertagen für die über 40-jährigen und in den obersten Besoldungsgruppen zwischen 29 und 42 Kalendertagen betrug. Benachteiligt waren danach außer den tarifvertraglich nicht erfassten Arbeitnehmern besonders die jugendlichen und die Arbeiter mit kurzen oder durch Arbeitslosigkeit oder Arbeitsplatzwechsel unterbrochenen Beschäftigungszeiten.
Die Tourismusorganisationen reagierten mit der Ausweitung der Zielgruppen auf die veränderten Rahmenkonstellationen seit 1918. Zumindest partielle Arbeitszeitverkürzungen, Samstagfrühschluss, tariflich geregelte Urlaubszeiten für den überwiegenden Teil der Arbeitnehmerschaft in Industrie und Dienstleistungsgewerbe erweiterten den potentiellen Kundenkreis, wenngleich innerhalb der Arbeitnehmerschaft erhebliche Unterschiede bei den gewährten Leistungen bestanden. Nach wie vor verfügten Arbeiter über einen im Vergleich zu Angestellten und Beamten geringeren Urlaub und bestanden zwischen den Arbeitnehmern einzelner Branchen deutliche Unterschiede. So erhielten 1931 von den tarifvertraglich abgesicherten Arbeitern etwa 50 % einen bezahlten Mindesturlaub von drei Tagen und die übrigen vier bis sechs Tage, der sich gestaffelt nach der Dauer der ununterbrochenen Beschäftigungszeit für 37,9 % der Arbeiter auf sieben Tage und für 42,9 % auf zwölf Tage erhöhte. Die Angestellten erhielten demgegenüber z. B. in der rheinisch-westfälischen Eisen- und Stahlindustrie überwiegend sieben bis achtzehn Urlaubstage, während der bezahlte Urlaub bei den Beamten und Angestellten in der Reichs- und in der Preußischen Verwaltung nach Lebensalter und Besoldungsgruppe gestaffelt zwischen 16 Kalendertagen für die unter 30-jährigen und 28 Kalendertagen für die über 40-jährigen und in den obersten Besoldungsgruppen zwischen 29 und 42 Kalendertagen betrug. Benachteiligt waren danach außer den tarifvertraglich nicht erfassten Arbeitnehmern besonders die jugendlichen und die Arbeiter mit kurzen oder durch Arbeitslosigkeit oder Arbeitsplatzwechsel unterbrochenen Beschäftigungszeiten.
Werbeseite der Zeitschrift "Deutschland - Zeitschrift für Heimatkunde und Heimatliebe" mit Anzeigen für westfälische Ferienorte, April 1913
Titelblatt eines Werbeprospekts des Westfälischen Verkehrsverbandes e. V.: "Westfalen - Wintersport im Sauerland", 1927
Titelblatt der Publikation "Geschäftsbericht 1981 zur Verbandsversammlung [des Landesverkehrsverbands Westfalen] am 12. Mai 1982 in Dortmund" mit einer Collage alter Werbeplakate
Titelblatt eines Werbeprospekts des Westfälischen Verkehrsverbandes e. V.: "Westfalen - Wintersport im Sauerland", 1927
Titelblatt der Publikation "Geschäftsbericht 1981 zur Verbandsversammlung [des Landesverkehrsverbands Westfalen] am 12. Mai 1982 in Dortmund" mit einer Collage alter Werbeplakate
Mit Beginn der Wirtschaftskrise Anfang der 1930er Jahre avancierte die Bevölkerung des Ruhrgebiets in den Werbemaßnahmen des Verkehrsverbandes sogar zum "wirtschaftlichen Rückgrat der Erholungsgebiete". Die bevorzugte Zielgruppe sollte allerdings der kaufkräftigere "einfache und bessere Mittelstand" sein, hierzu zählte auch der "bessere Arbeiterstand". Die Wirtschaftskrise konnte dabei in den Vorstellungen der Tourismusplaner sogar zu einer echten Chance der westfälischen Erholungsgebiete werden, da es den "breiten Massen nicht mehr gestattet" sei, "Preisausgaben in der früheren Höhe zu machen." Als werbewirksam wurden Reiseangebote angesehen wie "Für 68 RM 14 Tage in Westfalen" oder "Für 100 RM 14 Tage in Westfalen (incl. der Fahrkosten)", mit denen 1930 im Berliner Kaufhaus Tietz angeblich "mit großem Erfolg" geworben wurde. Zugleich sollten Werbekampagnen neben den traditionellen Inhalten wie Erholung, Ruhe, Berge, Wälder, Täler, Stauseen besondere Aktivitäten und Unterhaltung anpreisen. Jüngeren Reisenden bedeute Sport mehr als eine Burgruine. Es gelte Sehenswürdigkeiten zu thematisieren, "die man früher im allgemeinen nicht dazu rechnete". Beispielsweise sollten Kurzreisen in die Städte des Ruhrgebiets mit Aufenthalten an Stauseen oder in Urlaubsorten verbunden werden. Allerdings veränderte sich die Nachfrage und fielen die Preise im Verlauf der Wirtschaftskrise zusehend. So verstärkte sich der bereits in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre einsetzende Trend in Richtung "Reise billig" statt "Reise bequem", wie die wachsende Zahl der verkauften Fahrkarten in der untersten Wagenklasse signalisierte.
Der Entwicklung des Tourismus in Westfalen während der 1920er Jahre - so das Fazit für diesen Zeitabschnitt - in Richtung einer planbaren, billigen, verkürzten und in der Gruppe angetretenen Reise spiegelte den allgemeinen Strukturwandel des Tourismus während der Weimarer Republik. Mehr noch als die zahlreichen Ferien- und Sonderzüge signalisierte aber der expandierende Naherholungsverkehr ein verändertes Freizeit- und Erholungsbedürfnis in allen Gesellschaftsschichten, das auch in der Wirtschaftskrise allenfalls zurückgestellt, aber nicht aufgegeben wurde.
Der Entwicklung des Tourismus in Westfalen während der 1920er Jahre - so das Fazit für diesen Zeitabschnitt - in Richtung einer planbaren, billigen, verkürzten und in der Gruppe angetretenen Reise spiegelte den allgemeinen Strukturwandel des Tourismus während der Weimarer Republik. Mehr noch als die zahlreichen Ferien- und Sonderzüge signalisierte aber der expandierende Naherholungsverkehr ein verändertes Freizeit- und Erholungsbedürfnis in allen Gesellschaftsschichten, das auch in der Wirtschaftskrise allenfalls zurückgestellt, aber nicht aufgegeben wurde.
Tourismus und Tourismusförderung
während der NS-Zeit
Die Tourismusförderung wurde nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in kurzer Zeit zentralisiert. Der Westfälische Verkehrsverband wurde im Juni 1933 zu einem von 25 Landesverkehrsverbänden im Deutschen Reich umgebildet. Bei dieser Aufteilung blieb es im wesentlichen während der gesamten NS-Zeit. Die inhaltliche Arbeit und die Aktionsformen konnten von Verkehrsvereinen und Verband nach 1933 weitgehend bruchlos fortgeführt werden. Die Themenpalette beinhaltete wie bisher die Verhandlungen mit der Reichsbahn um Zugverbindungen und ermäßigte Fahrkarten, die Einsetzung von billigen Fernreisen nach Süd- und Norddeutschland sowie die intensive Förderung des Naherholungsverkehrs zu den Talsperren und Wintersportplätzen. Gefördert wurde schließlich eine intensivere Gemeinschaftswerbung von Städten für kulturelle Veranstaltungen, um so die zahlreichen Tagestouristen zu längeren Aufenthalten in der Region zu bewegen. Der Tourismusverband intensivierte ferner seine Werbetätigkeit für Städte und Regionen durch Ausstellungsteilnahme, Werbefilme, Radiosendungen sowie durch die Herausgabe von Städtekatalogen, eines Autoreiseführers, einer besonderen Werbezeitschrift "Westfalen im Bild" mit Reiseberichten und Werbeanzeigen für Veranstalter und Unterkünfte und einer Fülle von Prospektmaterialien und Informationsbroschüren auf den Bahnhöfen.
Dagegen stockte die Werbung für den Ausländertourismus insbesondere aus den Niederlanden einige Male an Unklarheiten über Reisesteuern und Devisenfragen, wurde aber von den Verbandsvertretern gleichwohl mit großem propagandistischem Aufwand bis zum Kriegsbeginn immer wieder aufgegriffen. Inwieweit die Werbung Erfolg hatte, lässt sich jedoch nur von Stadt zu Stadt, bzw. anhand der Angaben einzelner Fremdenverkehrsgemeinden feststellen. So ging der Besuch holländischer Touristen in Dortmund zwischen 1932 und 1937 um ca. 50 % zurück, was nach Ansicht des Oberbürgermeisters neben dem Rückgang von Geschäftsreisenden auch an der Absage von Großveranstaltungen, z. B. von Sechstagerennen, lag. In Soest hingegen stieg die Zahl der ausländischen Gäste jedes Jahr weiter und erreichte im Jahr der Olympiade in Berlin ihren Zenit, wobei die niederländischen Touristen nach Schätzungen des Verkehrsamtes rund die Hälfte der ausländischen Besucher stellten.
Auf eine offene Werbung für das NS-Regime verzichteten die Tourismusveranstalter zumindest in ihren Hochglanzbroschüren wie der neugeschaffenen Zeitschrift "Westfalen im Bild". Stattdessen sollten die Publikationen unter dem Motto "Reist in das schöne Deutschland" durch Berichte über kulturelle Ereignisse oder andere "ausgelassene Veranstaltungen" ausländischen Lesern klarmachen, "dass Deutschland durch das Werk des Führers inmitten der Wirren der Welt so beruhigt dastehe, dass der Deutsche in Frohsinn und Heiterkeit leben könne." Abgesehen von antisemitisch und rassistisch motivierten Verboten oder Ausschlüssen von der Teilnahme am lokalen Fremdenverkehr, bei Reiseveranstaltungen privater Unternehmen und von Angeboten der NS-Organisation "Kraft durch Freude" (KdF) erschließt sich hier die Begrenzung der Fremdenverkehrswerbung auf die deutsche, nichtjüdische Bevölkerung erst durch die Einbindung der Werbemittel, Zielsetzungen, Aktionsformen und Angebote des Tourismusverbandes und der Reiseveranstalter in die Gesamtpolitik des Regimes.
Die im November 1933 gegründete NS-Organisation "Kraft-durch-Freude" (KdF) stellte für die etablierten Tourismusverbände keine Konkurrenz dar, sondern entwickelte sich seit 1935/36 zu einem Kooperationspartner. Zwar waren die Angebote von KdF teilweise wesentlich billiger als die anderer Veranstalter, die wie die Reichsbahn einen Reiseausfall aus Mangel an Interessenten schon einmal mit Hinweis auf KdF begründeten. Reichsweit wuchs KdF zum größten Veranstalter und hatte seinen Schwerpunkt - ungeachtet der populären und sich tief ins gesellschaftliche Gedächtnis eingeschriebenen Hochseefahrten - bei den 4 bis 14-tägigen Landreisen, den Wochenendfahrten und Tagestouren. Allerdings schwankten die Reisendenzahlen zwischen den einzelnen Regionen erheblich. So vermochte KdF in Westfalen als Reiseland nur schwer Fuß zu fassen, zumal hier die traditionellen Ferien- und Kurorte - wie häufig innerhalb des Deutschen Reiches - kein oder nur wenig Interesse am billigen und die Preise drückenden KdF-Tourismus besaßen. Die Zahlen der KdF-Reisenden im gesamten Gau Westfalen-Nord blieben weit hinter dem Potential der umworbenen Arbeitnehmerschaft im gesamten Deutschen Reich und auch speziell in Westfalen zurück. Dominant blieb statt der Pauschalangebote von KdF der privat organisierte Individualtourismus.
Dagegen stockte die Werbung für den Ausländertourismus insbesondere aus den Niederlanden einige Male an Unklarheiten über Reisesteuern und Devisenfragen, wurde aber von den Verbandsvertretern gleichwohl mit großem propagandistischem Aufwand bis zum Kriegsbeginn immer wieder aufgegriffen. Inwieweit die Werbung Erfolg hatte, lässt sich jedoch nur von Stadt zu Stadt, bzw. anhand der Angaben einzelner Fremdenverkehrsgemeinden feststellen. So ging der Besuch holländischer Touristen in Dortmund zwischen 1932 und 1937 um ca. 50 % zurück, was nach Ansicht des Oberbürgermeisters neben dem Rückgang von Geschäftsreisenden auch an der Absage von Großveranstaltungen, z. B. von Sechstagerennen, lag. In Soest hingegen stieg die Zahl der ausländischen Gäste jedes Jahr weiter und erreichte im Jahr der Olympiade in Berlin ihren Zenit, wobei die niederländischen Touristen nach Schätzungen des Verkehrsamtes rund die Hälfte der ausländischen Besucher stellten.
Auf eine offene Werbung für das NS-Regime verzichteten die Tourismusveranstalter zumindest in ihren Hochglanzbroschüren wie der neugeschaffenen Zeitschrift "Westfalen im Bild". Stattdessen sollten die Publikationen unter dem Motto "Reist in das schöne Deutschland" durch Berichte über kulturelle Ereignisse oder andere "ausgelassene Veranstaltungen" ausländischen Lesern klarmachen, "dass Deutschland durch das Werk des Führers inmitten der Wirren der Welt so beruhigt dastehe, dass der Deutsche in Frohsinn und Heiterkeit leben könne." Abgesehen von antisemitisch und rassistisch motivierten Verboten oder Ausschlüssen von der Teilnahme am lokalen Fremdenverkehr, bei Reiseveranstaltungen privater Unternehmen und von Angeboten der NS-Organisation "Kraft durch Freude" (KdF) erschließt sich hier die Begrenzung der Fremdenverkehrswerbung auf die deutsche, nichtjüdische Bevölkerung erst durch die Einbindung der Werbemittel, Zielsetzungen, Aktionsformen und Angebote des Tourismusverbandes und der Reiseveranstalter in die Gesamtpolitik des Regimes.
Die im November 1933 gegründete NS-Organisation "Kraft-durch-Freude" (KdF) stellte für die etablierten Tourismusverbände keine Konkurrenz dar, sondern entwickelte sich seit 1935/36 zu einem Kooperationspartner. Zwar waren die Angebote von KdF teilweise wesentlich billiger als die anderer Veranstalter, die wie die Reichsbahn einen Reiseausfall aus Mangel an Interessenten schon einmal mit Hinweis auf KdF begründeten. Reichsweit wuchs KdF zum größten Veranstalter und hatte seinen Schwerpunkt - ungeachtet der populären und sich tief ins gesellschaftliche Gedächtnis eingeschriebenen Hochseefahrten - bei den 4 bis 14-tägigen Landreisen, den Wochenendfahrten und Tagestouren. Allerdings schwankten die Reisendenzahlen zwischen den einzelnen Regionen erheblich. So vermochte KdF in Westfalen als Reiseland nur schwer Fuß zu fassen, zumal hier die traditionellen Ferien- und Kurorte - wie häufig innerhalb des Deutschen Reiches - kein oder nur wenig Interesse am billigen und die Preise drückenden KdF-Tourismus besaßen. Die Zahlen der KdF-Reisenden im gesamten Gau Westfalen-Nord blieben weit hinter dem Potential der umworbenen Arbeitnehmerschaft im gesamten Deutschen Reich und auch speziell in Westfalen zurück. Dominant blieb statt der Pauschalangebote von KdF der privat organisierte Individualtourismus.
Werbeanzeige: "Dein Ferienland Westfalen", in: Westfalen im Bild, 9. Jg., Heft 4, 1935, S. 16/17
Werbeanzeige "Straße ohne Schornsteine", 1928
Auch andere Anbieter von Fremdenverkehrsdienstleistungen profitierten von den Bemühungen des Verkehrsverbandes. Die Stadt Soest als traditioneller Zielort für Städtereisen z. B. meldete wie schon in der Weimarer Republik konjunkturell beeinflusste, insgesamt aber deutlich steigende Besucher- und Übernachtungszahlen von 10.375 Übernachtungen 1925 auf 27.852 im Jahr 1938. In der Pfingstwoche 1935 fuhren angeblich allein 50 Sonderzüge der Reichsbahn nach Soest. Ebenso kletterten die Besucherzahlen zur Möhneseetalsperre. Dort wurden allein zu Pfingsten 1935 ca. 20.000 Besucher geschätzt, von denen etwa 12.000 mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisten.
Insgesamt kletterten die Übernachtungszahlen in den westfälischen Tourismusgemeinden von 3,6 Mio. im Jahr 1936 auf knapp 5,3 Mio. im Jahr 1938. Je nach Teilregion und in Abhängigkeit von der Zahl und der Ausrichtung der Tourismusorte schwankten dabei die durchschnittliche Bettenausnutzung und die Übernachtungszahl erheblich. Am größten waren beide wie bisher in den traditionellen Kurorten des Teutoburgerwaldes, am kleinsten in den Wochenendorten des Nahverkehrs. Dabei stammten die Urlauber nach Einschätzung des Verkehrsverbandes nach wie vor überwiegend aus Westfalen selbst, besonders aus dem Ruhrgebiet. So wertete es der Verband schon als Erfolg, dass 1936 aufgrund der Werbemaßnahmen in einzelnen Urlaubsorten 15-20 % der Besucher aus Norddeutschland und Berlin angereist waren. Trotz des Gesamtzuwachses musste der Tourismusverband jedoch Ende der 1930er Jahre wie schon in den 1920er Jahren wiederholt an die Beherbergungsbetriebe appellieren, Anfragen von Reisebüros und Autobusunternehmen "sorgfältig und schnellstens" zu beantworten sowie Belegungszeiten und Auslastung regelmäßig mitzuteilen, um die häufigen Doppelbuchungen und anschließenden Auseinandersetzungen im Interesse der Fremdenverkehrsförderung zu vermeiden.
Die Zunahme der Reisenden wurde wie schon während der Weimarer Republik auch in der NS-Zeit durch die Verlängerung des bezahlten Mindesturlaubes, durch die verkürzten Anwartzeiten und durch die Allgemeinverbindlichkeit der neuen Tarifordnungen erheblich unterstützt. So sahen die Urlaubsvorschriften überwiegend nach spätestens einem Jahr Betriebszugehörigkeit für erwachsene Arbeiter einen bezahlten Mindesturlaub von zumeist sechs Tagen vor, der gestaffelt nach der Dauer der ununterbrochenen Beschäftigung in der Regel nach zehn bis sechzehn Jahren bis auf zwölf Urlaubstage kletterte. Bevorzugt waren somit wie schon vor 1933 männliche Facharbeiter mittleren Alters mit einer ununterbrochenen Beschäftigungsdauer von zehn und mehr Jahren. Überdurchschnittlich mehr Urlaub verfügten zudem erstmals jugendliche Arbeitnehmer unter 18 Jahren und wie bisher je nach Betrieb und Branche sowie nach Lebensalter und Betriebszugehörigkeit gestaffelt auch Angestellte mit acht bis zu 24 Tagen sowie die Beamten im öffentlichen Dienst. Allerdings lassen sich Aussagen über die Verteilung der faktischen Urlaubsansprüche aufgrund der hohen Arbeitslosenzahlen Anfang der 1930er Jahre (und der daher häufig nur kurzen Anwartzeiten) und - wie schon während der Weimarer Republik - zur verfügbaren Urlaubsdauer der Selbstständigen z. B. im Einzelhandel oder der Beschäftigten in der Landwirtschaft nur für einzelne Betriebe und Branchen treffen. Eine Erhebung der Deutschen Arbeitsfront in der metallverarbeitenden Industrie ergab beispielsweise 1938, dass 25,8 % der befragten Arbeitnehmer sechs Tage, 61,6 % zwischen sieben und zwölf Tagen, 7,5 % mehr als zwölf Tage und 5,1 % weniger als sechs Tage bezahlten Urlaub erhielten.
Ungeachtet dieser Urlaubsentwicklung kündigten sich schon Ende der 1930er Jahre erste Einschränkungen der Tourismusförderung an. Im Juli 1938 grenzte der Reichsverkehrsminister die Genehmigungen für Gesellschafts-Sonderzüge erheblich ein. Nach Kriegsbeginn und dem zeitweiligen Urlaubsverbot versuchte der westfälische Tourismusverband zunächst seine Aktivitäten auf Sparflamme weiterzuführen und sich dabei z. B. auf die städtische Kulturpflege zu konzentrieren. Im Januar 1940 folgte dann das vorläufige Verbot jeglicher Werbung für Erholungsreisen. Die Reisebüros sollten sich vorsorglich auf "erhebliche Einschränkungen" einstellen. Fahrpreisermäßigungen wurden aufgehoben. Die NS-Organisation KdF war in ihrem Tätigkeitsbereich "Reiseorganisation" seit Kriegsbeginn dementsprechend ganz auf den Bereich Wochenend- und Kurzfahrten im regionalen Umfeld sowie auf Wanderungen begrenzt. Mit anhaltender Kriegsdauer nahmen die Angebote von KdF ab und verloren schließlich ganz an Bedeutung. Der westfälische Tourismusverband beschränkte sich zunehmend auf die Beobachtung der Fremdenverkehrsgemeinden, die Abfassung von Berichten über Möglichkeiten zur Kontrolle der anwesenden Erholungssuchenden sowie zur Überprüfung der Zweckentfremdungen und Fehlbelegungen, schließlich auf Überlegungen zu potentiellen Nachkriegsentwicklungen des Fremdenverkehrs.
Trotz der immer rigideren staatlichen Lenkungsversuche und polizeilichen Kontrollen verringerten sich die Übernachtungszahlen in Westfalen zunächst insgesamt kaum. In zahlreichen Gemeinden wurden nach Erhebungen des Verkehrsverbandes im Winter und Sommer 1940 die Übernachtungszahlen des Vorjahres vielmehr "zum Teil weit überschritten." Appelle, die Züge nicht zu Urlaubsreisen zu benutzen, blieben ebenso wirkungslos wie Verbote mit drastischen Strafandrohungen. Auch in späteren Jahren ließ die Nachfrage nach offenen Quartieren nicht nach. Insbesondere die Kurorte und Bäder im Gebiet Teutoburger Wald meldeten steigende Auslastungen. "Wer ausreichend Geld, Zeit und Beziehungen hatte, konnte" - so das Fazit des Tourismusverbandes im Sommer 1942 - "immer noch so oft und so lange verreisen, wie er es wünschte." Doch dürfte diese Aussage nur noch auf einen kleinen Personenkreis zugetroffen haben. Spätestens seit 1944 verhinderten zudem die Urlaubssperren, die Belegung der Hotels mit Verwundeten und ausgebombten Städtern sowie die zunehmenden Kriegszerstörungen vorhandene Mobilität und brachte die Kriegsentwicklung jegliche Fremdenverkehrsaktivitäten zum Erliegen.
Insgesamt kletterten die Übernachtungszahlen in den westfälischen Tourismusgemeinden von 3,6 Mio. im Jahr 1936 auf knapp 5,3 Mio. im Jahr 1938. Je nach Teilregion und in Abhängigkeit von der Zahl und der Ausrichtung der Tourismusorte schwankten dabei die durchschnittliche Bettenausnutzung und die Übernachtungszahl erheblich. Am größten waren beide wie bisher in den traditionellen Kurorten des Teutoburgerwaldes, am kleinsten in den Wochenendorten des Nahverkehrs. Dabei stammten die Urlauber nach Einschätzung des Verkehrsverbandes nach wie vor überwiegend aus Westfalen selbst, besonders aus dem Ruhrgebiet. So wertete es der Verband schon als Erfolg, dass 1936 aufgrund der Werbemaßnahmen in einzelnen Urlaubsorten 15-20 % der Besucher aus Norddeutschland und Berlin angereist waren. Trotz des Gesamtzuwachses musste der Tourismusverband jedoch Ende der 1930er Jahre wie schon in den 1920er Jahren wiederholt an die Beherbergungsbetriebe appellieren, Anfragen von Reisebüros und Autobusunternehmen "sorgfältig und schnellstens" zu beantworten sowie Belegungszeiten und Auslastung regelmäßig mitzuteilen, um die häufigen Doppelbuchungen und anschließenden Auseinandersetzungen im Interesse der Fremdenverkehrsförderung zu vermeiden.
Die Zunahme der Reisenden wurde wie schon während der Weimarer Republik auch in der NS-Zeit durch die Verlängerung des bezahlten Mindesturlaubes, durch die verkürzten Anwartzeiten und durch die Allgemeinverbindlichkeit der neuen Tarifordnungen erheblich unterstützt. So sahen die Urlaubsvorschriften überwiegend nach spätestens einem Jahr Betriebszugehörigkeit für erwachsene Arbeiter einen bezahlten Mindesturlaub von zumeist sechs Tagen vor, der gestaffelt nach der Dauer der ununterbrochenen Beschäftigung in der Regel nach zehn bis sechzehn Jahren bis auf zwölf Urlaubstage kletterte. Bevorzugt waren somit wie schon vor 1933 männliche Facharbeiter mittleren Alters mit einer ununterbrochenen Beschäftigungsdauer von zehn und mehr Jahren. Überdurchschnittlich mehr Urlaub verfügten zudem erstmals jugendliche Arbeitnehmer unter 18 Jahren und wie bisher je nach Betrieb und Branche sowie nach Lebensalter und Betriebszugehörigkeit gestaffelt auch Angestellte mit acht bis zu 24 Tagen sowie die Beamten im öffentlichen Dienst. Allerdings lassen sich Aussagen über die Verteilung der faktischen Urlaubsansprüche aufgrund der hohen Arbeitslosenzahlen Anfang der 1930er Jahre (und der daher häufig nur kurzen Anwartzeiten) und - wie schon während der Weimarer Republik - zur verfügbaren Urlaubsdauer der Selbstständigen z. B. im Einzelhandel oder der Beschäftigten in der Landwirtschaft nur für einzelne Betriebe und Branchen treffen. Eine Erhebung der Deutschen Arbeitsfront in der metallverarbeitenden Industrie ergab beispielsweise 1938, dass 25,8 % der befragten Arbeitnehmer sechs Tage, 61,6 % zwischen sieben und zwölf Tagen, 7,5 % mehr als zwölf Tage und 5,1 % weniger als sechs Tage bezahlten Urlaub erhielten.
Ungeachtet dieser Urlaubsentwicklung kündigten sich schon Ende der 1930er Jahre erste Einschränkungen der Tourismusförderung an. Im Juli 1938 grenzte der Reichsverkehrsminister die Genehmigungen für Gesellschafts-Sonderzüge erheblich ein. Nach Kriegsbeginn und dem zeitweiligen Urlaubsverbot versuchte der westfälische Tourismusverband zunächst seine Aktivitäten auf Sparflamme weiterzuführen und sich dabei z. B. auf die städtische Kulturpflege zu konzentrieren. Im Januar 1940 folgte dann das vorläufige Verbot jeglicher Werbung für Erholungsreisen. Die Reisebüros sollten sich vorsorglich auf "erhebliche Einschränkungen" einstellen. Fahrpreisermäßigungen wurden aufgehoben. Die NS-Organisation KdF war in ihrem Tätigkeitsbereich "Reiseorganisation" seit Kriegsbeginn dementsprechend ganz auf den Bereich Wochenend- und Kurzfahrten im regionalen Umfeld sowie auf Wanderungen begrenzt. Mit anhaltender Kriegsdauer nahmen die Angebote von KdF ab und verloren schließlich ganz an Bedeutung. Der westfälische Tourismusverband beschränkte sich zunehmend auf die Beobachtung der Fremdenverkehrsgemeinden, die Abfassung von Berichten über Möglichkeiten zur Kontrolle der anwesenden Erholungssuchenden sowie zur Überprüfung der Zweckentfremdungen und Fehlbelegungen, schließlich auf Überlegungen zu potentiellen Nachkriegsentwicklungen des Fremdenverkehrs.
Trotz der immer rigideren staatlichen Lenkungsversuche und polizeilichen Kontrollen verringerten sich die Übernachtungszahlen in Westfalen zunächst insgesamt kaum. In zahlreichen Gemeinden wurden nach Erhebungen des Verkehrsverbandes im Winter und Sommer 1940 die Übernachtungszahlen des Vorjahres vielmehr "zum Teil weit überschritten." Appelle, die Züge nicht zu Urlaubsreisen zu benutzen, blieben ebenso wirkungslos wie Verbote mit drastischen Strafandrohungen. Auch in späteren Jahren ließ die Nachfrage nach offenen Quartieren nicht nach. Insbesondere die Kurorte und Bäder im Gebiet Teutoburger Wald meldeten steigende Auslastungen. "Wer ausreichend Geld, Zeit und Beziehungen hatte, konnte" - so das Fazit des Tourismusverbandes im Sommer 1942 - "immer noch so oft und so lange verreisen, wie er es wünschte." Doch dürfte diese Aussage nur noch auf einen kleinen Personenkreis zugetroffen haben. Spätestens seit 1944 verhinderten zudem die Urlaubssperren, die Belegung der Hotels mit Verwundeten und ausgebombten Städtern sowie die zunehmenden Kriegszerstörungen vorhandene Mobilität und brachte die Kriegsentwicklung jegliche Fremdenverkehrsaktivitäten zum Erliegen.
"Westfalen erwartet auch Sie", 1955
Rathaus von Soest, 1995
Staumauer und Ablassbecken der Möhne-Talsperre, 2003
Organisatorischer Wiederanfang 1945, "Reisewelle" der 1950er und Strukturwandel der Reisegestaltung in den 1960er und 1970er Jahren
Der Tourismusverband befand sich nach 1945 zunächst in einem organisatorischen Schwebezustand, wurde jedoch Anfang 1947 von der Militärregierung wieder zugelassen
Inhaltlich knüpfte der Dachverband an die Konzepte und Forderungen seit der Weimarer Republik und den Vorkriegsjahren an. Teilweise wurde auch während der ersten Zeit das Werbematerial der 1930er Jahre in Ermangelung von überarbeiteten Broschüren weiter verteilt. Zunächst stand jedoch einerseits die Wiederaufnahme unterbrochener Verbindungen zu einzelnen Organisationen auf der Tagesordnung, die den Verband beraten sollten. Andererseits besaßen die Erweiterung der Übernachtungskapazitäten, die Freimachung beschlagnahmter Hotels und Unterkünfte der Besatzungsmacht und von kurzfristig eingewiesenen Flüchtlingen und ausgebombten Obdachlosen sowie der Wiederaufbau zerstörter Unterkünfte oberste Priorität. So betrug die Bettenkapazität in Westfalen im Jahr 1948 knapp 40 %, drei Jahre später knapp 60% des Standes von 1938. Erst langsam griff der Tourismusverband die bekannten Werbekampagnen auf, z. B. bei der Gewinnung ausländischer Touristen aus den Niederlanden, England und den USA. Bei den deutschen Touristen unterstützte der Verband die zur Ankurbelung des Reiseverkehrs wieder belebte Idee des Reisesparens aus der Endphase der Weimarer Republik, wobei allerdings jedwede Verbindungslinie zum Reisesparmarkensystem der NS-Zeit vehement bestritten wurde. In die gleiche Richtung zielte auch der DGB mit seinem Sozialtourismus-Konzept, das "billige Gemeinschaftsfahrten" einer "weniger zahlungskräftigen Bevölkerung" zugänglich machen wollte, indem auf Gutscheinbasis ein bestimmter Betrag angespart und für eine Reise eingesetzt wurde. Zuspruch fanden auch die kostengünstigen betrieblichen Ferienheime. Daneben erneuerte der Verkehrsverband die bekannten Forderungen nach Ausweitung der Wochenendfahrkarten, ermäßigten Sonderzügen und Gruppenreisen.
Die Werbemaßnahmen - die in ähnlicher Form auch in anderen Feriengebieten unternommen wurden - stießen in der Bevölkerung auf eine in diesem Umfang nicht erwartete Resonanz, so dass seit Ende der 1950er Jahre in Anlehnung an die "Esswelle" und die "Einrichtungswelle" von einer "Reisewelle" gesprochen wurde. So schätzten in Meinungsumfragen Mitte der 1950er Jahre (1955) 83 % der Befragten Urlaubsreisen nicht mehr als Luxus ein. Doch noch im Jahr 1957 erklärten 73 % der Befragten, dass sie keine Urlaubsreise unternahmen. Binnen weniger Jahre kehrte sich dieses Verhältnis um. 1961 antworteten nur noch 57 % mit nein und 43 % mit ja auf die Frage nach der Urlaubsreise. 1964 waren schließlich die Urlauber klar in der Mehrzahl, als 73 % angaben, eine Urlaubsreise zu planen - wann sie allerdings realisiert wurde, bleibt unklar. Nachweislich reisten erst 1974 mehr als die Hälfte der Deutschen in Urlaub. 1990 war dieser Anteil auf 68 % geklettert. Die Übernachtungszahlen in Deutschland sowie die von deutschen Reisenden im benachbarten Ausland stiegen jedenfalls rasch und dauerhaft an. Auch der Städtetourismus und der Naherholungsverkehr profitierten von dem Zuwachs.
Zum Bedauern des westfälischen Verkehrsverbandes fuhren dabei die Arbeitnehmer des Industriebezirks - 1960 - nach wie vor für ihren Urlaub in die unmittelbare Umgebung und nutzten noch zu wenig Angebote des Reisesparens. Ganz abgesehen von den finanziellen Möglichkeiten entsprach dies aber einer sich allgemein wandelnden Urlaubsnutzung, wie sie die Gewerkschaften bereits bei den Angestellten Mitte der 1950er Jahre beobachtet hatten. Danach waren bis etwa 1955 "Sehreisen" die bevorzugte Reiseform, bei der eine feste Reisegruppe mehrere Ziele nacheinander mit dem Auto besuchte. Die hohen Kosten bei einem Familienurlaub sowie das Ruhebedürfnis angesichts des zunehmenden Arbeitsdrucks bewirkten nach Einschätzung der Gewerkschaften jedoch schon in der zweiten Hälfte der 1950er, dass sich ein wachsender Teil der Urlauber auf die billigeren Erholungsreisen umorientierte. Gemeinsam wurde nur noch zum Urlaubsziel gefahren, wo dann die individuelle Urlaubsgestaltung im Mittelpunkt stand. Engpässe und Doppelbuchungen, wie sie jetzt wieder vermehrt während der Schulferien in den Hauptreisegebieten auftraten, sollte dabei die 1958 gestartete "Schlaumeier-Aktion" der Reiseveranstalter abbauen helfen, mit der - wie schon in der Zwischenkriegszeit - die reisearmen Phasen der Vor- und Nachsaison durch Preisnachlässe interessant gemacht wurden.
Gewerkschaften, Verkehrsverbände und die Unternehmerorganisationen charakterisierten diese Veränderungen der Reiseform als einen langfristigen Strukturwandel" oder eine "Wende" im bisherigen Tourismus. Der Wandel sei gekennzeichnet, so z. B. der DIHT Ende 1954, von geänderten Lebensgewohnheiten, Sportinteressen, neuen Reiseangeboten, der "Sehnsucht nach Ruhe", sozialem Druck, aber auch dem Wunsch, neue Länder kennenzulernen. Die alte Gesellschaftsreise sei überholt. Sie stellte nach dem Urteil des Reiseveranstalterspezialisten Carl Degener Ende der 1950er Jahre "als organisierte Reise die Brücke zur Einzelreise" dar und wurde als eine "Art Reiselehrgang" beurteilt, der den Reisenden selbstständiger werden lasse. Dieser Trend werde durch die wachsende Motorisierung unterstützt. Noch kaum abzusehen waren zu diesem Zeitpunkt die Auswirkungen der rasch zunehmenden Zahl an Auslandsurlaubern. Immerhin reisten nach einer Umfrage aus dem Jahr 1961 bereits 30 % der Urlauber ins Ausland. Skeptisch, da kaum steuerbar, beurteilten die Reiseveranstalter hingegen die seit den späten 1950ern rasch zunehmende Zahl der Campingurlauber, die in manchen Augen "die moderne Form des Fremdenverkehrs" verkörperten.
An Dynamik in Richtung eines allgemeinen und individuell gestalteten Erholungsurlaubs erlangte diese Entwicklung des Reiseverhaltens jedoch erst, als seit Anfang der 1960er Jahre für die Arbeitnehmer in allen Branchen das arbeitsfreie Wochenende und der Jahresurlaub sukzessiv verlängert und schließlich 1963 erstmals ein Mindesturlaubsanspruch gesetzlich verankert wurden. Allerdings war der Urlaub wie bisher nach Statusgruppe, Branche, Lebensalter, Betriebszugehörigkeit gestaffelt. Als gesetzlicher Mindesturlaub waren 1956 12 und 1963 15 Tage festgelegt. Die durchschnittliche verfügbare Urlaubsdauer wuchs für die abhängig beschäftigten Männer in den folgenden Jahren von 16,4 Arbeitstagen 1960 auf 19,0 1965, 21,7 1970, 24,7 1975 und 30,8 Arbeitstage 1987. Bei den Arbeitnehmerinnen lag der Urlaub etwas niedriger. Durchschnittlich verfügen Männer und Frauen 1995 über 31 Urlaubstage. Neuerdings ist dieser Trend zum ersten Mal seit langer Zeit wieder rückläufig. Zudem spiegelt der Trend nicht die faktische Urlaubsverteilung und Urlaubsdauer. Nach wie vor lassen sich über den verfügbaren Urlaub der Selbstständigen oder der in der Landwirtschaft tätigen Personen keine Aussagen treffen. Die durchschnittliche Dauer der tatsächlich unternommenen Ferienreisen folgte dem verlängerten verfügbaren Urlaub mit Verzögerung. Noch in den späten 1950er Jahren dauerte die Urlaubsreise durchschnittlich zwischen 7 und 14 Tagen und seit den 1960er Jahren drei Wochen. In den 1980er Jahren verlängerte sich die durchschnittliche Reisedauer nochmals. Heute werden - durchschnittlich - mehrere kürzere Reisen (1-3 Wochen) unternommen.
Inhaltlich knüpfte der Dachverband an die Konzepte und Forderungen seit der Weimarer Republik und den Vorkriegsjahren an. Teilweise wurde auch während der ersten Zeit das Werbematerial der 1930er Jahre in Ermangelung von überarbeiteten Broschüren weiter verteilt. Zunächst stand jedoch einerseits die Wiederaufnahme unterbrochener Verbindungen zu einzelnen Organisationen auf der Tagesordnung, die den Verband beraten sollten. Andererseits besaßen die Erweiterung der Übernachtungskapazitäten, die Freimachung beschlagnahmter Hotels und Unterkünfte der Besatzungsmacht und von kurzfristig eingewiesenen Flüchtlingen und ausgebombten Obdachlosen sowie der Wiederaufbau zerstörter Unterkünfte oberste Priorität. So betrug die Bettenkapazität in Westfalen im Jahr 1948 knapp 40 %, drei Jahre später knapp 60% des Standes von 1938. Erst langsam griff der Tourismusverband die bekannten Werbekampagnen auf, z. B. bei der Gewinnung ausländischer Touristen aus den Niederlanden, England und den USA. Bei den deutschen Touristen unterstützte der Verband die zur Ankurbelung des Reiseverkehrs wieder belebte Idee des Reisesparens aus der Endphase der Weimarer Republik, wobei allerdings jedwede Verbindungslinie zum Reisesparmarkensystem der NS-Zeit vehement bestritten wurde. In die gleiche Richtung zielte auch der DGB mit seinem Sozialtourismus-Konzept, das "billige Gemeinschaftsfahrten" einer "weniger zahlungskräftigen Bevölkerung" zugänglich machen wollte, indem auf Gutscheinbasis ein bestimmter Betrag angespart und für eine Reise eingesetzt wurde. Zuspruch fanden auch die kostengünstigen betrieblichen Ferienheime. Daneben erneuerte der Verkehrsverband die bekannten Forderungen nach Ausweitung der Wochenendfahrkarten, ermäßigten Sonderzügen und Gruppenreisen.
Die Werbemaßnahmen - die in ähnlicher Form auch in anderen Feriengebieten unternommen wurden - stießen in der Bevölkerung auf eine in diesem Umfang nicht erwartete Resonanz, so dass seit Ende der 1950er Jahre in Anlehnung an die "Esswelle" und die "Einrichtungswelle" von einer "Reisewelle" gesprochen wurde. So schätzten in Meinungsumfragen Mitte der 1950er Jahre (1955) 83 % der Befragten Urlaubsreisen nicht mehr als Luxus ein. Doch noch im Jahr 1957 erklärten 73 % der Befragten, dass sie keine Urlaubsreise unternahmen. Binnen weniger Jahre kehrte sich dieses Verhältnis um. 1961 antworteten nur noch 57 % mit nein und 43 % mit ja auf die Frage nach der Urlaubsreise. 1964 waren schließlich die Urlauber klar in der Mehrzahl, als 73 % angaben, eine Urlaubsreise zu planen - wann sie allerdings realisiert wurde, bleibt unklar. Nachweislich reisten erst 1974 mehr als die Hälfte der Deutschen in Urlaub. 1990 war dieser Anteil auf 68 % geklettert. Die Übernachtungszahlen in Deutschland sowie die von deutschen Reisenden im benachbarten Ausland stiegen jedenfalls rasch und dauerhaft an. Auch der Städtetourismus und der Naherholungsverkehr profitierten von dem Zuwachs.
Zum Bedauern des westfälischen Verkehrsverbandes fuhren dabei die Arbeitnehmer des Industriebezirks - 1960 - nach wie vor für ihren Urlaub in die unmittelbare Umgebung und nutzten noch zu wenig Angebote des Reisesparens. Ganz abgesehen von den finanziellen Möglichkeiten entsprach dies aber einer sich allgemein wandelnden Urlaubsnutzung, wie sie die Gewerkschaften bereits bei den Angestellten Mitte der 1950er Jahre beobachtet hatten. Danach waren bis etwa 1955 "Sehreisen" die bevorzugte Reiseform, bei der eine feste Reisegruppe mehrere Ziele nacheinander mit dem Auto besuchte. Die hohen Kosten bei einem Familienurlaub sowie das Ruhebedürfnis angesichts des zunehmenden Arbeitsdrucks bewirkten nach Einschätzung der Gewerkschaften jedoch schon in der zweiten Hälfte der 1950er, dass sich ein wachsender Teil der Urlauber auf die billigeren Erholungsreisen umorientierte. Gemeinsam wurde nur noch zum Urlaubsziel gefahren, wo dann die individuelle Urlaubsgestaltung im Mittelpunkt stand. Engpässe und Doppelbuchungen, wie sie jetzt wieder vermehrt während der Schulferien in den Hauptreisegebieten auftraten, sollte dabei die 1958 gestartete "Schlaumeier-Aktion" der Reiseveranstalter abbauen helfen, mit der - wie schon in der Zwischenkriegszeit - die reisearmen Phasen der Vor- und Nachsaison durch Preisnachlässe interessant gemacht wurden.
Gewerkschaften, Verkehrsverbände und die Unternehmerorganisationen charakterisierten diese Veränderungen der Reiseform als einen langfristigen Strukturwandel" oder eine "Wende" im bisherigen Tourismus. Der Wandel sei gekennzeichnet, so z. B. der DIHT Ende 1954, von geänderten Lebensgewohnheiten, Sportinteressen, neuen Reiseangeboten, der "Sehnsucht nach Ruhe", sozialem Druck, aber auch dem Wunsch, neue Länder kennenzulernen. Die alte Gesellschaftsreise sei überholt. Sie stellte nach dem Urteil des Reiseveranstalterspezialisten Carl Degener Ende der 1950er Jahre "als organisierte Reise die Brücke zur Einzelreise" dar und wurde als eine "Art Reiselehrgang" beurteilt, der den Reisenden selbstständiger werden lasse. Dieser Trend werde durch die wachsende Motorisierung unterstützt. Noch kaum abzusehen waren zu diesem Zeitpunkt die Auswirkungen der rasch zunehmenden Zahl an Auslandsurlaubern. Immerhin reisten nach einer Umfrage aus dem Jahr 1961 bereits 30 % der Urlauber ins Ausland. Skeptisch, da kaum steuerbar, beurteilten die Reiseveranstalter hingegen die seit den späten 1950ern rasch zunehmende Zahl der Campingurlauber, die in manchen Augen "die moderne Form des Fremdenverkehrs" verkörperten.
An Dynamik in Richtung eines allgemeinen und individuell gestalteten Erholungsurlaubs erlangte diese Entwicklung des Reiseverhaltens jedoch erst, als seit Anfang der 1960er Jahre für die Arbeitnehmer in allen Branchen das arbeitsfreie Wochenende und der Jahresurlaub sukzessiv verlängert und schließlich 1963 erstmals ein Mindesturlaubsanspruch gesetzlich verankert wurden. Allerdings war der Urlaub wie bisher nach Statusgruppe, Branche, Lebensalter, Betriebszugehörigkeit gestaffelt. Als gesetzlicher Mindesturlaub waren 1956 12 und 1963 15 Tage festgelegt. Die durchschnittliche verfügbare Urlaubsdauer wuchs für die abhängig beschäftigten Männer in den folgenden Jahren von 16,4 Arbeitstagen 1960 auf 19,0 1965, 21,7 1970, 24,7 1975 und 30,8 Arbeitstage 1987. Bei den Arbeitnehmerinnen lag der Urlaub etwas niedriger. Durchschnittlich verfügen Männer und Frauen 1995 über 31 Urlaubstage. Neuerdings ist dieser Trend zum ersten Mal seit langer Zeit wieder rückläufig. Zudem spiegelt der Trend nicht die faktische Urlaubsverteilung und Urlaubsdauer. Nach wie vor lassen sich über den verfügbaren Urlaub der Selbstständigen oder der in der Landwirtschaft tätigen Personen keine Aussagen treffen. Die durchschnittliche Dauer der tatsächlich unternommenen Ferienreisen folgte dem verlängerten verfügbaren Urlaub mit Verzögerung. Noch in den späten 1950er Jahren dauerte die Urlaubsreise durchschnittlich zwischen 7 und 14 Tagen und seit den 1960er Jahren drei Wochen. In den 1980er Jahren verlängerte sich die durchschnittliche Reisedauer nochmals. Heute werden - durchschnittlich - mehrere kürzere Reisen (1-3 Wochen) unternommen.
Quelle: Matthias Frese, Naherholung und Ferntourismus. Tourismus und Tourismusförderung in Westfalen 1900-1970, S. 374
Die Krise des Regionaltourismus und die Neustrukturierung der Tourismusförderung seit den 1970er Jahren
Die 1960er Jahre beendeten die bis dahin dauernde Dominanz des innerdeutschen Tourismus und beschleunigten die bis heute dauernde Ausdifferenzierung des Tourismusangebots. Dieser Wandel dauert bis in die Gegenwart an. Einige wenige Bemerkungen müssen hier genügen.
Zu dem Wandel trug neben der Massenmotorisierung wesentlich die Flugzeugreise bei, die - bis heute - ständig neue Urlaubsziele eröffnet und deren Anteil an den Reiseformen aufgrund ständiger Preissenkungen von 5 % 1968, auf 13 % 1972 bis heute auf rund 30 % gewachsen ist (Spanien/Mallorca, Türkei, Griechenland, Tunesien, USA). Noch immer fährt aber die größte Zahl der Urlauber (54,7 % 1992) mit dem eigenen Auto zu seinem Reiseziel, das aber immer öfter im nahen Ausland lag (Österreich, Italien, Frankreich, Spanien). Erst in jüngster Zeit haben sowohl der Ferntourismus, als auch die Kurzreisen mit dem Flugzeug stark zugenommen und zugleich meldet auch der innerdeutsche Reiseverkehr nach Jahren der Abnahme oder Stagnation leichte Zuwächse.
Ebenfalls stark zugenommen hat der Tourismus nach Deutschland in den vergangenen Jahren, wenngleich es Deutschland nicht geschafft hat, sich als Urlaubsreiseland neben den bevorzugten Mittelmeerstaaten zu etablieren. In Deutschland dominieren nach wie vor Besucher aus der regionalen Nähe, z. B. aus den Niederlanden, oder pauschal arrangierte Rundreisen von Besuchern aus den USA oder asiatischen Ländern.
Zu dem Wandel trug neben der Massenmotorisierung wesentlich die Flugzeugreise bei, die - bis heute - ständig neue Urlaubsziele eröffnet und deren Anteil an den Reiseformen aufgrund ständiger Preissenkungen von 5 % 1968, auf 13 % 1972 bis heute auf rund 30 % gewachsen ist (Spanien/Mallorca, Türkei, Griechenland, Tunesien, USA). Noch immer fährt aber die größte Zahl der Urlauber (54,7 % 1992) mit dem eigenen Auto zu seinem Reiseziel, das aber immer öfter im nahen Ausland lag (Österreich, Italien, Frankreich, Spanien). Erst in jüngster Zeit haben sowohl der Ferntourismus, als auch die Kurzreisen mit dem Flugzeug stark zugenommen und zugleich meldet auch der innerdeutsche Reiseverkehr nach Jahren der Abnahme oder Stagnation leichte Zuwächse.
Ebenfalls stark zugenommen hat der Tourismus nach Deutschland in den vergangenen Jahren, wenngleich es Deutschland nicht geschafft hat, sich als Urlaubsreiseland neben den bevorzugten Mittelmeerstaaten zu etablieren. In Deutschland dominieren nach wie vor Besucher aus der regionalen Nähe, z. B. aus den Niederlanden, oder pauschal arrangierte Rundreisen von Besuchern aus den USA oder asiatischen Ländern.
Die regionalen, innerdeutschen Reiseveranstalter mussten angesichts der Veränderungen im Reiseverhalten, das auch "fühlbare Einbußen" beim Wochenend-, Ausflugs- und Städtetourismus mit sich brachte, ihre Angebote gründlich überdenken. Der westfälische Verkehrsverband war sich bewusst, dass die "gewaltigen Steigerungen der Besucherzahlen" aus den 1950er Jahren nicht wieder erreicht werden konnten. Angestrebt wurde daher eine stärkere Kooperation mit den großen Reiseveranstaltern, aber auch eine Neuausrichtung der Angebotspalette, die Verbesserung der Unterkünfte, die Festlegung von Pauschalpreisen, eine engere Zusammenarbeit mit Hotels und Pensionen und gezieltere Werbekampagnen als z. B. die bisherigen Plakatserien und Anzeigen auf Bahnhöfen. Zugleich entwickelten die regionalen Tourismusveranstalter in den folgenden Jahren ein regional differenziertes Urlaubsangebot - beispielsweise für den zweiten Jahresurlaub oder vermehrt Familienurlaub wie "Ferien auf dem Bauernhof" - und orientierten sich anders als bis noch in die 1950er Jahre an allgemeinen Tourismusentwicklungen, um "am großen Zukunftsgeschäft" zu partizipieren. Doch trotz Marktforschung und mehrerer Marketingkonzeptionen, die teilweise wie schon in der Krise der frühen 1930er Jahre neben der Erholung und dem Familienurlaub vermehrt Unterhaltungsangebote - neuerdings: das Event - herausstellten, gelang es dem westfälischen Tourismusverband nicht, den Trend umzukehren und die westfälischen Feriengebiete so attraktiv darzustellen, dass sie wieder vermehrt zu Haupturlaubszielen und nicht nur vorrangig für den Zweit- und Kurzurlaub gebucht wurden.
Der Verband selbst geriet bei seinen Bemühungen zwischen die Interessen zum einen der zunehmend selbstständig agierenden Verbandsgebiete, die sich wie im Sauerland seit den 1970er Jahren darüber hinaus noch weiter in einzeln auftretende Teilregionen trennten. Zum anderen sah er sich seit den späten 1990er Jahren mit den Zielen der nordrhein-westfälischen Landesregierung konfrontiert, die beiden Landesverkehrsverbände Westfalen und Rheinland durch einen neuen landesweiten Verband zu ersetzen. Dem konnten die beiden Landesverbände letztlich nichts entgegensetzen. Nach einer mehrjährigen Pilotphase und paralleler Aktivitäten avancierte Anfang 2002 die Nordrhein-Westfalen Tourismus e. V. zur neuen Dachorganisation. Der westfälische Verkehrsverband stellte Ende 2001 seine Tätigkeit ein. Der neue Verband führt die Tourismusförderung auf Landesebene mit nur leicht modifizierter Zielsetzung fort..
Ressourcen
Weitere Ressourcen zum Thema
Literatur
Literatur
- Frese, Matthias: Naherholung und Ferntourismus. Tourismus und Tourismusförderung in Westfalen 1900-1970, in: Wilfried Reininghaus / Karl Teppe (Hg.): Verkehr und Region im 19. und 20. Jahrhundert, Paderborn 1999, S. 339-386.
- Frese, Matthias: Tourismus zwischen Marketing und Identität. Das Sauerland und Westfalen im späten 19. und 20. Jahrhundert (1890-2000), in: Westfälische Forschungen, Bd. 52, 2002, S. 371-419.
- Hachtmann, Rüdiger: Tourismusgeschichte, Göttingen 2007.
- Keitz, Christine: Reisen als Leitbild. Die Entstehung des modernen Massentourismus in Deutschland, München 1997.
- Sauermann, Dietmar (Hg.): Gute Aussicht. Beiträge und Bilder aus der Frühzeit des Fremdenverkehrs im Sauerland, Rheda-Wiedenbrück 1990.
- Spode, Hasso: Goldstrand und Teutonengrill. Kultur- und Sozialgeschichte des Tourismus in Deutschland 1945-1989, Berlin 1996.
- Spode, Hasso: Wie die Deutschen "Reiseweltmeister" wurden. Eine Einführung in die Tourismusgeschichte, Erfurt 2003.