Gesandte 1645/49 > Otto








Otto,
Markus


(Ulm 18.11.1600 - Straßburg 20.11.1674)

Abgesandter der Stadt Straßburg in Münster und Osnabrück, 1645-[1648]




Sohn des Tischlers Marx Otto aus Ulm und der Ursula Heldin. Besucht in seiner Heimatstadt das Gymnasium. Kommt mit 19 Jahren nach Straßburg, wo er an der Akademie das Studium der Philosophie und Philologie mit dem Magister philosophiae abschließt. Nach Tätigkeit als Präzeptor seit 1623 Jurastudium u.a. in Tübingen, Basel, Freiburg und Wien; 1629 erwirbt er an der (1621 eröffneten) lutherischen Universität in Straßburg mit der Dissertation De Repressaliis den Doktortitel. 1637 heiratet er Margarethe Saladin (1619-1678), Tochter des Apothekers G. Saladin und der Magdalena Ringler; ihre 37jährige Ehe bleibt kinderlos.

Anwalt am Reichskammergericht in Speyer, prozessiert in Wien im Auftrag der Stadt Offenburg gegen den Landvogt von Ortenau, bevor er nach Straßburg zurückkehrt. Er wird dort Geheimer Rat und Adjunkt des Stadtschreibers, 1633 Referendar des Großen Rats. Er ist eine zeitlang Stadtregistrator, wo er sich durch das Studium der städtischen Dokumente das Rüstzeug für seine diplomatische Tätigkeit erwirbt. 1640 Advokat des Rates, verfaßt 1650 eine Denkschrift über die (jährliche) Wahl der Ammeister und die Besetzung des Großen und Kleinen Rats. Otto schlägt mehrere Angebote für Ämter am kaiserlichen Hof und am Reichskammergericht aus und bleibt seiner Heimatstadt Straßburg bis zu seinem Tod treu.

Seine Fähigkeiten als Diplomat, die sich 1635-1636 bei Verhandlungen über die Neutralität Straßburgs erwiesen haben, veranlassen den Rat, ihn 1645 mit der Vertretung der Interessen der Reichsstadt auf der Konferenz in Münster und Osnabrück zu betrauen. Ferner besitzt er ein Mandat für die Städte Landau, Speyer, Weißenburg im Elsaß und für den Rheingrafen Johann Casimir (1577-1651). Als Sekretär begleitet ihn der Licentiat Ernst Heus (Heiß). Otto verteidigt dort mit bemerkenswertem Geschick die Interessen Straßburgs und des Elsaß: Indem er den Prager Frieden ablehnt, gewinnt er die Unterstützung Frankreichs. Andererseits beweist er gegenüber Frankreich Standfestigkeit in der Frage der elsässischen Dekapolis; gegen die französischen Ambitionen sucht er eine engere Anlehnung an die Schweden. Angesichts der drohenden Abtretung der Oberhoheit über das Elsaß favorisiert er den Vorschlag Mazarins, den Titel, nicht das Land, zu Lehen zu nehmen, den Kaiser Ferdinand III. zurückweist, um zu verhindern, daß Frankreich einen Sitz im Reichstag erhält. Otto versucht Straßburg aus der im Vorvertrag vom 26.08.1646 beschlossenen und im Friedensvertrag festgelegten Abtretung des Elsaß durch die Formulierung Stadt in der Landgrafschaft (statt der Landgrafschaft) herauszuhalten, eine feine Unterscheidung, die dem Rat zumindest im Augenblick der Réunion zugute kommt und die ihm erlaubt, mit dem König von Frankreich einen Vertrag (die Capitulation von 1681, erneuert 1716) zu schließen. Die schwedischen Satisfaktionszahlungen für treue Dienste an der evangelischen Sache (die auf dem Nürnberger Exekutionstag auf die erdrückende Summe von 120.000 Goldgulden für Straßburg festgesetzt werden) muß er hinnehmen. Er unterschreibt am 24. Oktober in Münster den Friedensvertrag für den Rheinbann, die Städte Straßburg, Speyer, Weißenburg und Landau, während  Johann Balthasar Schneider für die übrigen Städte der elsässischen Dekapolis unterzeichnet. Ferner vertritt Markus Otto mit seiner Unterschrift den Gesandten der Stadt Ulm, Dr. Sebastian Otto, für Ulm, Giengen, Aalen und Bopfingen.

Auf dem Reichstag in Regensburg 1652-1653 verficht Otto mit gleichem Geschick die Beschwerden der Dekapolis gegen Ansprüche des Grand Bailli auf Steuerzahlungen von der Stadt Colmar und beteiligt sich an den Diskussionen der Reichsstände über Maßnahmen zur Verteidigung des Elsaß gegen die Truppen der Herzöge von Lothringen und Condé während der Fronde und über die Abtretung von Besançon gegen die Festung Frankenthal. Nach seiner Rückkehr nach Straßburg bemüht er sich, gemäß den Grundsätzen des "politischen Stolzes" des Straßburger Juristen Bernegger, in enger Verbindung mit den Residenten des Königs in der Stadt eine Linie der politischen Neutralität aufrechtzuerhalten. Diese Politik scheitert 1673-1674, als Ludwig XIV. die zehn elsässischen Städte annektiert.

Sein Vermögen von 36.000 Goldgulden und sein auf 6.750 Goldgulden geschätztes Haus in der Rue des Serruriers stiften er und seine Frau, um Jugendlichen aus armen Verhältnissen das Studium zu ermöglichen. Er ernennt Dominikus Dietrich, Ammeister und Scholarch, zum Verwalter. Seine Stiftung spielt (zusammen mit der Stiftung Schenckbecher) zu wiederholten Malen die Rolle eines Bankiers für den Rat als Sicherheit für Anleihen und die Zahlung von Zinsen. Sie wird bis in unsere Tage vom St. Thomasstift verwaltet. Seine umfangreiche Bibliothek schenkt er der Universität.



Literatur

Cools IV, S. 36; Theatrum Europaeum VI, S. 425 (Abb.); Aubry (Abb.); Kalender (Abb.); Pacificatores 1697 Nr. 120 (Abb.); Meiern IV Schema Nr. 39; Walther, S. 94; Zedler 25, S. 2439; Bildnisse 1827 Nr. 58 (Abb.); Arsène Legrelle, Louis XIV et Strasbourg, Paris 1884, S. 145-155, 328; ADB 25, S. 787; Alfred Overmann, Die Abtretung des Elsass an Frankreich im Westfälischen Frieden, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins NF 19 (1904), S. 434-478; Dictionnaire des hommes célèbres d'Alsace, hrsg. von Edouard Sitzmann, Bd. 2, Strasbourg 1910; Winfried Katterfeld: Die Vertretung der Stadt Straßburg auf dem westfälischen Friedenskongreß. Phil. Diss. Straßburg 1912; Striedinger Nr. 33; Katalog Gripsholm Nr. 752; Lahrkamp, Akten, 353, 359; Dickmann 61992, S. 200, 205, 215, 344, 388, 409, 418, 482; Buchstab, Reichsstädte; G. Koch / R. Peter / J. Rott, Les portraits des salles de séance du Chapitre, in: Le Chapitre de Saint-Thomas et le Gymnaise Jean Sturm, Strasbourg 1980, S. 97-98 (Porträt dat. 1674); Jean-Pierre Kintz, La societé strasbourgoise 1560-1650, Paris 1984, S. 523-528; Encyclopédie de l'Alsace 10, Strasbourg 1985, S. 5769; Georges Livet, Du Saint Empire au royaume de France. L'intendance d'Alsace de la guerre de Trente ans à la mort de Louis XIV., Strasbourg 21991, S. 114-122; Duchhardt/Jakobi II, S. 30; Georges Livet, erscheint 1996 in Nouveau Dictionnaire de biographie alsacienne, Fasc. 28. Überlieferung der archives municipales de Strasbourg und der archives du Chapitre Saint-Thomas, Strasbourg.

Doyen Georges Livet


Quelle: H. Duchhardt / G. Dethlefs / H. Queckenstedt, "...zu einem stets währenden Gedächtnis", Die Friedenssäle in Münster und Osnabrück und ihre Gesandtenporträts", (=Osnabrücker Kulturdenkmäler, Bd. 8), Bramsche 1998, S. 288f.

Ein  Kooperationsprojekt des Internet-Portals "Westfälische Geschichte" mit dem  LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Münster (Kupferstiche), und dem  Rasch Verlag, Bramsche (Texte)
 
Porträt des Markus Otto (Ulm 18.11.1600 - Straßburg 20.11.1674), Abgesandter der Stadt Straßburg in Münster und Osnabrück, 1645-[1648]


Devise


PARVIS DIVES CONCORDIA REBVS.

Eintracht macht auch bei geringen Mitteln reich (nach Nicolas Heusner, Emblemata [15811] Nr. 13).



Kartusche


MARCUS OTTO, U.I.D. ET REIPUBLICÆ ARGENTINENSIS, ALIORUMQUE STATUUM IMPERII CONSILIARIUS ET AD TRACTATUS PACIS GENERALIS LEGATUS.




Wappenbeschreibung


Auf grünem Boden eine bekrönte Säule, umwunden mit Blütenranken. Die Helmzier wiederholt das Schildbild.








Kupferstich von Pieter de Jode nach Anselm van Hulle, 1649, aus: Pacificatores Orbis Christiani, Rotterdam 1697, Blatt 120, 30,8 x 19,5 cm (Blatt, beschnitten)
Münster, LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Inv.Nr. C-18229 LM
(233 KByte)
(72 KByte)