Orte > Landwehr in Haltern


 

Landwehr in Haltern

 
 
 
Die Siedlung Haltern, die sich um die Pfarrkirche St. Sixtus und einen bedeutenden, wohl aus karolingischem Königsgut stammenden Haupthof der Bischöfe von Münster entwickelt hatte, wurde 1289 von Bischof Everhard von Diest zur Stadt erhoben. Der Bischof nutzte die für ihn nach der Niederlage des Erzbischofs von Köln bei Worringen günstige Situation, um im Schnittpunkt kölnischer, märkischer und münsterischer Interessen sowie am Übergang einer wichtigen Nord-Süd-Verbindung über die Lippe einen zur Sicherung des südlichen Münsterlandes notwendigen Stützpunkt zu errichten. Die Bedingungen, unter denen die Stadterhebung zustande kam, unterschieden sich von den älteren bischöflichen Stadtgründungen dahingehend, dass die Ländereien des bischöflichen Haupthofes nicht vollständig aufgeteilt und den Bürgern zu Erbpacht gegeben wurden, sondern er als Wirtschaftsbetrieb mit weitgehenden Befugnissen und Nutzungsrechten in den umliegenden Marken weiter bestand. Der Hofschulte, der das Richteramt in dem neu konstituierten Stadtgericht innehatte, die Grundstücksabgaben einsammelte und das Vorkaufsrecht für alle dem Bischof abgabepflichtigen Häuser hatte, war bis zum Ausgang des Mittelalters der wichtigste Repräsentant der Bürger.

Die Landwehr Halterns lässt sich aus der 1825 erstellten Urkatasteraufnahme von Stadt und Kirchspiel Haltern rekonstruieren, allerdings in wesentlichen Teilen aus den Urrissen, die den Landwehrstreifen noch umlaufend zeigen, während er in der Reinzeichnung bereits den Nachbargrundstücken mit Ausnahme des Abschnitts zwischen den Straßen nach Dorsten und Wulfen an der Grenze von Stadt und Kirchspiel (Kirchspiel Haltern, Fl. XIII, Parz. 47) zugeschlagen ist. Die Landwehr begann am alten Lippelauf, der vor 1574 im Süden dicht an die Stadt herankam, und führte in einem Halbkreis auf kurzer Strecke dem Mühlenbach folgend bis zu dessen Einmündung in die Stever. Ob sie die Stever bis zur Lippe begleitet hat, wird sich nicht mehr klären lassen, denn dieser Bereich ist heute durch die Anlage des Halterner Stausees vollständig verändert. Die Stadtmühle am Mühlenbach wie auch die nördlich des Stadtkerns gelegene städtische Ziegelei lagen außerhalb der städtischen, von der Landwehr umschlossenen und nicht bebauten Feldmark. Der Standort eines 1657 genannten Siechenhauses an der Stever lässt sich nicht mehr ermitteln.

Die Landwehr, 1425 zuerst urkundlich erwähnt und 1456 ausdrücklich als Stadtlandwehr vermerkt, kennzeichnete den Rechtsbereich der Stadt und Geltungsbereich des Stadtrechts. Am Kreuzbaum, dem bislang einzig namentlich bekannten Durchlass an der Landstraße nach Dülmen, erwartete der Magistrat den bischöflichen Landesherrn bei seinem Einzug in die Stadt.

Von besonderem Interesse ist die Beobachtung, dass sich die mittelalterliche Landwehr im Nordosten der Stadt mit der Nordseite des 1999 ergrabenen römischen Ostlagers deckt (B. Rudnick). Dies lässt den Rückschluss zu, dass das entscheidende Kriterium bei der Anlage der Landwehr wie bei der des Ostlagers günstige topographische Verhältnisse waren. Nicht ausgeschlossen ist auch, dass die Bürger noch Reste der römischen Umwallung gesehen und für ihre Zwecke genutzt haben, wofür auch die im Urkataster überlieferte und wohl in spätmittelalterliche Zeit zurückgehende Flurbezeichnung "Borg“ einen Anhaltspunkt gibt.
Cornelia Kneppe

Landwehren im Fürstbistum Münster



 
Rekonstruktion der Stadtlandwehr von Haltern auf der Katasterübersicht von 1825
 
 
Bezüglich der Anlagezeit der Halterner Landwehr ist zu berücksichtigen, dass sie mit einem Radius von ca. 1200 m um den Stadtkern nur eine verhältnismäßig kleine Feldmark im Westen, Norden und Osten umzogen hat, deren Umfang an die älteren Feldmarkgrenzen von Ahlen und Beckum erinnert. Eine umfangreichere Erweiterung lässt sich nicht feststellen, obwohl der Besitz der Bürger im ausgehenden Mittelalter weit über die Landwehr hinaus bezeugt ist. Für eine eher frühe Entstehung der Landwehr spricht auch, dass gerade Haltern als Grenzstadt und Brückenkopf in den frühen Fehden Bischof Ludwigs mit Engelbert von der Mark heftig umkämpft war und 1317 und 1323 sogar kurzzeitig von dem Märker eingenommen wurde. Die permanente Gefährdung der Stadt dürfte den Hintergrund für die relativ frühe Ausbildung des Verwaltungsamtes Dülmen zwischen 1328 und 1348 (P. Ilisch) abgegeben haben, ein weiterer Hinweis auf eine frühzeitige Wehrorganisation des gefährdeten Lipperaumes.
 
 
Literatur
Ellger, O. / Kneppe, C.
Haltern von der fränkischen Eroberung Sachsens bis heute. In: Westfälisches Römermuseum Haltern (Hrsg.), Fundorte. Nach den Römern - vor der Stadt. Archäologische Spurensuche in Haltern. Begleitheft zur Ausstellung des Westfälischen Römermuseums Haltern 6. Juli bis 17. November 2002. Haltern (2002), S. 5-11.

Rudnick, B.
2000 Jahre Kontinuität. Archäologie in Deutschland 5/2002, S. 52.

Schulte-Althoff, F.-J.
Haltern. Beiträge zur Stadtgeschichte. Dülmen (1988).


Abdruck aus: Cornelia Kneppe, Die Stadtlandwehren des östlichen Münsterlandes, Veröffentlichungen der Altertumskommission für Westfalen XIV, Münster 2004, S. 134f.