PERSON

FAMILIECorfey
VORNAMELambert Friedrich
BERUF / FUNKTIONArchitekt, Ingenieur, Oberst


GESCHLECHTmännlich
GEBURT DATUM1668-10-11   Suche
TOD DATUM1733-02-18   Suche


BIOGRAFIELambert Friedrich Corfey war Sohn eines gleichnamigen fürstbischöflich münsterischen Artillerie- und Infanterieoffiziers und einer Warendorfer Bürgermeistertochter. Sein Vater verstarb im Dezember 1700 als Brigadier und Stadtkommandant zu Warendorf; allerdings verdammten ihn die Warendorfer wegen seiner rigiden Amtsführung zu einer Spukgestalt.

Der jüngere Lambert Friedrich Corfey hat dagegen der Nachwelt ein völlig anderes Bild von sich hinterlassen, obwohl auch er die Offizierslaufbahn einschlug und 1733 als Generalmajor und Kommandeur der fürstbischöflich münsterischen Artillerie verstarb. "Arte et Marte" überschrieb er sein Epitaph in der nach seinen Plänen errichteten Dominikanerkirche in Münster: der Kunst und dem Krieg widmete er sein Leben und folgte damit dem späthumanistischen Adelsideal, das der ritterlichen Wehrhaftigkeit und dem adeligen Tugendkanon die Bildung, die Pflege von Künsten und Wissenschaften an die Seite stellte. Als General legte man ihm das Adelsprädikat "von" bei, ohne daß jemals eine förmlich Adelserhebung erfolgte. Das Epitaph - dessen Entwurf seinem Nachfolger Johann Conrad Schlaun zugeschrieben ist, weil eine Entwurfszeichnung in einer Kopie des Schlaun-Mitarbeiters Johann Wilhelm Anton Güding (1711-1767) überliefert ist - zeigt auf einem Mittelrelief das von den geharnischten "Mars" und "Pallas" gehaltene Wappen, in prächtigem Rahmen; unten Felsen, links Artilleriegerät, rechts Bücher, Meßgeräte und Bauzeichnungen bis zu einem Himmelsglobus. Gekrönt wird das ursprünglich etwa 2,60 m hohe Epitaph durch die Figur des Pegasus als Anspielung auf die Dichtkunst Corfeys.

Lambert Friedrich Corfey d.J. und sein jüngerer Bruder Christian Heinrich (1670-1752), die beide unverehelicht blieben und "zeit ihres Lebens unzertrennlich waren" (H. Lahrkamp), besuchten um 1680/1681 das Gymnasium Carolinum in Osnabrück und wechselten dann sehr wahrscheinlich auf das Paulinum in Münster. 1688 dürften sie mit ihrem Vater an der Belagerung Belgrads teilgenommen haben; 1689 waren sie Volontäre im münsterischen Heer und erhielten beide rasch Offizierspatente. Blieb der jüngere Zeit seines Lebens bei der Infanterie (seit 1726 Obrist, seit 1744 Generalleutnant und - wohl nur nominell - Oberkommandant der kurkölnischen Artillerie), wechselte Lambert Friedrich, seit 1692 Kompaniechef im väterlichen Regiment, erst nach dem Tod seines Vaters wieder zur Artillerie und kommandierte als Major die Artillerieabteilung in Warendorf. Nach dem Tode seines Halbonkels, des Artilleriekommandeurs Christoph Bernhard Höfflinger, wechselte er 1705 nach Münster. Weil er bei der zwiespältigen Bischofswahl 1706 für den "falschen" Kandidaten, den vom Kaiser unterstützten Osnabrücker Fürstbischof Karl von Lothringen Salut geschossen hatte, wurde Corfey indes 1707 nach Meppen strafversetzt und kehrte erst um 1712 nach Münster zurück. Corfey war damit Kommandeur der gesamten fürstbischöflichen Artillerie und auch für die Munitionsvorräte zuständig; wohl aus dem Jahr 1717 stammt eine Zeichnung von ihm, die die als Pulvermagazine genutzten Warendorfer Stadttürme zeigt. Er wurde 1719 noch zum Obristen und 1732 zum Generalmajor befördert.


Offizier, Schöngeist und Architekt

Aber während sein Vater sich als Soldat und Haudegen hervortat, erwarb der Sohn sich einen Namen aufgrund seiner Bildung, als Dichter und Schriftsteller, Historiker und Sammler, als Architekt und Gutachter. Seine Bildungsreise, die er dreißigjährig mit seinem Bruder 1698 bis 1700 durch Frankreich und Italien unternahm, hat Corfey in einem 1977 von Helmut Lahrkamp publizierten Tagebuch anschaulich und humorvoll beschrieben und viele auch lateinische Gedichte aus seiner Feder eingestreut. Bald nach 1720, spätestens um 1725 schloß er das Manuskript einer Geschichte der münsterischen Bischöfe ab, das, oft abgeschrieben, in Privatbesitz erhalten und in wesentlichen Auszügen 1856 gedruckt worden ist. Anders als die oft weitschweifige Barockliteratur zeichnet sich Corfeys Stil durch Präzision, Kürze und Anschaulichkeit aus.

Beispiele seiner Sprachkunst sind die Anagramme auf die Namen der münsterischen Bischöfe in dem "Chronicum Monasteriense"; die Originalhandschrift ist obendrein geschmückt mit zahlreichen Zeichnungen von Kuriositäten wie dem eisernen Halsband, das seinem Urururur-Großvater, dem Ritter Lambert von Oer zu Kakesbeck 1520 von dessen Erzfeind umgelegt wurde, vor allem aber von bischöflichen Münzen aus der Sammlung des Domkapitels wie aus seiner eigenen Sammlung. Corfey lieferte auch Entwürfe für Siegel sowie für Münz- und Medaillenprägungen der Domkapitel zu Münster und Osnabrück, so für die Sedisvakanztaler 1706 bzw. 1715, 1719 bzw. 1728 - auf denen erstmals die dann für deutsche Sedisvakanzmünzen so typisch gewordene Darstellung der in den Kranz gestellten Wappen der Domherren erschien. Anläßlich des ersten Spatenstiches für den Bau des Max-Clemens-Kanals 1724 übergab er dem jungen Fürstbischof Clemens August den Entwurf einer Gedenkmedaille, die, in Silber ausgeprägt, im Herbst dieses Jahres den Landständen überreicht wurde. Stilistisch lehnt sie sich an französische Medaillen Ludwigs XIV. an. Corfey stand im übrigen dem Kanalprojekt eher skeptisch gegenüber, wie eine ausführliche Geschichte des Unternehmens von seiner Hand beweist.

Von dem französischen und niederländischen Klassizismus beeinflußt zeigt sich auch das architektonische Werk Corfeys. In Paris hatte er auch Vorlesungen zur Architekturtheorie gehört. Sein Hauptwerk, die Dominikanerkirche in Münster (mit angeschlossenem Kloster), ist eine Basilika mit zentralem, überkuppeltem Querhaus und flankierenden Chortürmen und folgt in ihrem Grundriß der Kapelle der Sorbonne in Paris. Die Fassade dagegen verrät die Kenntnis römischer Kirchenfassaden des Manierismus wie S. Spirito in Sassia nahe des Vatikans in Rom. Unter den Profanbauten sind Haus Steinfurt (Drensteinfurt) und die Kettelersche Doppelkurie am Domplatz zu Münster zu nennen; andere, etwa der Steinfurter Hof am Alten Steinweg, sind verloren. Viele Bauaufgaben bestanden darin, ältere Gebäudeensembles in moderne, achsialsymmetrische Barockanlagen umzuformen Oft stand Corfey in freundschaftlicher Konkurrenz und Kooperation mit dem Oberlandingenieur Gottfried Laurenz Pictorius.

Allerdings kann Corfeys Architektur ihren etwas gelehrten, trockenen Charakter nicht verleugnen, etwa beim Einsatz der Säulen-Superposition an der Dominikanerkirche, wo die dorische Ordnung am Eingangsportal, die ionische im Hauptgeschoß und die korinthische Ordnung im Obergeschoß erscheinen. Das Bemühen um eine noble, vornehme Erscheinung seiner Architektur schließt sie an klassizistische Tendenzen der niederländischen Kunst an.

Unter den weiteren Werken Corfeys hervorzuheben sind ferner die Loretokapelle bei Drensteinfurt (1726), Haus Venne bei Ascheberg und die Andreaskirche in Cloppenburg. Vielleicht stammt von Corfey auch die Planung der Vorburg von Haus Lütkenbeck bei Münster. Planung geblieben sind Entwürfe für Haus Senden und Haus Stapel, die Schlösser Rheder und Rödinghausen sowie für die Merveldtsche Kurie am Domplatz in Münster. Nur aus den Plänen kennt man schließlich das seit 1705 im münsterischen Dom verwendete Trauergerüst ("Castrum doloris"), das Corfey 1705 anläßlich des Todes Kaiser Leopolds I. entwarf, sowie das Feuerwerk im Dezember 1722 zur Feier der Wahl des Fürstbischofs Clemens August zum Koadjutor des Kölner Erzbischofs und Kurfürsten Joseph Clemens (09.05.1722). Schließlich besaß er eine umfangreiche Sammlung von Festungs-, Architektur- und Schloßplänen, von denen eine ganze Reihe (z. T. in eigenhändigen Repliken) in Adelsarchiven, in den Museen in Münster und Lingen sowie im Stadtarchiv und in der Landesbibliothek Hannover erhalten sind: von Haus Lette bei Coesfeld, Haus Vornholz, Schloß Bentheim und Schloß Ahaus, Haus Dankern und der Propstei Clarholz sowie eine Schloßplanung für den Kurfürsten von Hannover. Zweifellos handelt es sich aber überwiegend nicht um Entwürfe Corfeys selbst, sondern um Dokumentationszeichnungen, so daß Corfey nicht als Urheber dieser Planungen gelten kann.

Corfey hatte jedenfalls als Kenner der Architekturtheorie einen so guten Namen, daß er wiederholt als Gutachter bei Bauvorhaben herangezogen wurde, vom Domkapitel Münster ebenso wie vom Abt zu Marienfeld, von der Äbtissin zu Neuenheerse und von den Jesuiten in Büren.


Das Erbe der Corfeys

Der Nachlaß der beiden Generäle fiel 1752 an die Familie ihrer Schwester Clara Marie (1676-1754), die den kaiserlichen Postmeister in Bremen, Theobald Georg Vrints von Treuenfeld, geheiratet hatte. Die umfangreichen Sammlungen wurden verkauft, zum Teil aber erst im 19. Jahrhundert zerstreut, so die Sammlung an Plänen und Bauzeichnungen. Von seinen Bauwerken sind die Dominikanerkirche in Münster (nach 1950 wieder aufgebaut), die Kettelersche Kurie in Münster (heute Dompropstei), Haus Steinfurt mit der Loretokapelle und Haus Venne bei Drensteinfurt sowie die Andreaskirche in Cloppenburg erhalten.


Literatur

Zur Biographie: Helmut Lahrkamp, Lambert Friedrich Corfey, in: Westfälische Lebensbilder Bd. 14, Münster 1987, S. 78-100; Gerd Dethlefs, Die Corfeys in Warendorf, in: Paul Leidinger (Hg.), Geschichte der Stadt Warendorf, 3 Bde., Warendorf 2000, Bd. 1, S. 705-716.

Zur Bildungsreise und literarischen Interessen: Johannes Janssen (Hg.): Die münsterischen Chroniken von Röchell, Stevermann und Corfey, Münster 1856. (Geschichtsquellen des Bisthums Münster Bd. III), S. 259-338; Gerd Dethlefs, Die Münzillustrationen im "Chronicon Monasteriense" des Lambert Friedrich Corfey, in: Geldgeschichtliche Nachrichten 19. Jg. Nr. 104 (Nov. 1984), S. 307-325; Lambert Friedrich Corfey - Reisetagebuch 1698-1700. Hg. von Helmut Lahrkamp, Münster 1977. (Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Münster 9).

Zum Werk des Architekten: Karl Eugen Mummenhoff: Beiträge zum architektonischen Oeuvre des Lambert Friedrich Corfey, in: Westfalen 62, 1984, S. 93-128; Gerd Dethlefs, "weylen dieses Werck zur Splendeur der Kirchen gereichet". Die Planungen von Corfey und Pictorius für die Kettelersche Doppelkurie am Domplatz zu Münster, in: Udo Grote (Hg.), Westfalen und Italien. Festschrift für Karl Noehles zum 80. Geburtstag, Petersberg 2002, S. 153-171.

Zum Epitaphentwurf: Klaus Bußmann (Hg.) / Florian Matzner / Ulrich Schulze, Johann Conrad Schlaun 1695-1773. Das Gesamtwerk, 2 Bde., Stuttgart 1995, S. 222-225; Gerd Dethlefs, Das Baubüro von Johann Conrad Schlaun. Zu den Zeichnungen Johann Conrad Schlauns und seiner Mitarbeiter, in: Westfalen 74, 1996, Münster 1998, S. 1-73, hier S. 16-21 und S. 65.

Gerd Dethlefs
AUFNAHMEDATUM2004-04-29


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QUELLE    Lahrkamp, Helmut | Lambert Friedrich Corfey (1668-1733) |

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Zeit3.4   1650-1699
3.5   1700-1749
Ort2.21   Münster, (Fürst-)Bistum < - 1802>
3.5   Münster, Stadt <Kreisfr. Stadt>
Sachgebiet5.7   Soldatinnen/Soldaten
15.4   Bildende Kunst
15.8   Architektur, Baudenkmäler, Architekt/Architektin
DATUM AUFNAHME2003-12-05
DATUM ÄNDERUNG2014-09-16
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