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Archive als außerschulische Lernorte – Eine Einführung
Klaus Köster / Marcus Weidner
Der Film
Archive – schon das Wort klingt für manchen Schüler nach staubigen Kellern und muffigen Akten. Dass Archive spannende Lernorte sein können, die zu vielfältigen Entdeckungsreisen in die Vergangenheit einladen, zeigt dieser Film. Er entstand auf Initiative von Marcus Weidner als Kooperationsprojekt des LWL-Medienzentrums für Westfalen, des LWL-Instituts für westfälische Regionalgeschichte und des Stadtarchivs Rheine mit Unterstützung weiterer westfälischer Archive.
Wie geht man vor, wenn man für ein Unterrichtsprojekt die Geschichte einer örtlichen Textilfabrik und ihrer Arbeiter aufbereiten soll? Vor dieser Frage stehen die vier Schüler Nele, Tom, Janina und Andy, die sich in Kai Schuberts Film auf Spurensuche in ihrem eigenen Stadtarchiv, einem Wirtschafts- und einem Staatsarchiv sowie einem Museum begeben. Auch ein Zeitzeuge wird als Quelle der Geschichte befragt. Begleitet werden die vier von dem Arbeiter Bas, der ihre akribische Suche anfangs mit Skepsis, dann mit zunehmendem Enthusiasmus verfolgt. Vertiefende Episoden machen mit unterschiedlichen Quellen- und Archivtypen sowie mit Recherche- und Dokumentationstechniken vertraut.
In kurzen Spielfilmsequenzen vermittelt der Film so die spannenden Seiten der vermeintlich staubtrockenen Archivarbeit. Er zeigt, dass Archive die einzigartige Möglichkeit bieten, sich anhand authentischer Materialien mit der Geschichte des eigenen Ortes und der eigenen Region auseinanderzusetzen.
Auf diese Weise bereitet der Film Schülerinnen und Schüler praxisnah und anschaulich auf die besonderen Anforderungen der Arbeit im Archiv vor. Er leistet so einen Beitrag zur Förderung der unterrichtlichen Nutzung dieser wichtigen außerschulischen Lernorte.
Als öffentliche Einrichtungen bieten Archive vielfältige Möglichkeiten für historisch-entdeckendes Forschen und Lernen. Lehrerinnen und Lehrer finden dort ideale Partner: Archivarinnen und Archivare sind Spezialisten für die Geschichte des Heimatortes und der Heimatregion und die Arbeit mit Originalquellen. Bei der Arbeit mit Archivalien erfahren Schülerinnen und Schüler einen neuen, unverstellten Blick auf Vergangenes und sind zur eigenen Reflexion aufgefordert. Durch die Ortsbezogenheit der Archivalien entsteht auch ein Bezug zur eigenen Lebenswelt. Historische Geschehnisse können lebendig und an konkreten Beispielen vermittelt werden.
Die Vielfalt der Dokumente, die Archive verwahren und erhalten, deckt ein breites Themenspektrum ab: Themen wie (regionale) Geschichte, Literatur, Industrie, Stadtentwicklung, Recht und Verwaltung, Politik, Presse oder das Bildungswesen bieten attraktive Anknüpfungspunkte für Unterricht in verschiedenen Fächern. Zugleich schult die Archivarbeit die Recherche- und Informationskompetenz der Schülerinnen und Schüler und damit eine Schlüsselkompetenz unserer Wissensgesellschaft.
In Nordrhein-Westfalen fördert seit 2011 die „Initiative Bildungspartner NRW – Archiv und Schule“ die nachhaltige Zusammenarbeit von Archiven und Schulen. Koordiniert wird sie von der Medienberatung NRW, einem gemeinsamen Angebot des nordrhein-westfälischen Schulministeriums und der Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe.
Entstehungsgeschichte
Wurden in den 1980er Jahren, und oft auch danach, Schülerinnen und Schüler im Archiv noch weitgehend als Fremdkörper betrachtet, so hat sich die Einstellung gegenüber den Nachwuchsforscherinnen und -forschern seitdem fundamental gewandelt. Wichtige deutsche Wettbewerbe wie der Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten, sowie die zunehmende Bedeutung von Unterrichtsprojekten und Facharbeiten führten zu einem Umdenkungsprozess. Die Ausbildung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als Ansprechpartner der Schule und die Erstellung archivpädagogischer Angebote (u. a. Führungen, Publikationen) sind zu wichtigen Archivaufgaben geworden.
Archiv- und geschichtspädagogische Angebote zählten deshalb von Anbeginn zu einem wichtigen Baustein des Internet-Portals „Westfälische Geschichte“ ( http://www.westfaelische-geschichte.lwl.org), das als Serviceleistung des LWL-Instituts für westfälische Regionalgeschichte in Münster seit 2004 vielfältige Einführungen, Ressourcen und Informationsangebote zur Landes- und Regionalgeschichte Westfalen-Lippes zur Verfügung stellt. Angesichts der zunehmenden Bedeutung der Archivarbeit wie auch der fortschreitenden Medialisierung und Computerisierung entstand die Idee, im Portalbereich „Wir machen Geschichte!“ Schülerinnen und Schüler nun auch durch einen ansprechenden und zielgruppenadäquaten Film in die Archivarbeit einzuführen. Das Konzept für diese Koproduktion des Internet-Portals „Westfälische Geschichte“ (als Initiator) mit dem Stadtarchiv Rheine und dem LWL-Medienzentrum für Westfalen wurde zusammen mit den für Archivpädagogik zuständigen Fachleuten in Westfalen-Lippe in den Jahren 2009 bis 2011 erarbeitet.
Ziel des Archivfilms
Grundlegendes Ziel des Films ist es, Schülerinnen und Schülern ab der 9. Klasse mit den verschiedenen Archiven bzw. der Archivlandschaft sowie den archivspezifischen Arbeitstechniken, Arbeitsschritten und Archivgut-Typen vertraut zu machen. Sie sollen Anregungen bzw. Hilfestellung u. a. bei der Formulierung einer Fragestellung, der Durchführung der Recherche sowie der Quellenkunde, -auswertung und -kritik erhalten, um hierdurch neue Perspektiven auf das forschend-entdeckende Lernen, die Faszination und Einzigartigkeit des Originals oder die Rekonstruktion von (lokaler) Geschichte zu entwickeln. Schließlich sollen sie lernen, welche Präsentationsformen auf historische Projekte anwendbar sind. Unterschwellig soll bei den jungen Nutzerinnen und Nutzern aber auch Verständnis für die diversen Regeln eines Archivbesuchs (z. B. Einschließen der Taschen, kein Essen im Lesesaal, kein eigenständiges Kopieren von Akten) geweckt werden.
Neben der Vermittlung dieser Arbeitstechniken und -regeln zeigt ein Blick hinter die Kulissen, was Archive sind, welche Funktion und Bedeutung sie für die Rekonstruktion von Geschichte besitzen, wie Archivarinnen und Archivare arbeiten, welche Aufgaben sie haben und wie sie Dokumente bewerten, erschließen und magazinieren.
Aufbau und Nutzung
Plot des Films ist eine Schülergruppe, die während einer schulischen Projektarbeit die Lebens- und Arbeitsverhältnisse in der untergegangenen Textilindustrie von Rheine erforschen möchte. Dabei stößt sie auf verschiedene Personen (z. B. Archivpersonal, Nachfahren von Arbeitsmigranten oder Zeitzeugen) und Institutionen (z. B. verschiedene Archivtypen, Museum). Nach und nach erschließen die Schüler sich das Bewusstsein für Geschichte und Methoden der archivischen sowie historischen Arbeit – unterstützt von ihrem Lehrer, dem Archivar oder in Gruppengesprächen, und angespornt von ihrem zufälligen Bekannten Bas, der an der Möglichkeit, Vergangenes zum Leben zu erwecken, zweifelt.
Der Film spielt zwar in einer westfälischen Stadt, das industrie- bzw. sozialgeschichtliche Thema, die Archivtypen, die Arbeitspraktiken und die Präsentationsformen sind aber so dimensioniert worden, dass der Film auch in anderen deutschsprachigen Regionen und (Bundes-)Ländern genutzt werden kann. Zudem wurde bewusst das Stadtarchiv einer Mittelstadt gewählt, da die meisten Nachwuchsforscherinnen und -forscher vermutlich auf ein kommunales Archiv dieser Größe treffen werden.
Um die Zielgruppe besser zu erreichen, wurde der Archivfilm nicht als klassischer Lehrfilm angelegt, der aus der Perspektive der Wissenden, gleichsam von oben herab, doziert, sondern als Spielfilm, in dessen Verlauf sich die von Laiendarstellern gespielte Schülergruppe auf ihre Art, d. h. Schritt für Schritt und nicht frei von Konflikten bzw. Rückschlägen, die Inhalte selbst erarbeitet. Das dramaturgische Mittel einer Blogkamera, die eine Schülerin mitführt und die die Arbeit der Gruppe dokumentieren soll, sorgt dafür, dass einzelne Lerninhalte inmitten der filmisch-erzählerischen Handlung nicht untergehen, sondern, ohne wiederum belehrend zu wirken, gebündelt und vertieft werden können. Ein besonderes Anliegen war es dabei, das Archiv als einen attraktiven Lernort darzustellen, d. h. den Schülerinnen und Schülern zu vermitteln, dass ein Archiv eine niedrigschwellige, helfende und unterstützende Serviceeinrichtung sein kann.
In die durchgehende dramaturgische Handlung wurden verschiedene inhaltliche Einheiten integriert, die das Wissen vertiefen und Hintergrundinformationen liefern. Der Film wurde modular strukturiert, sodass die Zuschauerinnen und Zuschauer nicht unbedingt den gesamten Film sehen müssen, sondern an bestimmten Stellen einsteigen können, die gerade thematisch interessieren (z. B. Wie und warum entwickle ich eine Fragestellung? Was ist ein Archiv? Wie bestelle ich Archivalien? Welche Quellengattungen gibt es? Wie lerne ich die alte Schrift lesen? Wie dokumentiere ich meine Ergebnisse?). Damit eignet sich der Film nicht nur zur Vorbereitung eines Archivbesuchs in der Schule oder als Erstinformation im Archiv selbst, sondern auch zur individuellen Vorbereitung z. B. anlässlich der Anfertigung einer Facharbeit.
Insofern wird der Archivfilm konsequent über drei Plattformen mit ihren unterschiedlichen Zielgruppen angeboten: als Kauf- bzw. Leih-DVD (für Schule, Archive) und über den schulischen Online-Mediendienst EDMOND NRW ( http://www.edmond-nrw.de) sowie über das Internet-Portal "Westfälische Geschichte“
( http://www.der-archivfilm.lwl.org), über das v. a. Schülerinnen und Schüler erreicht werden können.
( http://www.der-archivfilm.lwl.org), über das v. a. Schülerinnen und Schüler erreicht werden können.
Links zum Thema
Ausgewählte Links zum Thema.
http://www.edmond-nrw.de
http://www.archiv.schulministerium.nrw.de
http://www.archive.nrw.de
http://www.archivpaedagogen.de
http://www.adfontes.uzh.ch
http://www.clio-online.de/guides/archive
https://internet.archivschule.uni-marburg.de/projekte/forschen/Index.html
http://www.historicum-estudies.net/etutorials/tutorium-archivarbeit/
In EDMOND-NRW, dem Online-Mediendienst der kommunalen Medienzentren, können Lehrkräfte auf mehr als 5.000 Bildungsmedien für alle Unterrichtsfächer und -themen zugreifen.
http://www.archiv.schulministerium.nrw.de
Die Seite der Initiative „Bildungspartner NRW – Archiv und Schule“ gibt Tipps für eine nachhaltige Zusammenarbeit zwischen Schulen und Archiven und beschreibt, welche Unterrichtsmöglichkeiten – von Archivführungen über Methodentraining bis zur Unterstützung von Facharbeiten – Archive bieten.
http://www.archive.nrw.de
Das Internet-Angebot Archive-NRW liefert einen Überblick über alle Archive in Nordrhein-Westfalen, dazu Informationen über Benutzung, Bestände und Archivalien.
http://www.archivpaedagogen.de
Veranstaltungen, Ansprechpartner und Literatur zur Archivpädagogik.
http://www.adfontes.uzh.ch
Lernangebot der Universität Zürich für Archivbesucherinnen und -besucher.
http://www.clio-online.de/guides/archive
Archivtutorial auf Clio online
https://internet.archivschule.uni-marburg.de/projekte/forschen/Index.html
Forschen im Archiv - ein Kurzlehrgang
http://www.historicum-estudies.net/etutorials/tutorium-archivarbeit/
Gebrauchsanleitung für Archive - Praktischer Leitfaden für den Einstieg in die Quellenrecherche