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6. Aus meiner Sicht


 
 
 

Zeitzeuginnen und Zeitzeugen
ziehen Bilanz

 
 
 
Die Lebensläufe der frühen Frauenrechtlerinnen und prominenten Politikerinnen sind bekannt. Sie stellten Ausnahmeerscheinungen ihrer Zeit dar, bildeten aber auch nachhaltig Traditionen, Muster und Trends.

Weitgehend unerforscht ist bisher, wie diese Lebensmodelle nachgeahmt wurden.
In Interviews wurden Zeitzeuginnen und Zeitzeugen über den Aufbruch von Frauen zu Amt und Würden befragt, über Impulse, Zweifel, Rückschläge und Hilfen.

Um die Zeitschicht der vor 1920 geborenen Frauen erfassen zu können, wurden auch Angehörige der porträtierten Frauen einbezogen. Dadurch ermöglichen die Video-Interviews einen Perspektivwechsel von der Elite um 1910 zum Massenphänomen der 1960er Jahre, von der Ausnahme zur Normalität.

Zu Wort kommen Trendsetterinnen ebenso wie Kämpfernaturen und Frauen, die eher "unfreiwillig" Karriere machen. Sie stehen gleichwertig neben den Frauen, die Familienarbeit und Ehrenamt dem Beruf vorziehen oder deren Lebensläufe durch Schicksalsschläge oder politische Umbrüche abbrechen.

Gezeigt werden Videointerviews von und zu insgesamt 16 Politikerinnen und Akademikerinnen, die in dieser Ausstellung porträtiert wurden.

Zehn der porträtierten Frauen (Mechthild Roth, Annette Schücking-Homeyer, Almuth Gilhaus, Helga Bongarts, Helga Voigt, Renate Schmidt-Peters, Maria Seifert, Liselotte Funke, Geesken Wörmann und Elfriede Eilers) geben selbst Auskunft über ihren individuellen Lebensweg. Zu sechs weiteren Frauen (Brigitte Engel, Helma Schwebe, Anneliese Eickenbusch, Ermentrude Bäcker-von Ranke, Marianne Nett und Paula Dach) konnten Interviews mit ihren Töchtern, Söhnen, Nichten oder Neffen gemacht werden.

Die Originalaufnahmen der Interviewten umfassen jeweils 60 Minuten; zusätzlich wurden Transkriptionen angefertigt, die ebenfalls im LWL-Industriemuseum Zollern archiviert werden. Die Interviews mit und zu den Akademikerinnen wurden von Dr. Ulrike Gilhaus und Dr. Anne Kugler-Mühlhofer, die Interviews mit den Politikerinnen von
Dr. Julia Paulus durchgeführt. Im Anschluss an die einzelnen Aufnahmen wurden die Inhalte der Interviews analog der Ausstellungsgliederung ausgewertet und fünf Kategorien zugeordnet:
 

Kategorie 1

Berufswunsch und politische Motivation


15 Intervieweinheiten; Gesamtzeit 19:11 Minuten

Folgende Impulsfragen strukturieren die 1. Intervieweinheit
  • Welche beruflichen / politischen Ziele wurden verfolgt?
  • Gab es Vorbilder oder andere Motivationen ein bestimmtes Studium aufzunehmen oder sich politisch zu betätigen?
  • Welchen Bildungshintergrund, welchen politischen Hintergrund besaßen die Eltern?
 
 

Kategorie 2

Studium und Einstieg in die Politik


12 Intervieweinheiten; Gesamtzeit 18:16 Minuten

Folgende Impulsfragen strukturieren die 2. Intervieweinheit
  • Was erwartete das soziale Umfeld von einer jungen Frau?
  • Wenn ein Studium akzeptiert wurde: Wie sah die Finanzierung des Studiums aus?
  • Gab es eventuelle Gegner im familiären Umfeld, in der Universität, in der Partei?
  • Wer unterstützte das Vorhaben?
  • Wie und wo wurde studiert; wie und wo die ersten politischen Erfahrungen gesammelt?
 
 

Kategorie 3

Berufliche und politische Etablierung – Wende in der Lebensplanung


18 Intervieweinheiten; Gesamtzeit 30:50 Minuten

Folgende Impulsfragen strukturieren die 3. Intervieweinheit
  • Welche Rahmenbedingungen prägten die ersten Jahre der Berufsausübung, des politischen Engagements?
  • Welche 'Stationen‘ wurden im beruflichen, im politischen Weg durchlaufen?
  • Welche neuen Zielen wurde mit der Berufsausübung, dem (etablierten) politischen Engagement verbunden?
  • Gab es Krisen? Gab es besondere Momente, in denen sie Chancen nutzen konnten?
 
 

Kategorie 4

Ehe – Familie – Beruf


11 Intervieweinheiten; Gesamtzeit 13:54 Minuten

Folgende Impulsfragen strukturieren die 4. Intervieweinheit
  • Welche Auswirkungen hatte eine Heirat, die Gründung einer Familie auf das berufliche, das politische Fortkommen?
  • Wie konnten Familie und Beruf/politische Karriere miteinander vereinbart werden?
 
 

Kategorie 5

Lebensbilanz


6 Intervieweinheiten; Gesamtzeit 07:24 Minuten

Folgende Impulsfragen strukturieren die 5. Intervieweinheit
  • Welche Erfolge lassen sich resümieren?
  • Welche Niederlagen nachträglich feststellen?
  • Auf was wurde verzichtet?
  • Was wurde gewonnen?
  • Wurden Unterschiede zwischen Frauen und Männer wahrgenommen?
  • Was wird von zukünftigen Generationen erwartet, was erhofft?
 
 

Interviews

Die Interviewten und ihre Interviewerinnen:
  • Ermentrude Bäcker-von Ranke: Dr. Gisbert Bäcker-von Ranke (Sohn), interviewt von Ulrike Gilhaus
  • Helga Bongartz: sie selbst, interviewt von Anne Kugler-Mühlhofer
  • Paula Dach: Interviewpartner Dr. Günter Dach (Neffe), interviewt von Ulrike Gilhaus
  • Anneliese Eickenbusch: Eberhard Eickenbusch (Sohn), interviewt von Ulrike Gilhaus
  • Elfriede Eilers: sie selbst, interviewt von Julia Paulus
  • Brigitte Engel: Interviewpartnerin Gabi Engel (Tochter), interviewt von Ulrike Gilhaus
  • Liselotte Funke: sie selbst, interviewt von Julia Paulus
  • Almut Gilhaus: sie selbst, interviewt von Anne Kugler-Mühlhofer
  • Marianne Nett: Interviewpartnerin Renate Müller (Nichte), interviewt von Anne Kugler-Mühlhofer
  • Mechthild Roth: sie selbst, interviewt von Ulrike Gilhaus
  • Renate Schmitt-Peters: sie selbst, interviewt von Julia Paulus
  • Annette Schücking-Homeyer: sie selbst, interviewt von Ulrike Gilhaus
  • Helma Schwebe: Dr. Gerd Schwebe (Sohn), interviewt von Anne Kugler-Mühlhofer
  • Maria Seifert: sie selbst, interviewt von Julia Paulus
  • Helga Voigt: sie selbst, interviewt von Anne Kugler-Mühlhofer
  • Geesken Wörmann: sie selbst, interviewt von Julia Paulus
 
 
 

Lebensstationen

 
 
 
Kaum eine Region Westfalens ist nicht vom Aufbruch der Frauen erfasst worden: Es sind nicht nur die Großstädte Dortmund oder Bochum, Münster oder Bielefeld aus denen Akademikerinnen und Politikerinnen stammen oder in denen sie tätig waren. Von Anfang an ermöglichten auch viele Familien aus den Landkreisen Warendorf oder Steinfurt, Borken oder Soest ihren Töchtern eine erfolgreiche Lebensperspektive.

Die Dominanz der Städte zeugt einerseits von den besseren Ausbildungsmöglichkeiten und beruflichen Perspektiven, andererseits aber auch von einer stärkeren Aufgeschlossenheit des Bildungsbürgertums für Frauenbildung und Partizipation.

Zugleich weist die Ausstellung über Westfalen hinaus: Viele der porträtierten Frauen stammen aus anderen Regionen Deutschlands oder bringen neue Impulse, Trends und Maßstäbe aus Universitätsstädten und Regierungssitzen mit und setzen sie in Westfalen um.
 
 
 
Um zu den Biografien zu gelangen, klicken Sie auf einen Ortspunkt auf der Karte.
 
 


Lebensstationen der in der Ausstellung porträtierten und interviewten Frauen / Um zu den Biografien zu gelangen, klicken Sie auf einen Ortspunkt auf der Karte
Herford: Friederike Nadig Detmold: Annette Schücking-Homeyer Detmold: Lizzy Schmidt-Albrecht Detmold: Mechthild Roth Paderborn: Brigitte Engel Bielefeld: Friederike Nadig Bielefeld: Elfriede Eilers Sassenberg: Annette Schücking-Homeyer Soest: Agnes Schwartz Soest: Geesken Wörmann Hamm: Elisabeth Eickenbusch Hagen: Liselotte Funcke Warendorf: Theanolte Bähnisch Warendorf: Clara Schmidt Warendorf: Elisabeth Reckmann Ledde: Marie und Adelheid Torhorst Ochtrup: Cäcilie Willeke Bocholt: Helene Drießen Coesfeld: Elisabeth Küper Coesfeld: Cäcilie Willeke Dülmen: Elisabeth Küper Recklinghausen: Almuth Gillhaus Lünen: Brigitte Engel Lünen: Hildegard Hauck Bochum: Helga Bongarts Gladbeck: Almuth Gillhaus Gladbeck: Maria Seifert Gelsenkirchen: Helga Bongarts Gelsenkirchen: Margarethe Zingler Münster: Florentine Rickmers-Neuhaus Münster: Theanolte Bähnisch Münster: Brigitte Engel Münster: Cäcilie Willeke Münster: Elisabeth Küper Münster: Annette Schücking-Homeyer Dortmund: Annette Schücking-Homeyer Dortmund: Florentine Rickmers-Neuhaus Dortmund: Paula Dach Dortmund: Marianne Nett Dortmund: Cäcilie Willeke Dortmund: Ermentrude Bäcker-von Ranke Dortmund: Helma Schwebe Dortmund: Helga Rohling Dortmund: Helga Bongarts Dortmund: Renate Schmitt-Peters Ibbenbüren: Mechthild Roth

 

Gesammelte Erfahrungen

 
 
 

"Habt Mut zu euren eigenen Fähigkeiten. Probiert euch aus. Testet Grenzen aus und genießt das Leben gleichzeitig."

(Renate Schmitt-Peters)


"Aber vorrangig war für mich: Familie und Kinder - und Beruf nur als Notnagel."

(Mechthild Roth)


"Dass Frauen vielleicht doch anders reagieren auf bestimmte Dinge, das sollten wir uns bewahren."

(Maria Seifert)


"Frauen werden solange akzeptiert, als sie nicht einen Fehler machen. Aber wenn eine Frau einen Fehler macht, dann hat das nicht Frau Müller gemacht, sondern das haben 'die Frauen' versiebt."

(Liselotte Funcke)

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Fotocollage
 
 

"Dann bin ich in die Partei eingetreten, weil ich einfach gedacht habe, du musst dir von deinen Söhnen nachher nicht sagen lassen, dass du nichts getan hast außer an der Zeitung gesessen und gemeckert."

(Maria Seifert)

 
 
 

"Ich hab auf Karriere bewußt verzichtet."

(Annette Schücking-Homeyer)

 
 
 

"Ich weiß nur, dass damals die allgemeine Ansicht war: 'Ne Frau ist tüchtig, 'ne Frau kann vieles, aber wenn Kinder da sind, gehört die Frau zu den Kindern."

(Mechthild Roth)

 
 
 

"Was man mit auf den Weg geben könnte, ist, vielleicht sich bewahren neugierig zu bleiben. Das habe ich immer versucht, neugierig zu sein auf was Neues, egal wie alt man ist. Das hilft, das hilft und das macht auch Mut. Und das lässt einen auch mit wirklich wachen Augen durch die Welt gehen."

(Maria Seifert)

 
 
 

"Das ist mir anhand meiner Mutter sehr deutlich geworden, wie abgeschnitten Frauen waren, wie abhängig vom Leben ihrer Männer."

(Gaby Engel über ihre Mutter Brigitte Engel)

 
 
 

"Und da habe ich gehört: Sie sehen doch gut aus. Sie werden in ein, zwei Jahren veheiratet sein. Wozu wollen Sie denn einen Beruf haben?"

(Annette Schücking-Homeyer)

 
 
 

"Mein Vater wollte das nicht. Sein Argument war immer: In unserer Familie geht keiner zum Gymnasium, und es sudiert keiner - und wir sind alle gut klargekommen."

(Helga Bongarts)

 
 
 

"Auf dem Totenbett hat er zu ihr gesagt, er hätte einen einzigen Fehler im Leben gemacht - und das wär' der gewesen, sie nicht zuende studieren zu lassen."

(Günter Dach, Neffe von Paula Dach, über deren Vater)

 
 
 

"Was will die eigentlich hier? Die gehört hier nicht hin. Hier gehören keine Frauen hin. Dass sagten die Männer ganz offen. Ganz offen."

(Annette Schücking-Homeyer)

 
 
 

"Das, was sie versucht hat, uns Mädchen mitzugeben, war selbständig zu sein und einen Beruf zu haben, der uns ernährt und erst in zweiter Linie zu gucken, lässt sich das mit einem Mann, einer Ehe, einer Familie vereinbaren."

(Gaby Engel über ihre Mutter Brigitte Engel)

 
 
 

"Wir wollten ausbrechen. Wir wollten es verändern. Wir hatten sozusagen Träume."

(Maria Seifert)

 
 
 

"In jedem geordneten Handwerksbetrieb macht die Frau die Kasse. Also Haushalten, mit Geld umgehen ist eine durchaus typische Frauendomäne."

(Liselotte Funke)

 
 
 

"Und dann gingen die Männer an die Theke. Und dann kam man morgens, und dann dachte man: Komisch, das war doch gestern Abend ganz anders. Und dann haben wir immer beschlossen, wir bleiben dabei sitzen und trinken nicht nur Apfelsaft. Wir bleiben auch da hocken und warten."

(Maria Seifert)

 
 

 

"Und ich muss sagen, es hat mir weitgehend viel Freude gebracht. Und es hat auch ein Echo gegeben."

(Elfriede Eilers)

 
 
 

"Frauen werden schon solange akzeptiert, als sie nicht einen Fehler machen. Aber wenn eine Frau einen Fehler macht, dann hat das nicht Frau Müller gemacht, sondern das haben "die Frauen" versiebt."

(Liselotte Funcke)

 
 
 

"Nach meiner Meinung ist das nicht gut, wenn man an dem hängt, was man früher einmal getan hat, sondern man muss auch wissen, dass die Welt sich verändert und wir mit."

(Elfriede Eilers)

 
 
 

"Wir wollten ausbrechen. Wir wollten es verändern. Wir hatten sozusagen Träume."

(Maria Seifert)



"In jedem geordneten Handwerksbetrieb macht die Frau die Kasse. Also Haushalten, mit Geld umgehen ist eine durchaus typische Frauendomäne."

(Liselotte Funcke)

 
 
 

"Ich würde jedem raten, seinen Part zu tun, aber nicht zu meinen, es ginge ohne ihn nicht. Denn man muss auch loslassen können in bestimmten Bereichen."

(Elfriede Eilers)

 
 
 

"Gnädige Frau, trauen Sie sich das auch zu?"

(Annette Schücking-Homeyer)