Arminius - Varus > 2. Varusschlacht
Inhalt
Inhaltsverzeichnis Arminius-Varus
2. Die Varusschlacht
2.1 Germaniam pacavi...
2.2 Varus zu Gast bei "Freunden"
2.3 Ein Warnruf verhallt
2.4 Auf dem Umweg
2.5 Entsetzen in Rom
2.6 Ein Aufstand breitet sich aus
2.7 Rom schlägt zurück
2.8 "Seht da! Varus und die erneut dem gleichen Schicksal verfallenen Legionen!"
2.9 Ein Wendemanöver wird eingeleitet
2.10 Einigkeit und Freiheit?
2.11 Orte der Varusschlacht
2. Die Varusschlacht
2.1 Germaniam pacavi...
2.2 Varus zu Gast bei "Freunden"
2.3 Ein Warnruf verhallt
2.4 Auf dem Umweg
2.5 Entsetzen in Rom
2.6 Ein Aufstand breitet sich aus
2.7 Rom schlägt zurück
2.8 "Seht da! Varus und die erneut dem gleichen Schicksal verfallenen Legionen!"
2.9 Ein Wendemanöver wird eingeleitet
2.10 Einigkeit und Freiheit?
2.11 Orte der Varusschlacht
Im Herbst des Jahres 9 n. Chr. traf eine Armee verbündeter Krieger aus verschiedenen germanischen Stämmen unter der Führung des Cheruskers Arminius auf den Heereszug des römischen Legaten Publius Quinctilius Varus. Arminius ging sofort zum Angriff über, Varus wurde in die Defensive gezwungen. Nach mehreren erfolgreichen Attacken seitens der germanischen Kämpfer war der römische Heerführer besiegt, seine Streitmacht größtenteils ausgelöscht oder kampfunfähig. Rom hatte eine schmachvolle militärische Niederlage erlitten, ein großer Teil der niedergermanischen Armee war auf einen Schlag vernichtet worden. Was sich ausnimmt wie ein schweres Kriegsdesaster, ereignete sich in einem Gebiet, das die Römer nahezu als Provinz betrachteten. Der besiegte Legat war nicht der Meinung gewesen, durch Feindesland zu ziehen. Mehr noch, der Cherusker Arminius hatte im römischen Heer gedient und gehörte zu den bevorzugten Gastfreunden des Varus. Und vor seinem Auszug war Varus sogar noch eindringlich vor einer Verschwörung gewarnt worden.
2.1 Germaniam pacavi...
Im Sommer des Jahres 9. n. Chr. weilte Publius Quinctilius Varus seit zwei Jahren als Legatus Augusti pro praetore in Germanien. Er hatte hier den Aufbau der römischen Verwaltung vorangetrieben, hatte römisches Recht gesprochen, Steuern erhoben und diplomatische Bande zu den Oberhäuptern verschiedener germanischer Stämme geknüpft. Seit einem halben Jahrhundert galt der Rhein als nördliche Grenze des römischen Reiches, doch Varus lagerte derzeit mit einem Heeresaufgebot weit östlich davon an der Weser. Varus befand sich nicht im Kriegszustand, sondern ging seinen zivilen Amtsverpflichtungen nach. Germanien und seine Einwohner waren im Wandel.
Noch knapp eine Generation zuvor, hatte der Statthalter von Gallien, Marcus Lollius, gegen die Sugambrer, die auf Beutezug den Rhein überschritten hatten, gekämpft und verloren. Daraufhin hatte unter den Militäroffensiven des Legaten Drusus, dem Stiefsohn des Augustus, das römische Imperium immer mehr Boden im rechtsrheinischen Gebiet gewonnen. Nach dem tödlichen Reitunfall des Drusus um 9. v. Chr. hatte sein Bruder Tiberius unverzüglich seinen Platz eingenommen. Aus wilden germanischen Barbaren waren seitdem Vertragspartner und oftmals auch Verbündete geworden. Unruhen, die einen militärischen Einsatz erforderten, hatte es mit den Volksstämmen rechts des Rheins seit den Auseinandersetzungen im "immensum bellum" nicht mehr gegeben und diese lagen nun einige Jahre zurück. Das rechtsrheinische Germanien, ein weitreichendes Territorium zwischen Rhein und Elbe, galt als befriedetes Gebiet.
Mehr noch, im Grenzvorland des Imperiums hatte ein Romanisierungsprozess seinen Anfang genommen. Die Familien der Soldaten waren bereits in die befestigten Militärlager, die in den letzten zwei Jahrzehnten entstanden waren, nachgezogen. Händler und Handwerker folgten. Zivile Marktplätze, Keimzellen von zukünftigen Städten, an denen der Handelskontakt und Kulturaustausch mit den einheimischen Stämmen hergestellt werden konnte, waren gegründet worden. Auch das Straßennetz wurde stetig verbessert und sicherer, um nicht zuletzt auch den Handel mit dem Rohstoff Blei zu erleichtern, mit dessen staatlich kontrollierten Abbau bereits begonnen worden war. Nicht mehr so sehr der Rhein, eher die Elbe begrenzte Roms Machtanspruch im nördlichen Reichsgebiet. Jenseits davon erstreckte sich das Herrschaftsgebiet des Marbod, König der Markomannen, mit dem Rom unlängst einen Friedensvertrag geschlossen hatte. Publius Quinctilius Varus kam die Aufgabe zu, die römische Gesetzgebung und ein Finanzsystem im rechtsrheinischen Gebiet zu etablieren. Nach Besitznahme, Befriedung und Erschließung trat die "Germania Magna" mit der Installation der römischen Verwaltung in eine weitere Phase der Provinzialisierung ein.
Noch knapp eine Generation zuvor, hatte der Statthalter von Gallien, Marcus Lollius, gegen die Sugambrer, die auf Beutezug den Rhein überschritten hatten, gekämpft und verloren. Daraufhin hatte unter den Militäroffensiven des Legaten Drusus, dem Stiefsohn des Augustus, das römische Imperium immer mehr Boden im rechtsrheinischen Gebiet gewonnen. Nach dem tödlichen Reitunfall des Drusus um 9. v. Chr. hatte sein Bruder Tiberius unverzüglich seinen Platz eingenommen. Aus wilden germanischen Barbaren waren seitdem Vertragspartner und oftmals auch Verbündete geworden. Unruhen, die einen militärischen Einsatz erforderten, hatte es mit den Volksstämmen rechts des Rheins seit den Auseinandersetzungen im "immensum bellum" nicht mehr gegeben und diese lagen nun einige Jahre zurück. Das rechtsrheinische Germanien, ein weitreichendes Territorium zwischen Rhein und Elbe, galt als befriedetes Gebiet.
Mehr noch, im Grenzvorland des Imperiums hatte ein Romanisierungsprozess seinen Anfang genommen. Die Familien der Soldaten waren bereits in die befestigten Militärlager, die in den letzten zwei Jahrzehnten entstanden waren, nachgezogen. Händler und Handwerker folgten. Zivile Marktplätze, Keimzellen von zukünftigen Städten, an denen der Handelskontakt und Kulturaustausch mit den einheimischen Stämmen hergestellt werden konnte, waren gegründet worden. Auch das Straßennetz wurde stetig verbessert und sicherer, um nicht zuletzt auch den Handel mit dem Rohstoff Blei zu erleichtern, mit dessen staatlich kontrollierten Abbau bereits begonnen worden war. Nicht mehr so sehr der Rhein, eher die Elbe begrenzte Roms Machtanspruch im nördlichen Reichsgebiet. Jenseits davon erstreckte sich das Herrschaftsgebiet des Marbod, König der Markomannen, mit dem Rom unlängst einen Friedensvertrag geschlossen hatte. Publius Quinctilius Varus kam die Aufgabe zu, die römische Gesetzgebung und ein Finanzsystem im rechtsrheinischen Gebiet zu etablieren. Nach Besitznahme, Befriedung und Erschließung trat die "Germania Magna" mit der Installation der römischen Verwaltung in eine weitere Phase der Provinzialisierung ein.
2.2 Varus zu Gast bei "Freunden"
Am Vorabend der Schlacht hielt sich Varus im Stammesgebiet der Cherusker auf, die seit 8 v. Chr. die römische Herrschaft anerkannt hatten. Den Mitgliedern der führenden Familie des Stammes waren seitdem Privilegien wie etwa das römische Bürgerrecht zuteil geworden. Die Cherusker stellten ebenso Truppen für das römische Heer. Es gab keinen Anlass für Varus, die Cherusker nicht als Verbündete zu betrachten. Das wohlwollende Verhältnis zu den Römern innerhalb der Stammesführung war jedoch keineswegs so uneingeschränkt, wie es erschien. Die Oberhäupter der Cherusker hatten sich in zwei Lager geteilt. Die Gründe für diese Spaltung liegen im Dunkeln. Stammeszwistigkeiten und die Rückführung von vertriebenen Stammesmitgliedern durch den Legaten Lucius Domitius Ahenobarbus werden von Cassius Dio verzeichnet. Ahenobarbus Versuch scheiterte. Die Einmischung und Parteiergreifung des römischen Legaten in interne Stammesangelegenheiten mag eine antirömische Haltung der Oberschicht des Stammes begünstigt haben.
Um 9 n. Chr. gehörten Segestes und sein Sohn Segimund, der ein Priesteramt in der von den Römern eingerichteten Siedlung der Ubier bekleidete, zum prorömischen Part der führenden Sippe. Nach Aussage des römischen Autors Tacitus hatte Segestes das Bürgerrecht von Augustus persönlich verliehen bekommen. Flavus, der Bruder des Arminius, diente im römischen Heer und verhielt sich den Römern gegenüber ebenso loyal. Sein Onkel Inguiomer war den Römern gegenüber aufgeschlossen. Dies ist für seinen Bruder Segimer, dem Vater von Arminius und Flavus, ebenfalls anzunehmen. Arminius hatte dagegen seit einiger Zeit heimlich Verbündete im Kampf gegen die römische Besatzungsmacht zusammengezogen. Er fand sie wohl vornehmlich bei den Cheruskern, den Marsern, den Brukterern sowie den Chatten. Unterstützt wurde er dabei durch einen weiteren Segimer, der vermutlich ebenso ein Verwandter aus der führenden Familie war.
Trotz dieser Widerstandswilligkeit innerhalb der Stämme konnte Arminius angesichts der in Kampfstrategie geschulten und mit schwerer Bewaffnung ausgestatteten römischen Truppen, die bereits in Germanien stationiert waren, kaum zu einer offenen Revolte aufrufen. Er kannte die Schlagkraft des römischen Militärs aus eigener Erfahrung und hatte vermutlich selbst erlebt, welche Kampfstärke die Römer im Angriff auf den Markomannenkönig Marbod im Jahr 6 n. Chr. und kurz darauf zu den Aufständen in Pannonien zusammengezogen hatten. Die Chancen, die eine Truppe aus leicht bewaffneten, schwach organisierten Kriegern aus unterschiedlichen Stammesverbänden gegen ein Großaufgebot des römischen Militärs gehabt hätten, waren denkbar schlecht. Dies hatte sich nicht zuletzt in der schnellen Eroberung Germaniens seit Drusus erwiesen. Die Verschwörer ersannen eine Kriegslist. Arminius würde sein Vertrauensverhältnis zum Legaten nutzen, um das römische Heer unter einem Vorwand auf unbekanntes Terrain zu locken. Das böte den germanischen Kriegern den Vorteil, die römischen Truppen zu überraschen und zu verwirren.
Über die Gründe für die Unzufriedenheit innerhalb der germanischen Stämme, die sich der Verschwörung unter Arminius anschlossen, ist aus den antiken Quellen sehr wenig zu erfahren. Hinzu kommt, dass das Geschehen nur in der einseitigen Sichtweise der römischen Geschichtsschreibung überliefert ist. Die Autoren der Antike suchten die Schuld für die Erhebung im Verhalten des Varus. Nach Paterculus ließ sich der römische Legat von der vorgetäuschten Friedfertigkeit der Einheimischen blenden und legte mehr Wert auf die Rechtsprechung als auf militärische Sicherung. Florus überspitzt diese Sichtweise, indem er Varus, den die Einwohner Germaniens aufgrund seines Hochmuts, seiner Grausamkeit und seiner ausschweifenden Lebensweise verachteten, von den aufgebrachten Kriegern überfallen lässt, während dieser sorglos zu Gericht sitzt. Cassius Dio zeichnet das Bild eines selbstgefälligen Legaten, der den Einheimischen römisches Recht und Steuern aufzwang und sie wie Sklaven behandelte, was gerade die Stammesobersten gegen ihn aufbrachte. Es ist auffällig, dass die Kritik an der Person des Varus in den antiken Schriften schärfer vorgetragen wurde, je weiter die Ereignisse um 9 n. Chr. zurücklagen. Paterculus, der einzige Zeitzeuge, urteilte noch verhalten und stellte einem naiven Legaten ein hinterhältig agierendes Volk und einen gerissenen Arminius gegenüber. Florus schrieb sein Geschichtswerk bereits ein knappes Jahrhundert später. Bei ihm erstickt die Gesetzgebung des unbeliebten Legaten die Freiheit der germanischen Stämme bereits derart massiv, dass es zur Gegenwehr kommt. Cassius Dio trennten zwei Jahrhunderte von Varus. Er vermittelt den Eindruck, die Romanisation der Einwohner Germaniens sei gerade durch das ungeschickte Eingreifen des Varus gescheitert. Die Familie der Quinctilii waren zu diesem Zeitpunkt längst in die Bedeutungslosigkeit gesunken. Ihr politisches und gesellschaftliches Ansehen war bereits in der Regierungszeit des Tiberius durch Hochverratsprozesse gegen Ehefrau und Sohn des Varus herbeigeführt worden. Um so leichter fiel es, Varus die Schuldlast an der Verschwörung zuzuschieben. Da die Germanen keine Schriftzeugnisse aus dieser Zeit hinterlassen haben, die letztendlich Aufschluss über ihre Motive geben könnten, kann nur davon ausgegangen werden, dass sich viele Volksstämme Germaniens anscheinend nicht auf die gleiche Weise unter das Joch der römischen Vormundschaft begeben wollten, wie die linksrheinischen Stämme. Einen rasenden Arminius lässt Tacitus seinen Truppen zurufen, dass sich die Germanen niemals damit abfinden würden, zwischen Rhein und Elbe Rutenbündel, Beile und die Toga gesehen zu haben (Ann. I,59,4).
Um 9 n. Chr. gehörten Segestes und sein Sohn Segimund, der ein Priesteramt in der von den Römern eingerichteten Siedlung der Ubier bekleidete, zum prorömischen Part der führenden Sippe. Nach Aussage des römischen Autors Tacitus hatte Segestes das Bürgerrecht von Augustus persönlich verliehen bekommen. Flavus, der Bruder des Arminius, diente im römischen Heer und verhielt sich den Römern gegenüber ebenso loyal. Sein Onkel Inguiomer war den Römern gegenüber aufgeschlossen. Dies ist für seinen Bruder Segimer, dem Vater von Arminius und Flavus, ebenfalls anzunehmen. Arminius hatte dagegen seit einiger Zeit heimlich Verbündete im Kampf gegen die römische Besatzungsmacht zusammengezogen. Er fand sie wohl vornehmlich bei den Cheruskern, den Marsern, den Brukterern sowie den Chatten. Unterstützt wurde er dabei durch einen weiteren Segimer, der vermutlich ebenso ein Verwandter aus der führenden Familie war.
Trotz dieser Widerstandswilligkeit innerhalb der Stämme konnte Arminius angesichts der in Kampfstrategie geschulten und mit schwerer Bewaffnung ausgestatteten römischen Truppen, die bereits in Germanien stationiert waren, kaum zu einer offenen Revolte aufrufen. Er kannte die Schlagkraft des römischen Militärs aus eigener Erfahrung und hatte vermutlich selbst erlebt, welche Kampfstärke die Römer im Angriff auf den Markomannenkönig Marbod im Jahr 6 n. Chr. und kurz darauf zu den Aufständen in Pannonien zusammengezogen hatten. Die Chancen, die eine Truppe aus leicht bewaffneten, schwach organisierten Kriegern aus unterschiedlichen Stammesverbänden gegen ein Großaufgebot des römischen Militärs gehabt hätten, waren denkbar schlecht. Dies hatte sich nicht zuletzt in der schnellen Eroberung Germaniens seit Drusus erwiesen. Die Verschwörer ersannen eine Kriegslist. Arminius würde sein Vertrauensverhältnis zum Legaten nutzen, um das römische Heer unter einem Vorwand auf unbekanntes Terrain zu locken. Das böte den germanischen Kriegern den Vorteil, die römischen Truppen zu überraschen und zu verwirren.
Über die Gründe für die Unzufriedenheit innerhalb der germanischen Stämme, die sich der Verschwörung unter Arminius anschlossen, ist aus den antiken Quellen sehr wenig zu erfahren. Hinzu kommt, dass das Geschehen nur in der einseitigen Sichtweise der römischen Geschichtsschreibung überliefert ist. Die Autoren der Antike suchten die Schuld für die Erhebung im Verhalten des Varus. Nach Paterculus ließ sich der römische Legat von der vorgetäuschten Friedfertigkeit der Einheimischen blenden und legte mehr Wert auf die Rechtsprechung als auf militärische Sicherung. Florus überspitzt diese Sichtweise, indem er Varus, den die Einwohner Germaniens aufgrund seines Hochmuts, seiner Grausamkeit und seiner ausschweifenden Lebensweise verachteten, von den aufgebrachten Kriegern überfallen lässt, während dieser sorglos zu Gericht sitzt. Cassius Dio zeichnet das Bild eines selbstgefälligen Legaten, der den Einheimischen römisches Recht und Steuern aufzwang und sie wie Sklaven behandelte, was gerade die Stammesobersten gegen ihn aufbrachte. Es ist auffällig, dass die Kritik an der Person des Varus in den antiken Schriften schärfer vorgetragen wurde, je weiter die Ereignisse um 9 n. Chr. zurücklagen. Paterculus, der einzige Zeitzeuge, urteilte noch verhalten und stellte einem naiven Legaten ein hinterhältig agierendes Volk und einen gerissenen Arminius gegenüber. Florus schrieb sein Geschichtswerk bereits ein knappes Jahrhundert später. Bei ihm erstickt die Gesetzgebung des unbeliebten Legaten die Freiheit der germanischen Stämme bereits derart massiv, dass es zur Gegenwehr kommt. Cassius Dio trennten zwei Jahrhunderte von Varus. Er vermittelt den Eindruck, die Romanisation der Einwohner Germaniens sei gerade durch das ungeschickte Eingreifen des Varus gescheitert. Die Familie der Quinctilii waren zu diesem Zeitpunkt längst in die Bedeutungslosigkeit gesunken. Ihr politisches und gesellschaftliches Ansehen war bereits in der Regierungszeit des Tiberius durch Hochverratsprozesse gegen Ehefrau und Sohn des Varus herbeigeführt worden. Um so leichter fiel es, Varus die Schuldlast an der Verschwörung zuzuschieben. Da die Germanen keine Schriftzeugnisse aus dieser Zeit hinterlassen haben, die letztendlich Aufschluss über ihre Motive geben könnten, kann nur davon ausgegangen werden, dass sich viele Volksstämme Germaniens anscheinend nicht auf die gleiche Weise unter das Joch der römischen Vormundschaft begeben wollten, wie die linksrheinischen Stämme. Einen rasenden Arminius lässt Tacitus seinen Truppen zurufen, dass sich die Germanen niemals damit abfinden würden, zwischen Rhein und Elbe Rutenbündel, Beile und die Toga gesehen zu haben (Ann. I,59,4).
2.3 Ein Warnruf verhallt
Varus erhielt die Nachricht, dass bei einem entfernt siedelnden Stamm Unruhen ausgebrochen seien. Ganz nach Plan der Verschwörer beschloss er, diesen Unruhen entgegen zu ziehen und damit einen Umweg auf dem Rückmarsch in die Winterquartiere hinzunehmen. Das Risiko dieses Unternehmens mag ihm gering erschienen sein, immerhin hatte er ein kampferfahrenes Heer aus drei Legionen und Hilfseinheiten bei sich. Zudem standen ihm landeskundige Helfer zur Seite, unter ihnen Arminius, und der Weg würde durch die Siedlungsgebiete befreundeter Stämme führen. Eine Warnung vor der Verschwörung mit der Aufforderung, seine abtrünnigen Familienmitglieder festzunehmen, die der Cherusker Segestes persönlich dem Legaten überbrachte, schenkte Varus keinerlei Beachtung.
Im Rückblick auf die Ereignisse, die zu der katastrophalen Niederlage führten, mag das Verhalten des römischen Legaten höchst unvorsichtig erscheinen. Was ist also dran an dem Bild des selbstherrlichen aber doch gleichzeitig naiven Varus, das die antiken Quellen zeichnen? Wenn sein Zeitgenosse Paterculus schrieb, Varus wäre " von milder Gemütsart, ruhigem Temperament, etwas unbeweglich an Körper und Geist, mehr dem müßigen Lagerleben als an den Felddienst gewöhnt" (II,117,2) gewesen und später die "Schlaffheit des Kommandeurs" für den Untergang der Armee im Hinterhalt mitverantwortlich zeichnete, stellt sich die Frage, wie geeignet Varus für das Amt des Legaten überhaupt war.
Varus entstammte einer römischen Adelsfamilie, die ihre Wurzeln bis zur Gründung Roms zurückverfolgen konnte. Einige seiner Vorfahren hatten sich in der Zeit der römischen Republik als Konsuln hervorgetan, doch der politische und militärische Ruhm der Familie der Quinctilier nahm sich seitdem im Vergleich mit anderen vornehmen Familien Roms eher bescheiden aus. Sein Vater, Sextus Quinctilius Varus, hatte es in seiner politischen Laufbahn bis zur Quaestur gebracht, als die Ermordung Caesars im Jahr 44 v. Chr. die römischen Senatoren zu einer politischen Stellungsnahme zwang. Sextus stellte sich an die Seite der Caesarmörder und wählte nach der Niederlage von Philippi gegen Octavius und Marcus Antonius den Freitod. Dem jungen Varus entstand durch diesen Umstand jedoch kein Nachteil. Gesichert ist sein Amt als Quaestor Augusti im Jahr 22/21 v. Chr. durch Ehreninschriften in Pergamon und auf Tenos. Zu dieser ehrenvolle Magistratur konnte Varus nur durch Augustus persönlich vorgeschlagen worden sein. Zudem begleitete er in dieser Zeit den Prinzeps auf einer mehrjährigen Reise durch den Ostmittelmeerraum und den Orient und wurde Augenzeuge der Rückgabe der einstmals bei der Niederlage des Marcus Licinius Crassus und Marcus Antonius verlorenen römischen Feldzeichen durch den Partherkönig Phraates IV. Ein militärisches Amt scheint durch einen kleinen Marschgepäckanhänger, der im Feldlager bei Dangstetten gefunden wurde, gesichert zu sein: Die kleine, mehrfach wiederverwendete Scheibe aus Blei hatte wohl eine zeitlang einem Sklaven gehört, der zum Gefolge des Legatus legionis P. Quinctilius Varus zählte. Da das Lager Dangstetten im Zuge der Alpenfeldzüge des Augustus errichtet wurde, könnte Varus im Jahre 15 v. Chr. an dem von den Adoptivsöhnen des Prinzeps Drusus und Tiberius befehligten Zangenangriff auf den Alpenraum als Legionskommandeur teilgenommen haben.
Nur zwei Jahre später amtierte Varus zusammen mit Tiberius als Konsul. Ein sichtbares Zeichen dieses Konsulats ist der noch zu großen Teilen erhaltene Friedensaltar in Rom, die Ara Pacis, dessen Bau zu Ehren des Augustus in jenem Jahr von beiden Konsuln beschlossen wurde. Nicht allein seine politische Laufbahn verweist auf ein wohlgestimmtes Verhältnis zum Herrscherhaus. Varus und Tiberius waren durch ihre Ehen mit Töchtern des Agrippa, der sowohl ein enger Freund als auch ein Schwiegersohn des Augustus war, verschwägert. Noch enger wurde die Bande zur iulischen Familie im Jahr 7 v. Chr., als Varus nach dem Tod seiner Frau eine neue Ehe mit Claudia Pulchra einging, einer Großnichte des Augustus.
Etwa um diese Zeit ging Varus als Prokonsul in die Provinz Africa proconsularis. Ihm wurde nicht nur die Verwaltung einer der reichsten Provinzen des Imperiums übertragen, dem Statthalter erwuchs darüber hinaus aufgrund der Bereitstellung von Getreidelieferungen eine besonders verantwortungsvolle Aufgabe für das Wohl des Imperiums. Von 6 bis 4 v. Chr. hielt sich Varus als Legatus Augusti pro praetore in der Provinz Syria auf. Hier führte er den Oberbefehl über vier Legionen, die die Ostgrenze des römischen Imperiums zum Partherreich sicherten.
Neben militärischer Führungserfahrung gehörte auch diplomatisches Geschick zu den Eigenschaften, die von einem römischen Legaten in diesem Grenzbereich erwartet wurden. Syria lag eingebettet in ein System von Kleinkönigreichen, deren Herrscher sich loyal gegenüber Rom verhielten und dafür ihre Eigenständigkeit bewahren konnten. Dennoch konnten innerpolitische Zwischenfälle in diesen Klientelstaaten das Eingreifen des Statthalters notwendig machen. Als in Judäa ein Hochverratsprozess wegen eines versuchten Giftanschlags auf den Klientelkönig Herodes eingeleitet wurde, gehörte Varus zum Tribunal. Nach dem Tod des Herodes 4 v. Chr. entlud sich die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Regierung des Königshauses in Tumulten, die sich auch gegen die römische Verwaltung richteten.
Varus schlug mithilfe seiner Soldaten diese Unruhen nieder und ließ die Anführer gefangennehmen und hinrichten. Wenn nach Paterculus ein reicher Varus später das nun arme Syrien verließ, dann bestand dieser Reichtum neben einer vielleicht nicht völlig abzustreitenden Bereicherung an den Steuereinnahmen einer durch Handelswirtschaft wohlhabenden Provinz nicht zuletzt wohl auch aus Erfahrung. Immerhin hatte er nach seinem Konsulat zwei wichtige Posten in den bedeutendsten Provinzen des Reiches absolviert, hatte sich sowohl als vertrauenswürdiger Verwalter, geübter Militärführer und Diplomat gezeigt. Als Varus 7 n. Chr. von Augustus an den Rhein geschickt wurde, brachte er alle nötigen Fähigkeiten mit, um Germanien für Rom erschließen zu können. Die Erwartungen, die Augustus in ihn gesetzt hatte, wurden nicht enttäuscht. Zwei Jahre vergingen, ohne dass aus Germanien Aufstände gemeldet wurden. Da in Pannonien zu dieser Zeit schwere Kämpfe zwischen den Römern und einer Armee von Aufständischen stattfanden, die Roms volle Aufmerksamkeit forderten, wäre eine Erhebung der Stämme in Germanien militärisch kaum mehr zu bewältigen gewesen. Varus dürfte sich schon deshalb verpflichtet gefühlt haben, jeder Nachricht über Unruhen unverzüglich nachzugehen.
Im Rückblick auf die Ereignisse, die zu der katastrophalen Niederlage führten, mag das Verhalten des römischen Legaten höchst unvorsichtig erscheinen. Was ist also dran an dem Bild des selbstherrlichen aber doch gleichzeitig naiven Varus, das die antiken Quellen zeichnen? Wenn sein Zeitgenosse Paterculus schrieb, Varus wäre " von milder Gemütsart, ruhigem Temperament, etwas unbeweglich an Körper und Geist, mehr dem müßigen Lagerleben als an den Felddienst gewöhnt" (II,117,2) gewesen und später die "Schlaffheit des Kommandeurs" für den Untergang der Armee im Hinterhalt mitverantwortlich zeichnete, stellt sich die Frage, wie geeignet Varus für das Amt des Legaten überhaupt war.
Varus entstammte einer römischen Adelsfamilie, die ihre Wurzeln bis zur Gründung Roms zurückverfolgen konnte. Einige seiner Vorfahren hatten sich in der Zeit der römischen Republik als Konsuln hervorgetan, doch der politische und militärische Ruhm der Familie der Quinctilier nahm sich seitdem im Vergleich mit anderen vornehmen Familien Roms eher bescheiden aus. Sein Vater, Sextus Quinctilius Varus, hatte es in seiner politischen Laufbahn bis zur Quaestur gebracht, als die Ermordung Caesars im Jahr 44 v. Chr. die römischen Senatoren zu einer politischen Stellungsnahme zwang. Sextus stellte sich an die Seite der Caesarmörder und wählte nach der Niederlage von Philippi gegen Octavius und Marcus Antonius den Freitod. Dem jungen Varus entstand durch diesen Umstand jedoch kein Nachteil. Gesichert ist sein Amt als Quaestor Augusti im Jahr 22/21 v. Chr. durch Ehreninschriften in Pergamon und auf Tenos. Zu dieser ehrenvolle Magistratur konnte Varus nur durch Augustus persönlich vorgeschlagen worden sein. Zudem begleitete er in dieser Zeit den Prinzeps auf einer mehrjährigen Reise durch den Ostmittelmeerraum und den Orient und wurde Augenzeuge der Rückgabe der einstmals bei der Niederlage des Marcus Licinius Crassus und Marcus Antonius verlorenen römischen Feldzeichen durch den Partherkönig Phraates IV. Ein militärisches Amt scheint durch einen kleinen Marschgepäckanhänger, der im Feldlager bei Dangstetten gefunden wurde, gesichert zu sein: Die kleine, mehrfach wiederverwendete Scheibe aus Blei hatte wohl eine zeitlang einem Sklaven gehört, der zum Gefolge des Legatus legionis P. Quinctilius Varus zählte. Da das Lager Dangstetten im Zuge der Alpenfeldzüge des Augustus errichtet wurde, könnte Varus im Jahre 15 v. Chr. an dem von den Adoptivsöhnen des Prinzeps Drusus und Tiberius befehligten Zangenangriff auf den Alpenraum als Legionskommandeur teilgenommen haben.
Nur zwei Jahre später amtierte Varus zusammen mit Tiberius als Konsul. Ein sichtbares Zeichen dieses Konsulats ist der noch zu großen Teilen erhaltene Friedensaltar in Rom, die Ara Pacis, dessen Bau zu Ehren des Augustus in jenem Jahr von beiden Konsuln beschlossen wurde. Nicht allein seine politische Laufbahn verweist auf ein wohlgestimmtes Verhältnis zum Herrscherhaus. Varus und Tiberius waren durch ihre Ehen mit Töchtern des Agrippa, der sowohl ein enger Freund als auch ein Schwiegersohn des Augustus war, verschwägert. Noch enger wurde die Bande zur iulischen Familie im Jahr 7 v. Chr., als Varus nach dem Tod seiner Frau eine neue Ehe mit Claudia Pulchra einging, einer Großnichte des Augustus.
Etwa um diese Zeit ging Varus als Prokonsul in die Provinz Africa proconsularis. Ihm wurde nicht nur die Verwaltung einer der reichsten Provinzen des Imperiums übertragen, dem Statthalter erwuchs darüber hinaus aufgrund der Bereitstellung von Getreidelieferungen eine besonders verantwortungsvolle Aufgabe für das Wohl des Imperiums. Von 6 bis 4 v. Chr. hielt sich Varus als Legatus Augusti pro praetore in der Provinz Syria auf. Hier führte er den Oberbefehl über vier Legionen, die die Ostgrenze des römischen Imperiums zum Partherreich sicherten.
Neben militärischer Führungserfahrung gehörte auch diplomatisches Geschick zu den Eigenschaften, die von einem römischen Legaten in diesem Grenzbereich erwartet wurden. Syria lag eingebettet in ein System von Kleinkönigreichen, deren Herrscher sich loyal gegenüber Rom verhielten und dafür ihre Eigenständigkeit bewahren konnten. Dennoch konnten innerpolitische Zwischenfälle in diesen Klientelstaaten das Eingreifen des Statthalters notwendig machen. Als in Judäa ein Hochverratsprozess wegen eines versuchten Giftanschlags auf den Klientelkönig Herodes eingeleitet wurde, gehörte Varus zum Tribunal. Nach dem Tod des Herodes 4 v. Chr. entlud sich die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Regierung des Königshauses in Tumulten, die sich auch gegen die römische Verwaltung richteten.
Varus schlug mithilfe seiner Soldaten diese Unruhen nieder und ließ die Anführer gefangennehmen und hinrichten. Wenn nach Paterculus ein reicher Varus später das nun arme Syrien verließ, dann bestand dieser Reichtum neben einer vielleicht nicht völlig abzustreitenden Bereicherung an den Steuereinnahmen einer durch Handelswirtschaft wohlhabenden Provinz nicht zuletzt wohl auch aus Erfahrung. Immerhin hatte er nach seinem Konsulat zwei wichtige Posten in den bedeutendsten Provinzen des Reiches absolviert, hatte sich sowohl als vertrauenswürdiger Verwalter, geübter Militärführer und Diplomat gezeigt. Als Varus 7 n. Chr. von Augustus an den Rhein geschickt wurde, brachte er alle nötigen Fähigkeiten mit, um Germanien für Rom erschließen zu können. Die Erwartungen, die Augustus in ihn gesetzt hatte, wurden nicht enttäuscht. Zwei Jahre vergingen, ohne dass aus Germanien Aufstände gemeldet wurden. Da in Pannonien zu dieser Zeit schwere Kämpfe zwischen den Römern und einer Armee von Aufständischen stattfanden, die Roms volle Aufmerksamkeit forderten, wäre eine Erhebung der Stämme in Germanien militärisch kaum mehr zu bewältigen gewesen. Varus dürfte sich schon deshalb verpflichtet gefühlt haben, jeder Nachricht über Unruhen unverzüglich nachzugehen.
2.4 Auf dem Umweg
Im Herbst 9 n. Chr. setzte sich der gewaltige Militärzug in Bewegung, vermutlich knapp 15.000-20.000 Soldaten. Er bestand aus den drei Legionen, 17., 18. und 19., mit drei Alen Reiterei und sechs Kohorten. Zusätzlich wurde der Zug von einem Wagentross begleitet, in dem auch die Familien und Sklaven der Soldaten sowie zahlreiche Zivilpersonen mitreisten, schließlich befand man sich nicht im Kriegszustand. Als sich der wohl auf um die 15-20 km langgezogene Heereszug nach einiger Zeit der vereinbarten Übergriffsstelle näherte, entfernte sich Arminius mit dem Hinweis, weitere germanische Hilfstruppen aus den benachbarten Stämmen für Varus zusammenziehen zu wollen. Varus ließ ihn gewähren.
Arminius, dessen germanischer Name nicht überliefert ist, war zu diesem Zeitpunkt römischer Bürger und gehörte dem Ritterstand an. Obwohl seine Wurzeln in Germanien lagen, war er als Mitglied der führenden Familie der Cherusker wohl schon in jungen Jahren mit den Römern in Kontakt gekommen. Gemeinsam mit seinem Bruder, der ebenfalls nur unter seinem lateinischen Rufnamen Flavus bekannt ist, hatte Arminius den Stamm für einige Zeit verlassen und war in den römischen Militärdienst getreten. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war ihm das römische Bürgerrecht verliehen worden oder er besaß es bereits durch den Umstand, dass sein Vater Segimer vermutlich im Status eines römischen Bürgers stand. Den Rang eines Ritters verdankte Arminius vielleicht der Stellung als Anführer einer germanischen Auxiliartruppe, mit der er vermutlich während des geplanten Angriffs auf König Marbod und das Markomannenreich sowie unmittelbar vor seinem Bruch mit Rom die Truppen des Tiberius in Pannonien unterstützt haben könnte. Arminius sprach Latein und hatte während seines Militärdienstes die römische Lebensweise kennengelernt. Es war ein Kalkül der römischen Außenpolitik, dass vornehme Angehörige fremder Völker einige Zeit unter römischer Aufsicht lebten und sich die Sitte und Kultur aneigneten, um diese später in führenden Positionen in ihren Stammgebieten durchzusetzen. Das Vertrauen, das Varus Arminius entgegenbrachte, mag darin begründet gewesen sein, dass dieser sich bisher den Römern gegenüber loyal gezeigt hatte. Als Arminius die Truppen des Varus mit der Ausrede, neue Hilfskontingente auszuheben, verließ, entsprach das seinen bisherigen Aufgaben als Truppenkommandeur.
Arminius, dessen germanischer Name nicht überliefert ist, war zu diesem Zeitpunkt römischer Bürger und gehörte dem Ritterstand an. Obwohl seine Wurzeln in Germanien lagen, war er als Mitglied der führenden Familie der Cherusker wohl schon in jungen Jahren mit den Römern in Kontakt gekommen. Gemeinsam mit seinem Bruder, der ebenfalls nur unter seinem lateinischen Rufnamen Flavus bekannt ist, hatte Arminius den Stamm für einige Zeit verlassen und war in den römischen Militärdienst getreten. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war ihm das römische Bürgerrecht verliehen worden oder er besaß es bereits durch den Umstand, dass sein Vater Segimer vermutlich im Status eines römischen Bürgers stand. Den Rang eines Ritters verdankte Arminius vielleicht der Stellung als Anführer einer germanischen Auxiliartruppe, mit der er vermutlich während des geplanten Angriffs auf König Marbod und das Markomannenreich sowie unmittelbar vor seinem Bruch mit Rom die Truppen des Tiberius in Pannonien unterstützt haben könnte. Arminius sprach Latein und hatte während seines Militärdienstes die römische Lebensweise kennengelernt. Es war ein Kalkül der römischen Außenpolitik, dass vornehme Angehörige fremder Völker einige Zeit unter römischer Aufsicht lebten und sich die Sitte und Kultur aneigneten, um diese später in führenden Positionen in ihren Stammgebieten durchzusetzen. Das Vertrauen, das Varus Arminius entgegenbrachte, mag darin begründet gewesen sein, dass dieser sich bisher den Römern gegenüber loyal gezeigt hatte. Als Arminius die Truppen des Varus mit der Ausrede, neue Hilfskontingente auszuheben, verließ, entsprach das seinen bisherigen Aufgaben als Truppenkommandeur.
Ein bewaldeter Engpass, den der Militärzug während einer heraufziehenden Schlechtwetterfront erreichte, wurde schließlich zum Verhängnis. Gerade als sich die Marschordnung der Legionen aufgrund des schwierigen Geländes und eines Unwetters aufzulösen begann, erfolgte der Angriff der germanischen Kämpfer, die zunächst Fernwaffen einsetzten, später dann direkt in die Flanken der Römer einfielen. Den Soldaten, die wohl teilweise durch den sperrigen Wagentross behindert wurden, blieb keine Möglichkeit sich zu sammeln oder zu formieren. Zudem wurde in dem unwegsamen Gelände ihre größte Stärke zur schlimmsten Falle. Die schwere Panzerung und das umfangreiche Marschgepäck jedes Legionärs verhinderten ein schnelles Vorankommen auf dem schlammigen Waldboden. Die Römer sahen sich gezwungen, an Ort und Stelle zu verweilen und ein notdürftiges Lager zu errichten. Am nächsten Tag versuchte Varus mit seinem Heer den Ausfall zu wagen. Alles entbehrliche Gerät wurde zurückgelassen, die Wagen des Trosses verbrannt. Nach Cassius Dio, der die Ereignisse der Schlacht ausführlich überliefert, rückten die römischen Soldaten, von Attacken seitens der germanischen Kriegertrupps schwer bedrängt, mehrere Tage vorwärts. Ihr Ziel war es, den dichten Wäldern zu entkommen, die ihnen keinen Raum für eine sinnvolle Verteidigung boten. Während die Verluste unter den Römern nach kurzer Zeit gravierend wurden, schlossen sich, angelockt von der lohnenden Aussicht auf Beute, weitere germanische Stämme den Verschwörern an.
Am vierten Tag schien die Lage für die Römer aussichtslos geworden zu sein. Entkräftet und mit völlig vom Regen durchnässter Ausrüstung bahnten sie sich den Weg durch den unwegsamen Morast, ständigen Angriffen aus dem Hinterhalt ausgesetzt. Varus, dem die Niederlage deutlich vor Augen gestanden haben wird, fasste gemeinsam mit den übrigen ranghohen Offizieren eine endgültige Entscheidung und wählte mit ihnen den Freitod aus Angst vor einer erniedrigenden Gefangenschaft. Diese Tat erschütterte und entmutigte rasch die verbliebenen Kontingente des römischen Militäraufgebots. Wer nicht mehr fliehen konnte oder wollte, überließ sich freiwillig den Angreifern.
Arminius ließ den Leichnam des Varus enthaupten und schickte den Kopf zu König Marbod, um diesem zu veranschaulichen, dass die Römer besiegt worden waren. Sicherlich beinhaltete dieser Akt aber auch den Hinweis, wer hier über die Römer gesiegt hatte. Marbod stand es nun frei, sich der Revolte anzuschließen. Hätte er es getan, wären die Truppen des Arminius erheblich vergrößert und verstärkt worden. Doch es bleibt zu vermuten, dass Marbod damit auch gezwungen gewesen wäre, sich Arminius unterzuordnen. Der König lehnte eine Beteiligung ab und ließ den Kopf des Legaten zu Augustus nach Rom überführen.
Am vierten Tag schien die Lage für die Römer aussichtslos geworden zu sein. Entkräftet und mit völlig vom Regen durchnässter Ausrüstung bahnten sie sich den Weg durch den unwegsamen Morast, ständigen Angriffen aus dem Hinterhalt ausgesetzt. Varus, dem die Niederlage deutlich vor Augen gestanden haben wird, fasste gemeinsam mit den übrigen ranghohen Offizieren eine endgültige Entscheidung und wählte mit ihnen den Freitod aus Angst vor einer erniedrigenden Gefangenschaft. Diese Tat erschütterte und entmutigte rasch die verbliebenen Kontingente des römischen Militäraufgebots. Wer nicht mehr fliehen konnte oder wollte, überließ sich freiwillig den Angreifern.
Arminius ließ den Leichnam des Varus enthaupten und schickte den Kopf zu König Marbod, um diesem zu veranschaulichen, dass die Römer besiegt worden waren. Sicherlich beinhaltete dieser Akt aber auch den Hinweis, wer hier über die Römer gesiegt hatte. Marbod stand es nun frei, sich der Revolte anzuschließen. Hätte er es getan, wären die Truppen des Arminius erheblich vergrößert und verstärkt worden. Doch es bleibt zu vermuten, dass Marbod damit auch gezwungen gewesen wäre, sich Arminius unterzuordnen. Der König lehnte eine Beteiligung ab und ließ den Kopf des Legaten zu Augustus nach Rom überführen.
Johann Heinrich Tischbein d. Ä., Der Triumph Hermanns nach seinem Sieg über Varus, 1758
Hermann Prell, Hermann der Cherusker übergibt den erbeuteten römischen Silberschatz der Priesterschaft am Galgenberge
Grabstein des Marcus Caelius, gefunden vermutlich am Fürstenberg bei Xanten
2.5 Entsetzen in Rom
Die Nachricht über den Untergang dreier Legionen und des Legatus Augusti in Germanien traf in Rom etwa zeitgleich mit der Nachricht über den nach drei langen Jahren erfolgreich niedergeschlagenen Aufstand in Pannonien ein. Augustus zeigte sich zutiefst erschüttert und trug seine Trauer öffentlich zur Schau. An Festakte zu Ehren des Sieges auf dem Balkan war nicht mehr zu denken. "Quinctilius Varus, gib die Legionen wieder her!", lässt der Herrscherbiograf Sueton Augustus ausrufen und dabei den Kopf in voller Verzweiflung gegen eine Tür schlagen (Aug. 23,2). Die Schuld an dem Debakel gab der Prinzeps dem besiegten Varus jedoch nicht. In aller Ehre wurde der Kopf des ehemaligen Legaten im Familienmausoleum des Augustus auf dem Marsfeld bestattet. Aus Furcht vor Unruhen veranlasste der Herrscher, Angehörige der Prätorianergarde mit gallischen oder germanischen Wurzeln unverzüglich ins Exil zu schicken.
Ob Augustus eine Empörung von ihrer Seite befürchtete, wie Cassius Dio nahelegt, oder eher Übergriffe seitens der Bevölkerung, ist ungewiss. Die Verantwortung an der militärischen Katastrophe und der Schmach der außerhalb der Reichsgrenzen verlorenen römischen Feldzeichen den Launen der Göttern zuzuschreiben, ist dann sicherlich eine Botschaft an die Bevölkerung gewesen: Auch der "Erste" (und mächtigste) unter den Bürgern Roms stand der höheren Gewalt des Schicksals machtlos gegenüber. Diese Botschaft war für Augustus zur Wahrung seiner außerordentlichen Stellung von großer Bedeutung. Seit der Übertragung seines "Imperium proconsulare" durch den Senat im Jahre 27 v. Chr. und der Voranstellung dieses Status gegenüber allen anderen Befehlsgewaltträgern im römischen Staatsdienst wenige Jahre später, waren die Erwartungen an den Prinzeps hoch. Da das Amt formal einer Verlängerung nach Ablauf einer zeitlichen Frist bedurfte, hatte Augustus dafür Sorge zu tragen, dass seine Legitimation für diese Aufgabe gewahrt blieb. Das bedeutete konkret einen Erfolgsdruck bei der Bekämpfung von Unruhen innerhalb der ihm unterstellten Provinzen und deren Grenzen. Die Niederlage des Varus und die zusammengeschrumpfte Militärgewalt an der Rheingrenze ließen Übergriffe auf das linksrheinische Gebiet und weitere Unruhen innerhalb Galliens, einem seiner Verwaltungsbereiche, möglich erscheinen. Auch das gerade erneut befriedete Pannonien lag in direkter Nachbarschaft zum neuen Unruheherd. In Eile wurden wieder Soldaten rekrutiert und in die durch den eben erst beendeten Feldzug in Pannonien geschwächten Legionen eingestellt. Unter dem Oberbefehl des Tiberius wurde die Armee erneut in den Norden des Reiches entsandt.
2.6 Ein Aufstand breitet sich aus
In Germanien wandten sich die aufständischen Truppen unter Arminius nun gegen die verbliebenen römischen Truppenkontingente. Die Militäranlagen rechts des Rheins wurden entweder angegriffen und überrannt oder von den Römern aufgegeben. Unter diesen Anlagen befand sich auch die im heutigen Nordhessen an der Lahn gelegene, umwehrte Siedlung bei Waldgirmes. Hier bestand seit etwa 4 v. Chr an einem günstig in Verbindung mit Militäranlagen des Umlands gelegenem Platz eine römische Siedlung, die als Handelsplatz ausschließlich zivilen Charakter hatte. Neben Lagergebäuden sowie Geschäfts- und Wohnhäusern wies diese "Kolonie" auch ein mit Hallen eingefasstes Forum mit einer Basilika auf. Im Zentrum der Anlage wurden Statuenbasen nachgewiesen. Zumindest eine davon trug eine Reiterstatue aus vergoldeter Bronze, von der etliche Bruchstücke bei Ausgrabungen zutage getreten sind. Die Statue, wohl ein Herrscherbildnis, wurde vermutlich von der Bevölkerung bei der Auflassung der Siedlung unbrauchbar gemacht: Das Imperium Romanum befand sich auf dem Rückzug. Von den Militärlagern an der Lippe gingen alle bis auf eines verloren. Die Quellen benennen es als "Aliso", in dem der Lagerpräfekt Lucius Caedicius mit den verbliebenen Soldaten und wohl auch Zivilpersonen von den Aufständischen eingeschlossen auf Hilfe wartete.
Ein Übergriff auf die Rheingrenze oder gar die Gebiete links des Stroms seitens der aufständischen Germanen erfolgte jedoch nicht. Nach Ausweis der Schriftquellen war der Grund entweder die Belagerung von Aliso, die die Aufmerksamkeit der Aufständischen vollkommen vereinnahmte oder auch die Kunde, dass sich am Rhein ein gewaltiges Heeresaufgebot der Römer zu formieren begann. Lucius Nonnius Asprenas, ein Neffe des Varus und seit 7 n. Chr. Befehlshaber über die Legionen 1. Germanica und 5. Alaudae in Germanien, hatte es geschafft, seine zwei Legionen nach der Niederlage seines Onkels sicher in das Winterlager Vetera (bei Xanten) zu führen. Bis zum Eintreffen des Tiberius am Niederrhein konnte Asprenas das Grenzgebiet mit seinem Militäraufgebot sichern. Zusätzlichen Ruhm erlangte Asprenas, als Ende 9 oder im Frühjahr 10 n. Chr. die Belagerten des Kastells Aliso unter Caecidius einen Ausfall wagten und sich mit Hilfe des Legionslegaten zum Rhein durchschlagen konnten. Unterdessen hatte Tiberius mit seiner Armee am Rhein nach fast vierjähriger Abwesenheit wieder Stellung bezogen. Die unter Varus verlorenen Legionen wurden durch drei neue ersetzt und die Zahl der Rheinlegionen um zwei weitere auf insgesamt acht erhöht.
Ein Übergriff auf die Rheingrenze oder gar die Gebiete links des Stroms seitens der aufständischen Germanen erfolgte jedoch nicht. Nach Ausweis der Schriftquellen war der Grund entweder die Belagerung von Aliso, die die Aufmerksamkeit der Aufständischen vollkommen vereinnahmte oder auch die Kunde, dass sich am Rhein ein gewaltiges Heeresaufgebot der Römer zu formieren begann. Lucius Nonnius Asprenas, ein Neffe des Varus und seit 7 n. Chr. Befehlshaber über die Legionen 1. Germanica und 5. Alaudae in Germanien, hatte es geschafft, seine zwei Legionen nach der Niederlage seines Onkels sicher in das Winterlager Vetera (bei Xanten) zu führen. Bis zum Eintreffen des Tiberius am Niederrhein konnte Asprenas das Grenzgebiet mit seinem Militäraufgebot sichern. Zusätzlichen Ruhm erlangte Asprenas, als Ende 9 oder im Frühjahr 10 n. Chr. die Belagerten des Kastells Aliso unter Caecidius einen Ausfall wagten und sich mit Hilfe des Legionslegaten zum Rhein durchschlagen konnten. Unterdessen hatte Tiberius mit seiner Armee am Rhein nach fast vierjähriger Abwesenheit wieder Stellung bezogen. Die unter Varus verlorenen Legionen wurden durch drei neue ersetzt und die Zahl der Rheinlegionen um zwei weitere auf insgesamt acht erhöht.
Mit diesem massiven Militäraufgebot hatte Arminius aufgrund seiner Erfahrung mit den Römern rechnen müssen. Spätestens im Frühjahr 10 n. Chr. dürfte ihm klar gewesen sein, dass seiner Erhebung, so günstig sich die Niederlage des Varus für die Moral der Kriegstruppen unter seiner Führung auch auswirken mochte, erheblich strapaziösere Zeiten bevorstehen würden. Über die persönlichen Motive des Cheruskers, die ihn überhaupt zu diesem Aufstand bewogen hatten, kann aufgrund mangelnder Nachrichten aus den Quellen nur spekuliert werden. Es ist gut möglich, dass Arminius mit dem Aufbau seiner Armee um die Vorherrschaft innerhalb der führenden Familie seines Stammes rang. Diese war ihm vielleicht nicht durch das Erbrecht gesichert, da über den Rang seines Vaters Segimer innerhalb der Führungsschicht der Cherusker nichts genaues bekannt ist. Arminius nutzte die Unzufriedenheit innerhalb des eigenen und anderer Stämme mit dem Verwaltungssystem der Römer, um sie im Kampf gegen den gemeinsamen Gegner unter seinen Oberbefehl zu stellen und seine Eignung als Anführer zu beweisen. Ein Angriff auf die Rheinlinie, wie von den Römern anfangs befürchtet, unterblieb und gehörte vermutlich auch nicht zum Plan des Arminius.
Der Sieg über die ahnungslosen römischen Legionen war letztendlich durch eine List herbeigeführt worden. Nun waren die Römer alarmiert und es wäre reiner Selbstmord gewesen, sich mit den leichtbewaffneten germanischen Truppen den Rheinlegionen in einer offenen Schlacht zu stellen. Dennoch war es notwendig, seinen Führungsanspruch, der von der Gunst seiner Armee abhing, durch weitere Siege zu untermauern. In den folgenden Auseinandersetzungen mit den Römern kämpfte Arminius eher defensiv und ließ sich nur dann auf Angriffe ein, wenn ihm die Umstände vorteilhaft erschienen. Eine nationale Widerstandsbewegung wird Arminius mit diesem Vorgehen sicher nicht vor Augen gestanden haben. Hinzu kam, dass trotz des Rückzugs der Römer aus den rechtsrheinischen Gebieten weiterhin starke prorömische Sympathien vorhanden waren. Die Verhandlungen mit den Markomannen waren durch die Romtreue des Marbod gescheitert und selbst innerhalb der obersten Cheruskerfamilie gab es eine prorömische Tendenz unter Segestes und Inguiomer. Der Feldzug des Arminius gegen die Römer visierte eher die Wiederherstellung der Autonomie der Siedlungsgebiete der Cherusker und der verbündeten Stämme an, auf die sein monarchischer Führungsanspruch vermutlich ausgelegt war.
2.7 Rom schlägt zurück
Zwischen 10 und 12 n. Chr. überschritt Tiberius mit seiner Armee den Rhein und hinterließ eine Schneise der Zerstörung. Paterculus berichtet von verwüsteten Äckern, niedergebrannten Gehöften sowie besiegten Gegnern. Es werden hier keine Einzelheiten genannt, doch kann man davon ausgehen, dass sich die Angriffe vornehmlich auf die Gebiete der unter Arminius verbündeten Stämme im Raum zwischen Lippe und Weser konzentriert haben werden. Cassius Dio (56,25,2) zufolge hielt sich Tiberius in der Nähe des Rheins auf und konnte keine nennenswerten militärischen Erfolge erzielen, da die germanischen Stämme sich den Römern anscheinend entzogen. Als sein Neffe und Adoptivsohn Germanicus, der Sohn des erfolgreichen Drusus, den Oberbefehl über die Rheinlegionen um 13 n. Chr. erhielt und in den folgenden drei Jahren mit großangelegten Feldzügen in das rechtsrheinische Gebiet begann, gerieten die abtrünnigen germanischen Stämme in Bedrängnis. Erste Angriffe, die Germanicus gemeinsam mit seinem Legionslegaten Aulus Caecina durchführte, zielten auf die Stämme der Marser und Chatten ab. Letztere wurden von den Angriffen überrascht und erwarteten vergebens die Hilfe der befreundeten Cherusker, die von Caecina bedrängt wurden. Nach schweren Verlusten ergaben sich die Chatten den Römern oder flohen.
Zur gleichen Zeit brach auch die führende Familie der Cherusker endgültig auseinander. Arminius hatte Thusnelda, die Tochter des romtreuen Segestes, trotz Widerstandes des Vaters geheiratet. Dieser hatte seine hochschwangere Tochter nun gefangengenommen und wurde dafür von seinem Schwiegersohn belagert. Segestes Sohn Segimund, ehemals Priester am Altar der Ubier und seit der Revolte auf der antirömischen Seite, überbrachte ein Hilfegesuch seines Vaters an Germanicus. Diesem gelang es, Segestes zu befreien und Thusnelda als Geisel zu nehmen. Segimund wurde begnadigt. Trotz dieser Rückschläge gelang es Arminius, weitere Truppen anzuwerben und auch seinen Onkel Inguiomer auf seine Seite zu ziehen. Der nächste Großangriff der römischen Legionen erfolgte auf das Stammgebiet der Cherusker. Mithilfe der Flotte sowie den Friesen und Chauken, die Hilfstruppen stellten, führte Germanicus sein Heer auf getrennten Wegen zunächst an die Ems, wo sein Offizier Lucius Stertinius gegen die Brukterer ins Feld zog und den verlorenen Legionsadler der 19. Legion sicherstellen konnte. Anschließend rückte das Heer in das Gebiet zwischen Lippe und Weser vor. Da der Ort der Varusniederlage in der Nähe lag, brachen Germanicus und Caecina mit dem Heer auf, um das Schlachtgebiet in Augenschein zu nehmen.
Einen ausführlichen Bericht über das Aussehen des Schlachtareals, auf dem der Heereszug des Varus untergegangen war, liefert Tacitus in seinen Annalen. Demnach waren noch Reste des Lagers, das der Legat notgedrungen errichten musste, wie Cassius Dio berichtet, sowie weitere Schanzanlagen vorhanden. Die Gebeine der Gefallenen, Tierkadaver und Waffenteile lagen nach sechs Jahren immer noch verstreut umher. Verlassene Opferaltäre, von den Siegern errichtet, zeugten von den Martyrien, die die Gefangenen erlitten hatten. Diese Opferungen sind indirekt auch von Paterculus und Florus bezeugt, die beide von Verstümmelungen der Kommandeure durch die Sieger oder dem verkohlten Leichnam des Varus berichten. Germanicus veranlasste eine Bestattung der Gebeine in einem Grabhügel. Anschließend setzte er den Feldzug gegen Arminius fort, der sich in der Nähe aufhielt und zunächst zurückzog, bis ihm das bewaldete Gelände einen Vorteil bot. Die anschließende Schlacht verlief zunächst zugunsten des Cheruskers, endete aber unentschieden. Germanicus zog sich darauf zurück.
2.8 "Seht da!
Varus und die erneut dem gleichen Schicksal verfallenen Legionen!"
Wieder sollte das Heer getrennt den Rückmarsch antreten. Caecina übernahm die Führung von vier Legionen, die an der Ems entlang über die "Pontes longi", den von Lucius Domitius Ahenobarbus angelegten Trockenpfad durch sumpfiges Gelände, ziehen sollten. Dazu mussten große Teile des Dammweges jedoch erst wieder instand gesetzt werden. Arminius und Inguiomer setzten ihm nach, überholten den Heereszug und griffen gezielt die Arbeitskommandos an, um Caecina festzusetzen. Das Sumpfgelände wurde durch die Umleitung von Bachläufen zusätzlich unterspült. Die List zeigte Wirkung. Nur mit Mühe gelang es Caecina seine Truppen unter Kontrolle zu halten. Als zwei Legionen aus der Marschordnung ausbrachen und im Morast ins Stocken gerieten, griff Arminius schließlich an. Erst nach verlustreichen Kämpfen und den Umstand, dass auch Arminius die Kontrolle über seine Armee kurzfristig verlor, konnten die Römer auf sicheres Gelände gelangen und ein Lager aufschlagen. Näher sollte Arminius dem Sieg nicht kommen. Dem Bericht des Tacitus zufolge entschieden sich die Germanen gegen den Rat des Arminius für einen direkten Sturm auf das Lager, wie es Inguiomer vorschlug, gerieten dabei aber selbst in einen Hinterhalt, als Caecina den Ausfall wagte und die Angreifer an den Wällen umzingelte. Im Gegensatz zu seinem schwer verwundeten Onkel konnte Arminius den Kampfplatz unversehrt verlassen. Allerdings hatte er damit in doppelter Hinsicht eine Niederlage davongetragen, da nicht nur die erfolgversprechende Schlacht verloren gegangen, sondern auch sein Führungsanspruch missachtet worden war.
Noch vor Ende des Jahres konnte Germanicus die erneute Unterwerfung des Cheruskers Segimer und seines Sohnes Sesithacus entgegennehmen. Ihnen wurde verziehen und beide wurden in das linksrheinische Gebiet gebracht. Mit dieser Unterwerfung verringerte sich der Kreis der antirömischen Partei um Arminius abermals. Für das folgende Jahr verzeichnet Tacitus die Belagerung eines Militärlagers an der Lippe durch die germanischen Truppen, der Germanicus mit sechs Legionen entgegenzog. Dieser Bericht lässt erkennen, dass erneut römische Truppen den Winter 15/16 n. Chr. an der Lippe verbracht hatten. Die einstige Aufmarschlinie nach Germanien war demnach wieder in Betrieb genommen worden, nach dem Abzug der Belagerer wurden hier, zwischen dem Militärlager Aliso und dem Rhein, weitere Aufbauarbeiten durchgeführt.
Noch vor Ende des Jahres konnte Germanicus die erneute Unterwerfung des Cheruskers Segimer und seines Sohnes Sesithacus entgegennehmen. Ihnen wurde verziehen und beide wurden in das linksrheinische Gebiet gebracht. Mit dieser Unterwerfung verringerte sich der Kreis der antirömischen Partei um Arminius abermals. Für das folgende Jahr verzeichnet Tacitus die Belagerung eines Militärlagers an der Lippe durch die germanischen Truppen, der Germanicus mit sechs Legionen entgegenzog. Dieser Bericht lässt erkennen, dass erneut römische Truppen den Winter 15/16 n. Chr. an der Lippe verbracht hatten. Die einstige Aufmarschlinie nach Germanien war demnach wieder in Betrieb genommen worden, nach dem Abzug der Belagerer wurden hier, zwischen dem Militärlager Aliso und dem Rhein, weitere Aufbauarbeiten durchgeführt.
Ein weiterer großangelegter Angriff erfolgte abermals gegen das Stammgebiet der Cherusker, das die Legionen mithilfe der Flotte über Nordsee und Weser erreichten. Zwei große Gefechte sind überliefert. Das erste fand auf dem so bezeichneten Idistavidischen Feld, einer nicht genau lokalisierten Ebene im Weserbergland, statt. Trotz des Geländevorteils - Arminius hatte seine Truppen sichtbar in der Ebene und teilweise verborgen in den bewaldeten Hügeln aufgestellt - gewannen die Römer die Oberhand, da Arminius Schwierigkeiten hatte, seine Truppen von vorschnellen Angriffen abzuhalten. Er und Inguiomer flohen vom Schlachtfeld und forderten wenig später die römischen Truppen am Angrivarierwall, einem Grenzwall zwischen dem Stammesgebiet der Cherusker und der Angrivarier, erneut heraus. Doch auch hier konnte das römische Heer die germanischen Truppen schwer bedrängen, jedoch wohl nicht völlig bezwingen. In einer Pattsituation zog sich Germanicus zurück. Damit hatte Arminius innerhalb kürzester Zeit zwei verlustreiche Schlachten einstecken müssen, dennoch hatte er sich gegen die Übermacht erneut behauptet. Auf dem Rückzug zum Rhein ereilte die Römer abermals eine Katastrophe, als die Flotte, die für den Transport der Soldaten zuständig war, an der Küste in einen schweren Sturm geriet. Die Verluste, die schließlich nach Rom gemeldet werden mussten, waren enorm.
2.9 Ein Wendemanöver wird eingeleitet
Was mit der Niederlage des Statthalters Varus begonnen hatte, wurde nun zum ausschlaggebenden Faktor. Angesichts der Nachrichten über die dramatisch hohen Verluste an Soldaten und Kriegsgerät, die seit nun mehr knapp einem Jahrzehnt nach dem Untergang der 17., 18. und 19. Legion in Germanien zu verzeichnen waren, verlor der neue Machthaber Tiberius endgültig die Geduld. Der aufreibende Einsatz zur Befriedung des rechtsrheinischen Gebietes zeigte weder eine nachhaltige Wirkung auf die aufständischen Stämme des Landes, noch konnte für das römische Reich ein nutzbarer Gebietszuwachs verzeichnet werden. Das Trugbild der möglichen Provinzialisierung der "Germania Magna" zur Sicherung der römischen Besitzungen links des Rheins und seine Erschließung für die Wirtschaft Roms war in dem Moment untergegangen, als Varus und seine Armee in den Hinterhalt des Arminius geriet und mit einem unerwarteten Widerstand gegen die römische Macht konfrontiert wurde. Der Entschluss des Tiberius, die von Augustus ererbte Germanienpolitik zu modifizieren und damit auf den territorialen Zuwachs des Weltreiches bis an die Elbe zu verzichten, dürfte sicherlich auch in Hinblick auf die eigenen Erfahrungen, die der neue Prinzeps mit den Volksstämmen Germaniens gesammelt hatte, erfolgt sein.
Germanicus wurde nach Rom zurückbeordert, offiziell um ein weiteres Konsulat anzutreten. Für die Schlachten, die er in den Jahren seiner Befehlsgewalt über die Rheinlegionen geschlagen hatte, wurde ihm im Jahr 17 n. Chr. ein Triumphzug gewährt, der dem Volk das siegreiche Ende eines Vergeltungsschlages der Militärmacht Roms für den Frevel der Auflehnung germanischer Kriegstruppen suggerieren sollte. Immerhin konnte man zwei der in der Varusschlacht verlorenen Feldzeichen und Geiseln aus den führenden Familien der Cherusker und anderer Barbarenstämme vorzeigen. Ob für den Abzug des Germanicus, der bei den Legionen am Rhein, einem mächtigen Heeresaufgebot, nach wie vor in hohem Ansehen stand, letztendlich auch persönliches Misstrauen gegenüber der Loyalität des einst erzwungenen Nachfolgers von Seiten des Tiberius stand, ist kaum beweisbar. Die Aufgabe der rechtsrheinischen Militäroffensiven und der Rückzug der Legionen zum Schutz des Grenzflusses und seinem Hinterland liegt aber nicht in einer persönlichen Abneigung gegenüber Germanicus begründet. Vielmehr machte sich die eher vorsichtige und defensive Grenzpolitik des Tiberius nun bemerkbar, als er zu dem Ausgangspunkt zurückkehrte, wegen dem etwa 30 Jahre zuvor ein verlustreiches und nur bedingt erfolgreiches Ausgreifen der Römer in das rechtsrheinische Gebiet begonnen hatte: Der Sicherung der Rheingrenze.
Germanicus wurde nach Rom zurückbeordert, offiziell um ein weiteres Konsulat anzutreten. Für die Schlachten, die er in den Jahren seiner Befehlsgewalt über die Rheinlegionen geschlagen hatte, wurde ihm im Jahr 17 n. Chr. ein Triumphzug gewährt, der dem Volk das siegreiche Ende eines Vergeltungsschlages der Militärmacht Roms für den Frevel der Auflehnung germanischer Kriegstruppen suggerieren sollte. Immerhin konnte man zwei der in der Varusschlacht verlorenen Feldzeichen und Geiseln aus den führenden Familien der Cherusker und anderer Barbarenstämme vorzeigen. Ob für den Abzug des Germanicus, der bei den Legionen am Rhein, einem mächtigen Heeresaufgebot, nach wie vor in hohem Ansehen stand, letztendlich auch persönliches Misstrauen gegenüber der Loyalität des einst erzwungenen Nachfolgers von Seiten des Tiberius stand, ist kaum beweisbar. Die Aufgabe der rechtsrheinischen Militäroffensiven und der Rückzug der Legionen zum Schutz des Grenzflusses und seinem Hinterland liegt aber nicht in einer persönlichen Abneigung gegenüber Germanicus begründet. Vielmehr machte sich die eher vorsichtige und defensive Grenzpolitik des Tiberius nun bemerkbar, als er zu dem Ausgangspunkt zurückkehrte, wegen dem etwa 30 Jahre zuvor ein verlustreiches und nur bedingt erfolgreiches Ausgreifen der Römer in das rechtsrheinische Gebiet begonnen hatte: Der Sicherung der Rheingrenze.
2.10 Einigkeit und Freiheit?
Jenseits der Rheingrenze brach nach dem Abzug des gemeinsamen Feindes Rom die Widerstandsbewegung zusammen mit der Allianz der verbündeten Stämme schnell auseinander. Arminius, der angesichts seiner Feldherrenqualitäten nach wie vor einen Führungsanspruch über seinen Stamm und möglicherweise auch über die ihm verbündeten Stämme beanspruchte, wurde nun erneut mit internen Stammeszwistigkeiten oder gar Auflehnungen gegen sein Machtstreben konfrontiert. Seine wachsende Rivalität zu Marbod, der sich während der Feldzüge des Germanicus neutral gezeigt hatte, eskalierte im Jahr 17. n. Chr. in der Frage nach der Herrschaftsgewalt über die elbgermanischen Stämme. Beide Heeresführer zogen gegeneinander. Die Schlacht endete unentschieden als Inguiomer zu Marbod überlief und mit seinen Truppen die Lücken in dessen Heer schließen konnte, die durch Desertationen der Semnonen und Langobarden in das Heer des Arminius zuvor entstanden waren. Dennoch verließ Marbod das Schlachtfeld, um sich in sein eigenes Stammesgebiet zurückzuziehen, was ihm als Schwäche ausgelegt werden konnte und wurde. Im selben Jahr berichtet Tacitus von einem Brief des vornehmen Chatten Adgandestrius an den römischen Senat, in dem dieser sich dazu bereit zeigte, Arminius durch ein Attentat zu beseitigen, wenn Rom das Gift dazu stellen würde (II,88,1). Ob diese Überlieferung der Wahrheit entspricht, sei dahingestellt, der Bericht lässt jedoch den Eindruck der Entwicklung des Arminius zu einem Tyrannen entstehen, die in der antiken Überlieferung oftmals Opfer von Anschlägen aus nächster Nähe wurden. Wenige Jahre nach der Schlacht mit Marbod, dessen Macht schließlich durch die Usurpation eines Stammesadligen gebrochen wurde, verstarb Arminius im Alter von 37 Jahren. Nach der Überlieferung des Tacitus wurde er tatsächlich das Opfer eines Anschlages, ausgeübt durch seine nächsten Verwandten.
Die Varusschlacht wird oftmals als Wendepunkt in der Geschichte Germaniens, sogar der Geschichte Europas bezeichnet. Diesen Stellenwert kann man ihr durchaus zumessen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass nicht so sehr der Überfall auf den Heereszug des Varus an sich und auch nicht so sehr der hohe Verlust an Menschenleben die Wende bezeichnet, die die Römer letztendlich an den Rhein zurückbrachte, sondern die Ereignisse, die sich aus ihr ergaben. Sie ist jedoch der "Stein des Anstoßes". Arminius gelang es, die Unzufriedenheit seiner Landsleute geschickt für einen Selbstbehauptungszweck zu nutzen, zu dessen Ziel der gemeinsame Gegner Rom gemacht wurde. Angesichts des oftmals defensiven Verhaltens in der Zeit der folgenden Feldzüge des Germanicus und sein eher lokal auf das Siedelland des eigenen und der verbündeten Stämme ausgelegtes Vorgehen, kann ihm damit das Prädikat "der Befreier Germaniens", das Tacitus ihm zugedacht hat, nur unter Vorbehalt verliehen werden. Seine Konfliktbereitschaft gegen die Übermacht Rom und die Widerstandsfähigkeit gegen die Militäroffensiven des Heeres des Germanicus sind es, die Tiberius letztendlich zu dem Schritt der Auflassung des rechtsrheinischen Germaniens für die Expansionspläne des Augustus bewegt haben werden. Dass seine Landsleute Arminius vielleicht nicht unbedingt als ihren Befreier, sondern als zunehmend aggressiver auftretenden Machthaber gesehen haben, zeigen die Nachrichten über seine letzten Jahre. Für die Erfassung der Bedeutung der Varusschlacht für den weiteren Verlauf der Geschichte bis in die heutige Zeit ist es notwendig, die Ereignisse nicht isoliert von ihrem historischen Kontext zu betrachten. Vor allem nicht isoliert von den weiteren Ereignissen der Rachefeldzüge des Germanicus. Die Wende in der Germanienpolitik Roms führte nicht Arminius mit der Varusschlacht herbei, sondern letztendlich Tiberius. Aber die Varusschlacht ist der Ausgangspunkt und der "Motor" dieses Wendemanövers gewesen.
Die Varusschlacht wird oftmals als Wendepunkt in der Geschichte Germaniens, sogar der Geschichte Europas bezeichnet. Diesen Stellenwert kann man ihr durchaus zumessen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass nicht so sehr der Überfall auf den Heereszug des Varus an sich und auch nicht so sehr der hohe Verlust an Menschenleben die Wende bezeichnet, die die Römer letztendlich an den Rhein zurückbrachte, sondern die Ereignisse, die sich aus ihr ergaben. Sie ist jedoch der "Stein des Anstoßes". Arminius gelang es, die Unzufriedenheit seiner Landsleute geschickt für einen Selbstbehauptungszweck zu nutzen, zu dessen Ziel der gemeinsame Gegner Rom gemacht wurde. Angesichts des oftmals defensiven Verhaltens in der Zeit der folgenden Feldzüge des Germanicus und sein eher lokal auf das Siedelland des eigenen und der verbündeten Stämme ausgelegtes Vorgehen, kann ihm damit das Prädikat "der Befreier Germaniens", das Tacitus ihm zugedacht hat, nur unter Vorbehalt verliehen werden. Seine Konfliktbereitschaft gegen die Übermacht Rom und die Widerstandsfähigkeit gegen die Militäroffensiven des Heeres des Germanicus sind es, die Tiberius letztendlich zu dem Schritt der Auflassung des rechtsrheinischen Germaniens für die Expansionspläne des Augustus bewegt haben werden. Dass seine Landsleute Arminius vielleicht nicht unbedingt als ihren Befreier, sondern als zunehmend aggressiver auftretenden Machthaber gesehen haben, zeigen die Nachrichten über seine letzten Jahre. Für die Erfassung der Bedeutung der Varusschlacht für den weiteren Verlauf der Geschichte bis in die heutige Zeit ist es notwendig, die Ereignisse nicht isoliert von ihrem historischen Kontext zu betrachten. Vor allem nicht isoliert von den weiteren Ereignissen der Rachefeldzüge des Germanicus. Die Wende in der Germanienpolitik Roms führte nicht Arminius mit der Varusschlacht herbei, sondern letztendlich Tiberius. Aber die Varusschlacht ist der Ausgangspunkt und der "Motor" dieses Wendemanövers gewesen.
2.11 Orte der Varusschlacht
Viele Theorien
Nach der Wiederentdeckung und dem Druck der Werke des Tacitus - der "Germania" und der "Annalen" -, in denen die Varusschlacht erwähnt wird, begann ab der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert v. a. in Westfalen die Suche nach dem Ort der Varusschlacht. Diese frühen Bemühungen verliefen noch unsystematisch und waren im heutigen Verständnis wissenschaftlich wenig fundiert. Die verschiedenen Ortstheorien orientieren sich im Wesentlichen an der Nennung von Orts- und Flussnamen sowie der Beschreibung der Topografie durch die antiken Schriftsteller, an Untersuchungen des vermutlichen antiken Wegenetzes oder an vermeintlich aussagefähigen Flurnamen. Eine archäologische Überprüfung der einzelnen Theorien jedoch, d. h. Grabungen an den vermuteten Orten, war zu dieser Zeit kaum möglich. Keine dieser Theorien konnte sich deshalb mangels der bei dem Niedergang dreier Armeen und eines beladenen Wagentrosses zu erwartenden Fundmaterial als allgemein anerkannt durchsetzen.
Hunderte Theorien - aufgestellt von Laien bis hin zu Fachleuten, basierend auf heimatkundlichen bzw. örtlichen Interessen bis hin zu akribischer wissenschaftlicher Forschung - verweisen auf eine bis heute offene Frage. Auffällig ist, dass viele der angenommenen Schlachtorte mit dem Wohnort der Autoren übereinstimmen und wissenschaftlich-methodisch kaum fundiert sind. Trotz dieser enormen Fülle von Verortungsmöglichkeiten besteht auch weiterhin innerhalb der Altertumsforschung kein Konsens über den tatsächlichen Ort der Varusschlacht, letztlich gibt es nur Indizien. So konnte etwa in Kalkriese der Nachweis erbracht werden, hier ein großes Schlachtareal aus dem frühen 1. Jh. n. Chr. gefunden zu haben, ob es sich dabei um die Hinterlassenschaft der Varusschlacht handeln müsse, wird auf lokaler und internationaler Ebene von Fachleuten weiterhin kontrovers diskutiert.
Die Vielzahl von Theorien für die hauptsächlich vermuteten Gebiete in Westfalen und das angrenzende Niedersachsen teilte bereits 1966 der Archäologe Harald von Petrikovits in einem Aufsatz in der Fachzeitschrift "Bonner Jahrbücher" in vier Hauptgruppen ein. Wie zutreffend diese Einteilung ist, zeigt sich an der Tatsache, dass sich nahezu alle nach dem Erscheinen des Aufsatzes Von Petrikovits gemachten Verortungsvorschläge weiterhin in seine Hauptgruppen einreihen lassen. Er unterteilte die vermuteten Orte in folgende Hauptgruppen:
Die folgende Übersicht nennt beispielhaft, zumeist ohne weitere Gewichtung und Qualifizierung, einige Theorien, um die über viele Jahrhunderte geografisch so breit verteilte Diskussion über den antiken Ort der Varusschlacht zu verdeutlichen.
Hunderte Theorien - aufgestellt von Laien bis hin zu Fachleuten, basierend auf heimatkundlichen bzw. örtlichen Interessen bis hin zu akribischer wissenschaftlicher Forschung - verweisen auf eine bis heute offene Frage. Auffällig ist, dass viele der angenommenen Schlachtorte mit dem Wohnort der Autoren übereinstimmen und wissenschaftlich-methodisch kaum fundiert sind. Trotz dieser enormen Fülle von Verortungsmöglichkeiten besteht auch weiterhin innerhalb der Altertumsforschung kein Konsens über den tatsächlichen Ort der Varusschlacht, letztlich gibt es nur Indizien. So konnte etwa in Kalkriese der Nachweis erbracht werden, hier ein großes Schlachtareal aus dem frühen 1. Jh. n. Chr. gefunden zu haben, ob es sich dabei um die Hinterlassenschaft der Varusschlacht handeln müsse, wird auf lokaler und internationaler Ebene von Fachleuten weiterhin kontrovers diskutiert.
Die Vielzahl von Theorien für die hauptsächlich vermuteten Gebiete in Westfalen und das angrenzende Niedersachsen teilte bereits 1966 der Archäologe Harald von Petrikovits in einem Aufsatz in der Fachzeitschrift "Bonner Jahrbücher" in vier Hauptgruppen ein. Wie zutreffend diese Einteilung ist, zeigt sich an der Tatsache, dass sich nahezu alle nach dem Erscheinen des Aufsatzes Von Petrikovits gemachten Verortungsvorschläge weiterhin in seine Hauptgruppen einreihen lassen. Er unterteilte die vermuteten Orte in folgende Hauptgruppen:
- "Nordtheorie": Danach fand die Varusschlacht am nördlichen Rand des Wiehen- und Wesergebirges und deren weiterem Verlauf statt.
- "Lippische Theorie": Der Schlachtort ist im östlichen Bereich des Teutoburger Waldes oder zwischen diesem und der Weser anzunehmen.
- "Münsterländer Theorie": Der Kampf zwischen dem römischen Heer und den Germanen spielte sich westlich und südwestlich des Teutoburger Waldes ab.
- "Südtheorie": Die Schauplätze des Geschehens sind demnach im Süden der Münsterländer Bucht anzunehmen.
Die folgende Übersicht nennt beispielhaft, zumeist ohne weitere Gewichtung und Qualifizierung, einige Theorien, um die über viele Jahrhunderte geografisch so breit verteilte Diskussion über den antiken Ort der Varusschlacht zu verdeutlichen.
- 1535 verfasste der Theologe und Historiker Georg Burkhardt Spalatin eine Biografie des Arminius und vermutete als Schlachtort Duisburg. Pfarrer Johann Carl Friedrich Petersen aus Bochum präferierte im Jahr 1823 für den Schlachtort den Raum Unna/Lütgendortmund/Bochum. Ein anderer Heimatforscher aus Bochum, Heinz Winter, nahm 1979 an, die Schlacht müsse an der mittleren Ruhr stattgefunden haben.
- In den Jahren 1584/1587 gab der Geograf und Kartograf Abraham Ortelius, der in Augsburg geboren worden war und später mit seiner Familie in die südlichen Niederlande auswanderte, seine Karten "Belgii Veteris" heraus. Darauf finden sich neben dem Saltus Teutoburgiensis, den Ortelius im Steinfurt verortete, auch die Kastelle Aliso und Vetera, die beide am linken Isselufer angegeben sind, also in den heutigen Niederlanden. In der gleichen Ansicht, das Schlachtgeschehen des Jahres 9 n. Chr. habe im westlichen Raum Westfalens stattgefunden, vermutete Georg Schumacher aus Beckum 1982 den Schlachtort in den Beckumer Bergen. Aufgrund von Ortsbezeichnungen vermutete noch im Jahr 2006 Albert Bömer, Gastwirt aus Rees-Mehr am unteren Niederrhein, dass sich die Varusschlacht im niederländischen Achterhoek zugetragen habe.
- Seit dem 16. Jh. geriet zunehmend der Osning als Schlachtort in den Fokus. Der Reformator Phillip Melanchthon (1497-1560), der Paderborner Fürstbischof Ferdinand von Fürstenberg (1626-1683) sowie im späteren 18. Jahrhundert der Literat Friedrich Gottlieb Klopstock (1724-1803) identifizierten den Osning als den Ort der Varusschlacht; Klopstock stützte sich bei seiner Annahme u. a. auf entsprechende Funde von Waffen, Schädeln und Münzen mit den Bildnissen Caesars und Augustus. 1616 hatte der Geograf und Historiker Philipp Clüver (1580-1622) diesen mit dem von Tacitus überlieferten Geländepunkt "teutoburgiensis saltu" gleichgesetzt, eine Theorie, die durch die 1669 erschienen "Monumenta Paderbornensia" des Paderborner Fürstbischofs an Popularität gewann und im 18. Jh. zur Umbenennung des Mittelgebirgszugs führte. Dieser Umstand ließ das Gebiet besonders oft im Mittelpunkt der Verortungstheorien erscheinen. So kam Wilhelm Leise, der sich mit den Marschrouten der Fußtruppen beschäftigte 1986 - ohne entsprechende archäologische Belege - zum Schluss, dass die Varusschlacht im Bereich der Briloner Hochfläche stattgefunden haben müsse. In den 90er Jahren des 20. Jhs. lokalisierte Rolf Bökemeier, Hobbyarchäologe und pensionierter Oberstudienrat aus Stadthagen bei Hannover, die Schlacht im Raum Detmold. 2005 stellte Wilm Brepohl, ehemaliger stellvertretender Kulturdezernent des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, die Theorie auf, Varus habe mit einem Truppenaufmarsch ein Opferfest der Germanen auf der Teutoburg gestört. Die dadurch ausgelöste Varusschlacht hat s. E. auf einer bisher unbekannten Anhöhe stattgefunden. Abschließend sei noch Peter Oppitz aufgerührt, der ein Jahr später den Schlachtort bei Paderborn vermutete.
- Der 1868 entdeckte Hildesheimer Silberfund, dessen römischer Ursprung eindeutig ist, wurde in der Folge immer wieder mit den Ereignissen zwischen Römern und Germanen im frühen 1. Jh. n. Chr. in Verbindung gebracht. Verschiedene Heimatforscher postulierten deshalb den Raum Hildesheim als Örtlichkeit der Varusschlacht. So etwa der Bochumer Heimatforscher Hermann Kreye, der 1930 den Schlachtort auf der rechten Seite der Weser vermutete oder der Architekt und Hobby-Archäologe Rainer Friebe, der einen wichtigen römischen Lagerort bei Hameln postulierte. Den Schlachtort selbst sah er mit Funden belegt, die unweit östlich hiervon in Zilly nahe Halberstadt, also im nördlichen Harzvorland, gemacht wurden.
- Der bedeutende Althistoriker Theodor Mommsen sah 1885 erstmals die Gegend nördlich des Kalkrieser Bergs im Wiehengebirge aufgrund von Münzfunden als Schlachtort an. Der Altphilologe, Heimatforscher und Direktor des Osnabrücker Ratsgymnasiums, Karl Ludwig Friedrich Knoke, suchte im ausgehenden 19. Jh. den Ort der Varusschlacht in erster Linie aufgrund seiner Quellenstudien. Als Ergebnisse brachte er verschiedene Areale ins Gespräch, z. B. den Habichtswald bei Leeden im Tecklenburger Land oder ein Waldstück in Bad Iburg im Landkreis Osnabrück. Die Theorie Mommsens erhielt neues Gewicht, als 1987 der englische Major und Hobby-Archäologe Tony Clunn in Kalkriese bei Bramsche Münzen und Wurfgeschosse auffand. Nach intensiven Ausgrabungen und Forschungen, die daraufhin folgten, gilt Kalkriese heute als wahrscheinlicher Ort der Varusschlacht.
Diese kurze Übersicht, eingeteilt in die Hauptgruppen von Petrikovits, verdeutlicht bereits, dass über Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte bestimmte Ort bei der Auswahl favorisiert oder vernachlässigt wurden. Obwohl die Schlacht oftmals im Umfeld des "Teutoburger Waldes“ gesucht wurde, lässt sich damit aber keine deutliche Tendenz der Erforschung in diese Richtung erkennen.
Die Schwierigkeit, den Ort der Varusschlacht zu lokalisieren, liegt neben dem Mangel an aussagekräftigen archäologischen Beweisfunden letztlich auch in der lückenhaften und - gerade im Bezug auf die geografische Lage - wenig differenzierten Aussagen der antiken Quellenüberlieferung.
Die ausführlichste Darstellung des Schlachtverlaufs ist im 56. Buch des Geschichtswerks des Cassius Dio zu finden. Seiner Überlieferung zufolge zog Varus mit seinem Heer durch schluchtenreiches Bergland, das dicht bewaldet war, sodass Heereszug und Tross etliche Male durch umgestürzte Bäume und Wurzelgeflecht auf dem Reiseweg behindert wurden (56,20,1-3). Oft genug musste der schlammige Boden erst zu einem Reiseweg ausgebaut werden. Weiter berichtet Dio, Varus habe sich vor dem Aufbruch weit vom Rhein entfernt im Stammgebiet der Cherusker an der Weser aufgehalten (56,18,5). Die Geländebeschreibung bietet kaum Anhaltspunkte dafür, in welche Richtung der Heereszug auf seinem Umweg zum Unruheherd schließlich aufbrach und wann das schwierige Gelände erreicht wurde, um darauf Rückschlüsse ziehen zu können, wo genau an der Weser Varus die Sommermonate des Jahres 9 n. Chr. verbrachte. Es ist zudem möglich, dass die bewusst undifferenziert gehaltene Geländebeschreibung mit Bergen und Wäldern sich aus den gängigen Klischees für die Darstellung des rauen, kaum kultivierten Germaniens zusammensetzt. Auch Velleius Paterculus kann außer einer Landschaft aus Sümpfen und Wäldern, in die sich die römischen Soldaten schließlich eingeschlossen fanden, keine Details beitragen (II,119,2). Ein geografischer Hinweis findet sich bei Tacitus, dem zufolge Germanicus 15 n. Chr. an der Ems im Stammgebiet der Brukterer kämpfte und anschließend nach Süden in das Gebiet zwischen Ems und Lippe zog, nahe dem "Teutoburger Wald" (Ann. I,60,3). Da das Schlachtfeld nun in der Nähe lag, wurde der Legat Caecina ausgeschickt, um das bewaldete Sumpfgebiet mit Dämmen und Brücken für den Besuch des Germanicus gangbar zu machen (Ann. I,61,1). Weder die Richtung, die Caecina einschlug, noch wie lange er für den Weg zum Schlachtort brauchte ist in der Quelle vermerkt. Auch die Angabe, dass der Ort nahe beim Teutoburger Wald lag, beinhaltet keine verlässliche Ortangabe, da nicht sicher ist, welcher topografische Punkt diese Bezeichnung bei den Römern wirklich trug.
Die gezielte Eingrenzung des möglichen Schlachtortes ist mit diesen Angaben kaum zu erzielen. Abgerundet, aber eben nicht deutlicher umrissen, wird das mögliche Areal durch die - ebenfalls in ihren Ausmaßen nicht gesicherten - Siedlungsgebiete der Stämme, bei denen die verlorenen Feldzeichen der drei untergegangenen Legionen sichergestellt werden können. Hier handelt es sich um die Brukterer, von denen 15 n. Chr. der erste Legionsadler zurückerobert wurde. Ihr Stammesgebiet lag zwischen der Ems und der Lippe. Der zweite Adler konnte noch unter Germanicus bei den Marsern wiedergewonnen werden, die zwischen Lippe und Weser siedelten. Der dritte Adler fand sich erst um 41 n. Chr. entweder bei den Cheruskern an der Weser oder nördlich von ihnen bei den Chauken im unteren Weser-/Emsland. Auch hier zeigt sich, dass angesichts der Quellenaussagen für die Suche nach dem Ort der Niederlage des Statthalters Varus alle vier Verortungsgruppen von Petrikovits mehr oder weniger ihre Berechtigung haben.
Die Schwierigkeit, den Ort der Varusschlacht zu lokalisieren, liegt neben dem Mangel an aussagekräftigen archäologischen Beweisfunden letztlich auch in der lückenhaften und - gerade im Bezug auf die geografische Lage - wenig differenzierten Aussagen der antiken Quellenüberlieferung.
Die ausführlichste Darstellung des Schlachtverlaufs ist im 56. Buch des Geschichtswerks des Cassius Dio zu finden. Seiner Überlieferung zufolge zog Varus mit seinem Heer durch schluchtenreiches Bergland, das dicht bewaldet war, sodass Heereszug und Tross etliche Male durch umgestürzte Bäume und Wurzelgeflecht auf dem Reiseweg behindert wurden (56,20,1-3). Oft genug musste der schlammige Boden erst zu einem Reiseweg ausgebaut werden. Weiter berichtet Dio, Varus habe sich vor dem Aufbruch weit vom Rhein entfernt im Stammgebiet der Cherusker an der Weser aufgehalten (56,18,5). Die Geländebeschreibung bietet kaum Anhaltspunkte dafür, in welche Richtung der Heereszug auf seinem Umweg zum Unruheherd schließlich aufbrach und wann das schwierige Gelände erreicht wurde, um darauf Rückschlüsse ziehen zu können, wo genau an der Weser Varus die Sommermonate des Jahres 9 n. Chr. verbrachte. Es ist zudem möglich, dass die bewusst undifferenziert gehaltene Geländebeschreibung mit Bergen und Wäldern sich aus den gängigen Klischees für die Darstellung des rauen, kaum kultivierten Germaniens zusammensetzt. Auch Velleius Paterculus kann außer einer Landschaft aus Sümpfen und Wäldern, in die sich die römischen Soldaten schließlich eingeschlossen fanden, keine Details beitragen (II,119,2). Ein geografischer Hinweis findet sich bei Tacitus, dem zufolge Germanicus 15 n. Chr. an der Ems im Stammgebiet der Brukterer kämpfte und anschließend nach Süden in das Gebiet zwischen Ems und Lippe zog, nahe dem "Teutoburger Wald" (Ann. I,60,3). Da das Schlachtfeld nun in der Nähe lag, wurde der Legat Caecina ausgeschickt, um das bewaldete Sumpfgebiet mit Dämmen und Brücken für den Besuch des Germanicus gangbar zu machen (Ann. I,61,1). Weder die Richtung, die Caecina einschlug, noch wie lange er für den Weg zum Schlachtort brauchte ist in der Quelle vermerkt. Auch die Angabe, dass der Ort nahe beim Teutoburger Wald lag, beinhaltet keine verlässliche Ortangabe, da nicht sicher ist, welcher topografische Punkt diese Bezeichnung bei den Römern wirklich trug.
Die gezielte Eingrenzung des möglichen Schlachtortes ist mit diesen Angaben kaum zu erzielen. Abgerundet, aber eben nicht deutlicher umrissen, wird das mögliche Areal durch die - ebenfalls in ihren Ausmaßen nicht gesicherten - Siedlungsgebiete der Stämme, bei denen die verlorenen Feldzeichen der drei untergegangenen Legionen sichergestellt werden können. Hier handelt es sich um die Brukterer, von denen 15 n. Chr. der erste Legionsadler zurückerobert wurde. Ihr Stammesgebiet lag zwischen der Ems und der Lippe. Der zweite Adler konnte noch unter Germanicus bei den Marsern wiedergewonnen werden, die zwischen Lippe und Weser siedelten. Der dritte Adler fand sich erst um 41 n. Chr. entweder bei den Cheruskern an der Weser oder nördlich von ihnen bei den Chauken im unteren Weser-/Emsland. Auch hier zeigt sich, dass angesichts der Quellenaussagen für die Suche nach dem Ort der Niederlage des Statthalters Varus alle vier Verortungsgruppen von Petrikovits mehr oder weniger ihre Berechtigung haben.
Der Schlachtort?
Kalkriese bei Osnabrück
Als Favorit unter den Theorien der jüngsten Vergangenheit gilt Kalkriese bei Bramsche im Landkreis Osnabrück. In der Kalkrieser-Niewedder Senke konnten seit 1987/1988 verschiedene römische Funde aus der Zeit um Christi Geburt gemacht werden. Es handelt sich dabei um genau den Ort, an dem bereits im späten 19. Jh. Theodor Mommsen aufgrund entsprechender Münzfunde den Ort der Varusschlacht vermutet hatte. Sondierungen, planmäßige Ausgrabungen und systematische Untersuchungen brachten seitdem eine inzwischen auf mehrere Tausend Stücke angewachsene Fundmenge zu Tage, die besonders auf der Kalkrieser Flur "Oberesch" massiert auftrat. Im Fundmaterial dominieren Objekte aus dem militärischen Bereich von Fußtruppen und Reiterei, etwa Waffen und Zubehör der römischen Militärtracht. Deshalb wird die Fundstelle als Kampfplatz interpretiert, auf dem ein Gefecht römischer Truppen stattgefunden haben muss. Daneben fanden sich auch in geringerer Menge Werkzeuge und Geräte der nicht kämpfenden Verbände sowie Gegenstände des täglichen Gebrauchs. Der insgesamt weit mehr als 1.500 Stücke umfassende Münzfundbestand enthält einige römische Gold- und viele Silber- und Bronzemünzen. Das Münzspektrum reicht zeitlich von der römischen Republik über die augusteische Zeit bis hin zu Gegenstempelprägungen, deren Kontermarken "AUG" für Augustus, "VAR" für Publius Quinctilius Varus und "C. VAL" für den Reiterkommandanten des Varus, Caius Numonius Vala, angeben. Es handelt sich bei diesen markierten Münzen vermutlich um Sonderzahlungen an das Heer, dessen Urheber den Soldaten durch den Stempel vor Augen geführt werden sollte. Sie ermöglichen nach Ansicht der ausgrabenden Archäologen eine Datierung des Fundniederschlags in das Jahr 9 n. Chr., was dementsprechend für eine Verbindung mit der Varusschlacht sprechen würde.
Das inzwischen zu einem Forschungsprojekt zur Varusschlacht gewachsene Unternehmen wird in einer Kooperation zwischen der Universität Osnabrück und der "Varusschlacht im Osnabrücker Land gGmbH, Museum und Park Kalkriese" durchgeführt. Neben verschiedenen Arbeiten zur Thematik und zugehörigen Veröffentlichungen durch die involvierten Mitarbeiter hat es im Jahr 2002 zum Bau des genannten archäologisches Parks und dem Museum am postulierten Ort der Varusschlacht geführt.
Besonders die Erkenntnisse bei der archäologischen Untersuchung der Flur "Oberesch" stützen nach Meinung der Archäologen die Vermutung, dass es sich in Kalkriese um den Ort der Varusschlacht gehandelt haben muss. Neben den bereits angesprochenen Funden konnte dort ein 400 m langer Abschnittswall freigelegt werden, der offenbar an seiner Oberseite mit einer Brustwehr gesichert war und in regelmäßigen Abständen Öffnungen für Durchgänge freiließ. Der Wall verläuft am Fuße des Kalkrieser Berges, einem Ausläufer des Wiehengebirges. Weiter nördlich ging das Gelände in der Antike in ein ausgedehntes Sumpfgebiet über. Zwischen Berg und Moor blieb ein schmales, gangbares Geländestück, das jedoch durch zahlreiche Bachläufe, die den Hang des Berges durchziehen, häufig unterspült gewesen sein muss. Der Wall selbst war mittels begleitender Drainagegräben gegen ein Abrutschen durch Unterspülung gesichert. Römisches Fundmaterial wurde massiert an der Vorderseite des Walles angetroffen, wo es teilweise unter dem Versturz des Walles begraben worden war.
Die Interpretation dieses Befundes kann folgendermaßen zusammengefasst werden. Um das hochgerüstete römische Heer militärisch angehen zu können, setzten die Germanen auf eine Guerillataktik, die die Schwachstelle der gigantischen Militärmaschinerie nutzen sollte: die Unbeweglichkeit der gepanzerten römischen Legionäre in unwegsamen Gelände. Die drei römischen Legionen, die drei Reitereinheiten und die sechs Kohorten, die unter dem Befehl des Varus in die Kämpfe verwickelt waren, haben 15.000 bis 20.000 Soldaten mit mehreren Tausend Reit-, Zug- und Tragtieren sowie einem zugehörigen Tross umfasst. Nach modernen Schätzungen war damit ein imposanter römischer Heerzug von etwa 20 km Länge unterwegs. Die Germanen zwangen ihren Gegner offenbar geschickt in beengtes Gelände, das ein Ausspielen der massiven Kampfkraft des riesigen Heeres nicht ermöglichte. Zu diesem Zweck errichteten sie den angetroffenen Wall, der eine bereits natürlich bestehende Engstelle im Gelände noch weiter verschmälerte und begrenzte. Die angreifenden Germanen fanden nicht nur Schutz und Deckung hinter dem Wall und seiner mutmaßlichen Brustwehr. Sie konnten durch die ca. alle 15 m erbauten Durchlässe zudem schnelle Attacken auf das römische Heer, das vor dem Wall vorbeizog, unternehmen. Ebenso ermöglichten die Durchlässe den schnellen Rückzug der germanischen Krieger hinter den schützenden Wall.
Interessanterweise lässt der Bau des Walles nach Aussage der Ausgräber zumindest teilweise die Kenntnis römischer Konstruktionsweisen erkennen, zeigt demnach also auch in diesem Detail eine Vertrautheit mit dem Wissen des Gegners. Anscheinend wurden also neben der Kenntnis des römischen Militärwesens und seiner Charakteristik im Allgemeinen auch spezielle Einzelkenntnisse über das Schanzwesen des Gegners genutzt, um von den Germanen gegen die Römer selbst eingesetzt zu werden. Das wird als Beleg dafür angesehen, dass Teile der germanischen Kämpfer eigene Erfahrungen mit römischer Militär- und Bautechnik erworben hatten, vielleicht als Kämpfer in einer Truppeneinheit.
Gegen die Interpretation des gesamten Befundes und damit gegen die Gleichsetzung von Kalkriese mit dem Ort der Varusschlacht sind in den vergangenen Jahren aus Fachkreisen, von Historikern, Numismatikern und Archäologen auch Einwände vorgebracht worden. Wohl unstrittig ist noch die Auslegung als Schlachtort, auf dem ein großes römisches Heer gegen Germanen gekämpft hat. Aber bereits die Datierung mittels der genannten Münzen in das Jahr 9 n. Chr. wird mit numismatischen Argumenten zurückgewiesen, da die datierenden Kontermünzen auch nach der Varusschlacht bei den Rheinlegionen verbreitet waren. Auch werden immer wieder Zweifel laut, ob die Gleichsetzung der Befunde in Kalkriese mit den Angaben bei den antiken Autoren bezüglich der Landschaft zutreffend ist. Und: Welcher Teil der ja tagelangen Schlacht des gewaltigen römischen Heeres wird hier greifbar? Cassius Dio überliefert zumindest ein notdürftiges Nachtlager, an dem die Wagen des Trosses zurückgelassen wurden und Tacitus berichtet von mehreren Schanzanlagen auf dem von Germanicus besuchten Schlachtareal. Zu diesen Angaben fehlen bislang im Raum Kalkriese die archäologischen Befunde. Wie steht es überhaupt um die Korrektheit der von den antiken Schriftstellern gemachten Angaben, die oft mit erheblichem zeitlichen Abstand zur Schlacht geschrieben worden waren? Auch die Intention des jeweiligen Autors in Bezug auf seine Leser und die Haltung des Schriftstellers zu den handelnden römischen Teilnehmern wie z. B. Varus, ist stets kritisch zu bedenken. Kritiker berufen sich auch darauf, dass der Anteil von Gegenständen im Fundmaterial, die auf den umfangreichen Tross des fraglichen Heeres deuten könnten, viel zu gering ausfällt. Die eindrucksvolle Varusarmee und ihr Wagentross mit Familienmitgliedern müsste ein entsprechend umfangreiches Warenaufgebot mitgeführt haben, das sich durch weitaus mehr Keramikreste oder andere Gegenstände des täglichen Bedarfs hätte manifestieren müssen - es sei denn, man nähme an, dass Heer und Tross unterschiedliche Marschrouten eingeschlagen hätten. Allerdings könnten erst unlängst entdeckte Knochengruben auf nachträgliche Veränderungen des Fundplatzes hinweisen, die nicht zuletzt auch eine zutreffende Interpretation der "ursprünglichen" Befunde zumindest erschweren; im fraglichen Zusammenhang werden die Gruben als Teil der Bestattungen gesehen, die 15 n. Chr. im Rahmen des Besuches des Schlachtfeldes durch Germanicus vorgenommen wurden. Die Bestattungsgruben weisen aber eine Mischung aus Menschen- und Tierknochen ohne Beigaben auf, was angesichts der pietätvollen römischen Grabsitten ungewöhnlich erscheint.
Diese und andere Einwände zeigen, dass momentan keine Einigkeit über die endgültige Interpretation der Kenntnisse zu Kalkriese besteht. Befürworter und Gegner stehen sich dabei relativ unversöhnlich gegenüber, mitunter entsteht der Eindruck, dass nicht allein wissenschaftliche Argumente, sondern auch wirtschaftlich-touristische Interessen im Vordergrund stehen. Unzweifelhaft aber handelt es sich bei Kalkriese um ein großes Schlachtfeld zwischen einem römischen und einem germanischen Heer. Die aufgedeckten Funde weisen dabei in die augusteisch-tiberische Zeit. Somit lässt sich jedenfalls ohne Zweifel ein für die Römer offenbar verlustreiches Ereignis aus der Zeit der Offensiven gegen Germanien im frühen 1. Jh. n. Chr. in Kalkriese fassen, was ohnehin einen seltenen Glücksfall in der provinzialarchäologischen Forschung darstellt.
Das inzwischen zu einem Forschungsprojekt zur Varusschlacht gewachsene Unternehmen wird in einer Kooperation zwischen der Universität Osnabrück und der "Varusschlacht im Osnabrücker Land gGmbH, Museum und Park Kalkriese" durchgeführt. Neben verschiedenen Arbeiten zur Thematik und zugehörigen Veröffentlichungen durch die involvierten Mitarbeiter hat es im Jahr 2002 zum Bau des genannten archäologisches Parks und dem Museum am postulierten Ort der Varusschlacht geführt.
Besonders die Erkenntnisse bei der archäologischen Untersuchung der Flur "Oberesch" stützen nach Meinung der Archäologen die Vermutung, dass es sich in Kalkriese um den Ort der Varusschlacht gehandelt haben muss. Neben den bereits angesprochenen Funden konnte dort ein 400 m langer Abschnittswall freigelegt werden, der offenbar an seiner Oberseite mit einer Brustwehr gesichert war und in regelmäßigen Abständen Öffnungen für Durchgänge freiließ. Der Wall verläuft am Fuße des Kalkrieser Berges, einem Ausläufer des Wiehengebirges. Weiter nördlich ging das Gelände in der Antike in ein ausgedehntes Sumpfgebiet über. Zwischen Berg und Moor blieb ein schmales, gangbares Geländestück, das jedoch durch zahlreiche Bachläufe, die den Hang des Berges durchziehen, häufig unterspült gewesen sein muss. Der Wall selbst war mittels begleitender Drainagegräben gegen ein Abrutschen durch Unterspülung gesichert. Römisches Fundmaterial wurde massiert an der Vorderseite des Walles angetroffen, wo es teilweise unter dem Versturz des Walles begraben worden war.
Die Interpretation dieses Befundes kann folgendermaßen zusammengefasst werden. Um das hochgerüstete römische Heer militärisch angehen zu können, setzten die Germanen auf eine Guerillataktik, die die Schwachstelle der gigantischen Militärmaschinerie nutzen sollte: die Unbeweglichkeit der gepanzerten römischen Legionäre in unwegsamen Gelände. Die drei römischen Legionen, die drei Reitereinheiten und die sechs Kohorten, die unter dem Befehl des Varus in die Kämpfe verwickelt waren, haben 15.000 bis 20.000 Soldaten mit mehreren Tausend Reit-, Zug- und Tragtieren sowie einem zugehörigen Tross umfasst. Nach modernen Schätzungen war damit ein imposanter römischer Heerzug von etwa 20 km Länge unterwegs. Die Germanen zwangen ihren Gegner offenbar geschickt in beengtes Gelände, das ein Ausspielen der massiven Kampfkraft des riesigen Heeres nicht ermöglichte. Zu diesem Zweck errichteten sie den angetroffenen Wall, der eine bereits natürlich bestehende Engstelle im Gelände noch weiter verschmälerte und begrenzte. Die angreifenden Germanen fanden nicht nur Schutz und Deckung hinter dem Wall und seiner mutmaßlichen Brustwehr. Sie konnten durch die ca. alle 15 m erbauten Durchlässe zudem schnelle Attacken auf das römische Heer, das vor dem Wall vorbeizog, unternehmen. Ebenso ermöglichten die Durchlässe den schnellen Rückzug der germanischen Krieger hinter den schützenden Wall.
Interessanterweise lässt der Bau des Walles nach Aussage der Ausgräber zumindest teilweise die Kenntnis römischer Konstruktionsweisen erkennen, zeigt demnach also auch in diesem Detail eine Vertrautheit mit dem Wissen des Gegners. Anscheinend wurden also neben der Kenntnis des römischen Militärwesens und seiner Charakteristik im Allgemeinen auch spezielle Einzelkenntnisse über das Schanzwesen des Gegners genutzt, um von den Germanen gegen die Römer selbst eingesetzt zu werden. Das wird als Beleg dafür angesehen, dass Teile der germanischen Kämpfer eigene Erfahrungen mit römischer Militär- und Bautechnik erworben hatten, vielleicht als Kämpfer in einer Truppeneinheit.
Gegen die Interpretation des gesamten Befundes und damit gegen die Gleichsetzung von Kalkriese mit dem Ort der Varusschlacht sind in den vergangenen Jahren aus Fachkreisen, von Historikern, Numismatikern und Archäologen auch Einwände vorgebracht worden. Wohl unstrittig ist noch die Auslegung als Schlachtort, auf dem ein großes römisches Heer gegen Germanen gekämpft hat. Aber bereits die Datierung mittels der genannten Münzen in das Jahr 9 n. Chr. wird mit numismatischen Argumenten zurückgewiesen, da die datierenden Kontermünzen auch nach der Varusschlacht bei den Rheinlegionen verbreitet waren. Auch werden immer wieder Zweifel laut, ob die Gleichsetzung der Befunde in Kalkriese mit den Angaben bei den antiken Autoren bezüglich der Landschaft zutreffend ist. Und: Welcher Teil der ja tagelangen Schlacht des gewaltigen römischen Heeres wird hier greifbar? Cassius Dio überliefert zumindest ein notdürftiges Nachtlager, an dem die Wagen des Trosses zurückgelassen wurden und Tacitus berichtet von mehreren Schanzanlagen auf dem von Germanicus besuchten Schlachtareal. Zu diesen Angaben fehlen bislang im Raum Kalkriese die archäologischen Befunde. Wie steht es überhaupt um die Korrektheit der von den antiken Schriftstellern gemachten Angaben, die oft mit erheblichem zeitlichen Abstand zur Schlacht geschrieben worden waren? Auch die Intention des jeweiligen Autors in Bezug auf seine Leser und die Haltung des Schriftstellers zu den handelnden römischen Teilnehmern wie z. B. Varus, ist stets kritisch zu bedenken. Kritiker berufen sich auch darauf, dass der Anteil von Gegenständen im Fundmaterial, die auf den umfangreichen Tross des fraglichen Heeres deuten könnten, viel zu gering ausfällt. Die eindrucksvolle Varusarmee und ihr Wagentross mit Familienmitgliedern müsste ein entsprechend umfangreiches Warenaufgebot mitgeführt haben, das sich durch weitaus mehr Keramikreste oder andere Gegenstände des täglichen Bedarfs hätte manifestieren müssen - es sei denn, man nähme an, dass Heer und Tross unterschiedliche Marschrouten eingeschlagen hätten. Allerdings könnten erst unlängst entdeckte Knochengruben auf nachträgliche Veränderungen des Fundplatzes hinweisen, die nicht zuletzt auch eine zutreffende Interpretation der "ursprünglichen" Befunde zumindest erschweren; im fraglichen Zusammenhang werden die Gruben als Teil der Bestattungen gesehen, die 15 n. Chr. im Rahmen des Besuches des Schlachtfeldes durch Germanicus vorgenommen wurden. Die Bestattungsgruben weisen aber eine Mischung aus Menschen- und Tierknochen ohne Beigaben auf, was angesichts der pietätvollen römischen Grabsitten ungewöhnlich erscheint.
Diese und andere Einwände zeigen, dass momentan keine Einigkeit über die endgültige Interpretation der Kenntnisse zu Kalkriese besteht. Befürworter und Gegner stehen sich dabei relativ unversöhnlich gegenüber, mitunter entsteht der Eindruck, dass nicht allein wissenschaftliche Argumente, sondern auch wirtschaftlich-touristische Interessen im Vordergrund stehen. Unzweifelhaft aber handelt es sich bei Kalkriese um ein großes Schlachtfeld zwischen einem römischen und einem germanischen Heer. Die aufgedeckten Funde weisen dabei in die augusteisch-tiberische Zeit. Somit lässt sich jedenfalls ohne Zweifel ein für die Römer offenbar verlustreiches Ereignis aus der Zeit der Offensiven gegen Germanien im frühen 1. Jh. n. Chr. in Kalkriese fassen, was ohnehin einen seltenen Glücksfall in der provinzialarchäologischen Forschung darstellt.