PERSON

FAMILIESchwarze
VORNAMEKatharina


GESCHLECHTweiblich
GEBURT DATUM1773-12   Suche
GEBURT ORTHarsewinkel
EHEPARTNER1798-10, Oelde: Hermann Josef Schwarze (gest. 1832)
TOD DATUM1851   Suche
TOD ORTOelde


VATERSuermann, Anton
MUTTERZurbrüggen, Maria Katharina


BIOGRAFIEEin unbekannter Photograph wandert um 1848 durch die Städte und Landgemeinden des Münsterlandes. Die Photographie, nicht einmal zehn Jahre zuvor im fernen Paris erfunden, bot ihm Arbeit und Brot. Auf seiner Tour quartierte er sich auch in Oelde ein, damals ein kleines, beschauliches Ackerbürger- und Handwerkerstädtchen im Münsterland.

Die Oelder Witwe Katharina Schwarze bestellte den Mann zu sich in ihr Haus am Dieck. War sie fasziniert von der neuen Technik der "Daguerrotypie"? Oder zählte es in besseren Kreisen bereits zum guten Ton, eines der silbrig schimmernden "Lichtbilder" zu besitzen? Zu den gehobenen Ständen Oeldes durfte sich Katharina Schwarze zweifellos rechnen. Denn neben Ackern, Gärten und Wiesen gehörte ihr eine gutgehende Kornbrennerei.

Das Bild, das der unbekannte Wander-Photograph von der Unternehmerin anfertigte, zählt zu den ältesten überlieferten Photographien Westfalens. Es zeigt die 75jährige Frau in einem einfachen Kleid; sie hält eine Dahlie in der Hand und blickt entschlossen, ja energisch in die Kamera. Ihr Blick läßt Tatkraft erahnen, Tatkraft einer Frau, die nach dem Tod ihres Mannes die Geschäfte des Familien-Unternehmens über viele Jahre fortführte.

Daß sie einmal Schnaps brennen würde, hat sie sich in jungen Jahren vermutlich nicht träumen lassen. Katharina Schwarze stammt nicht aus Oelde, sondern aus dem damals winzigen Bauerndörfchen Harsewinkel, etwa zwei Wegstunden von Oelde entfernt. Hier wurde sie in den Weihnachtstagen des Jahres 1773 geboren, als älteste Tochter der Eheleute Anton Suermann und Maria Katharina geborene Zurbrüggen. Am letzten Tag des Jahres, am 31. Dezember 1773, wurde sie getauft auf den Namen ihrer Mutter: Maria Katharina.

Über den Beruf und den Haushalt ihrer Eltern ist nichts bekannt. Sicher ist nur, daß Katharina mit vier jüngeren Schwestern aufwuchs. Die Familie lebte vermutlich von Landwirtschaft, vielleicht war ihr Vater auch Handwerker im Dorf.

Fast 25 Jahre war Katharina alt, als sie im Oktober 1798 den Oelder Ackerbürger und Kornbrenner Hermann Josef Schwarze heiratete. Diese Heirat war, wie man damals zu sagen pflegte, eine "gute Partie". Denn der gerade 32jährige Hermann Josef Schwarze war in seiner Heimatstadt bereits ein angesehener Mann. Seine bäuerlichen Vorfahren hatten in Oelde neben der Landwirtschaft eine florierende Kornbrennerei aufgebaut und unterhielten ein kleines Gasthaus; das Familienunternehmen, 1664 erstmals urkundlich erwähnt, zählt zu den ältesten seiner Art in Westfalen überhaupt. Sein Großvater war in Oelde Bürgermeister gewesen, und nach dem frühen Tod seines Vaters hatte Hermann Josef Schwarze das gutgehende Unternehmen übernommen.

Das junge Ehepaar zog in ein großzügiges Haus ein. Hermann Josef Schwarze hatte es noch kurz vor der Hochzeit für die stattliche Stimme von 952 Reichstalern gekauft, Hier brachte Katharina Schwarze geborene Suermann in den nächsten Jahren sechs Kinder zur Welt - drei Söhne und drei Töchter. Eine Tochter starb noch im Kindesalter; auch der jüngste Sohn erlag einem tückischen Brustfieber.

1832, nach 34 Ehejahren, starb ihr Mann Hermann Josef Schwarze: Die Witwe übernahm fortan die Leitung der Brennerei. Fast zwanzig Jahre lang, bis zu ihrem Tod im Jahr 1851, lenkte sie die Geschicke des Familien-Unternehmens "tatkräftig und pflichttreu", wie die Firmen-Chronik vermerkt.

Die "Witwe J. Schwarze", wie sie ihre Geschäftsbriefe unterzeichnete, mußte sich mit enormer Konkurrenz messen. In Oelde, damals ein kleines Landstädtchen mit rund 1200 Einwohnern, gab es neben der Brennerei Schwarze zehn weitere Branntweinbrenner; auf gut hundert Einwohner kam eine Brennerei!

Aber immerhin: Die Brennerei Schwarze zählte zu den größeren in der Landgemeinde. Aus der Brennapparatur, so verzeichneten aufmerksame Steuerbeamte, flossen wöchentlich rund 34 Liter Korn, übers Jahr gerechnet gut 1700 Liter. Den Schnaps setzte Witwe Schwarze in der eigenen Gastwirtschaft oder in den kleinen Schenken in der Nachbarschaft ab. Einen Großteil der Produktion, in Fässer abgefüllt, verkaufte die Unternehmerin an Händler. Sie lieferten den Korn über Warendorf ins weitere Münsterland oder sogar auch ins Ausland.

Witwe Schwarze mußte dafür sorgen, daß ihr Unternehmen ausreichend Getreide auf Lager hatte. Denn um wöchentlich 34 Liter Korn herzustellen, mußte die Brennapparatur mit gut dreieinhalb Scheffel Roggen, oder umgerechnet rund fünfeinhalb Zentner, "gefüttert" werden. Dieses Getreide stammte nur zum Teil von eigenen Feldern des Unternehmens; den größeren Teil kaufte Katharina Schwarze bei den umliegenden Bauern ein.

Die Oelder Brennereien transportierten das Getreide zur einzigen Wassermühle am Ort, um es dort schroten zu lassen. Doch die Mühle stand oft still - entweder, weil der Bach im Sommer kaum Wasser führte, oder weil er im Winter zugefroren war. Diese Sorgen kannte Witwe Schwarze nicht. Ihr Mann hatte bereits. früh eine eigene Roßmühle bauen lassen. Unabhängig von Wind und Wetter wurden. die Mühlsteine von Pferdekraft bewegt. Hier konnten die "Brennknechte" der Witwe Schwarze das Korn für die Branntweinapparatur schroten - ein entscheidender Vorteil gegenüber der Konkurrenz.

Diesen Vorsprung baute Katharina Schwarze weiter aus. So zögerte sie nicht, eine für damalige Verhältnisse hochmoderne Dampfanlage installieren zu lassen. Diese bessere und ausgefeiltere Technik ersetzte die altertümlichen Blasenapparate, in denen seit jeher das Korn gebrannt wurde.

Die beiden Töchter der Witwe, Katharina und Magdalena, waren inzwischen verheiratet. Die beiden Söhne, Anton und Gottfried, gingen ihr im Familienunternehmen zur Hand; doch sie zeigten, so scheint es, keine Neigung, die Brennerei zu übernehmen. Vielleicht auch war die energische Frau nicht bereit, das Heft aus der Hand zu geben. Fest steht, daß ihr ältester Sohn Anton aus dem Haus zog und in ein Unternehmen in Herzfeld einheiratete. Ihr zweiter Sohn Gottfried wanderte sogar nach Amerika aus.

Wollte er flüchten, auf Nimmerwiedersehen? Oder war es Abenteuerlust, die ihn trieb - mit der Absicht, nach einiger Zeit wieder heimzukehren? Nach anderthalb Jahren jedenfalls kehrte er zurück in seine Heimat. Er arbeitete wieder in der Brennerei und heiratete 1839 eine Oelder Bürgerstochter.

Im Februar 1841 übertrug seine Mutter, die Witwe Schwarze, ihrem Sohn Gottfried sämtliches Eigentum. Im Vertrag aber behielt sich die Unternehmerin lebenslänglich "die uneingeschränkte Verwaltung des übertragenen Vermögens" vor. War sie letztlich doch nicht bereit, die Fäden aus der Hand zu geben? Oder war es nur Vorsicht?

Witwe Schwarze scheint gefürchtet zu haben, ihren Sohn könnte es wieder in die Ferne treiben. Denn im Vertrag wurde auch folgende Bestimmung aufgenommen: "Der Gottfried Schwarze soll verpflichtet sein, bei der Mutter wie bisher zu Hause zu bleiben und nach ihrer Anleitung in der Wirtschaft zu wirken, auch außer dem Hause alle ihre Geschäfte zu besorgen."

QUELLE  Strotdrees, Gisbert | Es gab nicht nur die Droste | 49f.
PROJEKT  Lebensbilder westfälischer Frauen
AUFNAHMEDATUM2003-08-07


QUELLE    Jakob, Volker | Menschen im Silberspiegel | S. 063

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Zeit3.6   1750-1799
3.7   1800-1849
3.8   1850-1899
DATUM AUFNAHME2003-08-07
DATUM ÄNDERUNG2010-09-20
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