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Karl Ditt
17. August 1850 -
Gründung der Spinnerei Vorwärts in Bielefeld
Die Gründung der Spinnerei Vorwärts in Gadderbaum bei Bielefeld, die am 17.08.1850 durch den Abschluss eines Gesellschaftervertrages erfolgte, symbolisiert den Beginn der Industrialisierung in Bielefeld, dem wirtschaftlichen Zentrum Minden-Ravensbergs, einem Teil des heutigen Ostwestfalens. Zugleich bildet dieses Datum den Beginn einer wichtigen Etappe innerhalb der Industrialisierung Westfalens. Sie machte diese preußische Provinz zusammen mit der Rheinprovinz und dem Königreich Sachsen bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts zu einem der fortgeschrittensten industriellen Räume des Deutschen Reiches. Denn diese Spitzenstellung basierte nicht nur auf der Dominanz des Kohlebergbaus sowie der Eisen- und Stahlherstellung des Ruhrgebiets, sondern auch auf der starken Stellung der Textilindustrie, die sich in Form der Baumwollspinnerei und -weberei entlang der niederländischen Grenze, von Bocholt bis in das hannoversche Nordhorn, und in Form der Flachsspinnerei und Leinenweberei in Minden-Ravensberg, Lippe und dem östlichen Münsterland konzentrierte. Schließlich bedeutete die Gründung der Spinnerei Vorwärts auch, dass Minden-Ravensberg seine seit dem 18. Jahrhundert datierende Stellung als eine der führenden Leinenregionen Deutschlands - nach Schlesien, aber neben der Schwäbischen Alb - erfolgreich behaupten konnte.
Vorgeschichte
Wie kam es zu der Gründung der Spinnerei Vorwärts? Das Leinengewerbe war in den 1830/40er Jahren in Europa generell in eine Strukturkrise geraten. Teils war der Markt mit Handspinnern und -webern übersetzt, da sich im Zuge des Bevölkerungswachstums und der Parzellierung des landwirtschaftlichen Grundbesitzes ein wachsender Teil der ländlichen Unterschichten, um sich einen Zusatzverdienst zu erschließen, der Aufnahme eines Heimgewerbes zuwandte, teils begann gerade in den groben Garnen und Stoffen die überlegene mechanische Konkurrenz der ersten Flachsspinnereien und -webereien aus dem irischen Ulster und den belgischen Leinenfabriken im Raum Gent fühlbar zu werden. Vor allem aber wurde das Leinengewerbe durch die Konkurrenz der Baumwollprodukte bedroht, die bereits seit dem späten 18. Jahrhundert mechanisch hergestellt werden konnten und aufgrund ihres deutlich geringeren Preises dem Leinen zunehmend Marktanteile abzunehmen begannen.
Angesichts dieser Entwicklungen und Konkurrenzen eröffneten sich für die Kaufleute und Heimgewerbetreibenden des Leinengewerbes letztlich nur zwei Auswege: Entweder gaben sie ihren Handel bzw. ihr Heimgewerbe auf, wandten sich einem neuen Gewerbe, z. B. dem Tabakgewerbe, zu oder wanderten ab oder aus. Oder die Leinenkaufleute begannen ihrerseits mit der Gründung von Fabriken, um ihrerseits durch die mechanische Herstellung der Garne und Stoffe preislich konkurrenzfähig zu bleiben. Für die heimgewerblichen Spinner und Weber bedeutete dies faktisch eine Verschärfung der Konkurrenz, da die weit überwiegende Mehrheit allein aufgrund ihres Alters nicht für einen Wechsel in die Fabrik in Frage kam.
Der Preußische Staat gab sich seit den 1820er Jahren alle Mühe, dass in seinen beiden Leinenregionen Schlesien und Minden-Ravensberg der Weg der Mechanisierung beschritten wurde: Er ließ Techniker ausbilden, stellte Maschinen bereit und versprach sog. Spindelprämien, d. h. Investitionszuschüsse, wenn die Kaufleute, die aufgrund ihrer Erfahrung und Kapitalkraft als erste in Frage kamen, den Schritt vom Heimgewerbe zur Fabrikindustrie zu wagen, initiativ würden. In Minden-Ravensberg verweigerten sie sich jedoch seit den 1830er Jahren dem steten staatlichen Drängen, glaubten sie doch, dass der Ruf ihres heimgewerblich hergestellten, hochfeinen, qualitätvollen Leinens durch den Übergang zu Maschinenware leiden würde. Diese Haltung entsprang durchaus nicht einer stupiden Uneinsichtigkeit, da die Kaufleute sich auf ihren Handelsreisen durch Europa sehr wohl über die Marktbedürfnisse und -möglichkeiten informierten sowie durchaus um die Chancen und Probleme der mechanischen Leinenherstellung wussten. Ihr Hauptargument, mit dem sie sich dem staatlichen Drängen verweigerten, bestand darin, dass der Ruf des Bielefelder Leinens gerade auf seiner Handarbeit beruhe und dass mechanisch hergestellte Garne und Leinen nicht die Feinheit der Handarbeit erreichen würden. Der Wortführer der älteren Kaufmannschaft Bielefelds, Gustav Delius, erklärte in einer Denkschrift von 1847, dass man das Maschinengarn ablehne,
Die Kaufleute wollten deshalb bei ihrem traditionellen Produktions- und Handelssystem bleiben. Das hieß, dass sie auf Marktchancen verzichteten und sich letztlich in eine Marktnische begaben.
Die Vertreter des Preußischen Staates verzweifelten geradezu an dieser zunftartigen Einstellung: Der zuständige Vertreter der Industrieförderung im preußischen Finanzministerium, Christian Peter Beuth, erklärte nach mehreren gescheiterten Initiativen gegenüber einer weiteren Anregung geradezu sarkastisch:
Dieses Urteil, das sich in der Folgezeit mehrfach wiederholte, fasst die Erfahrungen und Ergebnisse der langjährigen, relativ erfolglosen preußischen Gewerbeförderungspolitik in Bielefeld treffend zusammen.
Angesichts dieser Entwicklungen und Konkurrenzen eröffneten sich für die Kaufleute und Heimgewerbetreibenden des Leinengewerbes letztlich nur zwei Auswege: Entweder gaben sie ihren Handel bzw. ihr Heimgewerbe auf, wandten sich einem neuen Gewerbe, z. B. dem Tabakgewerbe, zu oder wanderten ab oder aus. Oder die Leinenkaufleute begannen ihrerseits mit der Gründung von Fabriken, um ihrerseits durch die mechanische Herstellung der Garne und Stoffe preislich konkurrenzfähig zu bleiben. Für die heimgewerblichen Spinner und Weber bedeutete dies faktisch eine Verschärfung der Konkurrenz, da die weit überwiegende Mehrheit allein aufgrund ihres Alters nicht für einen Wechsel in die Fabrik in Frage kam.
Der Preußische Staat gab sich seit den 1820er Jahren alle Mühe, dass in seinen beiden Leinenregionen Schlesien und Minden-Ravensberg der Weg der Mechanisierung beschritten wurde: Er ließ Techniker ausbilden, stellte Maschinen bereit und versprach sog. Spindelprämien, d. h. Investitionszuschüsse, wenn die Kaufleute, die aufgrund ihrer Erfahrung und Kapitalkraft als erste in Frage kamen, den Schritt vom Heimgewerbe zur Fabrikindustrie zu wagen, initiativ würden. In Minden-Ravensberg verweigerten sie sich jedoch seit den 1830er Jahren dem steten staatlichen Drängen, glaubten sie doch, dass der Ruf ihres heimgewerblich hergestellten, hochfeinen, qualitätvollen Leinens durch den Übergang zu Maschinenware leiden würde. Diese Haltung entsprang durchaus nicht einer stupiden Uneinsichtigkeit, da die Kaufleute sich auf ihren Handelsreisen durch Europa sehr wohl über die Marktbedürfnisse und -möglichkeiten informierten sowie durchaus um die Chancen und Probleme der mechanischen Leinenherstellung wussten. Ihr Hauptargument, mit dem sie sich dem staatlichen Drängen verweigerten, bestand darin, dass der Ruf des Bielefelder Leinens gerade auf seiner Handarbeit beruhe und dass mechanisch hergestellte Garne und Leinen nicht die Feinheit der Handarbeit erreichen würden. Der Wortführer der älteren Kaufmannschaft Bielefelds, Gustav Delius, erklärte in einer Denkschrift von 1847, dass man das Maschinengarn ablehne,
weil wir durch die Mechanisierung des Publikums außer Concurrenz getreten sind, man betrachtet unser Garn und Leinen als ein ganz eigenthümliches, ausgezeichnetes und kostbares Fabrikat, das seine bestimmten Consumenten hat, ... bezahlt dasselbe besser, als die Leinen von Maschinengarn und schützt dadurch unsere hiesige Leinenindustrie gegen die traurigen Folgen, die wir in den Gegenden unserer Concurrenten leider nur zu sichtbar vor Augen haben.
Die Kaufleute wollten deshalb bei ihrem traditionellen Produktions- und Handelssystem bleiben. Das hieß, dass sie auf Marktchancen verzichteten und sich letztlich in eine Marktnische begaben.
Die Vertreter des Preußischen Staates verzweifelten geradezu an dieser zunftartigen Einstellung: Der zuständige Vertreter der Industrieförderung im preußischen Finanzministerium, Christian Peter Beuth, erklärte nach mehreren gescheiterten Initiativen gegenüber einer weiteren Anregung geradezu sarkastisch:
Was endlich die in Bielefeld zu gründenden Actienunternehmungen für Maschinenspinnerei betrifft, so erlauben Sie mir, daran gar nicht zu glauben. Alle solche plötzliche[n] Regenerationen, wie sie im Theater vorkommen, sind im gemeinen Leben unerhört. Die jüngeren, minderbemittelten Kaufleute, welche eine Einsicht haben mögen, werden nicht im Stande sein, sie zu verwirklichen, die großen Kapitalisten, in deren Händen der Bielefelder Leinenhandel meist sich befindet, werden ihr bequemes, altes, sehr langsames, die Waare vertheuerndes Handelssystem vorziehen und es beim Sprechen über Verbesserungen bewenden lassen, bis Großbrittannien ihnen auch in feiner Waare das Messer an die Kehle setzt. Dann wird es aber zunächst heißen: 'Staat, hilf'.
Dieses Urteil, das sich in der Folgezeit mehrfach wiederholte, fasst die Erfahrungen und Ergebnisse der langjährigen, relativ erfolglosen preußischen Gewerbeförderungspolitik in Bielefeld treffend zusammen.
Gründung
In der Tat dauerte es noch 14 Jahre, bis es in Bielefeld zur definitiven Gründung einer mechanischen Flachsspinnerei, der Spinnerei Vorwärts, kam. Dieser Schritt ging bezeichnenderweise nicht von Mitgliedern der alteingesessenen Leinenhändlerfamilien, sondern von den Söhnen des aus Österreich-Ungangarn zugewanderten Kleinbauernsohnes Michael Bozi aus. Bozi hatte in Bielefeld zu Beginn der zwanziger Jahre einen Hökerladen eröffnet und war allmählich zu einem reichen Garn- und Leinenhändler aufgestiegen. In den dreißiger Jahren schickte er seinen Sohn Carl Bozi in das irische Leinenzentrum Belfast. Dort eröffnete er einen Garnhandel und lieferte Maschinengarn nach Bielefeld. Angeregt durch die rasch expandierende Leinenindustrie in Belfast, fassten Carl und sein Bruder Gustav Bozi in den 1840er Jahren den Plan, in ihrer Heimatstadt eine kombinierte Spinnerei, Weberei und Bleiche zu gründen.
Nach Bielefeld zurückgekehrt, beschränkten sie ihren Plan zunächst auf den Bau einer Spinnerei. Für diesen Betrieb, der zunächst mit 4.000 Spindeln arbeiten sollte, veranschlagten sie im Jahre 1847 200.000 Taler Anlagekapitel, das durch die Gründung einer Aktiengesellschaft aufgebracht werden sollte. 100.000 Taler wollten sie selbst organisieren, die restliche Summe sollte der Staat zeichnen. Außerdem sollte er für die aus Irland und England einzuführenden Maschinen eine Zollermäßigung gewähren, eine Prämie von fünf Talern pro Spindel zahlen und den Brüdern auf zehn Jahre ein jährliches Gehalt von jeweils 2.000 Talern bewilligen. Diesem Vorschlag, der das Unternehmen zu einem weitgehend staatlich finanzierten und abgesicherten Betrieb unter privater Leitung und wohl auch Gewinnabschöpfung gemacht hätte, lag nicht nur das Vorbild der staatlichen Mitwirkung am Eisenbahnbau und Bergbau, sondern auch das Wissen zugrunde, welche Bedeutung der Staat der Mechanisierung des Bielefelder Leinengewerbes beimaß.
Der Vertreter des Oberpräsidenten in Münster bezeichnete die Intention dieses Planes höflich als "Missverständnis" und lehnte ihn ab. Als jedoch deutlich wurde, dass die Bozis aus der Bielefelder Kaufmannschaft keine finanzielle Unterstützung erhalten würden - "mit wenigen Ausnahmen [seien] sämtliche ältere[n] Leinenhändler unbedingt dagegen, und die jüngeren haben kein Geld", hieß es in einem Schreiben Bozis an den Regierungsrat Quentin vom 24.11.1847 - und sich die Bozis ohne namhafte staatliche Beteiligung zurückzuziehen drohten, kam es schließlich im Jahre 1849 zu einem Kompromiss. Der Staat zahlte eine Prämie von sechs Talern pro Spindel, wenn die Spinnerei mindestens 5.000 Spindeln aufweisen würde, und gewährte die gewünschte Zollermäßigung für die einzuführenden Maschinen. Die Restsumme von 170.000 Talern brachten die Bozis selbst auf. Darauf konnte am 17.08.1850 ein Gesellschaftervertrag zwischen den Gebrüdern Bozi abgeschlossen werden; im Jahre 1852 begann die Spinnerei ihre Garnproduktion. Die Mechanisierung des Leinengewerbes in Bielefeld und Westfalen war damit eingeleitet, denn in der Folgezeit zog die jüngere Generation der Bielefelder Kaufleute, derart durch Außenseiter unter Zugzwang gesetzt, nach und gründete in und um Bielefeld mehrere Flachsspinnereien und Leinenwebereien.
Nach Bielefeld zurückgekehrt, beschränkten sie ihren Plan zunächst auf den Bau einer Spinnerei. Für diesen Betrieb, der zunächst mit 4.000 Spindeln arbeiten sollte, veranschlagten sie im Jahre 1847 200.000 Taler Anlagekapitel, das durch die Gründung einer Aktiengesellschaft aufgebracht werden sollte. 100.000 Taler wollten sie selbst organisieren, die restliche Summe sollte der Staat zeichnen. Außerdem sollte er für die aus Irland und England einzuführenden Maschinen eine Zollermäßigung gewähren, eine Prämie von fünf Talern pro Spindel zahlen und den Brüdern auf zehn Jahre ein jährliches Gehalt von jeweils 2.000 Talern bewilligen. Diesem Vorschlag, der das Unternehmen zu einem weitgehend staatlich finanzierten und abgesicherten Betrieb unter privater Leitung und wohl auch Gewinnabschöpfung gemacht hätte, lag nicht nur das Vorbild der staatlichen Mitwirkung am Eisenbahnbau und Bergbau, sondern auch das Wissen zugrunde, welche Bedeutung der Staat der Mechanisierung des Bielefelder Leinengewerbes beimaß.
Der Vertreter des Oberpräsidenten in Münster bezeichnete die Intention dieses Planes höflich als "Missverständnis" und lehnte ihn ab. Als jedoch deutlich wurde, dass die Bozis aus der Bielefelder Kaufmannschaft keine finanzielle Unterstützung erhalten würden - "mit wenigen Ausnahmen [seien] sämtliche ältere[n] Leinenhändler unbedingt dagegen, und die jüngeren haben kein Geld", hieß es in einem Schreiben Bozis an den Regierungsrat Quentin vom 24.11.1847 - und sich die Bozis ohne namhafte staatliche Beteiligung zurückzuziehen drohten, kam es schließlich im Jahre 1849 zu einem Kompromiss. Der Staat zahlte eine Prämie von sechs Talern pro Spindel, wenn die Spinnerei mindestens 5.000 Spindeln aufweisen würde, und gewährte die gewünschte Zollermäßigung für die einzuführenden Maschinen. Die Restsumme von 170.000 Talern brachten die Bozis selbst auf. Darauf konnte am 17.08.1850 ein Gesellschaftervertrag zwischen den Gebrüdern Bozi abgeschlossen werden; im Jahre 1852 begann die Spinnerei ihre Garnproduktion. Die Mechanisierung des Leinengewerbes in Bielefeld und Westfalen war damit eingeleitet, denn in der Folgezeit zog die jüngere Generation der Bielefelder Kaufleute, derart durch Außenseiter unter Zugzwang gesetzt, nach und gründete in und um Bielefeld mehrere Flachsspinnereien und Leinenwebereien.
Weitere Entwicklung
Bis zum Ersten Weltkrieg florierten die Spinnerei Vorwärts der Gebrüder Bozi sowie die im Anschluss daran von den Söhnen der etablierten Leinenhändler Bielefelds gegründeten Leinenfabriken. Seit den 1920er Jahren ließ dann der Absatz für Flachsgarne und Leinen deutlich nach, da auf der einen Seite die Massenfertigung der Baumwollprodukte die Leinenwaren (Bett- und Tischwäsche, Kragen- und Hemdenstoffe) zu teuren Luxusgütern machte und da auf der anderen Seite die Kaufkraft des Bürgertums deutlich abnahm. Zudem war im Deutschen Reich die Anbaufläche des Rohstoffs Flachs aufgrund seiner intensiven und teuren Erzeugung deutlich zurückgegangen, sodass er zunehmend aus Russland und den baltischen Ländern bezogen werden musste.
Die Spinnerei Vorwärts, die bereits im Jahre 1854 aus Gründen wachsenden Kapitalbedarfs in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden war, ging im Inflationsjahr 1922 zunächst in die Hände böhmischer und schlesischer Leinenindustrieller über, die sich eine günstige Garnversorgung ihrer Webereien sichern wollten, zu Beginn der 1930er Jahre dann in die Hände des Bielefelder Bleichereibesitzers Gustav Windel. Dieser legte die Spinnerei Vorwärts schließlich im Jahre 1955 still; Grundstück und Gebäude wurden von der angrenzenden Firma Dr. August Oetker übernommen. Damit endete eine mehr als hundertjährige Betriebsgeschichte.
Die historische Bedeutung der Spinnerei Vorwärts bestand vor allem in der Initialzündung für die Leinenindustrialisierung in Bielefeld und den Minden-Ravensberger-Raum. Einem weiteren Ausbau zum größten Leinenbetrieb dieses Raumes stand vor allem die schwache Kapitalbasis und die anhaltende Außenseiterstellung ihrer Gründer innerhalb der Zunft der Bielefelder Leinenhändler entgegen: Diese beteiligte sich kaum an ihrer Entwicklung, sondern setzte letztlich auf eigene Betriebsgründungen und sicherte damit bis in die 1970er Jahre den Ruf Bielefelds als eins der führenden Leinenzentren Deutschlands.
Die Spinnerei Vorwärts, die bereits im Jahre 1854 aus Gründen wachsenden Kapitalbedarfs in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden war, ging im Inflationsjahr 1922 zunächst in die Hände böhmischer und schlesischer Leinenindustrieller über, die sich eine günstige Garnversorgung ihrer Webereien sichern wollten, zu Beginn der 1930er Jahre dann in die Hände des Bielefelder Bleichereibesitzers Gustav Windel. Dieser legte die Spinnerei Vorwärts schließlich im Jahre 1955 still; Grundstück und Gebäude wurden von der angrenzenden Firma Dr. August Oetker übernommen. Damit endete eine mehr als hundertjährige Betriebsgeschichte.
Die historische Bedeutung der Spinnerei Vorwärts bestand vor allem in der Initialzündung für die Leinenindustrialisierung in Bielefeld und den Minden-Ravensberger-Raum. Einem weiteren Ausbau zum größten Leinenbetrieb dieses Raumes stand vor allem die schwache Kapitalbasis und die anhaltende Außenseiterstellung ihrer Gründer innerhalb der Zunft der Bielefelder Leinenhändler entgegen: Diese beteiligte sich kaum an ihrer Entwicklung, sondern setzte letztlich auf eigene Betriebsgründungen und sicherte damit bis in die 1970er Jahre den Ruf Bielefelds als eins der führenden Leinenzentren Deutschlands.
Ressourcen
Weitere Ressourcen zum Thema
Internet-Portal
Literatur
Linkhinweise
Internet-Portal
- Karl Ditt: Westfalens Wirtschaft im 20. Jahrhundert - Vom Vorreiter zum Nachzügler
- Anke Asfur: Wirtschaftlicher Strukturwandel und Herausbildung von 'Global Playern' in Westfalen im 19. und 20. Jahrhundert
Literatur
- Ditt, Karl: Industrialisierung, Arbeiterschaft und Arbeiterbewegung in Bielefeld 1850-1914, Dortmund 1982.
- Ditt, Karl: The Rise and Fall of the German Linen Industry in the 19th and 20th Centuries, in: Brenda Collins / Philip Ollerenshaw (Hg.), The European Linen Industry in Historical Perspective, Oxford 2003, S. 259-283.
- Homburg, Heidrun / Mooser, Josef: Michael Bozi (1775-1862), Carl Bozi (1809-1889) und Gustav Bozi (1819-1887), in: Jürgen Kocka / Reinhard Vogelsang (Hg.), Rheinisch-Westfälische Wirtschaftsbiographien, Bd. 14: Bielefelder Unternehmer des 18. bis 20. Jahrhunderts, 2. Aufl., Münster 1991, S. 25-61.
- Sartorius, Otto: Hundert Jahre Spinnerei Vorwärts 1850-1950, Bielefeld 1950.
Linkhinweise
- Geschichte der Stadt Bielefeld
http://www.bielefeld.de/de/ti/geschichte/ - Industriekultur in Stadt und Land / Stationen der Industrie- und Technikgeschichte in OstWestfalenLippe
http://www.lwl.org/industriekultur-owl