QUELLE

DATUM1549-03-29   Suche   Suche DWUD
TITEL/REGESTAdolf III. von Schaumburg, Erzbischof zu Köln und Kurfürst, erläßt eine Bergordnung für das Herzogtum Westfalen
TEXTNachdem der allmechtig Gott durch seine gütige miltigkeit und versehung etliche berchwerck in unseren fürstenthumben zu Westphalen erscheinen lassen hat, ahn welchen orthen etliche gewercken in stetiger übung sein zu bauen, erläßt Erzbischof Adolf [1] auf Bitten der Gewerken zu fürderung gemeins nutzens und in krafft unser als landtfürsten oberkeit eine Bergordnung (den gegenwertigen und künfftigen berchwercken zu gnaden mit dieser unser ordtnung, wie eß mit allen dingen zum berchwerk gehörig, gehalten werden soll). Er verbietet seinen Amtleuten, Untertanen und verwenten bei Verlust seiner Gnade, die Gewerken zu belästigen.

§ 1 Die Gewerken oder Stämme der Bergwerke sollen bei dem, was sie jetzt oder künftig zum Nutzen des Bergwerks auf ihre Kosten bauen lassen, weder durch Amtleute noch sonst jemand behindert werden.

§ 2 Ein redlicher, bergverständiger Bergmeister soll eingesetzt werden. Er soll Bergwerke nur auf Hauptgänge und Klüfte (uff rechten heuftgengen und klüften) verleihen und niemant auff sein hangens noch ligens zu verhueten. Der Bergmeister soll Bergwerke nur verleihen, wie es das Bergrecht ausweist.

§ 3 Niemand soll auf seinem Grund einen Bergmann hindern, Bergwerke zu suchen. Nur die Suche unter Tisch, Bett- und Feuerstatt (disch, bethstatt und fewerstett) ist verwehrt.

§ 4 Wo jemand ein Bergwerk anlegt (einschlägt), soll er Schaden ersetzen nach Erkenntnis der Geschworenen.

§ 5 Wer ein Lehen aufnehmen will, soll zum Bergmeister kommen und mit folgenden Worten unser freyß begehren und sagen: Herr berghmeister, ich begehrt meines gnedigsten hern als des landtspfürsten dies berghwerks freyheit. Er soll anzeigen, an welchem Feld (bergfeldt), Holz, Wiese, Acker, Garten oder in welchen Gründen es liegt. Der Bergmeister soll es dem Anmuther nicht verweigern und ihn in sein Lehnbuch aufnehmen.

§ 6 Der Bergmeister soll jedem sein Lehnbuch offenlegen.

§ 7 [Feldesgröße] Hat jemand einen neuen Gang gefunden, der bisher nicht verliehen ist, dem soll der Bergmeister drei Wehre bzw. sechs Lehen oder 42 Lachter (je Lehen 3 1/2 Lachter im Hangenden wie im Liegenden) verleihen. Jeder folgende Muter erhält zwei Wehre bzw. vier Lehen oder 28 Lachter.

( ... liehen drey wehr uff dem gange auch vierdehalb in hangendtß und vierdtehalb lachtern in sein ligentß zu einer fundtgruben, daß wehren sechß lehen und sieben lachter für ein lehen, 2 lehen für ein wehr nach berghleuftiger weiß geacht, daß trifft sich z... und viertzig lachter, daß damahlß heischet ein fundtgruben, darumb das der der erste funder des gangeß, die sollen die gewercken belegen in vierzehen tagen und bauen wie bergwerckß recht. Item dem negsten, dem anderen, dem dritten und ein nach ein andr alß viel uff demselben gang ziech verliehen werden, soll keine mehr dan zwey wehr verliehen werden; daß ist acht und zwantzig lachtern, auch sieben lachtern im hangendts und liegenß)

§ 8 Wer einen Suchstollen in den Berg treiben will oder nach Gängen und Klüften suchen will, dem soll der Bergmeister ein Feld aufzeigen und verleihen. Feiert er ohne Genehmigung drei farenschicht, kann das Feld anderweitig verliehen werden.

§ 9 Wo eine alte oder neue Zeche (zeich) oder Grube liegen bleibt und ins Freie fällt, kann der Bergmeister sie an einen anderen verleihen, ohne den alten Gewerken zu schaden. Deshalb soll der [neue] Lehnträger ein zimblich zubuß ahnlegen und einen Brief mit der Petschaft des Bergmeisters anschlagen in der bergfreyheit und in den negsten beiliegenden s[t]ett. Melden sich dann die alten Gewerken, soll der Lehenträger ihnen ihren Teil überlassen. Kommen sie binnen vier Wochen nach Anlage der Zubuße nicht und geben ihre Zubuße in dieser Zeit nicht, kann der Lehnträger ihre Teile vergeben, an wen er will.

§ 10 Soll ein Erbstollen verliehen werden, muß das mit Zustimmung des Landesherrn geschehen.

§ 11 Wenn der Lehenträger einen Gang schürft, der ihm nicht dient, soll er ihn wieder verfüllen. Wird die Grube betrieben (sind seil und kubbel in wurpf), soll der Grundbesitzer für seine Schäden am Acker mit 1/32 Teil entschädigt werden, von der ersten Zubuße befreit und ansonsten wie die anderen Gewerken behandelt werden. Der übrige Schadensersatz richtet sich danach, wieviel Ackerfläche gestürzt wird (alß viil man raumß bedarff zu stürtzen). Bei Streit entscheiden die Geschworenen.

§ 12 Der Lehnträger soll pro Grube nicht mehr als 32 Teile oder 128 Kuxe (guckes) ausgeben.

§ 13 Der Lehnträger soll ordentlich Zubuße festlegen (auslegen) und darüber den Gewerken Rechnung ablegen.

§ 14 Zubuße soll einmal im Quartal angelegt werden. Darüber berichtet der Schichtmeister den Gewerken vor Bergvogt und Verordneten (Verorderten). Die Gewerken sollen bei Bedarf mit Rat des Bergvogts und nach Bedarf der Zeche innerhalb von vier Wochen weitere Zubuße zahlen. Wer die Zubuße in der fünften Woche nicht zahlt, den soll der Bergmeister durch den Bergvogt und Gegenschreiber in das Retardat setzen. Der freigewordene Teil kann durch die Gewerken neu vergeben werden; sie dürfen aber keine Teile verkaufen, ohne es in die zwei Register einzutragen, die gleichlautend beim Bergvogt und Gegenschreiber geführt werden.

§ 15 Ein Bergschreiber wird in der Bergfreiheit zu N. eingesetzt. Wer [als Einheimischer oder Auswärtiger (wehr oder welcher frembder theill)] ein Bergwerk betreiben (bawen oder annehmen) will, soll sich selbst oder durch seinen Faktor oder Verwalter (fürweßer) einschreiben lassen mit Namen, Zunamen, Tag und Jahr. Der Bergmeister soll die Teile und Gewerken einschreiben, damit sichergestellt ist, wer die Zubuße zahlt oder – ob Gott die Gnade gebe – wer Austeilung erhält. Der Verwalter muß die Namen seines Prinzipals benennen. Wer sich einschreiben läßt, erhält einen Gegenzettel. So oft der Faktor mit dem Gegenzettel zu einem Schichtmeister kommt, soll ihm nach Laut der Zettel geglaubt werden.

§ 16 Nimmt ein Fremder einen anderen Faktor, soll dieser sich gegenüber dem Bergschreiber legitimieren und erhält dafür einen Zettel als Ausweis gegenüber dem Schichtmeister.

§ 17 Bergschreiber und Schichtmeister erhalten mit Rat der Gewerken einen Albus Lohn für einen Teilzettel und Gegenzettel.

§ 18 Die Gewerken jeder Grube können einen Schichtmeister ihrer Wahl einsetzen. Der Schichtmeister soll jedoch einen ortsansässigen Bürgen [einen angeseßen mahn zu einem Vorstandt habe(n)] beibringen und eingeschrieben werden. Der Bergmeister soll den Schichtmeister darauf vereidigen, daß er unß und den gewercken getreue und gewere woll sein und gewercken geldt nützlich außgeben soll.

§ 19 Die Gewerken können einen Steiger für ihre Zeche einsetzen (uffnehmen). Der Bergmeister soll ihn vereidigen.

§ 20 Die Gewerken können drei oder vier unter sich zu Vorstehern wählen, die das Geld der Gewerken verwalten sowie Schichtmeister und Steiger beraten.

§ 21 Der Schichtmeister legt den Gewerken vierteljährlich Rechnung über alle Einnahmen und Ausgaben im Beisein des Bergmeisters oder dessen Vertreter ab, damit die Gewerken wissen, wo und wie ihr Geld verbauet wird, ob sie Vorrat oder Schulden haben und evtl. Zubuße zahlen müssen.

§ 22 Bei Bedarf sollen die Gewerken bei ihrer vierteljährlichen Zusammenkunft Zubuße anlegen.

§ 23 Haben die Gewerken Zubuße angelegt, soll der Schichtmeister je einen Brief mit Petschaft oder Siegel des Bergmeister in der nächstgelegenen Stadt und in der Bergfreiheit aushängen. Die Gewerken und Faktoren sollen darin genannt sein, damit sie ihre Zubuße anlegen können, weil man nicht jeden mahnen kann (want mahn ist nitt schuldig, einen jecklichen zu manen). Deshalb sollen die Fremden Faktoren haben, damit sie nicht um ihren Teil kommen.

§ 24 Jeder Gewerke oder Faktor soll seine Zubuße dem Schichtmeister in die Bergfreiheit vier Wochen nach Anlegung bringen.

§ 25 Auf fündigen Zechen sollen Schichtmeister und Steiger bei schwerer Strafe darauf achten, daß niemand stuffen erdtz, da silber ahn steit, wegträgt.

§ 26 Wo man schmilzt, sollen Schichtmeister das Erz sortieren, das beste zum besten, das mittlere zum mittleren, das geringste zu seinesgleichen, und in die Hütte bringen, damit der richtige Zusatz gegeben wird.

§ 27 Auf der Hütte soll der Schichtmeister einen verständigen Schmelzer einstellen und ihn beaufsichtigen beim zumachen, setzen und ufflaßen. Er soll anfangs das Blei wiegen, beim Auflassen dabeisein und die Schicht von stund an probiren und einschreiben, wieviel Silber gemacht wird. Am selben Tag soll er auch die stuckwercks oder bley aufschreiben, damit er weiß, wieviel Zentner abgetrieben worden sind und wieviel Silber darin ist; ob etwaß in der hört queme, so wiße man eß zu suchen.

§ 28 Hat ein Fremder Streit (irrung) mit seinem Faktor oder in anderen Bergwerkssachen, soll ihm der Bergmeister behilflich sein, zu seinem Recht zu kommen. Erkennt einer den Bergmeister nicht an, wird der Landesherr den Ungehorsamen gehorsam machen und strafen.

§ 29 Hat der Faktor mit Fremden Streit, soll der Bergmeister dem Fremden bei der Obrigkeit (oberkeit) helfen. Der Bergmeister hat in allen Bergwerkssachen in hoffnung und zuversicht Gerichtshoheit.

§ 30 Nach Rat des Bergmeisters und etlicher Gewerken werden Bergverständige eingesetzt, die mit dem Bergmeister über Streit (irthumb) richten und Bergschäden begutachten sollen.

§ 31 Die Bergverständigen sollen bei Lohn- und anderen Streitfällen (zu verdingen oder irthumb) in eine Grube einfahren und dort, falls nötig, ohne Verzug entscheiden.

§ 32 Über Arbeit und Arbeiter soll mit Willen und Rat der Gewerken nach Bergrecht und nach bergleuftiger Weise entschieden werden.

§ 33 Bei künftigen Silberfunden oder Kupfer- und Bleifunden mit Silbergehalt behält sich der Landesherr den Zehnten und den Vorkauf (fürkauf) vor, auf allen Gruben und Schmieden (schmitten) auch den Zehnt auf Eisen (den zehenden centner isenß).

§ 34 Die Gewerken erhalten auf Widerruf und auf ihre Kosten Bauholz aus den nächstgelegenen landesherrlichen Wäldern, so viel sie zu ihren Bergwerken benötigen. Der Forstmeister (fuerstmeister) sucht das Holz nach Bedarf des Grubenbaus aus, damit nicht gutes Holz unnütz verbraucht (verwuest) werde.

§ 35 Alle, die wegen des Bergbaus in das Land kommen, erhalten landesherrliches Geleit.

§ 36 So gut es der Landesherr vermag, will er Straßen, Wege und Stege frei halten.

§ 37 Jeder, der mit seinem Haushalt (wesen) zum Bergwerk kommt, genießt freien Zu- und Abgang.

§ 38 Kein Amtmann soll über Bergleute und Bergwerkssachen zu gebieten haben. Darüber hat niemand als der Bergmeister Gewalt. Verstößt ein Amtmann dagegen, soll dies dem Bergmeister oder Landesherrn berichtet werden.

§ 39 Der Bergmeister soll sein Gericht nach Inhalt des Bergrechts ausüben. Die Bergleute können unter sich Richter und Scheffen wählen, die Streit unter sich (waß under inen enstehet) beilegen, ausgenommen Verbrechen (malefitz).

§ 40 Vom Gericht der Bergleute aus soll nicht weiter als bis vor den Landesherrn appelliert werden.

§ 41 Den Bergleuten soll Wasser, Weide, Wege und Steg gemein und frey sein, wie es Bergwerksgewohnheit und Recht ist.

§ 42 Der Landesherr befreit alles, was die Bergleute für das Bergwerk benötigen, vom Zoll zu Wasser und zu Lande.

Der Landesherr behält sich eine Veränderung der Ordnung vor.

Geben in unser stett Collen ahm neunundzwentzigsten tag Martii im funffzehenhundert und neunundviertzgisten jahr.


PROVENIENZ  Stadtarchiv Arnsberg im Kloster Wedinghausen (Stadt- und Landständearchiv)
BESTANDArnsberger Heimatbund, Kurkölnische Verordnungen
SIGNATURBd. 1, fol. 39-50v


QUELLE    Reininghaus, Wilfried / Köhne, Reinhard | Berg-, Hütten- und Hammerwerke im Herzogtum Westfalen im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit | S. 455-458


FORMALBESCHREIBUNGAbschrift des 17. Jahrhunderts. Gliederung außer § 1 vom Bearb. Original wahrscheinlich im 2. Weltkrieg im Oberbergamt Bonn untergegangen. [uFN1] Ebf. Adolf III. von Schaumburg (1547-1556).


PROJEKT    Montanwesen im Herzogtum Westfalen
SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ1.3   Einzelquelle (in Volltext/Regestenform)
90   Gesetz, Verordnung, (Staats-)Vertrag
Zeit3.2   1550-1599
Ort2.45   Westfalen, Hztm. < - 1802>
Sachgebiet10.14   Montanindustrie
DATUM AUFNAHME2008-02-06
AUFRUFE GESAMT2172
AUFRUFE IM MONAT179